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Dr. phil. Ulrich Schlie, geboren 1965 in Nürnberg, ist Historiker (Auswärtiges Amt, Berlin, zur Zeit zur Hessischen Landesvertretung abgeordnet) und war im akademischen Jahr 2001/2002 Alfred-Grosser-Professor am Institut d´Etudes Politiques (Sciences Po) in Paris. Er unterrichtete zuvor an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Berlin (Humboldt). Zahlreiche Veröffentlichungen zur europäischen Geschichte seit dem 18. Jahrhundert, zur deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert sowie zur Außen- und Sicherheitspolitik. Bücher (u.a.): "Kein Friede mit Deutschland. Die geheimen Gespräche im…mehr

Produktbeschreibung
Dr. phil. Ulrich Schlie, geboren 1965 in Nürnberg, ist Historiker (Auswärtiges Amt, Berlin, zur Zeit zur Hessischen Landesvertretung abgeordnet) und war im akademischen Jahr 2001/2002 Alfred-Grosser-Professor am Institut d´Etudes Politiques (Sciences Po) in Paris. Er unterrichtete zuvor an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Berlin (Humboldt). Zahlreiche Veröffentlichungen zur europäischen Geschichte seit dem 18. Jahrhundert, zur deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert sowie zur Außen- und Sicherheitspolitik. Bücher (u.a.): "Kein Friede mit Deutschland. Die geheimen Gespräche im Zweiten Weltkrieg"; "Albert Speer - Alles, was ich weiß". Ulrich Schlie lebt in Berlin.
Autorenporträt
Ulrich Schlie, geb. 1965 in Nürnberg studierte Geschichte, Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Romanistik in Erlangen, Bonn und London (LSE). Seit 2003 ist er Vorsitzender des Kuratoriums Carl Jacob Burckhardt. Er lebt in Potsdam.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit seiner Edition der sogenannten Kransberg-Protokolle von Albert Speer aus dem Jahr 1945 hat Ulrich Schlie nach Ansicht von Rezensentin Sybille Steinbacher die Chance verpasst, die Selbstdarstellung von Hitlers Chefarchitekten und späteren Rüstungsorganisator zu durchbrechen. Steinbacher sieht in den Protokollen ein eindringliches Dokument von Speers Intellekt, seiner Menschenverachtung und kalten Bedenkenlosigkeit bei der Mobilisierung menschlicher und materieller Ressourcen. Zwar hält sie Schlie zu Gute, die Protokolle "sorgfältig und umfangreich" kommentiert zu haben. Doch die Schwächen der Publikation kann das nicht wett machen. So wirft sie Schlie vor, den "Mythos um das angebliche 'Rätsel Speer'" eher fortzuschreiben, als zu hinterfragen, tadelt den Verzicht auf jegliche Quellenkritik und argwöhnt, dass Schlie den Lügen seines Protagonisten bisweilen auf den Leim geht. Ärgerlich findet sie zudem, dass Schlie ein Drittel der Protokolle bereits vor drei Jahren unter dem Titel "Alber Speer. 'Alles, was ich weiß'" publiziert hat.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2003

Mobilisierendes Management
Ulrich Schlie ediert die Kransberg-Protokolle von Albert Speer aus dem Jahr 1945
Hitlers inszenierungsbegabter Chefarchitekt und späterer Rüstungsorganisator hat es zeitlebens verstanden, die politischen Verhältnisse zu seinen Gunsten zu nutzen. Im „Dritten Reich” besaß Albert Speer eine Spitzenstellung unter den heftig konkurrierenden NS-Potentaten; zeitweise galt der Günstling des „Führers” als dessen potentieller Nachfolger. Auch nach der militärischen Kapitulation bestand für ihn kein Anlass, nicht von seiner historischen Größe überzeugt zu sein. Denn Amerikaner und Briten baten den frisch ernannten Reichswirtschafts- und Produktionsminister der auf Schloss Glücksburg bei Flensburg residierenden Regierung Dönitz um Gespräche über das deutsche „Rüstungswunder”. Speer weihte die Vertreter der feindlichen Nachrichtendienste bereitwillig in Details der Rationalisierung und Zentralisierung der Wirtschaft ein, die diese für den noch andauernden Bombenkrieg in Ostasien nutzen wollten.
