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Bolivien, Israel, Dagestan, Algerien, Kosovo, Cuba, Afghanistan - das sind einige Stationen der 'Reise vom Licht in die Dunkelheit', die Jan Stage vor fünfzehn Jahren angetreten hat und die kein Ende nimmt. Er benimmt sich weder wie ein Tourist noch wie ein rasender Reporter. Wir haben es mit einem Erzähler vom Schlage Ryszard Kapusciñskis zu tun. Stets auf das Schlimmste gefaßt, verfällt Stage auch in den gefährlichsten Zonen der Welt nie dem journalistischen Klischee. 'Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Leben', sagt er. 'Das ist der Preis für all diese Reisen.' Eben dieser Fremdheit ist…mehr

Produktbeschreibung
Bolivien, Israel, Dagestan, Algerien, Kosovo, Cuba, Afghanistan - das sind einige Stationen der 'Reise vom Licht in die Dunkelheit', die Jan Stage vor fünfzehn Jahren angetreten hat und die kein Ende nimmt. Er benimmt sich weder wie ein Tourist noch wie ein rasender Reporter. Wir haben es mit einem Erzähler vom Schlage Ryszard Kapusciñskis zu tun. Stets auf das Schlimmste gefaßt, verfällt Stage auch in den gefährlichsten Zonen der Welt nie dem journalistischen Klischee. 'Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Leben', sagt er. 'Das ist der Preis für all diese Reisen.' Eben dieser Fremdheit ist es zu verdanken, daß er überall überraschende Lebenszeichen findet. Er begegnet Leuten, die sich nicht geschlagen geben und die uns über die Abgründe der Armut und des Krieges hinweg zu verstehen geben, daß wir ihnen gleichen. 'Vor uns landeten die Adler auf der Straße und gingen nur widerwillig zur Seite. Abgesehen von einer unerklärlich großen Menge von Gummischuhen war die Fahrbahn absolutleer. Wie aus dem Wüstengeröll und der welken Vegetation gewachsen, stand plötzlich die Gestalt eines Mannes vor uns. Sein Bart war wohlgepflegt, sein Umhang bestand aus feinster Wolle, und seine Schuhe waren gut geputzt.' So beginnen die hundert politischen und menschlichen Abenteuer, von denen Stage berichtet. Jedes von ihnen ist eines großen Romanciers würdig, und jedes von ihnen ist wahr.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.11.2002

Krisenregionen für den Ohrensessel

Dies ist kein Reiseführer - eher ist es ein Reiseersatz-Buch. Den Leser führt es nach Israel, Afghanistan, ins Kosovo, nach Dagestan, Algerien, Kuba, Kongo, Bolivien und auch Königsberg. Der Däne Jan Stage ist Korrespondent in den Krisenregionen der Welt, vor allem aber ist er ein genauer Erzähler von Begebenheiten und Begegnungen. Auf seinen Reisen sucht er das Gespräch mit den Menschen diesseits und jenseits der Frontlinien, mit dem Israeli ebenso wie mit dem Palästinenser, mit dem Serben wie mit dem Kosovo-Albaner. Dabei stellt er einfache Fragen, und er bekommt oft genug einfache Antworten. Nie jedoch sind sie banal. Was die Menschen denken, wie sie fühlen, warum sie handeln, für uns oft genug unverständlich, das alles stellt Stage immer wieder und stets überzeugend gleichgewichtig gegenüber - sowenig Partei wie möglich ergreifend. Daß er über das genaue Schauen sich selbst aus dem Blick verliert, gibt dem Buch die Kraft. Stage hat teuer dafür bezahlt. Er sei ein Fremder im eigenen Leben, sagt er, "das ist der Preis für alle diese Reisen".

