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Terror - im Osten wie im Westen
Der 11. September 2001 hat die Vereinigten Staaten von Amerika und die ganze Welt erschüttert. Terror gegen Menschen in Städten, in denen niemand mit solchen Gewaltangriffen gerechnet hätte. Auch die Israelis waren entsetzt, aber weniger überrascht, denn seit Oktober 2000 werden sie mit der Intifada konfrontiert. Der palästinensische Aufstand ist nicht auf die besetzten Gebiete begrenzt und nicht ausschließlich gegen Siedlungen oder Soldaten gerichtet. Vielmehr ist mit den Selbstmordattentaten, deren Wurzeln schon im 11. Jahrhundert zu finden sind, die…mehr

Produktbeschreibung
Terror - im Osten wie im Westen

Der 11. September 2001 hat die Vereinigten Staaten von Amerika und die ganze Welt erschüttert. Terror gegen Menschen in Städten, in denen niemand mit solchen Gewaltangriffen gerechnet hätte. Auch die Israelis waren entsetzt, aber weniger überrascht, denn seit Oktober 2000 werden sie mit der Intifada konfrontiert.
Der palästinensische Aufstand ist nicht auf die besetzten Gebiete begrenzt und nicht ausschließlich gegen Siedlungen oder Soldaten gerichtet. Vielmehr ist mit den Selbstmordattentaten, deren Wurzeln schon im 11. Jahrhundert zu finden sind, die Zivilbevölkerung in den Städten betroffen. Die Mischung aus einer mittelalterlichen terroristischen Tradition, dem spezifischen Problem Saudi-Arabiens des 20. Jahrhunderts und einem nationalen Problem der Palästinenser erschwert das Verständnis des westlichen Beobachters, hindert seinen Blick daran, durch den Staub der einfallenden Türme von New York zu dringen.

Avi Primor versucht, die Fragen hinsichtlich des Terrors, die man sich im Nahen Osten wie auch im Westen stellt, zu klären. Er wirft einen Blick auf die Geschichte, den Hintergrund und die Wurzeln der heutigen Tragödien und Ängste, analysiert die Gefahren und denkt über mögliche Ansätze zur Lösung des Terrorproblems nach.

Autorenporträt
Avi Primor, geboren 1935 in Tel Aviv, ist Gründer des Zentrums für europäische Studien an der Universität Herzliya in Tel Aviv und leitet dort einen trilateralen Studiengang für israelische, palästinensische und jordanische Studenten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.02.2004