Was auf Glücksburg begonnen hatte und in Speers „Erinnerungen” später als „Hochschule des Bombenkrieges” aufschien, deren „kameradschaftlicher Ton” ihm besonders gegenwärtig blieb, fand auf Kransberg im Taunus seine Fortsetzung. Speer musste im Juni 1945 (nunmehr als Gefangener der Alliierten) in das zum Prominentengefängnis umfunktionierte Schloss unweit von Bad Nauheim einziehen, konnte sich in der idyllischen Umgebung jedoch frei bewegen und befand sich zudem in der später als recht heiter beschriebenen Gesellschaft vieler anderer Angehöriger der Elite aus Wirtschaft und Technik des „Dritten Reiches”. Schloss Kransberg, beherrscht von einem kolossalen Rundturm und von den Alliierten „dustbin” (Mülltonne) genannt, war ihm wohlbekannt: Im Jahr des Kriegsbeginns hatte er das Anwesen zum Hauptquartier für Göring umgebaut. Bis zur Überstellung an das Nürnberger Militärtribunal im Oktober 1945, mit der er allem Anschein nach nicht gerechnet hatte, stellte Speer sein ökonomisches und militärisches Expertenwissen in den Dienst der Alliierten.
Dass sich der Verhörte seinen Vernehmern durchaus ebenbürtig, zuweilen überlegen fühlte und vor allem eines erreichen wollte: sich für eine neue politische Rolle zu empfehlen, geht aus der von dem Berliner Historiker Ulrich Schlie besorgten Veröffentlichung der Kransberg-Protokolle eindrucksvoll hervor. Bei den Dokumenten, die zwischen dem 22. Juni und dem 7. September 1945 entstanden, handelt sich um die ersten umfassenden und geschlossen erhaltenen Aussagen Speers nach Kriegsende. Ihre Existenz (sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache) ist seit Jahrzehnten bekannt, denn schon unmittelbar nach Kriegsende nutzte Hugh Trevor-Roper die Protokolle für sein Buch über „Hitlers letzte Tage”.
Was Schlie veranlasste, die Papiere nun zu publizieren, ist die Annahme, es darin mit einem anderen, nämlich dem „authentischen” Speer zu tun zu haben. Nicht der von Verteidigungsstrategien gelenkte „Hauptkriegsverbrecher”, auch nicht der recht wirksam von Joachim Fest und Wolf Jobst Siedler beratene Verfasser der „Erinnerungen” (1969) und „Spandauer Tagebücher” (1975) trete in Kransberg hervor. Vielmehr „korrigierten” die Protokolle das „herkömmliche Speerbild”. Wenn damit gesagt sein soll, Speer sei vor Nürnberg ein anderer gewesen, ist dies jedoch ein Irrtum. Die aus nicht recht einsichtigen Gründen aus der Chronologie ihres Entstehungszusammenhangs gerissenen und statt dessen thematisch angeordneten Quellen zeigen vielmehr, dass der angeblich einsichtige, im „Dritten Reich” unpolitisch gebliebene Macher sich keineswegs untreu wurde: Auf die egomanische Selbststilisierung verstand sich der Taktiker Speer bestens und allem Anschein nach schon bevor ihn die Alliierten vor das Militärtribunal stellten. Kransberg, so ließe sich zugespitzt sagen, bot Speer die Gelegenheit zu üben.
Alles, was ich weiß
Dem intensiven formalen Erläuterungs- und Kommentierungsbedarf der Protokolle kommt Schlie sorgfältig und umfassend nach; Fehler – wie bei der geographischen Verortung von Auschwitz – sind eher selten. Die Schwäche der Publikation liegt jedoch im Verzicht auf jegliche Quellenkritik; bisweilen scheint Schlie, der den Protokollen ein umfängliches biographisches Porträt und eine ausführliche Einführung voranstellt, den Lügen seines Protagonisten aufzusitzen. Bar jeder Erklärungskraft ist das von Knopp’scher Dämonisierunsgwut zeugende Wortgeklingel von der „Fratze des Monsters” (gemeint: Hitler) und der „sperrig und unbarmherzig in die Gegenwart hineinragenden NS-Zeit”.
