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Balkankrieg und Konfliktdiplomatie Der Kosovo-Konflikt hat zu einem NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien, Massenflucht und einer internationalen Wirtschaftsblockade geführt. Die vorliegende Analyse erklärt das Entstehen des Kriegs, die Hintergründe und Wirkungen sowie die Probleme des Wiederaufbaus. Auch theoretische Aspekte der Kriegsführung und das Demokratiedefizit der NATO-Allianz werden diskutiert. Der Autor fragt nach der politischen Verantwortung sowie nach den Perspektiven des Balkan-Kriegs für Europa und die Welt. Die Lehren des Kriegs, neue Ansatzpunkte künftiger Konfliktdiplomatie sowie…mehr

Produktbeschreibung
Balkankrieg und Konfliktdiplomatie
Der Kosovo-Konflikt hat zu einem NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien, Massenflucht und einer internationalen Wirtschaftsblockade geführt. Die vorliegende Analyse erklärt das Entstehen des Kriegs, die Hintergründe und Wirkungen sowie die Probleme des Wiederaufbaus. Auch theoretische Aspekte der Kriegsführung und das Demokratiedefizit der NATO-Allianz werden diskutiert. Der Autor fragt nach der politischen Verantwortung sowie nach den Perspektiven des Balkan-Kriegs für Europa und die Welt. Die Lehren des Kriegs, neue Ansatzpunkte künftiger Konfliktdiplomatie sowie ein Konzept für aktive Euroland-Politik werden zukunftsweisend präsentiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2000

Eine neue Chance für Politik und Diplomatie
Über den Krieg um das Kosovo: Ein gelungener Sammelband und eine dilettantische Darstellung

Erich Reiter (Herausgeber): Der Krieg um das Kosovo. 1998/99. v. Hase & Koehler Verlag, Mainz 1999. 270 Seiten, Abbildungen, 36,- Mark.

Paul J. J. Welfens: Der Kosovo-Krieg und die Zukunft Europas. Diplomatieversagen, Kriegseskalation, Wiederaufbau, Euroland. Olzog Verlag, München 1999. 208 Seiten, 8 Abbildungen, 29,90 Mark.

Nach der ersten Welle der Fachzeitschriftenartikel und Magazin-Kolportagen über den "Kosovokrieg" liegt nun das erste Buch in deutscher Sprache über das letzte große Ereignis der europäischen Kriegsgeschichte im zwanzigsten Jahrhundert vor. Es kommt aus Wien. Österreich ist dem Balkan mit Belgrad, Sarajevo und dem "Amselfeld" gedanklich näher als Deutschland und der Rest Westeuropas.

Als Autoren des Sammelbandes "Der Krieg um das Kosovo 1998/99" zeichnen neben dem Herausgeber Reiter elf Autoren mit Beiträgen zu diversen Aspekten oder zum Kontext des Konflikts und seiner Bilanz. Von besonderem Interesse ist die Mitwirkung des seinerzeitigen Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, Naumann. Er stellt die Ereignisse der beiden Jahre 1998/99 in Brüsseler Sicht während des Unternehmens "Allied Force" dar.

Herausgeber Reiter hat den Band so konzipiert, daß nicht nur die wesentlichen Aspekte in reichhaltigem Detail ausgeleuchtet werden, sondern auch der "Vorlauf" zum Krieg (Entfaltung des politischen Konflikts, kosovarische Evolution hin zur Rebellion gegen Serbien, serbischen Repression bis zum Jahreswechsel 1998/99 mit der Vertreibungspolitik Belgrads) und beim Kriegsablauf die wichtigsten strategischen, politischen und völkerrechtlichen Probleme herausgearbeitet werden. Die Analyse von Geschehen und Kausalzusammenhängen bleibt stets auf die Realität bezogen und differenziert, ohne politische Thesen.

So ist eine erste systematische Bilanz entstanden, die den Gegenstand erhellt und die zudem leserlich auf den Punkt geschrieben ist. Von praktischem Wert bei der Lektüre sind auch die Karten, die Zeittafel und der Anhang mit den wesentlichen Dokumenten: die einschlägigen Sicherheitsrats-Resolutionen der Vereinten Nationen (UN) 1998/99, der Entwurf des Abkommens von Rambouillet vom 23. Februar 1999 und das "Militärtechnische Übereinkommen" vom 9. Juni 1999 zwischen der Nato und der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien). Geboten werden quellenreiche und quellenreine, mit der traditionellen Akribie der österreichischen Militärpublizistik ausgestattete, strategiewissenschaftlich fundierte Analysen.

