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Der Konsumismus ist das Immunsystem der Weltgesellschaft gegen den Virus der fanatischen Religionen. Die Apologie dieses Lebensstils, bis hinein in die Sphäre der Liebe, muß nicht die Augen verschließen vor den Folgelasten der Modernisierung, den Ausschlußmechanismen unserer westlichen Rationalität und den Schicksalen der Globalisierungsopfer. Auch die immanenten Schwächen des konsumistischen Lebensstils, der vom pursuit of happiness nur den "happiness of pursuit" übrig läßt, liegen seit langem offen zutage. Heute wäre es aber an der Zeit, die Stärke in diesen Schwächen zu erkennen. Der…mehr

Produktbeschreibung
Der Konsumismus ist das Immunsystem der Weltgesellschaft gegen den Virus der fanatischen Religionen. Die Apologie dieses Lebensstils, bis hinein in die Sphäre der Liebe, muß nicht die Augen verschließen vor den Folgelasten der Modernisierung, den Ausschlußmechanismen unserer westlichen Rationalität und den Schicksalen der Globalisierungsopfer. Auch die immanenten Schwächen des konsumistischen Lebensstils, der vom pursuit of happiness nur den "happiness of pursuit" übrig läßt, liegen seit langem offen zutage. Heute wäre es aber an der Zeit, die Stärke in diesen Schwächen zu erkennen. Der Konsumismus verspricht weder das Ziel noch das Ende der Geschichte, sondern nur das immer wieder Neue. Und wo anders wäre, nachdem die Moderne den Himmel ausgeräumt hat, die Wendung von der Transzendenz zur Introszendenz möglich: die Eroberung der "diesseitigen Tiefe"?
Autorenporträt
Norbert Bolz, geboren 1953 in Ludwigshafen am Rhein, wurde in Philosophie promoviert und habilitiert. Er ist Universitätsprofessor für Medienwissenschaft und geschäftsführender Direktor des Instituts für Sprache und Kommunikation an der TU Berlin.
Rezensionen
Konsum ist gut
Endlich gibt es die Botschaft Schwarz auf Weiß: Konsum ist okay, Konsum ist toll, Konsum heißt Frieden schaffen ohne Waffen. Und, was noch wichtiger ist: Die Botschaft kommt nicht aus der Fernsehwerbung, sondern sie stammt aus der Feder des Philosophen und Medientheoretikers Norbert Bolz. Auf einem roten Umschlag ist sie gedruckt. Die Anleihe nimmt der Autor "farblich" und wortspielerisch bei Karl Marx. Welches der Werke längeren Bestand hat, muss sich noch erweisen.
Originell und witzig
Die Rezensenten von Taz bis FAZ haben in seltener Einmütigkeit dem Werk vorgeworfen, nichts Neues zu bringen: "Warum sollte auch ein Manifest der Gegenwart einen eigenen Gedanken zu entwickeln wagen?", heißt es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Und doch bietet Bolz eine provokative, witzige und manchmal originelle Deutung an. Bisweilen wirkt das Ganze zynisch, aber gerade die Zuspitzung schafft ja Erkenntnisgewinn.
Terror, Liebe und Absolution
Terror, Krieg, Geld, Konsum und Liebe heißen die Themen des Konsumistischen Manifests. Leider aber heilt bei Bolz die Liebe nicht. Eros ist für ihn ein "Angestellter der Konsumgüterindustrie". Ein Grund zur Kulturkritik sei dies aber nicht. Hier folgt Bolz einem Lionel Tiger, der geschrieben hat: "What is wrong with hedonism, so long as people turn up for work on time, obey traffic signals, recycle beer cans, and do not abuse the welfare and dignity of others?" So, what?
(Mathias Voigt, literaturtest.de)…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2002

Konsum oder Kommunismus?

