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Janis Joplin ist die weibliche Ikone der Rockmusik der sechziger Jahre. Die Fachmedien feierten sie als Messias, die bürgerliche Presse empörte sich über die extrovertierten Shows und ihre ungezügelte Lebenslust. Trotz oder vielleicht auch wegen ihres Ruhmes erlebte Janis Joplin Zeiten der Einsamkeit, Leere und Entfremdung. Alkohol und Drogen machten sie "zu einer tragischen Heldin auf der Bühne der Jugend" (Time). 1970 wurde sie tot in einem Hotelzimmer in Hollywood aufgefunden - gestorben an einer Überdosis Heroin. Ihr einsames Ende, vergleichbar mit dem Tod von Jim Morrison oder Jimi…mehr

Produktbeschreibung
Janis Joplin ist die weibliche Ikone der Rockmusik der sechziger Jahre. Die Fachmedien feierten sie als Messias, die bürgerliche Presse empörte sich über die extrovertierten Shows und ihre ungezügelte Lebenslust. Trotz oder vielleicht auch wegen ihres Ruhmes erlebte Janis Joplin Zeiten der Einsamkeit, Leere und Entfremdung. Alkohol und Drogen machten sie "zu einer tragischen Heldin auf der Bühne der Jugend" (Time). 1970 wurde sie tot in einem Hotelzimmer in Hollywood aufgefunden - gestorben an einer Überdosis Heroin. Ihr einsames Ende, vergleichbar mit dem Tod von Jim Morrison oder Jimi Hendrix, war der traurige Abschluss eines selbstzerstörerischen Lebens voll Emotionalität und Aggressivität. Alice Echols hat für diese Biographie vier Jahre lang recherchiert und Interviews geführt. Sie geleitet ihre Leser durch das Leben und die Erfolgsgeschichte von Janis Joplin und spürt der Zeit von "sex, drugs and rock 'n' roll" nach. So entsteht nicht nur das Bild einer berühmten, einmaligen Fra u, sondern auch eines Jahrzehnts.
Autorenporträt
ALICE ECHOLS ist eine der führenden Historikerinnen für die Erforschung der sechziger Jahre und Autorin eines Buches über radikalen Feminismus in Amerika. Sie unterrichtete an der University of California (UCLA) sowie an der University of Southern California und schreibt für The Nation, The Village Voice und LA Weekly.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Ein häßliches Entlein macht Randale
Ausstieg aus dem Kinderzimmer: Eine Biographie über Janis Joplin / Von Stewart O'Nan

Über Musik zu schreiben ist wie zu Architektur zu tanzen. Mit diesem Satz hat Laurie Anderson zugleich über- und untertrieben. Die tiefgehende und physische Reaktion, die Musik auf uns ausübt, kann nicht von einem anderen Medium erreicht oder nachgeahmt werden. Das ekstatische Gefühl, das uns zum Beispiel bei einem Lauf von John Coltrane oder dem Gebrüll von Nirwana überkommt, kann nicht entschlüsselt oder rationalisiert werden, auch wenn Tausende von Kritikern und Wissenschaftlern dies immer wieder versuchen werden.

In ähnlicher Weise bleibt auch das Leben eines Menschen ein Geheimnis, gleichgültig, wie viele Informationen von Forschern und Biographen ausgegraben werden. Die Versuchung, zu psychoanalysieren und einem Leben rückblickend kausale Zusammenhänge zuzuschreiben, ist allzu groß. Ein Drama - und Biographien sind ihrem Wesen nach erzählend und dramatisch - verlangt danach, geduldig und gründlich darzulegen, wie und warum etwas geschehen ist. Dieser künstlerischen Strategie sollte man allerdings auch in den besten Fiktionen mit Mißtrauen begegnen.

Wenn man diese Probleme auf einen Menschen überträgt, der schon zu Lebzeiten eine Ikone war, jung starb und durch diesen Tod noch legendärer wurde, erkennt man die Schwierigkeiten, mit denen Alice Echols konfrontiert war, als sie die Biographie Janis Joplins mit dem unglücklichen Titel "Scars of Sweet Paradise" schrieb. Wenn man dazu noch bedenkt, daß es bereits ein halbes Dutzend Biographien von Janis gibt - einige von Autoren, die der Sängerin sehr nahegestanden haben -, dann erscheint die Herausforderung, die Echols angenommen hat, fast nicht zu bewältigen.

