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Der Autor beschreibt die Entwicklung der Ost-CDU anhand umfangreicher Quellen (ACDP und SAPMO): die Gründungsgeschichte der CDU in Berlin und in den Ländern der SBZ, Programmatik und Politik. Anhand neuer Quellen wird deutlich, wie SMAD und SED von Anfang an den Handlungsspielraum der 1945 neu gegründeten christlich orientierten Partei einengten und auf jede Weise eine freiheitliche Entwicklung unterdrückten. Die erzwungene Zusammenarbeit von SED und "befreundeten Parteien" im "Zentralen Block" sieht der Autor als den Beginn der Gleichschaltung der CDU in der SBZ. Die Blockpolitik, mit der…mehr

Produktbeschreibung
Der Autor beschreibt die Entwicklung der Ost-CDU anhand umfangreicher Quellen (ACDP und SAPMO): die Gründungsgeschichte der CDU in Berlin und in den Ländern der SBZ, Programmatik und Politik. Anhand neuer Quellen wird deutlich, wie SMAD und SED von Anfang an den Handlungsspielraum der 1945 neu gegründeten christlich orientierten Partei einengten und auf jede Weise eine freiheitliche Entwicklung unterdrückten. Die erzwungene Zusammenarbeit von SED und "befreundeten Parteien" im "Zentralen Block" sieht der Autor als den Beginn der Gleichschaltung der CDU in der SBZ. Die Blockpolitik, mit der SMAD und SED die Durchführung ihrer Politik bei den "bürgerlichen" Parteien erzwangen, wirkte wie ein permanentes Ermächtigungsgesetz. Die Gleichschaltung der CDU setzte nicht erst mit der Absetzung von Jakob Kaiser 1947 ein, vielmehr war die Kontrolle des SMAD über die politischen Parteien von Anfang an total. Eine realistische Chance für einen demokratischen Neuanfang gab es nicht.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Endlich könne man den "Scheinargumenten" mit denen gegen die Ost-CDU als Blockflötenpartei polemisiert wurde, als Partei, die auch nicht viel besser war als die SED, etwas entgegen setzen, freut sich Rezensent Karl Wilhelm Fricke. Denn die gründliche Studie liefere reichlich Material über die Geschichte der CDU in der SBZ, Material, das auch die verlorenen Kämpfe in der Ost-CDU um Autonomie, Zwang zur Flucht in den Westen und das Verschwinden von Abgeordneten in Gefängnissen beleuchte. Fricke ist angetan davon, wie der Autor Ralf Thomas Baus die "widerspruchsvolle" Entwicklung beschreibt und bescheinigt der Studie nicht nur zeitgeschichtliche, sondern auch "aktuelle politische Bedeutung".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2002

Ohne Blockflöte
Die CDU in der sowjetisch besetzten Zone 1945 bis 1948

Ralf Thomas Baus: Die Christlich-Demokratische Union Deutschlands in der sowjetisch besetzten Zone. Gründung - Programm - Politik. Droste Verlag, Düsseldorf 2001. 590 Seiten, 42,- Euro.

In polemischen Auseinandersetzungen mit der CDU fehlt als Scheinargument selten die Behauptung, die Christlich-Demokratische Union in der SBZ/DDR habe als Blockpartei für das Geschehen in der zweiten deutschen Diktatur nicht weniger Schuld und Verantwortung auf sich geladen als die SED selbst. Indes wird die Behauptung auch durch Wiederholung nicht wahr. Sie ignoriert das verzweifelte Ringen der Christ-Demokraten in der SBZ/DDR um politische Selbstbehauptung und leugnet die Opfer, die sie in den Nachkriegsjahren dabei bringen mußten.

Bei Ralf Thomas Baus, der Gründung, Programmatik und Politik der Ost-CDU in den Jahren 1945 bis 1948 zum Gegenstand seines Buches macht, ist dazu viel zu erfahren. Die Frühgeschichte der Union im Osten wird akribisch und akkurat nachgezeichnet. Vor dem Hintergrund der bis heute vernehmbaren Kritik an der "Blockflöten"-Vergangenheit der CDU verhilft er seiner Studie über den zeitgeschichtlichen Aussagewert hinaus insoweit auch zu aktueller politischer Bedeutung.

Die Beschränkung seiner Untersuchung auf die ersten drei Nachkriegsjahre ist plausibel, denn tatsächlich war das Jahr 1948 speziell für die Ost-Union eine wichtige politische Zäsur. Ihre Gleichschaltung trat offen zutage, wenngleich die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) Arm in Arm mit den deutschen Kommunisten den politischen Handlungsspielraum der Ost-CDU als Blockpartei zuvor schon dermaßen eingeengt hatte, daß diese Entwicklung (ähnlich wie bei der Liberal-Demokratischen Partei) unausweichlich eintrat.

