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Diese Sammlung bisher unveröffentlichter Texte spiegelt einen Abschnitt deutscher Zeitgeschichte wider, über den nur wenige Autoren so glaubhaft für junge Leser schreiben können wie Gudrun Pausewang. Als Zeitzeugin des Hitlerregimes erzählt sie ohne erhobenen Zeigefinger - von Momenten aus ihrem eigenen Leben, von Schicksalen, die ihr erzählt wurden. Es sind sehr persönliche, sehr ehrliche Beobachtungen, die sich unauslöschlich eingeprägt haben und mit denen sie sich bis heute intensiv auseinandersetzt. So erinnert sie sich z. B. an einen Tag, als eine jüdische Familie aus ihrer Wohnung geholt…mehr

Produktbeschreibung
Diese Sammlung bisher unveröffentlichter Texte spiegelt einen Abschnitt deutscher Zeitgeschichte wider, über den nur wenige Autoren so glaubhaft für junge Leser schreiben können wie Gudrun Pausewang.
Als Zeitzeugin des Hitlerregimes erzählt sie ohne erhobenen Zeigefinger - von Momenten aus ihrem eigenen Leben, von Schicksalen, die ihr erzählt wurden. Es sind sehr persönliche, sehr ehrliche Beobachtungen, die sich unauslöschlich eingeprägt haben und mit denen sie sich bis heute intensiv auseinandersetzt.
So erinnert sie sich z. B. an einen Tag, als eine jüdische Familie aus ihrer Wohnung geholt wurde und noch am gleichen Tag eine "arische" Familie dort einzog und sich sofort wie zu Hause fühlte.
Oder sie erzählt von dem 15-jährigen Jungen, der so lange von seinem Onkel angestachelt wird, bis er einen russischen Kriegsgefangenen erschießt.
Sie schildert die Mitläufer-Mentalität, erinnert an den "Persilschein" und daran, wie in der Schule die NS-Ideologie verbreitet wurde.
Autorenporträt
Gudrun Pausewang wurde 1928 als das älteste von sechs Kindern in Wichstadtl (Ostböhmen) geboren. Ihr Vater kam 1943 in Russland um und ihre Mutter musste nach Kriegsende allein mit den sechs Kindern in den Westen fliehen.
Gudrun Pausewang arbeitete als Lehrerin an verschiedenen Schulen in Deutschland und Mittel- und Südamerika. So lehrte sie in Chile, Venezuela und Kolumbien. 1972, zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes, kehrte sie endgültig nach Deutschland zurück. Hier unterrichtete sie bis 1989 an einer hessischen Grundschule. Im Ruhestand beendete sie ihr Germanistikstudium und promovierte 1998 an der Goethe-Universität Frankfurt/Main.
Gudrun Pausewang ist seit 1958 schriftstellerisch tätig. Sie hat - neben Romanen für Erwachsene - zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht. Sie engagiert sich in ihren Büchern für den Frieden, die Umwelt und soziale Gerechtigkeit. Ein wichtiges Thema ist auch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich.
Für ihr literarisches Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet. 1999 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und 2009 bekam sie den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach für ihr Lebenswerk.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.08.2004

