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Zum 100. Todestag Adolph von Menzels am 9. Februar 2005 liegt nun erstmals eine einführende Überblicksdarstellung zur Bildwelt in Menzels Skizzenbüchern vor. Dabei entsteht auch ein besonderes Porträt des "Alles-Zeichners", denn seine Skizzenbücher waren ihm täglicher Begleiter. Beim Ankauf seines Nachlasses gelangten über 4000 Blätter eher als Geschenk und Zugabe in den Besitz der Berliner Nationalgalerie. Der Autor sichtete und erfasste erstmals die Bestände und stellt, unter bewusster Ausklammerung des für die Menzelforschung so dominanten Kriteriums "Realismus", eher ungewohntes…mehr

Produktbeschreibung
Zum 100. Todestag Adolph von Menzels am 9. Februar 2005 liegt nun erstmals eine einführende Überblicksdarstellung zur Bildwelt in Menzels Skizzenbüchern vor. Dabei entsteht auch ein besonderes Porträt des "Alles-Zeichners", denn seine Skizzenbücher waren ihm täglicher Begleiter. Beim Ankauf seines Nachlasses gelangten über 4000 Blätter eher als Geschenk und Zugabe in den Besitz der Berliner Nationalgalerie. Der Autor sichtete und erfasste erstmals die Bestände und stellt, unter bewusster Ausklammerung des für die Menzelforschung so dominanten Kriteriums "Realismus", eher ungewohntes Bildmaterial hieraus in den Kontext von Wissenschaftsgeschichte.

Interdisziplinäre Parallelen rücken Menzels oft krankhaft genannten Zeichenfleiß in ein neues Licht. Die Skizzenbücher werden so zur black box einer Geschichte des Sehens. Weil Menzels Leben Anfang und Ende einer Epoche umfasst und der Künstler mit dem Bleistift in der Hand immer und immer wieder sein Sehen kontrollierte, sind seine Skizzenbücher repräsentativ für den Wandel der Wahrnehmungsweise und das wechselhafte Verhältnis von Sehen und Wissen im 19. Jahrhundert.

The first introductory compilation of the Adolph von Menzel's sketchbooks will be published 100 years after the artist's death. He always carried sketchbooks with him, sketching everything he saw. When the Berlin Nationalgalerie bought the artist's estate, it was given more than 4000 drawings. The author was the first to study this collection and presents rather surprising images within an art-historical context, while intentionally avoiding the theme of "Realism" that is so prominent in Menzel research.
Interdisciplinary parallels shed a new light on Menzel's "sketch mania". The sketchbooks are thus like a black box recording what the artist saw. As Menzel's life spanned the beginning and end of an epoch, his sketchbooks thus document the change of perception and the changing relationship between vision and knowledge in the 19th century.
Autorenporträt
Jörg Probst ist Kunsthistoriker und Kurator. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kunstgeschichte des Dokumentarischen und Ideengeschichte der Bildwissenschaft. Er hat diverse Publikationen veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2005

Die Beobachtungsgier des Malers war grenzenlos
Sehen lernen: Jörg Probst durchstöbert die umfangreichen Skizzenbücher Adolf von Menzels

Wo Adolf von Menzel stand und saß, zeichnete er, was er sah. Die Kunstwissenschaft adelte ihn daher zu einem der Begründer des Realismus. Bei seinen Zeitgenossen war die Beobachtungsgier des Malers sprichwörtlich. Tausende von Zeichnungen schuf er in seinem fast neunzigjährigen Leben. Sie dienten ihm oft als Vorlagen für seine berühmten Historienbilder, dokumentieren aber auch sein zielloses Interesse an Menschen, Details aller Art oder Ausschnitten der Umgebung und Landschaft. Ein ungehobener Schatz innerhalb dieses zeichnerischen Werks waren bislang die etwa 4000 Blätter, die sich in seinen Skizzenbüchern erhalten haben und die zusammen mit einem Großteil des Nachlasses ins Berliner Kupferstichkabinett kamen.

Gerade weil Menzel überall zeichnete, sind in seinem Werk diese praktischen Büchlein und Hefte besonders wichtig. Aber Skizzenbücher sind ebenso aufschlußreich für die Arbeitsmethoden der Künstler wie fragil, weswegen sie bis heute leider viel zuwenig beachtet werden. Das mag auch daran liegen, daß sie schon aus konservatorischen Gründen nur wenigen Betrachtern zugänglich sein können. Trotzdem ist es angesichts der umfangreichen Literatur, die es zu Menzel gibt, erstaunlich, daß dieser Bilderschatz bislang kaum berücksichtigt wurde. Vielleicht kapitulierte man einfach vor dem Umfang dieses Konvoluts.