Den ersten Teil seiner materialreichen Untersuchung widmet der Autor der schwierigen Gründungsgeschichte der Ost-CDU, wobei er im Kontext herausarbeitet, wie die KPD in der SBZ von der Besatzungsmacht von Anfang an privilegiert und protektioniert wurde. Die SPD (solange sie existieren durfte) sowie die CDU und die LDP verstanden sich 1945/46 infolge ihrer Einbindung in die "antifaschistisch-demokratische Einheitsfront" als eine Art politischer Notgemeinschaft zur gemeinsamen Lösung drängender Nachkriegsprobleme. Aber allzubald verkam die Gemeinsamkeit zur Gängelung durch die KPD/SED.

Die Hoffnungen auf einen demokratischen Neubeginn, der diese Bezeichnung verdiente, wurden schon im Dezember 1945 drastisch gedämpft, als die beiden CDU-Vorsitzenden Andreas Hermes und Walther Schreiber wegen ihrer Haltung in der Bodenreformfrage durch die SMAD aus ihren Ämtern vertrieben wurden. Baus erörtert diesen ersten Willkürakt der Besatzungsmacht ebenso wie die Bemühungen von Jakob Kaiser und Ernst Lemmer, die nun an die Spitze der Ost-Union rückten, um Konsolidierung beim Aufbau der Partei.

Bereits bei den Kommunal-, Kreis- und Landtagswahlen in den fünf Ländern der SBZ im Herbst 1946 mußten sie freilich zur Kenntnis nehmen, wie wenig Chancengleichheit den "bürgerlichen" Blockparteien belassen war. In der Folge erwies sich die von der SED mit Duldung durch die SMAD instrumentalisierte Blockpolitik als letztlich mörderische Waffe gegen die parlamentarische Demokratie.

Mit den Vorstellungen Jakob Kaisers von einem "Sozialismus aus christlicher Verantwortung", wie er sie 1946 erstmals auf den 1. Parteitag der Ost-CDU zur Sprache gebracht hat, befaßt sich der Autor ausführlich im zweiten Teil. Sie wurden "nie zu einer wirklichen programmatischen Konzeption weiterentwickelt" - so Baus' Fazit. Das Programm blieb ein Torso. Ebensowenig konnte Kaisers Kalkulation, "die Union als ,Partei der Mitte' zwischen Liberalismus und Marxismus zu etablieren", nicht aufgehen. Sein Konstrukt stieß bei der Bevölkerung der SBZ auf Unverständnis und Ablehnung. Die SMAD begegnete ihm voller Mißtrauen. So war Kaiser ein Erfolg versagt. Ebenso mußte er mit seinem deutschlandpolitischen Entwurf scheitern, in dem er Deutschland als "Brücke zwischen Ost und West" begriff. Mit den strategischen Interessen des Kreml war das unvereinbar.

Auf dem 2. Parteitag der Ost-CDU im September 1947 wurden Kaiser und Lemmer erneut als Vorsitzende gewählt, aber drei Monate später nur waren auch sie aus der Unionsführung entfernt, weil sie sich der SED-gesteuerten Volkskongreß-Bewegung verweigert hatten: prominente Opfer eines fatalen Intrigenspiels der SMAD, in welchem dem damaligen sächsischen CDU-Landesvorsitzenden Hugo Hickmann eine tragische Rolle zufiel - tragisch deshalb, weil er Kaisers Ausschaltung für allenfalls zeitweilig hielt.

Schier unvermeidlich mißlang Hickmann im übrigen der Versuch, seine in ihrer Integrität über jeden Zweifel erhabene demokratische Grundhaltung mit unbedingter Loyalität gegenüber der Besatzungsmacht zu verbinden. Unfreiwillig wurde er, wie Baus im einzelnen darlegt, zum Steigbügelhalter für Otto Nuschke. Seit dem 3. Parteitag 1948 sollte er die Ost-Union als Vorsitzender bis zu seinem Tode 1957 führen. Hickmann dagegen verlor unter dem Druck organisierten kommunistischen Pöbels 1950 alle politischen Ämter.

Nicht ohne Resignation hatte Kaiser schon drei Jahre zuvor vorausgesagt, "daß in der Ostzone die Möglichkeit, in aufrechter Haltung den demokratischen Weg selbständiger Unionspolitik zu gehen, praktisch nicht mehr gegeben erscheint". Wie recht er behalten sollte, erwies der Weg der Ost-Union in die politische Ohnmacht einer Satellitenpartei der SED. Baus zeigt die widerspruchsvollen Zusammenhänge dieser Entwicklung auf, er beschreibt die charakterlose Rolle Nuschkes, er skizziert Aufstieg und Fall Georg Dertingers, er macht an Beispielen fest, wie Opposition und Widerstand gegen den Machtanspruch der SED in der Ost-Union allmählich erstickt wurden.

Binnen weniger Jahre waren alle "Kaisertreuen" eliminiert, Hunderte Funktionsträger, darunter Landtags- und Kreistagsabgeordnete, wurden zur Flucht in den Westen genötigt - oder sie verschwanden schon 1946/47 in Gefängnissen.

KARL WILHELM FRICKE

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