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Eine unmögliche Liebe in RioIm Rio de Janeiro der 1930er Jahre wird der Schuhmacher Max Kutner von der Geheimpolizei gezwungen, die Korrespondenz seiner jüdischen Exilgenossen zu übersetzen. Dabei stößt er auf die Briefe einer gewissen Hannah an ihre Schwester. Hals über Kopf verliebt er sich in die unbekannte Schreiberin. Er beginnt sie zu suchen - bis sie eines Tages vor ihm in seinem Laden steht. Doch die wirkliche Hannah ist anders als die Traumfrau aus den Briefen: Sie arbeitet als Edelprostituierte - und gleichzeitig als Spionin. "Der hintergründige Humor, die Nostalgie und die…mehr

Produktbeschreibung
Eine unmögliche Liebe in RioIm Rio de Janeiro der 1930er Jahre wird der Schuhmacher Max Kutner von der Geheimpolizei gezwungen, die Korrespondenz seiner jüdischen Exilgenossen zu übersetzen. Dabei stößt er auf die Briefe einer gewissen Hannah an ihre Schwester. Hals über Kopf verliebt er sich in die unbekannte Schreiberin. Er beginnt sie zu suchen - bis sie eines Tages vor ihm in seinem Laden steht. Doch die wirkliche Hannah ist anders als die Traumfrau aus den Briefen: Sie arbeitet als Edelprostituierte - und gleichzeitig als Spionin. "Der hintergründige Humor, die Nostalgie und die Fabulierlust des Erzählers machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen."BUCH MAGAZIN
Autorenporträt
Wrobel, RonaldoRonaldo Wrobel, geboren 1968, lebt und arbeitet als Schriftsteller, Journalist und Rechtsanwalt in seiner Geburtsstadt Rio de Janeiro. Er ist Autor mehrerer Kurzgeschichtenbände und Kolumnist des jüdischen Magazins Menorah.

von Schweder-Schreiner, NicolaiNicolai von Schweder-Schreiner, geb. 1967 in Lissabon, verbrachte einen Teil seiner Jugend in Rio de Janeiro. Er studierte Angewandte Kulturwissenschaften und übertrug u.a. João Ubaldo Ribeiro, José Saramago, Leonard Cohen ins Deutsche. 2009 erhielt er den Förderpreis für Literarische Übersetzungen.
Rezensionen
Mit dem wunderbaren Mikrokosmos des jüdischen Viertels um die Praça Onze lässt Ronaldo Wrobel in Hannahs Briefe einen Moment in der Geschichte Rios lebendig werden, der zugleich Weltgeschichte ist: Der jüdische Einwandererstrom aus Europa in den 1920er und 1930er Jahren, der tiefe Spuren in der brasilianischen Gesellschaft hinterlassen hat. Der hintergründige Humor, die Nostalgie und die Fabulierlust des Erzählers machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen. Ein Meisterwerk, klug und bewegend. Ein wunderbares Lesevergnügen!
Peregrina Cultural

