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Dieser Roman erzählt eine tragische Liebesgeschichte, die sich im Frankfurt des 19. Jahrhunderts und vor dem Hintergrund der Kriegspolitik Bismarcks abspielt. Die Front, die mitten durch Deutschland verläuft, lässt Freunde zu Feinden und Liebende zu Opfern werden.
Zugleich ist der Roman eine Hommage an das Frankfurt des 19. Jahrhunderts und an seine Bürger. Dumas kannte die Stadt am Main gut und schätzte ihre weltmännische Liberalität. In seinem Werk zeichnet er ein pralles und lebensnahes Bild der damals noch freien Reichsstadt und des Lebens in ihr.

Produktbeschreibung
Dieser Roman erzählt eine tragische Liebesgeschichte, die sich im Frankfurt des 19. Jahrhunderts und vor dem Hintergrund der Kriegspolitik Bismarcks abspielt. Die Front, die mitten durch Deutschland verläuft, lässt Freunde zu Feinden und Liebende zu Opfern werden.

Zugleich ist der Roman eine Hommage an das Frankfurt des 19. Jahrhunderts und an seine Bürger. Dumas kannte die Stadt am Main gut und schätzte ihre weltmännische Liberalität. In seinem Werk zeichnet er ein pralles und lebensnahes Bild der damals noch freien Reichsstadt und des Lebens in ihr.
Autorenporträt
Alexandre Dumas der Ältere (1802-70) wächst als Sohn eines napoleonischen Generals in der nordfranzösischen Provinz auf. Früh verwaist und arm, doch von seinen Talenten überzeugt, begibt er sich als Neunzehnjähriger nach Paris, wo er zum Theater will. Sein Kapital: eine schöne Handschrift, ein paar verwilderte Rebhühner und eine schier unerschöpfliche Phantasie. Die Theaterstücke, die er zunächst schreibt, sind heute vergessen. Doch zwanzig Jahre später, 1844, ist er mit 'Der Grafen von Monte Christo' der König des literarischen Feuilletons. Denn Dumas hatte den Nerv des Leserpublikums getroffen. Er bot eine intrigenreiche Handlung, Spannung, Illustion auf einem geschichtlichen Hintergrund, den man in groben Zügen kannte. Er bot historische Wahrheit, phantasievoll aufgefüllt mit Dichtung, und mischte ihr jenen feinen Schuss Ironie bei, der seine Romane bis heute so lesenswert macht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Als Frankfurts Hunde lautstark heulten
Wiederentdeckt: Ein vergessener historischer Roman von Alexandre Dumas gibt den Preußen Saures / Von Andreas Maier

Am Anfang regt sich Verdacht. Da erscheint in einem Frankfurter Verlag ein Roman des weltbekannten Alexandre Dumas, père, der justament in Frankfurt am Main spielt, und im Nachwort erfährt man, daß der Roman im Original gar nicht vorgelegen habe. Der Übersetzer entpuppt sich als Nacherzähler und sagt, er habe erst "während der Arbeit an diesem Buch" die englische Fassung in einem kleinen Antiquariat in Pennsylvania entdeckt. "So beschloß ich, auf der Grundlage der englischen Übersetzung Dumas' Feuilleton über die preußischen Schreckenstage nachzuerzählen."

Erst während der Arbeit findet er die Übersetzung und entschließt sich zur Nacherzählung? Ein emendatorischer circulus vitiosus, so scheint es. Und der "Nacherzähler", Clemens Bachmann, der Frankfurt und die Welt um Frankfurter Weltliteratur aus der Feder des großen Dumas bereichert ("der Roman scheint kaum bekannt"), ist natürlich selbst Frankfurter und schließt seine editorische Notiz mit den Worten: "Zur Ehre meiner Heimatstadt". Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Der Verfasser des Buches, also Dumas oder Bachmann (am Stammtisch hörte man auch schon die Namen anderer Frankfurter Autoren), kennt sich mit den Frankfurtern, insonderheit den Sachsenhäusern, auffällig gut aus: "Dieser rauhe Umgangston, der im Gegensatz zu einem zunehmend höflicheren Umgang anderer Volksgruppen steht, erscheint heutzutage als reine Flegelhaftigkeit, Grobheit, aber ohne böse Absicht. Man sagt über sie, daß sie schnell sind mit schroffen, doch immer wieder geistreichen Entgegnungen." Da scheint sich nicht viel verändert zu haben, seitdem Dumas 1867 Frankfurt am Main besucht hat.

