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Hans Thill, hervorragender Queneau-Kenner, stellt den Romancier, Poeten, Kritiker, Cineasten, Mathematiker und Philosophen mit Beispielen aus seinem gesamten literarischen Werk vor: den berühmten Stilübungen, Überlegungen der merkwürdigsten Art, witzigen Romanpassagen und hintergründigen Reimereien, von denen viele hier in seiner Übersetzung erstmals in deutscher Sprache erscheinen. Eugen Helmle und Ludwig Harig haben mit ihm Queneaus unnachahmigen Sprachwitz meisterhaft ins Deutsche übertragen: der große Wortspieler schaut den Leuten - Durchschnittsfranzosen allesamt, die sich durch…mehr

Produktbeschreibung
Hans Thill, hervorragender Queneau-Kenner, stellt den Romancier, Poeten, Kritiker, Cineasten, Mathematiker und Philosophen mit Beispielen aus seinem gesamten literarischen Werk vor: den berühmten Stilübungen, Überlegungen der merkwürdigsten Art, witzigen Romanpassagen und hintergründigen Reimereien, von denen viele hier in seiner Übersetzung erstmals in deutscher Sprache erscheinen. Eugen Helmle und Ludwig Harig haben mit ihm Queneaus unnachahmigen Sprachwitz meisterhaft ins Deutsche übertragen: der große Wortspieler schaut den Leuten - Durchschnittsfranzosen allesamt, die sich durch chaotische Verhältnisse mogeln - direkt aufs Maul und schreibt, wie sie sprechen. Und wir entdecken das Erfolgsrezept seiner Texte: Situationskomik, gepaart mit fröhlichem Regelverstoß.
Autorenporträt
Raymond Queneau wurde 1903 in Le Havre geboren und lebte ab 1920 in Paris, wo er Philosophie und Literaturwissenschaft studierte. Dort lernte er auch den surrealistischen Kreis um Andre Breton kennen, aus dem er 1929, nach dem Bruch mit Breton, ausgeschlossen wurde. Queneau arbeitete später als Bankbeamter und Handelsvertreter, als Lektor und Übersetzer und war Secretaire generale des französischen Verlags Gallimard. 1960 begründete der Romancier und Poet, der sich auch als Cineast und Mathematiker betätigte, die internationale Sprachwerkstatt Ouvroir de Litterature potentielle (Werkstatt für potentielle Literatur), OuLiPo. Queneau starb 1976 in Paris.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "diskreten Klassiker" würdigt Rezensent Niklas Bender den hierzulande weniger bekannten französischen Schriftsteller Raymond Queneau (1903 bis 1976), der Anfang 2003 seinen hundertsten Geburtstag gefeiert hätte. In seinen Texten - am bekanntesten sind seine "Stilübungen" (1947) und "Zazie in der Metro" (1959) - treffen nach Auskunft Benders mathematisches Kalkül und linguistisches Experiment auf antike Mythologie und das Surreale, vereinigt durch seinen hintergründigen Humor. Die nun von Hans Thill herausgegebene Anthologie "Unwahrscheinliche Flausen bekehrter Sodomiten", die das Jubiläum des Autors begehen und ihm zu neuen Lesern verhelfen möchte, bietet nach Ansicht Benders einen "gelungenen Querschnitt mit dem Schwerpunkt auf der humoristischen Seite des Oeuvres". Wobei Thill die Stellen bevorzuge, wo Situationen ins Surreale kippen. Dennoch zeigt sich Bender mit der Anthologie höchst unzufrieden. Ärgerlich findet er etwa die vielen Fehler, die sich eingeschlichen haben, sowie die "willkürlichen Veränderungen" der Vorlage. Eine der Reproduktionen moniert er als "ganz verdorben". Zudem rügt er die den Texten angefügten Datierungen als "inkonsequent und fehlerhaft". "Angesichts dieser Lieblosigkeit", resümiert der Rezensent, "sei dem Leser empfohlen, lieber gleich einen Roman oder Gedichtband Queneaus in die Hand zu nehmen."

© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2003

Großpapa Kentaur
Eine Anthologie will Raymond Queneaus humoristische Seite zeigen

Klassiker kann man auf dreierlei Art werden: Man scheffelt Ruhm zu Lebzeiten und läßt sich pompös begraben - Victor Hugo hat das Exempel geliefert. Man lebt und stirbt unbekannt und läßt sich hinterher entdecken (eine Variante, die die Wissenschaft besonders freut). Oder man arbeitet in Ruhe, sammelt einige Erfolge und steigt dann post mortem bei stetig steigenden Verkaufskurven - und ohne je aus der Mode zu kommen, wie es Variante eins riskiert - langsam und unauffällig ins Pantheon auf.

