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Dieses Buch macht immun gegen die falschen Verheißungen der Gesundheitsindustrie.
Frauen sind gesundheits- und körperbewusst, sie wollen sich wohl fühlen und gut aussehen. Das macht sie attraktiv - vor allem als Kundinnen für Ärzte, Therapeuten und Pharmaindustrie. Aber nicht gesünder. "Das übertherapierte Geschlecht" zeigt wie Frauen durch irreführende Informationen, selbst von angesehenen Institutionen, verunsichert und zur Kasse gebeten werden. Kritisch recherchiert und mit aktuellem Hintergrundwissen macht dieses Buch immun gegen unnütze und schädliche Verheißungen der Gesundheitsindustrie.…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch macht immun gegen die falschen Verheißungen der Gesundheitsindustrie.

Frauen sind gesundheits- und körperbewusst, sie wollen sich wohl fühlen und gut aussehen. Das macht sie attraktiv - vor allem als Kundinnen für Ärzte, Therapeuten und Pharmaindustrie. Aber nicht gesünder. "Das übertherapierte Geschlecht" zeigt wie Frauen durch irreführende Informationen, selbst von angesehenen Institutionen, verunsichert und zur Kasse gebeten werden. Kritisch recherchiert und mit aktuellem Hintergrundwissen macht dieses Buch immun gegen unnütze und schädliche Verheißungen der Gesundheitsindustrie.

Autorenporträt
Wolfrum, Christine
Christine Wolfrum arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin und Sachbuchautorin. Sie war leitende Redakteurin einer Frauenzeitschrift und hat sich auf die Bereiche Gesundheit, Psychologie und Frauen spezialisiert.

Marschall, Luitgard
Luitgard Marschall ist Pharmazeutin, promovierte Wissenschaftshistorikerin und Autorin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2017

Wiegt euch nicht in Sicherheit

Frauen, aufgepasst: Luitgard Marschall und Christine Wolfrum sehen überall die Gier des Medizinbetriebs und verunsicherte Patientinnen, die zur Kasse gebeten werden. Sehen sie richtig?

Übertherapien sind keinem zu wünschen. Wenn sie dann noch schädliche Nebenwirkungen mit sich bringen und die Betroffenen außerdem aus eigener Tasche dafür zahlen müssen, möchte niemand darauf hereinfallen. Warnungen vor unnützen Behandlungen, die lediglich den Ärzten Geld in die Praxiskasse spülen, haben seit Jahren Hochkonjunktur. "Das übertherapierte Geschlecht" von Luitgard Marschall und Christine Wolfrum folgt also einem bewährten Rezept. Diesmal gilt es, explizit Frauen mit genügend kritischem Rüstzeug zu versehen, um sie vor Beutelschneidern zu bewahren, die sie als Kundinnen nur abzocken wollen. Frauen würden, so der Tenor des Buches, "selbst von angesehenen Medizinern (...) zuerst verunsichert und dann zur Kasse gebeten".

Leider bedienen die Autorinnen lediglich bekannte Vorurteile und bieten darüber hinaus nichts substantiell Neues. Eigentlich ist zu den abgenudelten Themen wie Vorsorge in der Schwangerschaft, Früherkennung von Brustkrebs oder Selbstzahlerleistungen andernorts schon alles gesagt worden, aber halt noch nicht von allen. Überdies kursieren eine Menge Halbwahrheiten, die allein durch Wiederkäuen nicht zur Grundlage besserer Entscheidungen mutieren: Man nehme das Brustkrebs-Screening. Legion sind Artikel und Bücher, die dessen Nutzen als marginal bewerten, den Schaden durch Verunsicherung und unnötige Behandlungen aber als beträchtlich. So auch hier.

Außerdem weisen die Autorinnen - dies kennt man ebenfalls zur Genüge - darauf hin, dass durch die Mammographie Tumore nicht hundertprozentig verlässlich entdeckt, sondern einige übersehen werden. Folglich lautet die Botschaft: Wiegt euch nach einem Screening nur nicht in falscher Sicherheit, liebe Frauen. Derart pauschale Warnungen spielen ihrerseits mit Ängsten und verhelfen einer Frau keineswegs zu einem abgewogenen Urteil, sie verwirren eher noch mehr.

Eine echte Hilfe wäre indes die Information, wann genau zu befürchten ist, dass ein Tumor übersehen wird und wie man die Entdeckungsrate für sich selbst womöglich verbessern kann. So haben in den letzten Jahren Forscher immer nachdrücklicher darauf hingewiesen, dass vor allem bei Frauen mit dichtem Brustdrüsengewebe die Mammographiebilder schwer zu beurteilen sind. Diese Brüste bergen ein höheres Risiko für Krebs und gleichzeitig dafür, dass dieser übersehen wird. Für etwa ein Drittel aller Frauen im Screening-Alter ist deshalb die Mammographie als einzige Diagnosemethode nicht optimal. Hier gibt es weitere - nicht eingreifende - Untersuchungen wie zum Beispiel den hochauflösenden Ultraschall, der eine viel bessere Beurteilung einer drüsendichten Brust erlaubt.

