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Produktdetails
  • Verlag: Hatje Cantz Verlag
  • Seitenzahl: 363
  • Abmessung: 301mm x 250mm x 38mm
  • Gewicht: 2296g
  • ISBN-13: 9783775709699
  • ISBN-10: 377570969X
  • Artikelnr.: 08923642
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2001

Die Bibel, ein Strichmuster

Ihm ist nichts heilig: Hinter den Strichen, Linien und Kritzeleien Arnulf Rainers verschwanden bereits Porträtfotos, Hauptwerke der Kunstgeschichte, das Gilgamesch-Epos oder Totenmasken. In seinen frenetischen Übermalungen stellt der österreichische Künstler seit Jahrzehnten immer wieder das Bild an sich in Frage, ohne jedoch seine völlige Auslöschung zu betreiben. Er bedeckt eine Fotografie oder die Kopie einer Vorlage mit dichten Linienbündeln, bis das Motiv umspielt, beschnitten oder erstickt scheint. Von 1995 bis 1998 schuf Rainer einen Zyklus von hundertsechzig "Bibelübermalungen", die nun komplett in einem Band zusammengefaßt und von Helmut Friedel kommentiert wurden. Als Vorlagen dienten Rainer Bibelillustrationen von früher Buchmalerei des zehnten Jahrhunderts bis zur Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, von Giotto über Fra Angelico, Botticelli und Mantegna bis hin zu William Blake und Gustave Doré: Fresken, Glasfenster oder Buchillustrationen. Was einst als Tabubruch auftrat, ist mittlerweile zur handhabbaren Methode geworden. Auch die biblischen Motive erhalten neuen Reiz. Längst streicht der Maler die Bildfläche nicht mehr völlig zu, sondern isoliert, was ihm wichtig ist: Maria umschmeichelt er, ohne ihr Gesicht zu verletzen, während er das Antlitz des hier abgebildeten Christus von Stirn über Nase und Mund bis zum Kinn mit roten und blauen Farbrinnsalen gespalten hat. Das Haar wurde ausradiert, Augen und Mund zart nachgemalt. Frontale Jesus-Darstellungen zeigen Gottes Sohn in der Regel als Herrscher; Rainer macht ihn zum Leidenden. Er nimmt dem Gesicht das Erhabene und verwandelt es in eine Maske des Schmerzes. Niemals jedoch geht er in seinen Übermalungen kaltblütig oder aggressiv vor. Die Farben, Tiefschwarz bis leuchtend Rot und Gelb, verleihen den Bildern Tiefe, Linienstrukturen schaffen neue Bezüge. In seiner Bearbeitung der alt- und neutestamentarischen Ikonographie offenbart sich Arnulf Rainer als ebenso routiniert in seiner Methode wie zart in seiner Suggestion. (Arnulf Rainer: "Bibelübermalungen. Aus der Sammlung Frieder Burda". Kommentiert und herausgegeben von Helmut Friedel. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2000. 364 S., geb., 128,- Mark.)

fvl

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Artig werden in dieser mit "fvl" unterzeichneten Rezension die hundertsechzig zwischen 1995 und 1998 entstandenen Bibelübermalungen beschrieben, deren Vorlagen einschlägige Motive aus tausend Jahren Kunstgeschichte gewesen sind. Da wird also Maria "umschmeichelt", das Gesicht Jesu wiederum "von Stirn über Nase und Mund mit roten und blauen Farbrinnsalen" gespalten. In seiner Bearbeitung, lesen wir, offenbare sich Rainer als "ebenso routiniert in seiner Methode wie zart in seiner Suggestion".

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