Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 15,00 €
  • Broschiertes Buch

Pfadfinder, Techno-Gruppen, HipHop-Gruppen, rechte und linke Gruppen ... Was bedeuten diese Cliquen für die Jugendlichen, welche biografischen Probleme werden in ihnen bearbeitet, und welche Alternativen gibt es zur Gewalt und zu Drogen? Zwanzig ethnographische Portraits lassen erkennen, wie unterschiedlich diese Fragen beantwortet werden müssen.

Produktbeschreibung
Pfadfinder, Techno-Gruppen, HipHop-Gruppen, rechte und linke Gruppen ... Was bedeuten diese Cliquen für die Jugendlichen, welche biografischen Probleme werden in ihnen bearbeitet, und welche Alternativen gibt es zur Gewalt und zu Drogen? Zwanzig ethnographische Portraits lassen erkennen, wie unterschiedlich diese Fragen beantwortet werden müssen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2000

Mit voller Power
Eine Studie über Jugendgewalt in Deutschland zeigt, wie Hass das Selbstbewusstsein stärken kann
ROLAND ECKERT, CHRISTA REIS, THOMAS WETZSTEIN: „Ich will halt anders sein wie die anderen”, Leske + Budrich, Opladen 2000. 447 S. , 48 Mark.
Stimmt es, dass die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen zunimmt? Breitet sich bei den Kids allgemeine Sprachlosigkeit aus? Ist es wahr, dass in der Techno-Szene purem Hedonismus gefrönt wird? Auf diese Fragen versucht das Trierer Autorenteam um den Soziologen Roland Eckert Antworten zu geben.
Um die Hauptthese der Autoren vorwegzunehmen: „Der Anschluss an spezialisierte Gruppen”, ob Skinheads, Antifaschisten, Graffitiwriter, Punks oder Wagendorfbewohner, „wird dann sinnvoll, wenn eine subjektiv als befriedigend erlebte soziale Identität auf 'konventionellen' Wegen nicht erreichbar scheint. ” Konfliktreiche Familienbeziehungen, das Scheitern in der Schule, Misserfolg auf dem Arbeitsmarkt und letztlich das Gefühl der Bedeutungslosigkeit stellen die Bedingungen für den Anstieg von Gewalt zwischen den unterschiedlichen Gruppen dar. Ziel der Untersuchung ist die Rekonstruktion der spezifischen Gruppenwirklichkeiten aus der subjektiven Sicht der Beteiligten, was anhand zahlreicher ethnographischer Fallbeschreibungen eindrucksvoll belegt wird.
Nach einem sukzessiven Rückgang in den 80er Jahren haben die fremdenfeindlichen Einstellungen seit 1994 wieder signifikant zugenommen. Paradoxerweise ist der Ausländerhass dort besonders hoch, wo wenig Fremde leben. Die Affinität zu autoritären und stereotypen Denkmustern ist meist auf ein niedriges Bildungsniveau zurückzuführen.
Es ist ein Statement ganz aus dem Bauch heraus, wenn ein befragter Skin meint: „Für mich sind das keine Menschen. Neger, die find ich zum Kotzen. Nee, das sind für mich keine Menschen, ehrlich gesagt. Ja, Tiere auch nicht, Tiere sind für mich mehr wert als die, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Also ich muss ehrlich sagen, ich ekel mich davor, wenn ich ein Kebab oder so was sehe, da bekomm ich den Ekel. ” Für Rowdys wie diesen ist Gewalt nicht nur ein Unterscheidungsmittel anderen verachteten Gruppen gegenüber, sondern „steht auch für einen positiv gewerteten Gefühlszustand, der gezielt gesucht wird. ”
Armut und relative Deprivation führen bei diesen Jugendlichen zu einer Selbstbeschreibung über „Gewalt” und „harte Männlichkeit”. Auffallend, dass sich kaum Mädchen in den beobachteten Gruppen fanden. Wut, Frustration und die Aussichtslosigkeit auf einen gesicherten Arbeitsplatz werden sehr häufig durch Gewalt verarbeitet, Gewaltdrohung kann dann „in subjektiv befriedigende Macht konvertiert” werden.
Kritische Jugendliche machen Front gegen Glatzen (weniger gegen sogenannte Redskins, die ihren Hauptfeind in den rechten Skins haben) und Hools. Die Verfasser unterscheiden sehr wohl zwischen abgedrifteten, meist obdachlosen Punks und Anarchisten, die im Suff stranden, sowie Jugendlichen, die das Stereotyp einer allgemeinen Sprachlosigkeit widerlegen. Ihnen gehört anscheinend die Sympathie der Trierer Autoren. Es handelt sich hierbei um die Graffiti-Künstler, die um ,fame' kämpfen und sich so gegenseitig zu besseren 'pieces' motivieren. Daneben gibt es die HipHop-Anhänger, die ihre Lebenssituation durchaus problematisieren und subversiv gegen hierarchische Ordnungsmuster operieren. Allianz besteht zu unterprivilegierten Gruppen, Abgrenzung wird gesucht gegen Neonazis und systemkonforme Raver, wobei anzumerken ist, dass diese Attribute beileibe nicht auf alle Techno-Freaks zutreffen.
THOMAS ECKARDT
Der Rezensent ist Sozialwissenschaftler in München.
Traum von echter Männlichkeit und ewiger Treue und enger Gemeinschaft, und doch vorwiegend lautes, pubertäres Gebrüll: Neonazis in Bayreuth.
Foto: argum
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In seiner Rezension geht Thomas Eckardt nur periphär auf die möglichen Stärken oder Schwächen dieses Buches ein. Vielmehr gibt er die wesentlichsten Fakten und Erkenntnisse zum Thema Jugendgruppen und Gewalt bzw. den Inhalt dieses Buches in knapper Form wider. Allerdings merkt er an, dass "anhand zahlreicher ethnographischer Fallbeschreibungen" die subjektive Wirklichkeit dieser Jugendlichen "eindrucksvoll belegt" werde. Darüber hinaus stellt er fest, dass die Autoren verschiedenen Gruppierungen mit unterschiedlicher Sympathie begegnen: So schneiden - in ihrem Bereich durchaus ehrgeizige - Graffiti-Künstler und "HipHop-Anhänger", die ihre Situation selbst stark reflektieren, nach Eckhardt Ansicht spürbar besser ab.

© Perlentaucher Medien GmbH