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Die bewegenden Schicksale von politisch Verfolgten, von Abweichlern, Dissidenten und Regimekritikern, aber auch von ganz normalen Bürgern, die sich dem vormundschatlichen Staat nicht beugen wollten, zeichnen ein umfassendes Bild des Herrschaftsapparates und der Herrschaftspraxis des SED-Regimes.

Produktbeschreibung
Die bewegenden Schicksale von politisch Verfolgten, von Abweichlern, Dissidenten und Regimekritikern, aber auch von ganz normalen Bürgern, die sich dem vormundschatlichen Staat nicht beugen wollten, zeichnen ein umfassendes Bild des Herrschaftsapparates und der Herrschaftspraxis des SED-Regimes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.05.2002

Platte Inszenierung

SED-HERRSCHAFT. 1959 erschien in der DDR das Buch "Unsere Welt von morgen". Die Autoren beschworen eine wunderbare Zukunft, in der alles "vollkommen und vernünftig geregelt" werden würde. Die Mehrzahl der DDR-Bürger war sich spätestens 1989 sicher, daß der Sozialismus in der DDR nichts vollkommen und vernünftig regeln könne. Sie wählten die D-Mark und den Kapitalismus. Heute scheint vielen diese Wahl nicht mehr so glücklich. "Ein seltsames, aber hochexplosives Gebräu aus sentimentaler Rückbesinnung auf die DDR, Ablehnung des Westens, Ausländerfeindlichkeit, Sehnsucht nach Gemeinschaft, Harmonie, Heimat und anderen positiven Werten macht sich breit", schreibt Stefan Wolle, der sich vor allem mit dem DDR-Alltag beschäftigt hat. Seine Analyse über den, wenn man so sagen darf, DDR-Bürger heute leitet das Taschenbuch "Der Schein der Normalität" ein. Der Sozialismus hat seltsamerweise immer noch den Ruf, eine vernünftige Sache zu sein. Die hier versammelten Autoren wissen es besser. Anfang der siebziger Jahre schien es, als könne die DDR tatsächlich lebenswerter werden. Honecker stürzte Ulbricht und betrieb fortan eine Sozialpolitik, an die heute erinnert wird, wenn von sozialer Gerechtigkeit geredet wird. Für Wohnungsbauprogramme, Lohnerhöhungen und Familienförderung reichte jedoch die wirtschaftliche Kraft nicht aus. Jede "sozialpolitische Maßnahme", wie sie im Funktionärsdeutsch genannt wurde, erzielte überdies zwar nicht das gewünschte Ergebnis, wohl aber unerwünschte. Das Wohnungsbauprogramm, das mit Plattenbauten erfüllt werden sollte, ließ die Innenstädte verfallen. Ein Mehr an Freizeit führte nicht zu mehr Leistung, sondern zu dem Wunsch, öfter und besser einzukaufen. Den höheren Einkommen stand ein zu geringes Konsumangebot gegenüber. Seit Ende der siebziger Jahre sei der Sozialismus nur noch Inszenierung gewesen, schreibt Peter Skyba in seiner Studie über die SED-Sozialpolitik. Die Funktionäre selbst bis hinein in das Politbüro hätten den Glauben an die Zukunft verloren. Daraus leitet Skyba eine bemerkenswerte These ab: "Dieser innere Erosionsprozeß angesichts der offenkundigen Reformunwilligkeit und Reformunfähigkeit der SED-Spitze dürfte - mehr noch als der Mißmut der Bevölkerung über die materiellen Lebensbedingungen - eine der entscheidenden Bedingungen für den Zusammenbruch der Parteidiktatur gewesen sein." (Clemens Vollnhals/Jürgen Weber : Der Schein der Normalität. Alltag und Herrschaft in der SED-Diktatur. Olzog Verlag, München 2002. 455 Seiten, 14,90 Euro.)

F.P.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der mit F.P. zeichnende Rezensent sieht in dem Buch die sentimentale Erinnerung an DDR-Zeiten und den Sozialismus, der - wie F.P sich wundert -, seltsamerweise noch immer einen guten Ruf genießt, zurecht gerückt. Aus den im Band versammelten Autoren hebt F.P. vor allem Peter Skyba hervor, der sich mit den enttäuschten Hoffnungen der SED-Sozialpolitik beschäftigt. Seine Studie zeige, dass die "sozialpolitischen Maßnahmen" nicht nur die erwünschten Ergebnisse erzielten, sondern auch unerwünschte Nebenwirkungen verursachten, da die wirtschaftliche Kraft der DDR nicht ausreichte, um die Maßnahmen zu tragen. Dadurch wurde der Sozialismus immer mehr zur Inszenierung. Skybas These: Weniger die Unzufriedenheit der Bevölkerung angesichts der materiellen Verhältnisse sei entscheidend für den Zusammenbruch der Parteidiktatur gewesen, als die "innere Erosion angesichts der offenkundigen Reformunwilligkeit und Reformunfähigkeit der SED-Spitze". "Bemerkenswert", findet F.P.

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