Jörg Probst gelang es als erstem, eine Schneise durch diesen Bilderwald zu schlagen. Er analysiert charakteristische Motivgruppen quer durch alle Schaffensperioden. Das ist eine ökonomische Strategie, birgt aber die Gefahr, nur den Menzel zu entdecken, den man kennt. Der Autor entging dieser Gefahr weitgehend, indem er spannende Blätter und Blattfolgen wählte, die den Künstler beim Studieren einer Fliege an einem Glas, beim Beobachten des Treibens auf einem Platz oder dem Studium einer unscheinbaren Ecke etwa im Dresdner Zwinger zeigen. Daß Probst dabei die Verwandtschaft und Gleichberechtigung von Naturwissenschaften und künstlerischer Praxis hervorhebt, ist eher einer Wissenschaftsmode geschuldet als tiefer greifender Erkenntnis förderlich. Menzels Blick mag man als fotografisch charakterisieren, aber er hat ebensowenig mit der zeitgenössischen Fotografie zu tun, wie sein Interesse an markanten Details eines Kopfes die zu seiner Zeit aufblühenden Polizeitechniken voraussetzt. Interessant wäre der Versuch einer psychologischen Deutung des Seh- und Denkprozesses bei Menzel, die Probst nicht anstellt.

In den Skizzenbüchern erscheinen Blätter, auf denen man nachvollziehen kann, wie der Künstler versucht, eine Person mehrere Male festzuhalten, und wie er dabei Gesten isoliert, die einem in den Gemälden wiederbegegnen. Faszinierend ist es, zu sehen, wie Menzel die Bewegungsabläufe eines an seiner Käfigstange turnenden Kakadus in Sequenzen in einem Bild festhielt oder wie er über mehrere Blätter den gequälten Schlaf eines Reisegefährten auf einer Eisenbahnbank vor den Augen des Betrachters abspult. Im Stilleben einer abgegessenen Festtafel entdeckte er eine ganze Stadtlandschaft. Es begegnet uns also nicht nur der sture Beobachter. In einer ganzen Reihe von Bildern phantasierte Menzel in Materialoberflächen, Stoffknäuel oder Flecken Gesichter und Fratzen.

Eine Geschichte des Skizzenbuchs ist noch nicht geschrieben, und vielleicht kann sie auch nicht geschrieben werden, weil die Ausnahmen die Regeln übersteigen würden. Bedauerlich ist nur, daß Jörg Probst nicht versucht hat, Menzels Skizzenbücher mit denen anderer Künstler zu vergleichen. Und naturgemäß kann seine Studie nur einen ersten Einblick in dieses Werk bieten. Sie weckt aber damit um so mehr die Neugier, Menzels Skizzenbücher einmal vollständig ansehen zu können. Dies sollte mit den heutigen technischen Möglichkeiten kein Problem mehr sein, hofft der Normalsterbliche, der wohl nie die Gelegenheit bekommen wird, die Skizzenbücher leibhaftig zur Hand zu nehmen.

ANDREAS STROBL

Jörg Probst: "Adolf von Menzel". Die Skizzenbücher. Sehen und Wissen im 19. Jahrhundert. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2005. 204 S., 83 Abb., br., 34,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Skizzenbücher Adolf von Menzels wurden bisher eher stiefmütterlich behandelt, obwohl sie einen wahren Bilderschatz enthalten. Um so erfreuter zeigt sich Rezensent Andreas Strobl über Jörg Probsts Studie, die sich der überaus umfangreichen Skizzenbüchern annimmt. Als erstem gelinge es Probst, eine Schneise durch diesen Bilderwald zu schlagen. So analysiere er charakteristische Motivgruppen quer durch alle Schaffensperioden. Der Gefahr, nur den Menzel zu entdecken, den man schon kenne, entgehe Probst weitgehend, indem er "spannende Blätter und Blattfolgen" wähle, die den Künstler beim Studieren einer Fliege an einem Glas, beim Beobachten des Treibens auf einem Platz oder dem Studium einer unscheinbaren Ecke etwa im Dresdner Zwinger zeigen. Was Strobl vermisst, ist ein Vergleich von Menzels Skizzenbüchern mit denen anderer Künstler. Einschränkend merkt er an, dass diese Studie "naturgemäß" nur einen ersten Einblick in Menzels Werk geben kann. "Sie weckt aber damit um so mehr die Neugier", schließt er, "Menzels Skizzenbücher einmal vollständig ansehen zu können".

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