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"Niemandsländer - Reportagen aus vier Erdteilen" von Jan Stage. Eichborn Verlag, Frankfurt 2002. 330 Seiten, gebunden, 27,50 Euro. ISBN 3-8218-4513-9.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.06.2002

Für die gemäßigten Breiten dieser Welt nicht geschaffen
Die Beretta an der Schläfe und Todesverachtung im Gesicht: Die großen Reportagen des dänischen Kriegsberichterstatters Jan Stage
Wenn Jan Stage an die heroischen Zeiten der Kriegsberichterstattung denkt, kann es sein, dass ihn Wehmut beschleicht. „Wir waren jung”, erinnert er sich in der Einleitung zu seinem Reportagenbuch „Niemandsländer”, „und wir waren Kriegskorrespondenten. Niemand hatte uns etwas zu befehlen. Wenn jemand bestimmte, dann wir.” Ob diese Attitüde aus Arroganz und Todesverachtung dem eigenen Überleben förderlich ist, muss sich am Einzelfall erweisen. Im Afghanistan des Winters 1980 jedenfalls hat sie Jan Stage offenbar das Leben gerettet. Auf der Straße nach Kabul will ein Anhalter mitgenommen werden. Erst schwenkt er sein kommunistisches Parteibuch, dann hält er dem Fahrer eine Beretta an die Schläfe. „Ich weiß nicht, was mir in den Sinn kam”, berichtet Stage vom weiteren Hergang. „Ich öffnete die Tür, trat hinaus auf die Fahrbahn, ging um den Mazda herum und teilte dem Mann auf dänisch mit, dass meiner Mutter die Art, wie er unseren Chauffeur behandelte, nicht gefallen würde, und dass er nun die Pistole in die Tasche stecken und sich bei Osman entschuldigen solle, denn nur so müsse ich mich nicht für ihn schämen, wenn ich zu Hause meiner alten Mutter von meiner Reise durch Afghanistan erzählte.” Und tatsächlich gehorcht der Mann.
Seit vierzig Jahren bereist Jan Stage, der dänische Journalist und Schriftsteller, die Krisenherde dieser Welt. Er war in Kuba und in Bolivien, in Palästina und Dagestan, im Kosovo, im tiefsten Kongo und in der DDR. „Niemandsländer” bringt eine Auswahl von neueren Reportagen. Sie sind zwischen 1995 und 2001 entstanden, einige, so etwa die alptraumhafte Kongo-Geschichte, sind bereits in der Zeitschrift „Lettre International” auf deutsch erschienen. Dort hatte auch die Erfolgsgeschichte eines anderen Reporters, des Polen Ryszard Kapuscinski, begonnen, ehe sie ihn weiter zu Enzensbergers „Anderer Bibliothek” führte, wo nun auch Stages Buch erschienen ist. Die zwei Reporter sind, wie Enzensberger anmerkt, Erzähler vom selben Schlage. Eigentlich scheint ihnen der Reporter-Status nur ein nützlicher Vorwand fürs literarische Schreiben zu sein. Reporter wie Jan Stage haben ein abenteuerliches Herz. Ihre Lebensform ist das Nomadentum, und nicht ohne Stolz erzählen sie von der Fremdheit, die sie im eigenen Leben und überhaupt in den gemäßigten Breiten dieser Welt empfinden. Auch wo scharf geschossen wird, geben sie sich noch mancherlei Betrachtungen hin, die eher existentieller als politischer Natur sind. Einen Jan Stage verbindet mit Bruce Chatwin jedenfalls weit mehr als mit Peter Scholl-Latour.
Stages Reportagen handeln häufig vom Wiedersehen, von einer zweiten Begegnung, die nicht anders als desillusionierend ausfallen kann. Erstens ist der Reporter nun nicht mehr jung, und zweitens hat die Revolution, deren Siegeszug er einst mit romantischer Begeisterung begleitete, inzwischen ihre Kinder gefressen. Welche ungeheuren Hoffnungen konnte man 1961 an die soeben entkolonialisierte „Dritte Welt” knüpfen, und wie erschreckend ist dem gegenüber das Tempo und Ausmaß ihres Absturzes. Wer wie Stage den Kongo zur Zeit von Lumumbas Aufbruch erlebt hat, der kann nicht umhin, bei jedem späteren Besuch wachsende Trauer zu empfinden. „Eine Reise vom Licht in die Dunkelheit” sei sein Reporterleben: „Gereist bin ich, um den Niedrigsten zu begegnen. Das war der Traum meiner Jugend.” Er ist vorbei. Im Alter kann es nur noch darum gehen, den Zynismus einzudämmen.