Die feuilletonistischen Versatzstücke des Werks sind nur eher oberflächlich durch eine Art Mantel-und-Degen-Handlung miteinander verwoben. Da wird viel geliebt und gelitten, duelliert und niedergemetzelt: Von Bülow (Preuße, Baron) findet im Duell seinen Lehrmeister in Turpin (Franzose, Typ jugendlicher Held; erregt einen Skandal, weil er in Berlin öffentlich Vive la France ruft und dabei eine Champagnerflasche knallen läßt). Von Bülow und Turpin werden sofort dickste Freunde. Von Bülow wohnt in Frankfurt (eben noch freie Reichsstadt, wird im Verlauf des Romans von den Preußen eingenommen), Turpin kommt nach. Baron Bülow ist mit der schwarzhaarigen Emma verheiratet und will Turpin mit deren blonder Schwester Helene verheiraten. Helene liebt aber Karl von Freyberg (Österreicher, Graf).

Preußen erklärt den Krieg, Frankfurt wird eingenommen, von Bülow und Karl von Freyberg kämpfen auf verschiedenen Seiten. Turpin, das kleine Genie, ist überall ein Helfer in der Not. Als die Preußen Frankfurt schwerste Kontributionen auferlegen, gerät von Bülow in Streit mit seinem vorgesetzten Oberst (der den schönen Namen Sturm trägt), fordert ihn zum Duell, bekommt aber eine Absage. Also erschießt sich der Baron ordnungsgemäß und trägt seiner Frau auf, dem König von Preußen (zufällig ein alter Freund von Bülows) mitzuteilen, was in Frankfurt passiert und wie die Stadt geschröpft wird. Karl wird schwer verwundet und heiratet Helene auf dem Sterbebett. Schon sind die Kanonen auf Frankfurt gerichtet, das Ultimatum zur Zahlung der auferlegten Kontributionen will eben verstreichen, da stürzt Turpin mit dem rettenden Telegramm in die Runde. Frankfurt wird nicht bombardiert. Am Ende rächt Turpin von Bülow im Duell gegen den Oberst.

Das klingt alles ziemlich stereotyp und ist es auch, aber es liest sich zunächst höchst amüsant, leichte Unterhaltung der besten Art. (Der doppelte Boden kommt später!) Der Text hat viele Paradestücke, etwa das finale Degenduell zwischen Turpin und Oberst Sturm. Da ist Dumas bei sich. Nach all den Mantel-und-Degen-Filmen aus Hollywood glaubt man gar nicht, daß man einen Degenkampf auch literarisch so auf Tempo bringen kann. Dumas kann es. Grandios auch die Proklamation der Eingliederung Frankfurts unter preußische Herrschaft: Vom Römerbalkon aus wird der verhaßte Text verlesen, unten haben sich die Frankfurter mit ihren Hunden versammelt, immer wieder wird dazwischengejault, und als der Proklamator auffordert, "Hurra für König Wilhelm!" zu rufen, treten die Frankfurter alle wie auf ein Zeichen ihren Hunden auf die Schwänze, "worauf sich ein fürchterlicher Aufruhr breitmachte, der nur noch von der Kapelle des 34. Preußischen Regiments übertönt wurde, die ,Heil Dir im Siegerkranz' anstimmte."

Man erfährt so nebenbei auch einiges über Handlesekunde (Chiromantie). Turpin, das Genie, prognostiziert dem König von Hannover sein kompliziertes Schicksal nach der gewonnenen Schlacht von Langensalza aus der Hand, und zwar auf folgende Weise: ",Dieser Sieg . . . führt zu nichts. Hier ist die Sonnenlinie oberhalb der Kopflinie von einer Linie unterbrochen, die vom Mars ausgeht und die auch den Jupiterberg durchschneidet . . . Eine Niederlage. Aber - nein . . . Hier beginnt die Sonnenlinie nach der Unterbrechung von neuem, um nach Erreichen des Ringfingers an ihrer Basis zu enden. Und seht Ihr, weiter hinaus über diese Linie, die den Jupiter durchquert, verläuft eine gerade Linie, die von einem sternförmigen Grübchen, so wie ein Zepter mit einem Diamanten, gekrönt ist.' ,Und diese Voraussage bedeutet?' ,Restauration.'"