Eid aus Kindertagen
Erzählungen aus dem Dritten Reich von Angst und Courage
GUDRUN PAUSEWANG: Ich war dabei. Geschichten gegen das Vergessen. Patmos Verlag, Düsseldorf 2004. 145 Seiten,12,90 Euro.
Der Titel „Ich war dabei” ist ein Bekenntnis. Gudrun Pausewang, die sich in ihren Büchern immer wieder mit der NS-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg auseinander setzt, erinnert sich in zwanzig kurzen Erzählungen an ihre Jugend unter der Hitler-Diktatur: „Wir jungen Menschen bekamen damals diese NS-Ideologie über die Schule, die Medien, die Jugendorganisationen eingetrichtert. Sehr viele von uns auch über die Eltern, die ja unsere Vorbilder sein wollten. Natürlich glaubten wir denen, die uns indoktrinierten. Wir hatten ja nie gelernt, kritisch zu überdenken, was man uns beibrachte.”
Diese Perspektive des kindlichen Blicks auf das Geschehen hält die Autorin in allen Erzählungen durch, und sie wirkt besonders authentisch in der Erinnerung an eigene Erlebnisse - etwa, wenn in der Erzählung „Das Gespräch” die Familie darüber diskutiert, was mit den Juden geschehen soll. Beide Eltern sind Antisemiten, aber die Mutter verspürt Mitleid und meint, man solle sie ausweisen, während der Vater die Juden vernichtet sehen will. Dabei ist der Vater ein Mann, den Gudrun Pausewang als weichen Menschen schildert, der Kinder liebt und von allen geachtet wird. „Er hat den Krieg, zu dem er sich freiwillig gemeldet hat, nicht überlebt. Vielleicht ist das gut so”, schreibt sie und stellt sich vor, was aus ihm geworden wäre, wenn er zu einer anderen Zeit gelebt hätte: „ein Mensch, wie man sich seine Mitmenschen wünscht”. Damit gibt die Autorin aber der Elterngeneration keinen Freibrief, indem sie persönliche Schuld den Zeitumständen anlastet. Sie schildert schließlich auch Zivilcourage und Tapferkeit. Da halten zwei Freunde in der Erzählung „Dazu gehört Mut” an ihrem Eid aus Kindertagen fest, sich gegenseitig zu helfen, als sie als Erwachsene in Lebensgefahr geraten. Oder sie schreibt in „Der Lehmstampfer” über den Großvater, der seinen 15-jährigen Enkel mit einer bewusst schmerzhaften Aktion daran hindert, sich noch in den letzten Kriegswochen an die Front zu melden.
Immer wieder finden sich in den Erzählungen autobiografische Erlebnisse - so erinnert sich die Autorin noch heute an das Minderwertigkeitsgefühl und die Scham, als die Biologielehrerin sie vor den Klassenkameraden abqualifiziert: „Typische ostische Rasse. Setzen!” Ihre Freundin tröstete sie damals: „Hitler ist auch nicht nordisch.” Oder sie erinnert sich an die Verleihung des Mutterkreuzes durch ihre „Jungmädchengruppe” an eine alte Frau, deren vier Söhne im Krieg gefallen waren. Sie warf diese Ehrung auf den Misthaufen.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist der Autorin die Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne in der Nachkriegszeit. Da ist die Frau, die sich von ihren ehemaligen jüdischen Freunden, denen die Ausreise in die USA gelang, „einen Persilschein” zur Entnazifizierung besorgt, obwohl sie sich während der NS-Zeit feige von ihnen abgewandt hat. Oder das Dorf, das seine grauenvolle Vergangenheit verdrängt - genauso wie die Großmutter, die für ihre Enkelin die Familiengeschichte frisiert. Hoffnungsvoll dagegen das Verhalten ehemaliger Sudetendeutscher, die als Urlauber in ihre alte Heimat zurückkehren und den Hass vergessen, als sie die neuen Bewohner ihres Hauses kennen lernen.
Gudrun Pausewang greift Motive auf, die sich durch ihr Lebenswerk ziehen. Durch die kurze Erzählform gewinnen sie an Eindringlichkeit, verbinden historische Fakten mit persönlichen Schicksalen. Ein beeindruckendes Zeitzeugnis.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Das Mutterkreuz im Dritten Reich: Nicht jede Frau mochte Helden fürs Vaterland gebären.
Foto: Scherl/SZ-Archiv
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2005

Nie mehr zurück
Gudrun Pausewangs Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich

Zeitzeugin - auf wenige Schriftsteller trifft diese Bezeichnung so genau zu wie auf Gudrun Pausewang. Ob es die Armut in Südamerika ist, wo sie als Lehrerin gearbeitet hat, die Friedens- oder die Anti-Atom-Bewegung, in der sie aktiv war, oder die Auseinandersetzung mit den Jahren des Dritten Reiches: ihre Meinung dazu teilt sie in ihrem erzählerischen Werk klar und oft mit pädagogischem Eifer mit. Denn sie ist überzeugt davon, daß man etwas zum Guten bewirken kann mit Aufklärung, Bewußtmachen und ehrlichem, beispielhaftem Bemühen.

Von den über siebzig Büchern, die inzwischen vorliegen, beeindrucken die autobiografischen am meisten. Ihre Kindheit hat Gudrun Pausewang in den Erinnerungen an die "Rosinkawiese" beschrieben und nicht verschwiegen, daß ihre idealistischen Eltern sich von den Parolen der Nationalsozialisten verführen ließen. Von der monatelangen Flucht mit der Mutter, die den Handwagen mit den Kleinsten über Hunderte Kilometer über das schlesisch-böhmische Gebirge bis nach Hamburg zog, hat sie in "Fern von der Rosinkawiese" erzählt.

