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Karen Gloy legt eine packende Geschichte der Zeittheorie vor, die von Platon, Aristoteles und Plotin, über Augustin, Newton und Kant bis zu Husserl und Heidegger reicht. Ihr Buch zeichnet sich durch detaillierte Einzelinterpretationen der eminenten Zeittheoretiker aus, stellt diese aber in einen übergreifenden geschichtlichen Zusammenhang.

Produktbeschreibung
Karen Gloy legt eine packende Geschichte der Zeittheorie vor, die von Platon, Aristoteles und Plotin, über Augustin, Newton und Kant bis zu Husserl und Heidegger reicht. Ihr Buch zeichnet sich durch detaillierte Einzelinterpretationen der eminenten Zeittheoretiker aus, stellt diese aber in einen übergreifenden geschichtlichen Zusammenhang.
Autorenporträt
Karen Gloy, geb. 1941, ist ordentliche Professorin für Philosophie und Geistesgeschichte an der Universität Luzern und Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Sie hat Gastprofessuren und -dozenturen in aller Welt, u.a. in China, Taiwan, Kolumbien, Griechenland.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.12.2008

Ach, du liebe Zeit
Wir können uns keine Linie denken, ohne sie in Gedanken zu ziehen: Karen Gloy ist den Zeitvorstellungen von den Vorsokratikern bis Heidegger gefolgt
Je mehr man über sie nachdenkt, desto rätselhafter wird sie. Augustinus hat es als berühmtes Bekenntnis formuliert: Wenn ihn niemand fragt, was die Zeit sei, so wisse er es; will er es aber einem Fragenden erklären, so wisse er es nicht. Vielleicht hat ihn dieses Eingeständnis motiviert, ungefragt im 11. Buch seiner „Confessiones” zu schreiben, was er selbst über das Wesen der Zeit wusste: dass man sie als wirklich existierende Zeit nur erkennen könne, wenn man ihren psychologischen Aspekt berücksichtige. Erst der subjektive Weg in die Tiefen und Abgründe der menschlichen Seele lasse uns wissen, was Zeit ist.
Ichzeit tritt an die Stelle der Weltzeit, Zeitvorstellungen verdrängen die reale Zeit, der kosmische Bezug der Zeit verliert an Gewicht gegenüber ihrer psychischen Existenzweise. Das ist der große Bogen, den Karen Gloy in ihrer „Philosophiegeschichte der Zeit” nachgezeichnet hat. Er beginnt mit der zyklischen Zeitvorstellung der Vorsokratiker, die sich am regelmäßigen, scheinbar ewig sich wiederholenden Wechsel kosmischer, jahres- und tageszeitlicher Vorgänge orientierte, und endet bei Martin Heideggers Zeittheorie, die auf menschliche Existenzerfahrungen und Daseinsformen konzentriert ist. Dazwischen kommen nacheinander die wichtigsten Philosophen zu Wort, sofern das Problem der Zeit im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit stand: Platon, Aristoteles, Plotin, Augustinus, Kant und Husserl.
Es macht den Reiz von Gloys historischer Rekonstruktion aus, dass dabei eine besondere Form der philosophiegeschichtlichen Eigenzeit zum Vorschein kommt. Sie ist weder zyklisch, auch wenn die neueren Philosophen immer wieder zu ihren älteren Vordenkern zurückkehren, noch linear, obwohl es Fortschritte in der Abfolge der jeweiligen Denkanstrengungen gibt. Die Geschichte der Philosophie hat eine eigene Zeit. Sie lebt aus einer unaufhörlichen Erneuerung ihrer erstaunlichen Probleme und verwirrenden Rätsel und gewinnt so ihre Beweglichkeit: Indem sie fortschreitet in einer Folge stets neuer Problemlösungsversuche, die immer wieder neu hervorgebracht werden müssen, zieht sie zugleich ihre reflexiven Kreise. Philosophie ist ständige Rückwendung zu ihrer eigenen Spur, in der sich die Kraft und der Sinn des philosophischen Denkens vereinen.
