Produktdetails
- Verlag: Dressler Verlag GmbH
- Originaltitel: Kensuke's Kingdom
- 2000.
- Seitenzahl: 176
- Altersempfehlung: ab 10 Jahren
- Abmessung: 190mm
- Gewicht: 334g
- ISBN-13: 9783791513492
- ISBN-10: 3791513494
- Artikelnr.: 08960438
Michael Morpurgo zeichnet eine Welt, der man trotz der Stürme vertrauen kann
Schwer zu sagen, ob es von Naivität, Selbstüberschätzung oder besonderem Mut zeugt, wenn ein Autor heute von der wunderbaren Rettung eines Schiffbrüchigen und von seinem Überleben auf einer paradiesischen Insel erzählt. Auf den Spuren von Odysseus, Sindbad und den modernen Variationen ihrer Geschichten zwischen Defoe und Golding schleppt der Erzähler eine erdrückende Last der Überlieferung mit sich. Michael Morpurgo hat sie auf eine erstaunliche Weise abgeschüttelt. Das Spiel der Zitate und Parodien, das heute manche Kinderbuchautoren für sich entdeckt haben, interessiert ihn nicht. Er läßt den elfjährigen Michael seine einsame Insel entdecken, ohne daß dieser ein einziges Mal an Robinson denken würde. Morpurgos literarische Abstinenz gibt seiner Erzählung die Leichtigkeit eines Tagtraums, in dem die alten Muster durchschimmern, aber nie an die Oberfläche des Bewußtseins geraten. In diesem Tagtraum liegt Michaels arbeitslosen Eltern nichts näher, als ein hochseetüchtiges Segelschiff zu kaufen, das mit dem Blau der Sehnsucht nach Meer und Himmel angemalt ist. Während sie die Welt umsegeln, gehen in einer fast windstillen Nacht Kind, Hund und Fußball unbemerkt über Bord. Michael findet sich am Morgen mit seinem Hund auf dem Strand einer Insel, auf der es Affen, aber scheinbar keine Menschen gibt.
Am nächsten Tag jedoch hat ihnen ein unsichtbarer Helfer Wasser, Fisch und Bananen zum Frühstück hingestellt. Offenbar will er Michael das Überleben ermöglichen, ohne mit ihm bekannt zu werden. Nach und nach aber gewinnt er ein Gesicht und eine Geschichte. Der neue Robinson ist ein weiser alter Japaner, den es am Ende des Zweiten Weltkriegs auf die Insel verschlagen hat. Seine Einsamkeit teilt er mit einer Orang-Utan-Sippe - bis Michael kommt. Das Kind findet in dem Mann, der seine Familie in Nagasaki umgekommen glaubt, schließlich einen zärtlichen Vater und Freund. Der aus der Perspektive des erwachsenen Michael dargestellte Junge bleibt etwas blaß; nicht er, sondern der alte Mann durchläuft eine anrührende Entwicklungskrise.
Anders als manche Kinderbücher, die die Schrecken des Lebens fast bis ins Unerträgliche ausmalen, zeichnet Morpurgo eine Welt, der das Kind trotz aller Stürme vertrauen kann und in der es Mütterlichkeit und Väterlichkeit in elementarem Sinn erlebt: Kensuke sorgt für Nahrung, beschützt und schafft Freiräume zum Spielen und Lernen. Es gibt Konflikte, Gefühlsambivalenzen und schmerzliche Entscheidungen, aber kein Unglück. So also kann ein Kinderbuch auch beschaffen sein - leicht gleitend durch farbige Szenen mit gutem Ende, freundlich, ohne seicht zu sein.
GUNDEL MATTENKLOTT.
Michael Morpurgo: "Kensukes Königreich". Aus dem Englischen von Yvonne Hergane. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2000. geb., 176 S. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Gundel Mattenklott findet die neue Robinsongeschichte auf dem Kinderbuchmarkt richtig gut, auch deshalb, weil der Autor das "Spiel der Zitate und Parodien" vermeidet. Ein Junge fällt von Bord des Schiffes, mit dem seine arbeitslosen Eltern mit ihm in eine bessere Welt aufgebrochen sind. Er landet auf einer einsamen Insel, auf der ein zunächst unsichtbarer Japaner sein Überleben sichert. Für Mattenklott hat das die "Leichtigkeit eines Tagtraums". Kinder, vertraut der Welt, ist eine mögliche Quintessenz.
© Perlentaucher Medien GmbH
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