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.08.2013

LITERATURLAND
BRASILIEN
Dienst am Vaterland:
Ronaldo Wrobel
Damals, als Rio de Janeiro noch Hauptstadt war, spielte sich das Leben rund um die Praça XI ab. Mulatten aus Bahia, Portugiesen, Italiener und Juden ließen sich rund um diesen Platz nieder. Auch die jüdischen Großeltern des Autors Ronaldo Wrobel, der in Rio de Janeiro lebt, kamen in den 1920er-Jahren aus der Ukraine und Polen nach Brasilien. Beim Karneval von Rio trafen sie sich. In seinem Roman „Hannahs Briefe“ erzählt Wrobel von einer desolaten Liebe, die vom Strudel der Geschichte erfasst und durchgeschüttelt wird. Es geht um Prostitution, Spionage, Zensur und Verrat zu der Zeit, als Nazideutschland sich aufmachte, die Welt zu erobern und das ferne Brasilien sich von diesem Virus anstecken ließ.
  Im Süden Brasiliens lebten Tausende Deutsche, die sich weigerten, Portugiesisch zu sprechen. „Jedes Jahr im April feierten sie den Geburtstag des Führers“, schreibt Wrobel. Ihm selbst sei in Brasilien jedoch nie Antisemitismus entgegengeschlagen. „Schließlich kommt hier bis auf die Indios jeder von woanders her.“ Und trotzdem gab es die Briefe seiner Tante, die, wenn sie ankamen, offenbar schon mal geöffnet worden waren. Eine Begebenheit, die ihn zu diesem Roman inspirierte.
  1928 kommt der polnische Schuster Max Kutner nach Rio de Janeiro, lässt sich an der Praça XI nieder und führt „ein Dasein wie ein Bodengewächs: unterhalb der Schusslinie.“ Max glaubt nicht an die Liebe, hält sich lieber an die Huren im Viertel.
Streng blickt ihm das Bild des Diktators Getúlio Vargas im Büro der Polizeiwache entgegen, wohin er plötzlich einbestellt wird. In dem Bau residiert eine Elitetruppe, um gegen die „rote Subversion“ vorzugehen. Zwei Mal pro Woche muss Max nun als „Dienst am (neuen) Vaterland“ jiddische Briefe ins Portugiesische übersetzen. Denn das Regime verdächtigt die Juden kommunistischer Umtriebe.
  Wrobel erzählt diese verschlungene Geschichte aus der fatalistischen Sicht des polnischen Schusters, dessen Horizont zunächst nicht über Praça XI hinaus reicht. Bis er die Spionin und Edelprostituierte Hannah trifft, die sein Leben auf den Kopf stellt. Ihre mit zarten Worten formulierten Briefe, die er für die Geheimpolizei übersetzen muss, fesseln ihn. Er beginnt, nach ihr zu suchen und ahnt nicht, dass Hannah ihn längst gefunden hat.Genauso doppelsinnig, wie Wrobel das skurrile Verhältnis zwischen Max und Hannah darstellt, schildert er analog die politischen Wirren im Land. Trotzdem ist dieses Buch kein Thriller, vielmehr ein sorgsam gesetztes Mosaik brasilianisch-jüdischer Geschichte. In verschiedenen Handlungssträngen beschreibt Wrobel das Schicksal weiterer Immigranten. Verschleppte Frauen, die als „weiße Sklavinnen“ in brasilianischen Bordellen ihre Haut verkauften. Träume, die zerplatzen. Wie Goldas Traum, die 1906 in Hamburg ein Schiff besteigt, mit Kurs auf Südamerika. Artur, ihr Bräutigam, ist in Wahrheit ein Zuhälter. Ihr Ziel wird sie nie erreichen. Auch Max, der einfache Schuster, schlittert tief in die Geschichte Brasiliens hinein. In ein Netz aus verdeckten Recherchen und geheimen Missionen. Ursache und Wirkung verdrehen sich wieder und wieder. Alles, was Max über Hannah weiß, ist doch nur ein Teil ihrer Maske. Doch Max hat plötzlich eine Ahnung, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein. Er will diese Frau um jeden Preis. Für sie wird er sogar zum Doppelagenten. So beschatten sie gemeinsam das deutsche Ehepaar Franz und Marlene Braun, die angeblich Nazi-Waffen ins Land schmuggeln. Und Hannah verschwindet. Hier ändert der Autor auch seinen bedächtigen Erzählstil, nimmt an Fahrt auf und führt den gespannten Leser direkt hinein in einen dunklen Folterkeller.
  Am Ende schreibt Wrobel von seinen Recherchen für das Buch. Er traf den echten Max Kutner fast hundertjährig in einem Altersheim in Rio. Ließ sich in langen Interviews seine Geschichte erzählen. Aber wer ist die Frau an seiner Seite? Ist es Hannah? Hat sich die Geschichte von Hannah und Max, die an der Praça XI begann, wirklich so zugetragen? Oder ist doch alles Fiktion?
Anfang der 1940er-Jahre ließ Getúlio Vargas die Praça XI plattwalzen. Er schlug eine Schneise ins historische Rio de Janeiro, um den „größten Boulevard der Welt“ zu bauen. Keine Prachtstraße wie die Champs-Élysées in Paris, sondern einen Aufmarschplatz nach stalinistischem Vorbild. Heute erinnert nur noch der Name einer Metrostation an die Praça XI. Der Platz und seine Geschichten ruhen irgendwo unter dem Stau auf der vielspurigen Avenida Presidente Vargas. Doch der greise Max Kutner findet die Stelle, wo sechzig Jahre zuvor sein kleiner Schusterladen war, und legt, so als sei diese graue, überfüllte Stadtautobahn ein kilometerlanges Grab, einen Stein nieder.
MICHAELA METZ
Ronaldo Wrobel: Hannahs Briefe. Übersetzt von
Nicolai von Schweder-Schreiner. Aufbau Verlag, Berlin 2013. 328 Seiten, 19,99 Euro.
Ronaldo Wrobel, 1968 in Rio de Janeiro geboren, studierte Jura und ist als Autor, Journalist und Rechtsanwalt tätig. Er schreibt Romane und Kurzgeschichten. Außerdem ist er Kolumnist des jüdischen Magazins Menorah .   FOTO: RENO ENGEL
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wenn Ronaldo Wrobels eher bedächtige Erzählung über die verschlungene brasilianisch-jüdische Geschichte in den 1920er und 30er Jahren und die Themen Spionage, Prostitution und Zensur im Immigrantenmilieu schon fortgeschritten ist und endlich Fahrt aufnimmt, scheint Michaela Metz ein wenig erleichtert. Bis hierhin hat das Buch auch in der Schilderung der politischen Wirren im damaligen Rio, die der Autor parallel zur Liebesgeschichte zwischen einem polnischen Schuster und einer Prostituierten in Rio entwickelt, für sie nichts von einem Thriller, sondern funktioniert eher als mosaikhaftes, aber bedächtig gesetztes Historienbild. Beides zusammen ergibt für Metz schließlich einen durchaus empfehlenswerten Roman.

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