Verspielter Frieden
Nicht ganz undiplomatisch: Avi Primor über Israel
AVI PRIMOR: Terror als Vorwand. Die Sprache der Gewalt. Droste Verlag, Düsseldorf 2003. 237 Seiten, 16,95 Euro.
Die US-Regierung habe nach dem 11. September den islamistischen Terror als Vorwand genutzt, um den Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen, sagt Avi Primor. Der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland kritisiert die Außenpolitik der Bush-Administration – die Sicherung der immer knapper werdenden Erdölvorräte wäre, glaubt er, für den früheren US-Präsidenten Bill Clinton kein Anlass gewesen, Krieg zu führen. „Der Krieg in Afghanistan und insbesondere der im Irak haben die Fanatisierung und die Gefahr des Terrorismus mit Sicherheit nicht abgeschwächt, sondern verstärkt”.
In seinem neuen Buch geht er den Ursachen des Terrors nach. Der Islam an sich ist für ihn nicht die eigentliche Bedrohung, vielmehr warnt er davor, den extremen Islamismus mit einer Religion zu verwechseln, die „grundsätzlich nicht mehr oder weniger gewalttätig (ist) als irgendeine andere Religion, sei es nun das Juden- oder das Christentum”. Für entscheidend hält er die Armut und den Mangel an Bildung: Das Empfinden von Demütigung treibe die Menschen in die Verzweiflung und radikalisiere sie. Es sei folglich nur eine Frage der Zeit, „bis Terror und Fanatismus wie ein Virus auch andere, nicht moslemische Länder der Dritten Welt anstecken werden”.
Der israelisch-palästinensische Konflikt steht bei Primor erwartungsgemäß im Mittelpunkt. Dabei offenbart der hier zu Lande beliebte frühere Diplomat sein gespaltenes Verhältnis zum eigenen Staat: Über lange Strecken reproduziert er historische Mythen und trifft pauschale Urteile über Palästinenser und Araber. So etwa spricht er wiederholt davon, dass das palästinensische „Volk”, trotz ernsthafter Friedensangebote, „dem Terror den Vorzug gibt”. Damit bedient er sich derselben polarisierenden Rhetorik, die er an Sharon, Bush und Co. kritisiert – und fällt jenen Palästinensern in den Rücken, die den Terror gegen israelische Zivilisten offen verurteilen. Zu Recht betont er, wie kontraproduktiv die grausamen Selbstmordattentate palästinensischer Extremisten sind, denn sie dienten dazu, der israelischen Rechten weiteren Auftrieb zu verschaffen.
Doch obwohl Primor nach den Ursprüngen des Terrors sucht, geht er kaum auf die dramatischen Lebensbedingungen in den palästinensischen Gebieten ein – diese schürten schon vor Sharons Zeit unter Primors eigener Partei, der Arbeitspartei, den Hass gegen die Besatzer.
Interessant wird der Autor immer dort, wo er seinem scharfen Intellekt freien Lauf lässt. Bei der Analyse der Camp David Verhandlungen 2000, die der Anfang vom Ende der Friedensverhandlungen waren, verschweigt er nicht, dass der damalige Premier Ehud Barak gravierende Fehler gemacht hat. Hinsichtlich seiner Parteikollegen lässt er im allgemeinen allerdings viel Milde walten, wenn es um deren Beitrag am Scheitern des Friedensprozesses geht.
Keine Rücksicht nimmt er indes, wenn er vom politischen Kontrahenten, dem gegenwärtigen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, spricht. Diesem schwebe für die Palästinenser kein echter Staat, sondern lediglich ein Bantustan-Modell vor – ein „Palästinenserstaat mit begrenzter Souveränität”, so Sharons Sprachgebrauch. Primor lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Besetzung der palästinensischen Gebiete und die gegenwärtige israelische Regierungspolitik für fatal hält. Palästinenserpräsident Arafat erscheint ihm genauso unfähig oder unwillig wie Sharon, Frieden zu schaffen.
Primor, immer schon ein Europa-Fan, der nach seiner Vizepräsidentschaft an der Universität von Tel Aviv neuerdings das Institut für Europastudien an der IDC-Uni Herzliya leitet, geht auch auf die Rolle der EU im Friedensprozess ein. Er macht deutlich, dass die Europäer ohne gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nur wenig Einfluss auf die Region haben werden – die USA könnten auf ihre Beteiligung verzichten. Die sinnvollste Aufgabe der EU sieht er nach der Befriedung des Nahen Ostens in der Mitgestaltung bei der Entwicklung der Region.
Bezüglich des „neuen Antisemitismus” in Europa bleibt der gelernte Politologe gelassen: In den USA habe es im Jahr 2001 immerhin 1688 antisemitische Vorfälle gegeben, doch davon spreche in Israel niemand, weil das Land mit den USA verbündet sei. Obwohl einige Deutsche wieder vermehrt antisemitische Töne von sich gäben, mahnt Primor zur Differenzierung: Kritik an der israelischen Regierungspolitik sei nicht automatisch antisemitisch. Mit deutlichem Hinweis auf Sharon sagt er, mancher israelische Populist täte gut daran, sich mit berechtigter Kritik auseinander zu setzen, anstatt Antisemitismusbezichtigungen als Deckmantel für die eigene Politik zu benutzen.
ALEXANDRA SENFFT
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.2004

Macht der Behutsamkeit
Voraussetzungen eines israelisch-palästinensischen Friedens

Avi Primor: Terror als Vorwand. Droste Verlag, Düsseldorf 2004. 240 Seiten, 19,95 [Euro].

Kluge Politik nimmt feindlichen Terror nicht zum Vorwand für eigene Gewaltakte. Die Versuchung dazu ist aber überall groß. Avi Primor, von 1993 bis 1999 israelischer Botschafter in Deutschland, haben die fast 40 Dienstjahre im diplomatischen Dienst seines Landes zu einem sanftmütigen Differenzierer gemacht. Er verfügt außerdem über einen scharfen analytischen Blick. Deshalb kann man von ihm klare und wohlabgewogene Beurteilungen der Lage erwarten und behutsam formulierte Vorschläge zur Milderung und Deeskalation des scheinbar unlösbaren Nahost-Konflikts.