All dies kann von Welfens' Buch nicht gesagt werden. Denn politische Thesen bedürfen der Substanz und sollten auf Kenntnissen gründen, nicht auf unrecherchierten Annahmen. Der Verfasser zeigt nicht die Spur von Verständnis für die 1998/99 eingetretene Lage, die er offensichtlich auch nicht beurteilen kann. Ebensowenig kann er die militärstrategisch-operativen Probleme oder die diplomatischen Komplikationen einschätzen. Die Politik von Milosevic hat er nicht begriffen, und er kann sie nicht einmal korrekt wiedergeben. Das Dilemma des Völkerrechts - dessen Bruch durch die Nato mit der Intervention in den Kosovo-Konflikt und der Kriegführung gegen Serbien-Montenegro er ausführlich beschreibt - hat er nicht erfaßt. Es war das Dilemma zwischen Souveränität/territorialer Integrität der Staaten und innerstaatlicher Gewalt gegen deren Bevölkerung oder Volksgruppen mit der Folge von Rebellion und Sezessionsversuch auf der einen Seite, Repression und Staatsterror auf der anderen Seite samt Bürgerkrieg zwischen beiden Bevölkerungsteilen. So kann er nicht erkennen, daß das entstandene Problem auch für das Völkerrecht revolutionärer Natur ist und die UN mehr in Widerspruch zu sich selber brachte als die Nato, bei der er einen Bruch mit sich selber diagnostiziert. So ist ihm entgangen, was UN-Generalsekretär Kofi Annan bei seiner Kritik an der Nichtachtung des UN-Sicherheitsrates durch die Nato und die westlichen Verbündeten öffentlich einräumte: daß ein internationaler Notstand eingetreten war und die Vereinten Nationen nicht handeln konnten, wie sie zuvor in Bosnien nicht gehandelt hatten. Damit hatte er seine Kritik an der UN-Operation in Bosnien ausdrücklich hervorgehoben und Mitverantwortung für die Massaker und Massenvertreibungen auf sich geladen.

Die Frage, wer denn diesen akuten Notstand (anders, als die Nato es tat) nach den gescheiterten diplomatischen Bemühungen (die der Autor kaum und im übrigen falsch darstellt) hätte friedlich beenden sollen, beantwortet Welfens nicht. Als Beispiel seiner theoretisierenden Hilflosigkeit nur ein Satz: "Um einen komplexen ethno-nationalen Konflikt hoher Gewaltvirulenz erfolgreich eindämmen zu können, bedarf es der ganzen Bandbreite erfolgsfähiger Instrumente: der politischen Krisenprävention, der zivilen Streitbeilegung, der Schlichtung und Vermittlung sowie als Ultima ratio auch der Unterbindung bereits ausgebrochener Gewalt durch Gegengewalt . . ."

Wie "Gegengewalt" besser hätte eingesetzt werden können, ist eine Weisheit, die der Autor dem Leser vorenthält. Er ist schnell bei der Hand, der Nato bei der Parallele Bosnien - Kosovo mit den Luftangriffen in beiden Kriegen "fehlerhafte Analysen und Trugschlüsse" vorzuhalten (was man durchaus kann), doch er verschweigt, daß die Nato schließlich ihre Ziele in beiden Fällen erreichte: Die Kämpfe und Vertreibungen wurden beendet; die Voraussetzungen wurden geschaffen für die Rückkehr von Flüchtlingen (keineswegs aller Vertriebener, wie dies auch die UN weder in Palästina noch auf dem Golan, im Libanon, auf Zypern oder in Afrika je vermocht hat) und für den Aufbau ziviler Institutionen kontrollierter Koexistenz zwischen verfeindeten Bevölkerungen.

Bewaffnete Macht kann stets nur dies zum Ziel haben: durch den Bruch der Krisenkontinuität der Politik und Diplomatie eine neue Chance zu geben, nachdem zuvor alle Mittel der Politik inklusive Wirtschaftssanktionen (die zwar den Milosevic-Clan bereicherten, aber dessen Politik im Kosovo nicht ändern konnten) versagt hatten.

Das Ausmaß des Dilettantismus dieses Buches, das weder mit einer ordentlichen politikwissenschaftlichen Studie noch mit einem Tatsachenbericht etwas gemein hat, läßt keine weitere Kritik zu. Es bleibt nur eine Frage: Woher weiß Welfens, daß die westliche Sicherheitspolitik im Kosovo und in ganz Südosteuropa erfolglos im Sinne stabiler und freiheitlicher Verhältnisse bleiben wird?

LOTHAR RÜHL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In einer Doppelrezension bespricht Lothar Rühl zwei Bücher über den Kosovo-Krieg, die er sehr unterschiedlich beurteilt.
1) Erich Reiter: "Der Krieg um das Kosovo"
Überschwänglich lobt der Rezensent diesen Sammelband, der Aufsätze von 11 Autoren enthält. Der Herausgeber habe ihn so gestaltet, dass sowohl die Entwicklung zum Krieg als auch der weitere Verlauf des Konfliktes verständlich würde. Insgesamt ergebe das Buch eine "systematische Bilanz", die lesenswert und von praktischem Wert sei, nicht zuletzt durch die vielen Karten, eine Zeittafel und den wichtigsten Dokumenten im Anhang. Der Rezensent preist die Genauigkeit, mit der die Quellen ausgewertet wurden und lobt die "strategiewissenschaftlich fundierten Analysen".
2) Paul J. J. Welfens: "Der Kosovo-Krieg und die Zukunft Europas"
An diesem Buch findet Rühl dagegen rein gar nichts zu loben. Er wirft dem Autor "unrecherchierte Annahmen" und einen Mangel an wahrer Kenntnis der Lage vor und vermisst "Substanz" in den dargelegten politischen Thesen und Verständnis für das Dilemma des Konfliktes. Der Rezensent kommt zu dem vernichtenden Schluss, dass angesichts der schweren Mängel und dem "Dilettantismus" der Studie, die weder eine wissenschaftliche Analyse noch einen vernünftigen Bericht biete, letztlich auch die Kritik verstummen müsse.

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