Jetzt hat sie eine neue Flüchtlingsgeschichte geschrieben. "Überleben" heißt sie lapidar. Fünf Kinder, von denen das älteste knapp siebzehn ist wie Gudrun Pausewang, als sie ihre Heimat verlassen mußte, überleben nach einem Bombenangriff im Luftschutzkeller einer fremden Stadt. Die hochschwangere Mutter mußte vorher bei einem Halt des überfüllten Zuges ihre Kinder der Großmutter anvertrauen, um ihr Baby im nächsten Krankenhaus zur Welt zu bringen. Doch als die Sirenen den Luftangriff ankündigen, verlieren die Kinder im Gedränge vor dem Bahnhof auch ihre Großmutter. Aneinandergeklammert werden sie in den nächsten Keller geschoben und glauben sich wie die anderen Schutzsuchenden zunächst sicher, bis eine gewaltige Detonation die Mauern zum Einsturz bringt.

Wie durch ein Wunder bleiben sie unverletzt und finden auch noch die Tasche mit dem Rest des Reiseproviants. Zwei Tage und zwei Nächte verbringen sie in völliger Dunkelheit im halbeingestürzten Damenklo, ehe sie gerettet werden. Ratschläge fürs Überleben bekommen sie von einem schwerverletzten Soldaten, mit dem sie sich anfangs durch ein Rohr in der Mauer verständigen können. "Eßt langsam, kaut gut, trinkt das Wasser aus dem Spülkasten des Klos in kleinen Schlucken, wer weiß, wie lange es reichen muß", ermahnt er sie, bevor seine Stimme verstummt und das Schlimmste, sein Tod, zu befürchten ist.

Gudrun Pausewang schildert atemberaubend spannend, was in Kindern in einer solchen Situation vor sich geht. Gisel, die Älteste der Geschwister, erkennt als einzige den Ernst der Lage und übernimmt die volle Verantwortung. Ihr zwölfjähriger Bruder hilft ihr, die Kleinen zu beruhigen. Sie sprechen von der Sehnsucht, nach Hause zurückzukehren und alles wiederzufinden, was sie liebten und gewohnt waren. Gisel ahnt aber, daß der Krieg verloren ist und damit auch die Heimat. Gespräche der Eltern fallen ihr ein, deren Glaube an einen "Endsieg" längst erschüttert ist. Sie erinnert sich auch an ihre kluge Großmutter, die von Anfang an die Ziele der Nationalsozialisten abgelehnt und die Katastrophe, die nun die Deutschen trifft, eine Folge dieses verbrecherischen Krieges genannt hat.

Um das Leben und Überleben während der Nazi-Zeit geht es auch in den "Geschichten gegen das Vergessen", die Gudrun Pausewang vor wenigen Monaten veröffentlicht hat. "Ich war dabei", so das Bekenntnis dieser Zeitzeugin. Sie erzählt, wie 1938 die Synagogen brannten, Läden geplündert wurden und die Gaffer, die tatenlos zusahen, später nichts davon gewußt haben wollten. "Habt ihr überhaupt nicht nachgedacht?" fragt ein Enkel verständnislos. Wie damals ein ganzes Volk verhetzt, verängstigt und widerstandslos dem "Führer" folgte, ist den Jüngeren nicht einfach zu erklären. Gudrun Pausewang versucht es aber unermüdlich in ihren meist autobiographischen Geschichten, "damit so etwas nie wieder geschieht".

MARIA FRISÉ

Gudrun Pausewang: "Überleben!". Otto Maier Buchverlag, Ravensburg 2005. 220 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 12 J.

Gudrun Pausewang: "Ich war dabei - Geschichten gegen das Vergessen". Sauerländer Verlag, Düsseldorf 2004. 247 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 12 J.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In dem Buch erkennt Roswitha Budeus-Budde ein "Bekenntnis" der Autorin Gudrun Pausewang. In zwanzig kurzen Erzählungen erinnert sich die Autorin an ihre Jugend unter der Hitler-Diktatur. Auffallend für die Rezensentin ist die durchgehende "Perspektive des kindlichen Blicks", die aber nicht verharmlose und einen "Freibrief" für die Lossprechung jeglicher persönlicher Schuld darstelle. Der persönliche Bezug, der mit historischen Fakten verbunden wird, gefällt Roswitha Budeus-Budde. Es mache die Geschichten "besonders authentisch", wie zum Beispiel das Erlebnis der Autorin im Biounterricht: "Typische ostische Rasse. Setzen!". Die Geschichten gewinnen durch die kurze Erzählform an Eindringlichkeit, fügt die Rezensentin hinzu. Doch neben der Erzählung der Vergangenheit ist die "Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne" zentral: In einer Geschichte frisiere eine Großmutter die Familiengeschichte für die Enkelin. So fasst die Rezensentin gerne zusammen: "Ein beeindruckendes Zeitzeugnis".

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