Wenn Stage reist, sieht er mehr als andere. Mehr als die Touristen, weil ihm jahrzehntealte Erfahrungen zur Hilfe kommen. Aber auch mehr als andere Journalisten, weil ihn eine unvernünftige Lust auf Unannehmlichkeiten umtreibt. Jeder Kriegsberichterstatter will ein Held sein, und Stage macht dabei keine Ausnahme. Anders aber als Kapuscinski behauptet Stage selten, Dinge gesehen zu haben, die keiner vor oder nach ihm sah. Er bleibt auch unter extremen Bedingungen ein verlässlicher Berichterstatter. Sein Heldentum scheint ihm selbst historisch geworden zu sein. An der Front stehend und immer noch keine Gefahr scheuend, erinnert sich Stage der schönen Tage, an dem die selbe Haltung noch im Dienste einer politischen, ja humanitären Begeisterung stand.
Man kann Stages Buch als Finale eines existentialistischen Krisen- Journalismus betrachten. Es mag zwar sein, dass viele junge Männer (von Frauen ist in diesem Gewerbe kaum die Rede) an Journalistenschulen davon träumen, die Stages von morgen zu werden. Die Chance dazu werden sie aber kaum erhalten. Das heroische Einzelgängertum, das diese Reportagen kultivieren, ist eine Haltung, die als bloße Pose unweigerlich zu Staub zerfällt. Mit den Kriegen haben sich auch die Möglichkeiten radikal gewandelt, von ihnen frei und individuell zu berichten. Der Afghanistan-Krieg, der für die meisten Journalisten in teuer bezahlten usbekischen Zeltbetten endete, mag dafür ein Beispiel sein. Die Kriegsberichterstattung des 21. Jahrhunderts wird zunächst von den Bedingungen ihrer Möglichkeit zu erzählen haben. So gesehen, muten Stages packende Reportagen an wie Geschichten aus einer guten, alten Zeit. CHRISTOPH BARTMANN
JAN STAGE: Niemandsländer. Reportagen aus vier Erdteilen. Aus dem Dänischen von Jörg Scherzer. Die Andere Bibliothek, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002. 376 Seiten, 27, 50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Elke Schubert fühlt sich von diesen Reportagen aus Krisengebieten der Welt beschenkt. Sie preist die "Dichte, Spannung" der Reportagen, hat aber zu ihrem Erstaunen auch "Witz und Humor" in den Texten gefunden. Sie findet es erfreulich, dass sich der dänische Journalist nicht dem "Zynismus" ergeben hat, sondern immer noch Wut und Mitleid angesichts der Grausamkeiten, die er zu sehen bekommt, empfindet. Dass er nicht immer objektiv bleiben kann, dafür hat sie durchaus Verständnis. Über manche "Gefühlsausbrüche" Stages hat sie sich allerdings geärgert, insbesondere über den "nervenden und völlig unzulässigen Vergleich" zwischen Bosnien und Kosovo mit Nazideutschland. Insgesamt ist sie aber von den Reportagen begeistert, insbesondere den Bericht über den Kongo lobt sie nicht zuletzt deshalb, weil sich Stage nicht als "allwissend" gibt, sondern im Gegenteil gerade sein "Nichtverstehen" artikuliert. Schubert bekennt, dass sie solche Berichte, auch wenn sie gegenüber dem tagesaktuellen Journalismus durchaus altmodisch sind, "immer wieder lesen" will.

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