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Alexander Rüstow, geboren am 8. April 1885 in Wiesbaden als Sohn eines späteren preußischen Generals, gestorben am 30. Juni 1963, gilt als einer der letzten Universalgelehrten Deutschlands und als großer Freiheitsdenker. Ungewöhnlich vielseitig sind die Stationen seines Lebenswegs: wissenschaftlicher Abteilungsleiter eines altphilologischen Verlags, Offizier im Ersten Weltkrieg, Referent im Reichswirtschaftsministerium, Syndikus des Vereins Deutscher Maschinenbauanstalten, Emigrant und Professor für Wirtschaftsgeographie in Istanbul, als Spätheimkehrer "Erbverwalter" Max Webers und…mehr

Produktbeschreibung
Alexander Rüstow, geboren am 8. April 1885 in Wiesbaden als Sohn eines späteren preußischen Generals, gestorben am 30. Juni 1963, gilt als einer der letzten Universalgelehrten Deutschlands und als großer Freiheitsdenker. Ungewöhnlich vielseitig sind die Stationen seines Lebenswegs: wissenschaftlicher Abteilungsleiter eines altphilologischen Verlags, Offizier im Ersten Weltkrieg, Referent im Reichswirtschaftsministerium, Syndikus des Vereins Deutscher Maschinenbauanstalten, Emigrant und Professor für Wirtschaftsgeographie in Istanbul, als Spätheimkehrer "Erbverwalter" Max Webers und Lehrstuhl-Nachfolger von dessen Bruder Alfred Weber in Heidelberg, schließlich Vorsitzender des Think Tanks "Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft". Seine große Leistung besteht in der Vereinigung universalgeschichtlicher und kultursoziologischer Erkenntnisse mit den wirtschaftspolitischen Grundsätzen des Neoliberalismus, dessen Namensgeber er auf dem Walter-Lippmann-Colloquium 1938 war. Rüstow hat gleichsam den geistesgeschichtlichen Überbau für die Erneuerung des Liberalismus geliefert. Der Humanist setzte sich für eine freie Wirtschaft und Gesellschaft ein. Seine Rede "Freie Wirtschaft - freier Staat" auf der Tagung des Vereins für Socialpolitik 1932 gilt als Gründungsdokument des Neoliberalismus. Die Idee der Menschlichkeit ist es, die Alexander Rüstow antreibt, die sein Wirken in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik begründet. Unter dem Eindruck der menschenverachtenden Weltkriege und autoritär-totalitären Herrschaften zielte sein Wirken auf eine menschenfreundliche Ordnung. Diese orientierte sich am Optimismus der Verfechter der Wirtschaftsfreiheit des 18. Jahrhunderts. Für Rüstow stand unverrückbar fest, dass die Idee der Menschlichkeit für ihre Entfaltung die Freiheit bedarf: "zum Menschsein, zur Entfaltung der Menschlichkeit gehört eben die Freiheit"; ohne Freiheit könne man schlichtweg kein Mensch sein. Eine freiheitliche und menschenwürdige Gesellschaftsordnungvermag für Alexander Rüstow zugleich ein dauerhaftes Gleichgewicht zwischen den beiden ewigen Polen Herrschaft und Freiheit herzustellen. Die in diesem Brevier gesammelten Zitate vermitteln einen Eindruck von der Fülle seines Denkens. Im Mittelpunkt stehen Rüstows Analyse des Geschichtsverlaufs, seine Gesellschaftskritik und seine neoliberale Neuordnung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Zielgruppen: Wirtschaftlich und philosophisch interessierte Personen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.07.2007

Herr Rüstow
Gedanken eines Kultursoziologen, der für den Markt eintrat

Sogenannte politische Querdenker gibt es viele - die meisten zeichnen sich durch ihre Aversion gegen die Marktwirtschaft, den "Kapitalismus", aus. Auch der Kultursoziologe Alexander Rüstow lehnte einen feudalen Kapitalismus ab, er warb aber leidenschaftlich aus politischen und ökonomischen Gründen für eine echte Marktwirtschaft. Rüstow (1885 bis 1963) war ein Querdenker von höchster Bildung und großem Mut.