Dieser Erwartung wird Avi Primor gerecht. Er bietet historisch fundierte politische Aufklärung über die Entstehung und vor allem das permanente Festerzurren des gordischen Konfliktknotens, der Israelis und Palästinenser in gegenseitigem Nichtverstehen, in Furcht und Haß und - als Folge von alldem - mit entsetzlicher Gewalt zusammenkettet. Er bietet aber einen Ansatzpunkt, dieses gegenseitige Nichtverstehen zu überwinden und zu einer politischen Koexistenz zu gelangen, von der die einen wie die anderen profitieren, und zwar so, daß sich dadurch Furcht, Haß und Fanatismus abbauen lassen.

Das klingt nachgerade unpolitisch optimistisch. Den Optimismus läßt sich Avi Primor nicht abhandeln: Wer fünf Jahre nach dem Ende des Nahost-Konflikts Israel besuchen wird, schreibt er, wird wahrscheinlich nur wenige Leute finden, die es für falsch und unvernünftig halten, auf die jetzt besetzten palästinensischen Gebiete verzichtet und einen Palästinenserstaat anerkannt zu haben. Allerdings fügt er sogleich voller politischer Schwermut hinzu: "Aber wann werden wir mit der Zählung dieser fünf Jahre beginnen können?" Das ist in der Tat die Frage. Mit dem Stillstand des Osloer Friedensprozesses und dem Scheitern der Verhandlungen zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Barak und dem PLO-Führer Arafat im Sommer 2000 in Camp David und gegen Ende jenes Jahres im ägyptischen Taba sind zunächst einmal alle Friedenshoffnungen zerstoben. Selbstmordattentate und Gegengewalt der israelischen Streitkräfte haben den Konflikt statt dessen verschärft. Eine Lösung der drei heikelsten Probleme zwischen Israel und den Palästinensern erscheint unerreichbar: die politische Verwaltung Jerusalems, die Siedlungen außerhalb des israelischen Staatsgebietes und das Rückkehrrecht der früher innerhalb des israelischen Staatsgebietes lebenden Palästinenser. Wie man sich auf eine Lösung dieser und anderer Probleme zwischen Israel und den Palästinensern zubewegt und welche enormen Hindernisse dem entgegenstehen, darüber kann man bei Avi Primor viel lernen. Er verschont dabei keine Seite mit schmerzhafter Kritik. Seine arabischen Leser werden sich mit seiner kühlen Analyse der jahrzehntelangen Selbsttäuschung der arabischen und palästinensischen Politiker schwertun. Plausibel widerlegen läßt sich diese Kritik genausowenig wie die an dem mangelnden politischen Format von Arafat oder an dem politischen Langzeitkonzept Ariel Scharons.

Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern war von Anfang an eingebettet in internationale Konfliktstrukturen. Das war so während des Ost-West-Konflikts, und es blieb so nach seinem Ende. Seit der neuartigen Kristallisation des internationalen Terrorismus aus dem Geiste eines fanatisch antiwestlich eingestellten Islamismus, spätestens seit dem 11. September 2001 hat die internationale Dimension des Nahost-Konflikts noch erheblich an Einfluß gewonnen. Avi Primor neigt wie viele andere israelische Politikexperten dazu, diesen Aspekt herunterzuspielen. Israel sei für Usama Bin Ladin im Grunde unwichtig, meint er. Und er kritisiert, daß die Vereinigten Staaten den internationalen Terrorismus zum Vorwand genommen hätten, um einen Krieg gegen das Regime Saddam Husseins zu führen. Das mag so sein - von den Weltereignissen und vor allem vom internationalen Terrorismus kann man den Nahost-Konflikt jedenfalls nicht isolieren.

Wenn man wie Avi Primor der historisch gewachsenen "moslemischen Demütigung" im kollektiven Selbstbild der Araber große Bedeutung beimißt, muß man auch einräumen, daß die Selbstbehauptung Israels gegen die militärische Übermacht seiner arabischen Nachbarn ebenfalls dazu beigetragen hat. Jede Konfliktlösung muß dem Rechnung tragen. Nicht erst an dieser Stelle kommen auch die Staaten Europas ins Bild. Europa hat gegenüber Israel eine besondere Verpflichtung, die sich aus der Vergangenheit ergibt. Zugleich hat Europa ein besonderes Interesse an einer friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts. Das europäisch-israelische Verhältnis müßte runderneuert werden. Zu einer behutsamen Vorarbeit für einen neuen, dieses Mal sorgsamer vorbereiteten Friedensprozeß im Nahen Osten gehört auch eine nachhaltige Verbesserung der Beziehungen Europas zu Israel.

WILFRIED VON BREDOW

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