Aber die jüngste Biographin hat sich dazu entschieden, uns nicht allein Janis zu präsentieren. Der Untertitel des Buches verspricht, über "Life and Times" zu berichten; wir dürfen also hoffen, durch das Fenster von Janis' Leben einen Blick auf die größeren Zusammenhänge der Kultur und Gegenkultur der sechziger Jahre zu erhaschen. Dieser Ansatz ist vielversprechend, aber er birgt auch Risiken: Man stelle sich nur eine Biographie Lou Reeds vor, die ebenfalls das gesamte Amerika seiner Zeit im Auge hätte. Braucht man wirklich diese größere Perspektive, um die Ära Janis Joplins kritisch zu betrachten? Bietet nicht schon ihr Leben genügend kritische Ansatzpunkte?

Dies scheint nicht der Fall zu sein. Echols stellt sich auf dem Umschlag ihres Buches als Historikerin, Kulturkritikerin und Wissenschaftlerin vor. Ihre einzige andere Buchveröffentlichung trägt den Titel "Daring to be Bad: Radical Feminism in America 1967-75", so daß man den Eindruck gewinnt, Janis bietet ihr eine geeignete Gelegenheit, ihre Theorien auszuarbeiten und unser Bild der Sängerin und der Kultur, die diese geprägt hat, zu überdenken. Ein solcher Zugang läßt Echols' Biographie etwas angestaubt erscheinen: Wir scheinen einen späten Ableger jener akademischen Untersuchungen der Populärkultur der späten achtziger Jahre in den Händen zu halten, die ihre Theorien gern an provokanten Medien-Ikonen wie Madonna oder Marilyn Monroe erprobten.

Mit Janis' Geschichte, zumindest mit den äußeren Fakten ihres Falls, sind wir längst vertraut. Wir wissen Bescheid über ihre glückliche Kindheit im konservativen Port Arthur in Texas und über die schnell einsetzende Desillusionierung eines Teenagers, der sich als andersartig und als häßliches Entlein fühlte. In dieser Lage verliebt sich Janis in die Möchtegern-Aussteiger der Stadt (alles Typen mit einer Jack-Kerouac-Attitüde). Als sie das Studium an einem nahe gelegenen College aufnimmt, beginnt sie zu singen und gewöhnt sich an, in Blues-Kneipen zu trinken, um mit ihren Kumpels mithalten zu können.

Was diese frühe Lebensphase Janis Joplins angeht, so macht Echols ihre Sache gut. Zwar klingt vieles vertraut, weil es schon in anderen Biographien zu lesen war und Echols großzügig aus Laura Joplins Erinnerungsbuch "Love, Janis" zitiert. Aber sie hat auch neue Interviews mit Freunden von Janis Joplin geführt und verarbeitet literarische Quellen, so daß ein lebendiges Porträt der engstirnigen sexistischen und rassistischen Kleinstadtgesellschaft entsteht, gegen die Janis aufbegehrt hat. Man hätte sich allerdings gewünscht, daß Echols die vielen Quellen, auf die sie sich stützt, auch in einer Bibliographie zugänglich gemacht hätte.

Noch besser sind Echols die Kapitel gelungen, in denen sie San Francisco in der Zeit zwischen Beatniks und Hippies beschreibt, wo Janis sich in einen Taumel aus Drogen, Alkohol und Musik stürzte, nachdem sie ihre bürgerliche Vergangenheit hinter sich gelassen hatte. Hier befreit und erfindet sie sich auf jede nur erdenkliche Weise neu; vor allem durch ihre Musik und ihre Sexualität angetrieben, so scheint es, von ihrem Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung, nach Bestätigung dafür, daß sie es wert ist, geliebt zu werden.