Einer dieser diskreten Klassiker hat zu Anfang des Jahres seinen hundertsten Geburtstag gefeiert: Raymond Queneau (1903 bis 1976), bekannt geworden vor allem durch seine "Stilübungen" (1947) und "Zazie in der Metro" (1959). Trotz seiner literarhistorischen Unauffälligkeit wird Queneau oft in den Kategorien des Kontrastes beschrieben: Als Mathematiker und Mitglied der ehrenwerten "Académie Goncourt" spielte er zugleich eine wichtige Rolle in den avantgardistischen Vereinigungen "Collège de Pataphysique" und "Ouvroir de Littérature Potentielle" ("OuLiPo"). Ab 1955 war er zu alledem verantwortlich für das Heiligtum der französischen Literatur, die "Pléiade"-Reihe (in die er mittlerweile selbst aufgenommen wurde). In seinen Texten lassen sich vergleichbare Spannungen ausmachen: Mathematisches Kalkül und linguistisches Experiment treffen auf die antike Mythologie und einen ausgesprochenen Geschmack für das Surreale - Queneau war in den Zwanzigern Mitglied der Gruppe um André Breton. Daß es ihm gelingt, diese Antagonismen zu vereinen, hat er seinem hintergründigen Humor zu verdanken.

So muß sich der Leser auf einiges gefaßt machen. Unversehens findet er sich in einer Bar wieder, wo ein Vierbeiner darauf besteht, Gin Fizz zu spendieren: "Ja, schbin aus Troja, wieherte das Pferd in den höchsten Tönen der Erregung." Und erklärt seine Herkunft: "Stellen Sie sich vor, fuhr es fort, daß Großpapa Kentaur war und Großmama Stute. Nun, den Mendelschen Gesetzen zufolge ist hier das Ergebnis. Es schlug sich mit den Hufen doch ein wenig pedantisch auf die Brust." Diese Art des Schreibens gleicht einem luziden Delirium - und macht den Autor verdächtig. In "Der Flug des Ikarus" heißt es prompt, daß "ein Romancier doch so verlogen ist". Der Verdacht ist bestätigt: So einem ist nicht zu trauen. Der Leser tut es trotzdem und mit wachsendem Vergnügen, denn es handelt sich nicht um Beliebigkeit, sondern um eine Entdeckungsreise in die Verschachtelungen der literarischen Phantasie.

Die Fundstellen sind der Anthologie "Unwahrscheinliche Flausen bekehrter Sodomiten" entnommen, in der Reihe "Salto" bei Wagenbach erschienen. Herausgeber Hans Thill möchte das Jubiläum des Autors begehen und ihm zu neuen Lesern verhelfen; denn präsent ist Queneau vor allem in Frankreich, nicht aber hierzulande. Tatsächlich bietet Thill einen gelungenen Querschnitt mit dem Schwerpunkt auf der humoristischen Seite des OEuvres. Er bevorzugt die Stellen, wo Situationen ins Surreale kippen. So wählt er zum Beispiel eine der witzigsten Passagen aus dem Romanerstling "Der Hundszahn" (1933), in der eine Beerdigung aus der Sicht eines Hundes beschrieben ist. Der Text weist Queneau als Vorläufer des Nouveau Roman aus und läßt dessen Epigonen wie Jean Echenoz ob der homerischen Abgründigkeit seines Lachens wie verspielte Kinder dastehen. Die Gedichte und Stilübungen wiederum demonstrieren aufs beste den drollig-raffinierten Charakter der Queneauschen Kombinatorik. Das Lesevergnügen ist gesichert; zudem wird der Leser mit Lebensdaten und Fotos versorgt.

Trotzdem leistet die Anthologie Queneau einen Bärendienst. Zum einen hat sich eine ärgerliche Anzahl an Fehlern eingeschlichen. Willkürliche Veränderungen der Vorlage, bei den Absätzen zum Beispiel, stören. Eine der Reproduktionen ist ganz verdorben, obwohl es an Material wahrlich nicht mangelte. Schließlich sind die den Texten angefügten Datierungen inkonsequent und fehlerhaft. Angesichts dieser Lieblosigkeit sei dem Leser empfohlen, lieber gleich einen Roman oder Gedichtband Queneaus in die Hand zu nehmen. Die sind zum Glück vielseitig genug, um in sich selbst kleine Anthologien zu bergen.

NIKLAS BENDER

Raymond Queneau: "Unwahrscheinliche Flausen bekehrter Sodomiten". Ausgewählt und mit einem Vorwort von Hans Thill. Aus dem Französischen übersetzt von Eugen Helmlé, Ludwig Harig, Hans Thill. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2003. 128 S., geb., 12,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Wer eine Einstiegsdroge sucht in die wunderliche Gedanken- und Buchstabenwelt Raymond Queneaus, ist mit diesem Band bestens bedient." (Stephan Göritz, Radio France International)