Deshalb muss in den Vereinigten Staaten die Brustdichte in vielen Bundesstaaten den Frauen mitgeteilt werden, damit sie sich nötigenfalls für eine weitere Abklärung entscheiden können. Auch in Österreich gehört der Ultraschall zwecks Verbesserung der Entdeckungsrate zum bezahlten Standard beim Brustkrebs-Screening. Aus diesen Gründen bieten hierzulande Frauenärzte ihren Patientinnen eine Ultraschalluntersuchung der Brust ebenfalls an. Sie verlangen dafür rund vierzig Euro, weil diese Untersuchung bei uns leider nicht zur Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen gehört.

Allerdings enthält dieser "kritische Leitfaden für die Frauenmedizin" just solche Erklärungen seinen Leserinnen vor. Begründet werden die privaten Unkosten allein mit dem Topos des gierigen Arztes. Die Autorinnen widmen den Selbstzahlerleistungen, den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), daher ein eigenes Kapitel und warnen vor Verkaufsangeboten in der Arztpraxis.

Sie tragen eine Menge Argumente gegen bestimmte IGeL-Angebote zusammen, keine unbekannten freilich. So oder ähnlich findet man sie auf zahlreichen Internetportalen - ohne dass man für die Individuelle Gesundheitsinformationsleistung in Form eines solchen Buches zahlen müsste. Wer die IGeL außerdem zum "tiefen Stachel" zwischen Arzt und Patientin stilisiert, spart einfach die andere Seite der Medaille aus. Unerwähnt bleibt nämlich, dass es Selbstzahlerleistungen gibt, weil die Kostenträger bestimmte Therapien, Medikamente oder diagnostische Maßnahmen nicht bezahlen.

So übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen erst seit kurzem die Kosten für einen Darmkrebstest. Obwohl seit langem bekannt war, dass dieser Test im Vergleich zum alten Verfahren weit verlässlicher Tumore zu entdecken vermochte, dauerte es mehr als zehn Jahre, bis sich die Kassen zur Finanzierung entschlossen. Ärzte, die in der Zwischenzeit ihren Patienten zu dem nachweislich besseren Test geraten haben, waren somit gezwungen, ihn privat zu berechnen.

Stets dankbare Steilvorlage für ein Vorsorge-Bashing ist die Schwangerschaft. Werdende Mütter seien, so der Kern der Kritik, willige Opfer jedweder Überdiagnostik, da sie über den Gesundheitszustand ihres Kindes informiert und beruhigt werden wollen. Die Tatsache, dass bei Schwangeren immer häufiger Risikofaktoren im Mutterpass auftauchen, deuten die Autorinnen als etwas "Falsches", das sich "verselbständigt" habe - und stimmen die alte Leier von der unnötigen Medikalisierung in einer Zeit der guten Hoffnung an. Selbst wenn die Frauen bei der Geburt des ersten Kindes immer älter würden, bestünde "wenig Grund zur Sorge, dass Probleme auftreten könnten".

Ist das so? In Deutschland gibt es immer mehr ältere Erstgebärende und immer mehr übergewichtige und fettleibige Schwangere - sie machen ein Drittel der Frauen aus, die ein Kind erwarten. Zudem dürfen sich heute all die Frauen ihren Kinderwunsch erfüllen, die seit ihrer Kindheit Diabetikerinnen sind, an Herzfehlern leiden oder an einer mit schweren Atemstörungen einhergehenden chronischen Krankheit wie Mukoviszidose.

Das fordert seinen Tribut, denn ihnen und ihren Kindern drohen deutlich mehr Komplikationen als jüngeren, gesunden und normgewichtigen Schwangeren. Die häufig sehr großen Kinder übergewichtiger Mütter erschweren und verzögern zum Beispiel die Geburt. Soeben zeigt eine aktuelle Studie aus Schweden anhand der Daten von mehr als 1,2 Millionen Kindern, dass zudem umso häufiger mit Fehlbildungen von Organen oder Gliedmaßen zu rechnen ist, je größer das Übergewicht oder die Adipositas der Schwangeren ist. Diese Risiken lassen sich mindern, wenn die Defekte frühzeitig bekannt sind.

Zwei Drittel aller Schwangerschaften in Deutschland verliefen völlig problemlos, heben die Autorinnen hervor. Das klingt eher nach Beschwichtigung, denn nimmt man sie beim Wort, muss immerhin eine unter drei Schwangeren mit einem komplikationsträchtigen Verlauf rechnen. Das rechtfertigt so manche vorsorgliche Untersuchung, möchte man meinen. Und schließlich ist auch unter den zwei Dritteln die eine oder andere Frau, die den problemlosen Verlauf ihrer Schwangerschaft einer der vielen Übertherapien ihres Geschlechtes verdankt.

MARTINA LENZEN-SCHULTE

Luitgard Marschall und Christine Wolfrum: "Das übertherapierte Geschlecht". Ein kritischer Leitfaden für die Frauenmedizin.

Knaus Verlag, München 2017. 288 S., br., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Die Lektüre des Buchs ermöglicht es Patientinnen, Untersuchungen und Therapien differenzierter zu betrachten, und bietet Orientierung im medizinischen Informationsdschungel." Spektrum der Wissenschaft, Julia Schulz