So gelesen nimmt Karen Gloy in ihrem neuen Buch auch den Faden auf, den sie 2006 in ihrer Arbeit „Zeit. Eine Morphologie” gesponnen hat. Der Titel klang irritierend. Morphologie ist die Lehre von der Gestalt, von der räumlichen Form der Dinge. Morphologen sind Menschen, die mit den Augen denken. Wie aber soll die Zeit eine Gestalt haben können? Man kann sie doch nicht sehen, sondern nur mit seinem „inneren Sinn” erleben. Das war jedenfalls Kants Einsicht: Unsere innere Anschauung der Zeit „gibt uns keine Gestalt”. Und es ist gerade dieser Mangel, den wir durch räumliche Analogien aufzuheben versuchen. Wir machen uns räumliche Bilder des zeitlichen Verlaufs. Wir stellen ihn uns wie eine gradlinig ins Unendliche laufende Linie vor oder wie einen Kreis, in dem das wohlgerundete kosmische Sein zyklisch wiederkehrt, wie eine rhythmische Welle, die unseren tänzerischen Bewegungen folgt, oder wie eine Pfeilbewegung, die auf ihr eschatologisches Ziel intendiert. Und schließlich bietet uns die Quantentheorie das Bild einer ununterbrochene Verzweigung an, die in jedem Augenblick in verschiedene neue Richtungen wuchert.
Als Morphologin hat Karen Gloy den Begriff der „Zeitgestalt” von Ernst Cassirer übernommen, der die Verräumlichung der Zeit als Eigenart des mythischen Denkens nachgewiesen hat. Im Mythos herrsche ein Vorrang des Raumbegriffs vor dem Zeitbegriff, während das wissenschaftliche Denken die Abfolge in der Zeit bevorzuge und alle räumlichen Größen in sukzessiver Synthesis erzeuge. Wir können uns keine Linie denken, ohne sie in Gedanken zu ziehen, hat Kant bemerkt. Daran hat sich auch Karen Gloy erinnert und festgestellt: „Die Insistenz auf dem Akt des Ziehens, der, sich selbst gleich bleibend, eines nach dem andern setzt, führt zu einer anderen als räumlichen Zeitauffassung.”
Ihre Zeitgestalten sind deshalb keine räumlichen Formen, sondern unterschiedliche Zeitvorstellungen, die ihre eigene Zeit haben und sich geschichtlich entwickeln. Aufmerksam ist Gloy dieser Geschichte gefolgt. Die Frage, warum sie sich ereignet hat, hat sie nicht gestellt. Sie blieb in der Immanenz der philosophischen Zeitanschauungen, die Heidegger mit den Vorsokratikern verbinden lassen, auch wenn sich deren Lebenswelten radikal unterscheiden. Die reale Zeit der Geschichte hat in dieser Geschichte der Philosophie der Zeit keinen Platz. MANFRED GEIER
KAREN GLOY: Philosophiegeschichte der Zeit. Wilhelm Fink Verlag, München 2008. 204 S., 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Manfred Geier hat mit großer Aufmerksamkeit Karen Gloys "Philosophiegeschichte der Zeit" gelesen und findet daran ganz besonders reizvoll, dass sich in der Nachzeichnung verschiedener Zeitvorstellungen von Platon bis Heidegger eine "philosophiegeschichtliche Eigenzeit" ergibt. Die Autorin folgt in ihrem Abriss den Zeitvorstellungen Platons, Aristoteles', Plotins, Augustinus', Kants und Husserls, teilt der Rezensent mit. Und wenn sich dabei ein zyklisches Zeitverständnis wie bei den Vorsokratikern oder ein lineares wie bei späteren Philosophen herauskristallisiert, so wird doch deutlich, dass die Philosophie in ihrer "unaufhörlichen Erneuerung" großer Fragen ihre eigene Zeit hat, so Geier gefesselt.

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