An dieser Stelle wird die Biographie zur Pathologie, auch wenn Echols in der Einleitung verspricht, sie wolle Janis weder zu einem pathologischen Fall machen noch sich auf die schäbigeren und sensationsträchtigen Aspekte des nicht sehr privaten Lebens der Sängerin konzentrieren. Zu oft verfällt Echols Buch in eine Litanei sexueller Abenteuer, Drogenexzesse und Sauftouren: "Kein Rausch konnte mit ihren Depressionen und Minderwertigkeitskomplexen mithalten." Die Aneinanderreihung von Beweisen dafür, wie süchtig Janis nach Anerkennung war, wirkt schließlich ähnlich betäubend und redundant wie die Abhängigkeiten, die Echols beschreibt.

Als Janis zum Star wird - und dies geschah innerhalb weniger Monate -, scheinen ihre Unsicherheit und Hemmungslosigkeit zu eskalieren. Als erste weiße "Mama" im psychedelischen Blues-Rock-Rhythm & Blues, mit aggressivem sexuellen Auftreten, ohne dabei als schön zu gelten, scheint Janis in ihrer Person und ihren Rollen alle Kategorien zu sprengen. Echols feiert diese schillernde Persönlichkeit (einschließlich ihrer unersättlichen Bisexualität), und doch kehrt ihre Biographie nach den beeindruckenden ersten Kapiteln zu einer Version zurück, die Janis nur noch als bemitleidenswertes Klischee zeigt: der vereinsamte heroinsüchtige Rockstar ohne echte Freunde, umgeben von einer parasitären Entourage aus Mitläufern.

Weil wir wissen, daß Janis allein in einem Hotelzimmer an einer Überdosis starb, erscheinen uns, wie auch Echols, ihre Wahlmöglichkeiten als Illusion. Auch wenn ein Freund ihren Tod anders kommentierte: "Weißt du, Janis ist so gestorben, wie sie sterben wollte. Sie hat immer gesagt, daß sie lieber für kurze Zeit alles geben wollte, als lange dabeizusein. Die Dinge hätten eine sehr häßliche Wendung genommen, wenn sie nicht Schluß gemacht hätte."

Für Echols' Buch ist der anschließende Kommentar charakteristisch: "Die einzig mögliche Entziehungskur für Janis - von Drogen, Alkohol und selbstzugefügten Schmerzen - hätte darin bestanden, ihr das Gefühl zu nehmen, zutiefst ungeliebt und nicht liebenswert zu sein. Methadon und ein Monat Therapie hätten dies nicht geschafft - hier wären enorme Disziplin, Unterstützung und Selbstreflexion vonnöten gewesen. Die Welt, in der sie sich bewegte, hat ihre Drogenabhängigkeiten gefördert: Hier ging es darum, bis zum Äußersten zu gehen und Grenzen zu überschreiten, Leichtsinn und Rücksichtslosigkeit waren eine Sache des Prinzips. Und Janis Joplin verkörperte dieses Prinzip."

Gemessen an ihrer revisionistischen Zielsetzung, bietet Echols im weiteren Verlauf nicht viel Neues. Ihre Interpretationen der Musik-Szene mitsamt ihren rassischen, sexuellen und politischen Problemen sind kaum mehr als Paraphrasen des Offensichtlichen. Sie notiert die Widersprüche (Janis wird Millionärin durch einen Blues, der nicht von ihr stammt, und sie setzte ihre mackerhaft auftrumpfende Attitüde ein, um ihre Ängste zu übertünchen), aber, wie das obige Zitat zeigt, sie löst sie weder auf, noch stellt sie neue Fragen.

In musikalischer Hinsicht liefert Echols kaum mehr als die altbekannten Illustrationen des kulturellen Klimas, wie zum Beispiel Bob Dylans Wechsel zur elektrischen Gitarre. Ihr kurzer Ausblick auf den Sprung von einem "reinen" Folk zur "kommerziellen" Rock-Musik der späteren Gegenkultur berücksichtigt nicht die ähnliche Bewegung, die der Blues von seinen gerufenen und gebrüllten Ursprüngen zu den Klängen eines urbanen Gitarren-Blues vollzogen hat. Manche Anmerkungen könnten ebensogut auf den Hüllen alter Langspielplatten stehen: "Ironischerweise eroberte die britische Invasion Amerika mit dessen ureigenster Musik: mit frühem Rock 'n' Roll, vorwärtsstürmendem Rhythm & Blues und Blues - mit schwarzer Musik, die auf den Hitlisten amerikanischer Radiosender nicht erwünscht war."