Die Schlachtbeschreibungen sind grausam, die Tode der Sympathieträger rührselig sondergleichen (Frankfurts Bürgermeister Fellner erhängt sich am Hosenträger), die Trauerzüge schier endlos. Die Liebesszenen sind ein Gipfel der Trivialität: "Karl wandte sich an Helenes Ohr und die süßen Worte ,Ich liebe dich' fielen flüsternd von seinen Lippen in ihr Ohr wie der Hauch eines Flügelschlages eines Falters an einem Frühlingsabend, Atemzüge des ewigen Geheimnisses der Natur. ,Oh, Friedrich, Friedrich!' rief Helene, mit abgewandtem Gesicht, ,ich habe mich nicht geirrt!' Dann erhob sie ihren Kopf und, langsam ihre wunderschönen Augen öffnend, sagte sie zu Karl: ,Und ich, ich liebe dich.'" Karl geht in die Schlacht von Aschaffenburg, siecht durch das letzte Viertel des Romans und bekommt am Ende noch eine Transfusion aus Helenes Adern verpaßt, um für die Hochzeit zu Bewußtsein zu kommen. Nach vollzogener Trauung folgt der Tod, Helene geht am nächsten Tag in den Main, wieder ein Trauerzug.

Der Roman ist aber nicht bloß ein Rührstück und ein Drama von Krieg und Ritterlichkeit. Dumas drückt zwar kräftig auf die Tränendrüse, aber er verfolgt dabei eine viel weiter reichende Absicht. Diese Absicht macht den Roman vor allen Dingen interessant. Der ganze Roman ist eine antipreußische Polemik. Er versetzt uns mitten in die zeitgenössische politische Auseinandersetzung um Bismarck und den Krieg von 1866. Dumas sollte für das Pariser Journal "La Situation" ein Feuilleton mit dem Titel "La Terreur Prussienne" schreiben. Das erklärt vor allen Dingen den disparaten Ansatz des Werkes. Man kann nämlich fast nicht von einem fortlaufenden Roman sprechen, sondern von verschiedenen zusammengefügten Teilen, mit Überschriften versehen wie: "Das Haus Hohenzollern", "Graf von Bismarck" (geradezu boshaft porträtiert), "Frankfurt am Main", "Österreicher und Preußen" und so weiter. Die erzählerischen Teile heißen dann "Benedict Turpin", "Helene", "Baron Friedrich von Bülow" et cetera.

Dumas exegiert in schönsten Aperçus unseren Nationalcharakter: "Wenn wir uns fragen, warum Deutschland nicht die großartige Position einnimmt, für die es vorgesehen ist, finden wir eine Antwort darin: Frankreich hat sich die Freiheit der Gedanken erkämpft, Deutschland aber gestattet sich lediglich die Freiheit eines Träumers. Die einzige Atmosphäre, in der es frei atmen kann, ist die einer Festung oder eines Gefängnisses." Er meint vor allem die Preußen. Bis auf Baron von Bülow sind die Preußen nämlich immer die Bösen. Deren König ist bloß eine Marionette in Bismarcks Hand, und kaum droht der Kanzler mit Rücktritt, werden ihm sämtliche Wünsche erfüllt. Was er will: ein Reich. Man kennt die Geschichte.

Alles in der Komposition des Romans ist diesem Prinzip untergeordnet, und wer wissen will, wie man einen Propagandaroman schreibt, braucht nur Dumas studieren. Das fängt schon damit an, daß der eigentliche Held des Buches (wenn auch nicht unbedingter Handlungsträger), der vielseitigst veranlagte, kosmopolitische Turpin, natürlich Franzose ist. Von perfekten Umgangsformen, unschlagbar im Duell (vorher legt er immer Jackett und Weste ab und kämpft im wehenden Hemd), begabt mit den unterschiedlichsten Talenten. Im Duell erobert er sich von Bülow zum Freund, den einzigen guten Preußen im Text, mit Grund. Von Bülow ist mit einem Österreicher befreundet, klar (dieser wird später von Preußen niedergemacht). Von Bülow lebt mit seiner Frau und deren Schwester in Frankfurt. Als der Krieg beginnt, verläßt er mit seinem Regiment die Stadt, als Frankfurt eingenommen ist und das preußische Schreckensregiment herrscht, kommt er zurück.