Ein Ärgernis bildet darüber hinaus der Umstand, dass Schlie reichlich ein Drittel der Dokumente bereits vor drei Jahren – ebenfalls in dem zur Verlagsgruppe von Herbert Fleissner gehörenden Herbig-Verlag – publiziert hat: Unter dem Titel „Albert Speer. ,Alles, was ich weiß‘” erschienen schon damals die drei umfangreichsten der insgesamt elf Protokolle: über Speers Verhältnis zu Hitler, über die angeblich zahllosen gegen ihn gerichteten Intrigen anderer NS-Satrapen und über die außen- und militärpolitische Strategie des „Dritten Reiches”. In den zur Gesamtedition vereinigten neuen Kransberg-Protokollen geht es ausschließlich um militärisch-technische Zusammenhänge: um Detailfragen der Rüstung, Speers diesbezügliches Verhältnis sowohl zum Generalstab der Wehrmacht als auch zum Heereswaffenamt und zur SS, ferner um die Rüstungsproduktion in den besetzten Gebieten, Waffenlieferungen, die ausgreifende industrielle Mobilisierung, die Auswirkungen des alliierten Bombenkrieges auf die deutsche Rüstungsproduktion und wirtschaftliche Nachkriegsfragen.
Von Speers Intellekt, seiner Menschenverachtung und der kalten Bedenkenlosigkeit seines drakonischen Managements im Dienst der Mobilisierung menschlicher und materieller Ressourcen für den Krieg legen die Protokolle hinreichend Zeugnis ab. Den Mythos um das angebliche „Rätsel Speer” schreibt Schlie jedoch eher fort, anstatt ihn zu hinterfragen.
Bezeichnend ist, dass sich der Herausgeber auf die Durchdringung seines wertvollen Quellenmaterials nicht einlässt, auch nicht fragt, wie Amerikaner und Briten Speers Aussagen einschätzten, was sich aus Reaktionen und Befragungsroutinen durchaus erschließen ließe, und sich überdies der Herausforderung nicht stellt, die selbst nach der Vorlage gleich dreier Biographien über Speer (Gitta Sereny 1995, Dan van der Vat 1997 und Joachim Fest 1999) noch immer besteht: Speers Selbstdarstellung zu durchbrechen. Die Kransberg-Protokolle böten die Möglichkeit dazu.
SYBILLE STEINBACHER
ALBERT SPEER: Die Kransberg-Protokolle 1945. Seine ersten Aussagen und Aufzeichnungen (Juni – September). Hrsg. von Ulrich Schlie. F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 2003. 480 Seiten, 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Stimme aus dem Verlag
"Im Sommer 1945 stand Speer noch ganz in Hitlers Bann. Die Verhöre der Alliierten nehmen den ganzen Speer in den Blick, sowohl als Privatmann als auch den Rüstungsmanager und Mobilisator des totalen Krieges. Dabei geht es unter anderem um das Machtgefüge im Dritten Reich, um den alliierten Bombenkrieg gegen Deutschland, um Hitlers Generäle, Rüstung und Kriegswirtschaft, um die unheilvolle Allianz von SS und Industrie, die letzten Tage des Dritten Reiches, verbrannte Erde, Nachkriegsfragen, Deutschlands Orientierung zwischen Ost und West, um Speers innere Konflikte und immer wieder sein Verhältnis zu Adolf Hitler. Die Kransberg-Protokolle sind nicht für Speer sondern auch für das Dritte Reich eine Quelle von Rang, die das herkömmliche Speerbild korrigieren."
(Jan-Andres Schulze, - Politik / Zeitgeschichte -, Buchverlage Langen Müller Herbig)