Gravierender ist, daß Echols die Gelegenheit vergibt, sich nach Zeitgenossen von Janis Joplin umzuschauen, die sich in einer ähnlichen Situation befanden. Grace Slick wird nur kurz erwähnt, obwohl sie mit ihrem naßforschen, sexuell aggressiven und berauschten Auftreten als eine Vorgängerin Joplins in der Musikszene von San Francisco gelten kann. Auch die beiden männlichen Sänger, deren Bühnenauftritte mit ihrem Hang zur Selbstaufgabe mit denen von Janis am ehesten zu vergleichen sind - Joe Cocker und Iggy Pop -, werden nicht erwähnt. Was jüngere Musiker anbetrifft, so vergleicht Echols Joplin gerade nicht mit Kurt Cobain, dessen Brillanz und Verwundbarkeit Janis' öffentliche und private Nöte regelrecht spiegeln. Sie führt vielmehr weniger begabte Sängerinnen wie Melissa Etheridge an, vielleicht in der Hoffnung, Janis' Geschichte als Inspiration wie auch als Warnung für weibliche Rockstars erzählen zu können.

Letztendlich gründen Janis Joplins Leben und ihre Bedeutung für die amerikanische Kultur in ihrer Musik - in ihren Platten und Konzerten. Echols verfolgt Janis' Wurzeln zurück zum Gospel und von dort aus über Blues-Sängerinnen wie Bessie Smith und Big Mama Thornton und Soul-Sirenen wie Etta-James und Otis Redding. Auch zeichnet sie im Detail nach, wie sich die Band "Big Brother and the Holding Company" gründete, veränderte und schließlich auflöste. Mit dem Aufstieg ihrer zweiten Band, der "Kozmic Blues Band", wendete sich Janis einem glatteren und dichteren Sound zu, mit dem sie einen merkwürdigen Sprung von ihrem zerfetzten und stockenden psychedelischen Stil zu einem flotteren Rhythm & Blues machte. Als diese Formation keinen Erfolg hatte, versammelte sie eine dritte Gruppe von Musikern, die "Full Tilt Boogie Band", die sie auf dem nach ihrem Tod aufgenommenen Pearl-Album, dem vielleicht besten der vier Studio-Alben, begleitet. Aber als Echols diesen Punkt erreicht hat, ist sie schon längst viel zu beschäftigt damit, Janis' schnellem Leben zu folgen, so daß die Musik viel zu kurz kommt.

Am Ende ist alles, was Echols aus Janis Joplins Leben herausgelesen hat, längst in den musikalischen Auftritten zu erkennen gewesen: Hier sehen wir den stahlharten Feger mit Humor und einem riesigen weichen Herzen, die Frau, die den letzten Tropfen aus ihrem Leben herauspressen will, egal was sie dies kostet. Wir brauchen nicht noch eine Biographie, um diese Janis zu verstehen. Zum gleichen Preis können wir nämlich eine CD mit ihren größten Hits kaufen.

Aus dem Amerikanischen von Julika Griem.

Alice Echols: "Janis Joplin". Piece of my Heart. Die Biographie. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ekkehard Rolle. Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2000. 557 S., geb., 49,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Susanne Messmer bespricht zwei Biografien der Sängerin Janis Joplin, wobei sie bedauernd feststellt, dass die Frage, warum ihre Musik trotz ihrer enormen Berühmtheit keine Nachfolger gefunden hat, in keinem der Bücher näher beleuchtet wird.
1.) Alice Echols: "
"Eine unter die Haut gehende Biographie eines der brillantesten und aufwühlendsten weiblichen Rock-Stars (...) und eine lebendige und scharfsinnige Kulturgeschichte der Zeit, die die Welt für uns alle verändert hat." (Metropolitan Books)