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Zeit ihres Lebens wird Christine Kaufmann das Gefühl, ein Doppelleben zu führen, nicht los: Es gibt die umjubelte Schauspielerin, das Schönheitsidol – und es gibt die unbekannte Christine Kaufmann, das „Ich“, in dessen Abgründe sie ihrem Publikum nun einen tiefen Blick erlaubt. Sie schreibt sich in diesem Buch alles von der Seele. Sie erzählt von Erfolg, Ruhm und Niederlagen und gibt ein Beispiel dafür, wie wenig man für sein persönliches Glück braucht. In ihrem bewegenden, kompromisslosen Buch legt Christine Kaufmann Rechenschaft ab, bekennt sich zu ihrem heutigen Leben, das nach wie vor nicht in bürgerlichen Bahnen verläuft.…mehr

Produktbeschreibung
Zeit ihres Lebens wird Christine Kaufmann das Gefühl, ein Doppelleben zu führen, nicht los: Es gibt die umjubelte Schauspielerin, das Schönheitsidol – und es gibt die unbekannte Christine Kaufmann, das „Ich“, in dessen Abgründe sie ihrem Publikum nun einen tiefen Blick erlaubt. Sie schreibt sich in diesem Buch alles von der Seele. Sie erzählt von Erfolg, Ruhm und Niederlagen und gibt ein Beispiel dafür, wie wenig man für sein persönliches Glück braucht. In ihrem bewegenden, kompromisslosen Buch legt Christine Kaufmann Rechenschaft ab, bekennt sich zu ihrem heutigen Leben, das nach wie vor nicht in bürgerlichen Bahnen verläuft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.02.2005

Die einhändige Frau
Unverstellter Blick: Christine Kaufmann erzählt ihr Doppelleben

Wenn nichts mehr in der Literatur fesselt, bannen noch Geschichten, die Menschen über sich selbst erzählen. Die Neugierde auf fremde und obendrein wahre Schicksale ist unersättlich. Davon lebt die ewig erfolgreiche Gattung der Memoiren. Womit der Schauspielerin Christine Kaufmann ein guter Verkauf ihrer Autobiographie schon sicher sein dürfte. Und wen ihr Schreiben nicht lockt, den wird ihre rätselhafte Schönheit, die in bestechenden Fotografien das Buch ergänzt, zum Lesen verführen.

Sich Christine Kaufmann schreibend vorzustellen, gar über sich selbst, fällt schwer. Denn sie zeigte sich meist wortkarg oder gab, wenn sie denn redete, äußerst Kryptisches von sich. Das war schon zu Beginn ihrer Laufbahn so. Zum Beispiel bei der Verleihung des Golden Globe, der 1963, in Amerika als Sensation gewertet, der Achtzehnjährigen für ihre Rolle in Gottfried Reinhardts "Stadt ohne Mitleid" verliehen wurde. Sie schwebte auf die Bühne, hauchte "Thank you" ins Mikrophon und verstummte, bis sie die einladende Frage des Moderators, ob sie denn nicht etwas sagen wolle, mit einem kurzen "Ich habe doch schon danke gesagt" quittierte.

Im Buch erklärt Christine Kaufmann diesen als Affront empfundenen Auftritt als Ergebnis einer fast krankhaften Scheu vor Menschen, die sie dem vorherigen Dasein als ihren Produzenten ausgelieferter, von der ehrgeizigen Mutter getriebener und vom Publikum gejagter Kinderstar verdanke. Was aber, wie man bald feststellt, zu mikroskopisch scharfer Beobachtung und verblüffend eigenwilligen Urteilen über Länder und Menschen, Verhältnisse, Gedanken und Gefühle führte. So weitet sich der Blick auf ihre Mutter, deren Ehrgeiz die Tochter beschlagnahmte, zum Panorama der Adenauerzeit: "Ich bekam irgendwann Angst vor ihrer Art des Seins, vor ihrem Fleisch. Ich würde bald geschluckt werden wie von einem riesigen Wal, der auch im Meer des Wirtschaftswunders mitschwimmen will. Ihr Ehrgeiz entsprach dem Zeitgeist." Ein Schauspielerkind, so schreibt Christine Kaufmann an anderer Stelle, habe die "einsame Aufgabe, immer wieder zu untersuchen, wann wo welche Gefühle angebracht, echt, erwünscht, erlaubt sind und wann nicht." Ihre Schlußfolgerungen, und das ist ihr durchaus bewußt, besitzen Gültigkeit für jede Kindheit, auch außerhalb des Film- und des Wirtschaftswundermilieus: "Nicht gut genug zu sein und verlassen zu werden ist für ein Kind lebensbedrohend."

Diese Erkenntnis war Christine Kaufmanns ehernes Gesetz, als sie achtzehnjährig, auf die eigene, sich anbahnende Weltkarriere verzichtend, den Hollywoodstar Tony Curtis heiratete, in rascher Folge zwei Töchter zur Welt brachte und "als Zweiundzwanzigjährige das Leben einer vierzigjährigen Matrone in Beverly Hills führte". Es kam anders: Die Unruhe der Achtundsechziger-Jugendrevolte überfiel sie. "Ich glaube, ohne die Lieder von Bob Dylan wäre ich noch verheiratet. Ich und Tausende anderer Frauen." Spricht daraus eine oberflächliche Person, eine Flower-Power- und Cannabis-Benebelte? Nicht im geringsten. Denn nach einer schonungslosen Analyse der als hippieeske Menschheitsbeglückung getarnten Selbstzerstörung der Menschen ihrer Umgebung heißt es: "Ich bin davon überzeugt, daß die Loslösung von einem Luxusleben und die plötzliche Konfrontation mit einer harten Realität notwendig, vielleicht sogar lebensrettend gewesen ist."