Mein Exemplar des "Kommunistischen Manifests", gekauft aus einer postsozialistischen Wühlkiste, publiziert in der Sowjetunion beim Verlag Progress, enthält keine Angabe zum Jahr des Drucks - denn was brauchte als ewig erkannte Wahrheit noch ein Datum? Doch auf der billig kartonierten Titelseite hat ein Vorbesitzer in winziger Schrift notiert: "Bis 15.6. 1/43 h". Was mag da geschehen sein, irgendwo in der DDR an irgendwelchen Tagen vor Mitte Juni? Jedenfalls viel mehr, als mit dem Buch selbst passiert ist, denn es wurde erkennbar nie gelesen. Einem DDR-Bürger, der das Bändchen mutmaßlich zur Jugendweihe oder etwas Ähnlichem bekommen hat, muß man das nachsehen. So ist ihm indes entgangen, daß sich abseits der ideologischen Botschaft in diesem Text Erstaunliches tut: Er bietet eine Rhetorik der Erregung, die wörtliche Rede simuliert, obwohl das Manifest nie vorgetragen worden ist. Da folgen Frage und Antwort aufeinander wie im Verhör, es sind Wiederholungen eingebaut wie im studentischen Repertorium, es gibt Beschwörungen wie im Gebet und Metaphern, als sollte ein Gedicht entstehen. Der Leser wird von diesem Buch, so schmal es ist, in seinen Sitz gedrückt: durch Wortgewalt. Allein der erste Satz - nach all den später beigegebenen Vorworten zu weiteren deutschen, englischen oder italienischen Ausgaben steht er erst auf Seite 30 - ist legendär: "Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus." Man stelle sich nur vor, Marx und Engels hätten statt dessen wie folgt angehoben: "Sinn ist das absolute Erlebnis der Prägnanz." Was wäre uns erspart geblieben! Hätte irgendwer überhaupt weitergelesen? Just diese Frage stellt sich heute bei einem Buch, das sein lustiges postmodernes Spielchen mit dem Original treibt und mit dem eben zitierten Satz beginnt. Norbert Bolz hat es verfaßt und "Das konsumistische Manifest" genannt (Wilhelm Fink Verlag, München 2002. 156 S., br., 10,- [Euro]). Glanzfolienkaschiert ist dieses Buch. Kein Mensch wird auf dem Umschlag jemals schreiben können. Und feuerrot ist es - ganz anders als die Originalausgabe des "Kommunistischen Manifests" von 1848, die in London gedruckt werden mußte, heute noch in sechs Exemplaren erhalten ist und ganz in Grün gehalten war. Doch das ist nur der kleinste Unterschied. Denn was soll das für ein Manifest sein, das keine rhetorische Simulation der Volksrede versucht, niemanden für sich gewinnen will, mit seinem ersten Satz bereits den Bolz-typischen Wissenschaftsjargon benutzt, dessen Klang die Menschen von der Straße verjagt, statt sie zu versammeln? Das Buch drückt ebenfalls, doch nicht dank Wortgewalt, sondern durch seine Schwerfälligkeit, und das vom ersten Wort an. Was dann noch folgt, sind 130 Seiten, in denen alle Sätze klingen wie der erste. Und dann ein letzter Blick zum letzten Satz. Bei Marx und Engels war er kursiv gedruckt und abgesetzt vom Text: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" Notabene: Ausrufezeichen. Bei Bolz? Man wagt es kaum zu schreiben, was da recte und in den Absatz eingebunden steht: "What is wrong with hedonism, so long as people turn up for work on time, obey traffic signals, recycle beer cans, and do not abuse the welfare and dignity of others?" Notabene: Fragezeichen. Geborgt von Lionel Tiger ist dieser letzte Satz, und heutzutage muß es ja Englisch sein. Warum sollte auch ein Manifest der Gegenwart einen eigenen Gedanken zu entwickeln wagen? Geschweige denn eigene Sprache. Könnte man auf diesem Buch notieren, es stünde folgendes darauf: Bis zum ersten Satz und nicht weiter.

ANDREAS PLATTHAUS

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Das Buch ist schlicht eine Provokation", stellt der Rezensent Ludger Heidbrink ein bisschen sprachlos fest. Der Autor Norbert Bolz schaffe es schon seit einiger Zeit "die letzten verbliebenen Kapitalismusverächter und 'Gutmenschen' durch polemische Statements in Rage zu bringen". Aber dass Bolz nun Walter Benjamins Diktum vom Kapitalismus als fataler Ersatzreligion einfach positiv umdeutet und ihn als Bollwerk gegen fundamentalistischen Terror aufbaut, scheint Heidbrink doch ein bisschen zuviel der Häresie. "Heilsam ist der Konsum, weil er eine Einübung in die Indifferenz und Kälte der säkularisierten Gesellschaft erlaubt, anstatt Zuflucht bei kulturellen Identitätsvorstellungen zu suchen", fasst der Rezensent die Hauptthese Bolz' zusammen. Heidbrinks Meinung nach verwechselt Bolz in seinem Werk aber Lösung und Ursache. Denn mit seiner Lobpreisung des Freihandels mache er sich "zum Apostel eines Marktglaubens, der genau den säkularisierten Messianismus fortsetzt, den er den konsumfeindlichen Gotteskriegern vorwirft". Trotz der inhaltlichen Kritik bekommt man den Eindruck, dass der Rezensent beim Lesen des Buches einige interessante Stellen entdeckte, obwohl es ihm der "teigige Jargon" des Werks bestimmt nicht leicht machte.

© Perlentaucher Medien GmbH