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Ein literarisches Glanzstück des weltbekannten Nobelpreisträgers
Ein Sommer im Nordland: In der spannungsgeladenen Atmosphäre tagheller skandinavischer Nächte verstrickt sich ein sensibler Einzelgänger in ein Netz aus Leidenschaft, Eifersucht und tödlicher Rivalität. Das Meisterwerk des norwegischen Nobelpreisträgers ist eine lyrische Hymne an das Leben im Einklang mit der Natur und zugleich ein packender Roman über die Zerstörungskraft erotischer Anziehung.
Der junge Leutnant Glahn zieht sich in eine einsame Waldhütte zurück, um dort fernab von moderner Zivilisation und
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Produktbeschreibung
Ein literarisches Glanzstück des weltbekannten Nobelpreisträgers

Ein Sommer im Nordland: In der spannungsgeladenen Atmosphäre tagheller skandinavischer Nächte verstrickt sich ein sensibler Einzelgänger in ein Netz aus Leidenschaft, Eifersucht und tödlicher Rivalität. Das Meisterwerk des norwegischen Nobelpreisträgers ist eine lyrische Hymne an das Leben im Einklang mit der Natur und zugleich ein packender Roman über die Zerstörungskraft erotischer Anziehung.

Der junge Leutnant Glahn zieht sich in eine einsame Waldhütte zurück, um dort fernab von moderner Zivilisation und gesellschaftlichen Zwängen zu leben. Gleich dem mythischen Fruchtbarkeitsgott Pan streift er durch die Wälder des Nordlands, "frei wie ein Herrscher" und eins mit der Natur.

Sein idyllisches Eremitendasein findet jedoch ein jähes Ende, als ihn die Lockungen des Eros ereilen. Die unergründliche Edvarda, Tochter des mächtigen Fjordbarons, wird Glahns schicksalhafte Leidenschaft. So sehr sich beide lieben - der impulsive Glahn und die eigensinnige Edvarda können nicht zueinanderfinden. Als auch noch zwei Rivalen um Edvardas Gunst auf den Plan treten, beginnen Obsession und Eifersucht ihr zerstörerisches Werk.

Die vorliegende Neuübersetzung bietet die Gelegenheit, Knut Hamsuns (1859-1952) literarisches Glanzstück wiederzuentdecken. Suggestiv beschwört der Roman die geheimnisvolle Aura der langen Sommernächte im Nordland. Raffiniert in Szene gesetzte Erotik, lyrische Sprache und die subtile Psychologie, mit der die Naturerfahrung des Außenseiters Glahn geschildert wird, machen ihn zu einem Juwel der Fin-de-siècle-Dichtung.

- Raffiniert in Szene gesetzte Erotik: ein Sommer voller Begierden und Versagungen
Autorenporträt
Aldo Keel, geboren 1948 in Zürich, ist Skandinavist, Autor, Herausgeber, Übersetzer und Feuilletonist für die NZZ. Nach dem Studium in Zürich lebte er zwei Jahre in Reykjavik und promovierte über Halldor Laxness.

Knut Hamsun wurde am 4. August 1859 in Gudbrandsdalen als Knud Pedersen geboren und gilt neben Henrik Ibsen als bedeutendster Schriftsteller Norwegens. Seine Schulausbildung war dürftig, eine Universität besuchte er nie und schlug sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten durch, bis ihm 1890 mit seinem Debütroman Hunger sogleich ein großer literarischer Erfolg gelang. 1920 erhielt er für sein Werk Segen der Erde den Literaturnobelpreis. Der wegen seiner Sympathien für den Nationalsozialismus politisch hoch umstrittene Hamsun starb 1952 in Nørholm.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2009