Härte erlebte diese Frau im Übermaß: Amerikanische Gerichte nahmen ihr unter Verweis auf ihren seit der Scheidung unsteten Lebenswandel die Töchter. Den Bericht über die Folgen beginnt Christine Kaufmann mit einer Szene aus Fellinis "Satyricon", in der "einem Debilen die Hand abgehackt wird". "Der Schwachsinnige, in seiner Unfähigkeit, entsprechend zu reagieren, lächelt beifallheischend in die Menge." Ohne ihre Kinder, fährt sie fort, habe sie sich eingestehen müssen, daß ihr "eine Hand abgehackt" worden sei. "Mehr als die Hand. Man hatte mir alles genommen, was für mich Leben bedeutete." In einer Zeit, in der Trennungen so gängig und "Patchworkfamilien" so selbstverständlich sind wie vor einer Generation nur in der verkehrten Welt Hollywoods, brennt sich ein solches Bekenntnis ein wie ein gesellschaftskundlicher Laserstrahl.

Dann aber folgt im Buch, was im Leben der Christine Kaufmann folgte - ein Absturz in Belanglosigkeiten und Beliebigkeiten. Plötzlich ist die Autorin nicht mehr Analytikerin ihrer selbst und der Zeiten, die sie erlebte, sondern eine sehr sprunghafte und oberflächliche Chronistin. Die immense seelische Verstörung, die hinter diesem Taumeln von Mann zu Mann, Land zu Land und Rolle zu Rolle steht, ist nur zwischen den Zeilen zu ahnen. Doch immer dann, wenn man diese Autobiographie gelangweilt zur Seite legen will, vertreiben eine plötzliche glasklare Formulierung, eine bissige Bemerkung oder frappant andere Sichtweisen den Überdruß: Von New York, wohin sie zeitweilig zurückkehrte, schreibt die Schauspielerin: "Zwischen der Emsigkeit lauert das Mittelalter." Den therapiegestählten Patchworkfamilien-Betreibern und Single-Souveränen fährt sie mit einem schneidenden Satz ins bequeme Weltbild: "Man ist stark, solange man nicht die Erfahrung endgültiger Trennung gemacht hat." Dem Jammern und der Ellenbogenmentalität der deutschen Wirtschaft steht ein Wort gegenüber, in dem Christine Kaufmann, längst versierte Unternehmerin, ihre Erfahrung zusammenfaßt: "Ich bin überzeugt, daß gute Geschäfte aus Intuition und Disziplin entstehen, nicht aus Gier und Willenskraft." Und ganz am Ende kommt einmal die hervorragende Schauspielerin, die zu sein Christine Kaufmann stets bezweifelt, zum Vorschein: "Auf der Bühne ist die Wahrhaftigkeit wichtig. Wenn man angelogen werden will, sollte man auf Cocktailpartys gehen."

Die Besichtigung eines Zeitalters, wie einst Hildegard Knefs "Geschenkter Gaul" oder noch viel früher "Eine Tür fällt ins Schloß", die Lebenserinnerungen der großen Tilla Durieux, ist Christine Kaufmanns Autobiographie nicht geworden. Aber ein Selbstzeugnis, das in seinem Mühen um Selbsterkenntnis viel sagt - nicht nur über die Zwiegespaltenheit einer Schauspielerin, die Wirklichkeit statt Schein sucht, sondern über die Schmerzen und Deformationen eines unsteten Lebens, wie es viele auch heute führen müssen.

DIETER BARTETZKO.

Christine Kaufmann: "Christine Kaufmann und ich". Mein Doppelleben. Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2005. 348 S., 40 Fotos, geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Rezensent Dieter Bartetzko sind diese Memoiren ein "Selbstzeugnis", das ihm in seinem Mühen um Selbsterkenntnis viel zu sagen hatte. Zwar reiche Christine Kaufmann mit ihrem Buch nicht an große Vorbilder wie Hildegard Knef oder Tilla Durieux heran, deren Lebensberichte für den Rezensenten auch Besichtigungen eines Zeitalters gewesen sind. Trotzdem begeistern ihn immer wieder mikroskopisch scharfe Beobachtungen und verblüffend eigenwillige Beobachtungen über Menschen und Länder. Der Blick auf ihre Mutter, die Christine Kaufmann zum Kinderstar trimmte, weitet sich für den Rezensenten zum Panorama der Adenauerzeit. Auch die Beschreibung von Christine Kaufmanns 68er Zeit in Beverly Hills, ihrer Trennung von Tony Curtis und des Verlusts ihrer Töchter beeindrucken Bartetzko durch Schonungslosigkeit. Zwar stürzt die Autobiografie nach Ansicht des Rezensenten oft auch in die Belanglosigkeit ab. Doch jedesmal, wenn er das Buch gelangweilt zur Seite legen will, vertreiben eine plötzliche, glasklare Formulierung, eine bissige Bemerkung oder "frappant andere Sichtweisen" den Überdruss.

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