In seiner Jugend christlich-sozialistisch beeinflusst, vertrat er in der Weimarer Republik als Chefökonom des Maschinenbauverbandes entgegen dem protektionistischen Zeitgeist eine freihändlerische Linie. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 floh Rüstow nach Istanbul. Dort übernahm er eine Professur und begann mit den Arbeiten zu seinem dreibändigen Opus magnum "Ortsbestimmung der Gegenwart". Im Jahre 1950 kehrte er nach Deutschland zurück, lehrte in Heidelberg und leitete die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft. Er war ein vielbeachteter Intellektueller der Adenauerzeit, der kaum in eine der gängigen Schubladen passte. Die Auswahl von markanten Zitaten aus Rüstows Werk für das vorliegende Brevier zeigt den Reichtum seines Denkens.

Grundlegend war für Rüstow die Theorie der "Überlagerung": der weltgeschichtliche Vorgang der Unterwerfung von Bauernkulturen und die Bildung feudaler Reiche, die Hochkulturen hervorbrachten, jedoch auf Unterdrückung und Ausbeutung beruhten. Um die Spätfolgen dieser kulturellen Ursünde zu überwinden, empfahl Rüstow die Abschaffung aller rechtlichen Privilegien, das Aufbrechen von Monopolpositionen und einen offenen wirtschaftlichen Wettbewerb, der Aufstiegschancen für jedermann biete.

Seine 1932 geäußerte Kritik am Altliberalismus war, dass dieser passiv zugesehen habe, wie Interessengruppen sich den Staat zur Beute gemacht hätten. Der "Neoliberalismus", fordere einen starken, aber schlanken Staat, der die Kraft habe, Sonderwünschen zu widerstehen.

So konsequent Rüstow für eine freiheitliche und humane Ordnung stritt, so blieb sein kulturgeschichtliches Schema teilweise etwas starr und führte zu fragwürdigen Folgerungen. Herausgeber Michael von Prollius verbirgt nicht seine Skepsis gegenüber einigen Empfehlungen Rüstows. Etwa dessen Wunsch nach "liberalen Interventionen" zur Beschleunigung des Strukturwandels. Dies überschätzt die Fähigkeit des Staates, künftige Entwicklungen zu antizipieren. Auch die Forderung nach völliger Chancengleichheit wird angesichts realer menschlicher Ungleichheit in einem freiheitlichen System nicht zu verwirklichen sein.

PHILIP PLICKERT

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angetan zeigt sich Rezensent Alexander Kissler von diesem Brevier der Schriften des heute nahezu vergessenen Denkers Alexander Rüstow (1885-1963), das Michael von Prollius herausgegeben hat. Er stellt Rüstow als Erfinder des Begriffs des Neoliberalismus vor und unterstreicht zugleich, dass dessen Neoliberalismus das Gegenteil von Heuschreckenkapitalismus und Sozialabbau bedeutete. Rüstow äußere sich kritisch gegenüber Großkonzernen und Monopolen, weise dem Markt eine dienende Funktion zu und lege Wert auf eine "strenge Marktpolizei", die einen fairen Wettbewerb gewährleistet. Kissler erkennt in Rüstows Denken antike Züge und versteht sein Programm einer neoliberalen Neuordnung als ein "Programm der Rückwendung zu den Quellen der abendländischen Zivilisation". Dessen Ziel, "eine Zukunft der Menschheit in Freiheit, Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit" (Rüstow), fällt nach Kisslers Diagnose zusammen mit der "Sehnsucht nach der Vormoderne". Nichtsdestoweniger scheint ihm die Lektüre dieses Breviers durchaus lohnend und anregend.

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