Damit ist die Konstruktion komplett, sie erklärt sich folgendermaßen: Von Bülow wird dem Leser durch Turpin zum Freund, denn der Franzose ist ja sowieso Liebling des Lesers. In Frankfurt werden die Schrecknisse der preußischen Besetzung nun vor allen Dingen durch von Bülows Augen gesehen. Man legt die Kritik am besten einem Preußen selbst in den Mund, das ist am unverdächtigsten. Der Preuße selbst opfert sich im Kampf der Frankfurter gegen die Preußen. Ach ja, und sein Freund (der dann auch stirbt) ist deshalb Österreicher, damit die Preußen einen größtmöglichen Schaden in der Familie anrichten können. Am Ende bleibt ja nur von Bülows Frau übrig (neben Turpin, dem Tausendsassa). Sämtliche Rührstückpartien bekommen dadurch einen polemischen Hintergrund, das ist der angesprochene doppelte Boden. Wenn etwa in herzzerreißender Stereotypie des Bürgermeister Fellners Schicksal am Hosenband geschildert wird, wenn man über Seiten mitverfolgt, wie Karl ausblutet und die wunderschöne Helene sich jungfräulich ersäuft, dann heißt das natürlich immer: Seht, die grausamen Preußen, ein furchtbares Regiment . . . das ist der Preis, den Bismarck euch zahlen läßt für sein Reich!

Der Roman ist, oberflächlich gelesen, sehr unterhaltsam, und wenn man seinen agitatorischen Charakter wahrnimmt, dann wird er noch viel unterhaltsamer. Die historische Distanz macht es einem natürlich leicht, man ist ja nicht mehr Partei. Dumas' Roman ist herrlich einseitig, chauvinistisch, schräg und schief, aber er ist auch sehr intelligent, abwechslungsreich, lehrreich, kunstvoll, und er versetzt den Leser mitten ins Getümmel einer anderen Zeit, die Frankfurt auch einmal gesehen hat. Immer vorausgesetzt, Dumas ist der Autor. Ja, dieser Verdacht . . . Aber was soll's! Wenn das ganze Preußen-Polemik-Spektakel nur Tarnung für ein literarisches Kuckucksei wäre, wäre die Sache irgendwie noch grandioser. Nun, angeblich liegt eine französische Ausgabe in der Berliner Staatsbibliothek. Wir können beruhigt sein. Irgendwer wird sie sehr bald einsehen. Übrigens schreibt Clemens Bachmann ein kurzweiliges Deutsch. Wir halten immerhin fest: Eine wirkliche Entdeckung und gelungene Überraschung, nicht nur zum weiteren Ruhm der Stadt Frankfurt am Main, sondern auch zum Vergnügen des Lesers.

Alexandre Dumas: "Der Schleier im Main". Der historische Frankfurt-Roman. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2004. 328 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wer einen Propagandaroman verfassen will, der konsultiere vorher dieses Buch: Er wird, so Andreas Maier, von Alexandre Dumas Nachhilfe erhalten und dazu einen großen Lesespaß haben. Das heißt, wenn Dumas tatsächlich der Autor ist - dubiose Geschichte nämlich: Der Übersetzer ist in Wirklichkeit ein Nacherzähler, und es gibt kein Original, sondern nur eine englische Fassung als Vorlage. Frankfurter Verlag, Handlungsschauplatz Frankfurt - ein Frankfurter Komplott? Das ist zwar, findet Maier, eine interessante Frage, aber eine unwichtige. Wichtig ist allein das Amüsement, garantiert durch eine "Mantel-und-Degen-Handlung", die eine "antipreußische Polemik" gar nicht verhehlen will und das auch gar nicht könnte. Es wird qualvoll gestorben und inbrünstig geliebt, die Preußen sind Hunde und Bismarck ganz besonders, der Franzose ist der Klügste, Stärkste und Schönste. Und, oha, die Duelle! Man glaubt gar nicht, schreibt Maier, der sowas vor allem aus dem Fernsehen kennt, "dass man einen Degenkampf auch literarisch so auf Tempo bringen kann." Lauter Stereotypen, große Unterhaltung! "Dumas' Roman ist herrlich einseitig, chauvinistisch, schräg und schief, aber er ist auch sehr intelligent, abwechslungsreich, lehrreich, kunstvoll". Und wenn's nicht von Dumas ist, wär's fast noch besser.

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