Passion am Polarkreis
Ohne Charakter, am Rande des Überschnappens: Knut Hamsuns Roman „Pan” in einer neuen Übersetzung
Pan, diesen Gott der friedlichen Hirtenlandschaft zur Mittagszeit, der plötzlich hervorbricht und panischen Schrecken verbreitet, hatte man immer im Gebiet des Mittelmeers verortet. Knut Hamsun jedoch entdeckt ihn am Polarkreis, im nördlichen Norwegen. Dort ist der Sommer kurz, aber seine Tage dehnen sich desto länger, alles Lebendige drängt sich in sie zusammen, und so gelangt es zu einer Inständigkeit wie im Süden nie. „(...) ich erinnere mich, dass die Nächte sehr hell waren. Vieles kam mir auch so unwirklich vor, das Jahr hatte zwölf Monate, doch die Nacht wurde zum Tag, und nie war am Himmel ein Stern zu sehen. Und die Menschen, denen ich begegnete, waren besonders und von anderer Natur als die Leute, die ich von früher kannte; manchmal genügte eine Nacht, damit sie in ihrer ganzen Herrlichkeit aufblühten, vom Kindhaften zur vollen Reife. Darin lag keine Zauberei, aber ich hatte das nie zuvor erlebt. O nein.”
So spricht Thomas Glahn, ein dreißigjähriger Leutnant, der den Sommer als Jäger in den einsamen Fjordwäldern verbringt; dort lebt er in einer kleinen Hütte mit seinem Hund Äsop und zieht täglich aus, um Auerhähne und anderes Wild zu erlegen. Wenn er ganz in der Natur und im Augenblick aufgeht, ist er selig. Unglück und Schmerz brechen über ihn in Gestalt einer Geschichte herein, einer Liebesgeschichte natürlich.
Glahn trifft auf Edvarda, die Tochter eines „Fjordbarons”, der mit seinen Geschäften den abgelegenen Landstrich ökonomisch beherrscht. Es entbrennt zwischen den beiden eine Passion, doch beginnt sich Edvarda ihm schon nach kurzer Zeit schnippisch zu entziehen, umso mehr, je intensiver er sie begehrt. Zwei Mitbewerber tauchen auf, ein schon etwas gesetzter botanisierender Adliger und der örtliche Doktor, ein Freigeist, der ein wenig hinkt. Der Protagonist hält sich für seine Enttäuschungen schadlos an der ihm blind ergebenen Eva, der Frau des Schmieds. (Man erstaunt nebenbei über die Freiheit der Sitten im provinziellen Norwegen des 19. Jahrhunderts.) Durch sein Verschulden zermalmt sie ein herabstürzender Felsblock.
Zu Ende der Saison reist er ab; dass ihn die Vorgänge dieses Sommer, die sich aus seinem Leben so bedeutsam, aber auch so unverbunden herausheben, dennoch verfolgen, macht der Nachbericht eines Bekannten klar: Viele Jahre später sind sie zusammen als Jäger in Südindien unterwegs, einem Land von weit geringerer exotischer Glut als Norwegen, und Glahn provoziert den anderen dazu, ihn zu erschießen. Zuvor singt er Hochzeitspsalmen. Der Mord wird als Jagdunfall vertuscht, damit endet das Buch. Wer in einem Roman nach persönlicher Entwicklung und einer sinnerfüllten Biografie sucht, den wird dieser Schluss ratlos machen.
Hamsun legt Wert darauf, dass seine Figuren in der Heftigkeit ihres Empfindens nichts von dem besäßen, was man „Charakter” nennt, „genauso wie ich”. Weit deutlicher als in ihren Dialogen, die, scheinbar belanglos, wie eine Ascheschicht auf einem Schwelbrand liegen, drücken sie sich in unerwarteten Handlungen aus, die sich am Rande des Überschnappens bewegen. Der Doktor hinkt? Das kann Glahn auch! Und er schießt sich durch den Fuß. Er spuckt dem Doktor unter dem Vorwand einer vertraulichen Mitteilung ins Ohr; bei einer Bootspartie ergreift er Edvardas Schuh und wirft ihn ins Wasser.
Hamsun war 35, als er diesen schmalen Roman 1894 publizierte. Fern lagen noch die Tage, als er, reich gewordener Nobelpreisträger und berühmtester Norweger, sich im Cadillac mit gelben Seidenvorhängen kutschieren ließ, und noch ferner die Zeit, als er wegen seiner begeisterten Kollaboration mit den Nazis, die 1940 Norwegen besetzt hatten, vor Gericht gestellt werden sollte, ein steinalter Landesverräter. Ingeborg und Aldo Keel haben das Buch jetzt neu übersetzt und eine Sprache gefunden, die den wichtigsten Akteur, die wilde und liebliche Natur der Mittsommernacht, lebendig werden lässt; und der Manesse-Verlag hat es seiner „Bibliothek der Weltliteratur” einverleibt.
BURKHARD MÜLLER
KNUT HAMSUN: Pan. Roman. Aus dem Norwegischen übersetzt von Ingeborg und Aldo Keel. Mit einem Nachwort von Aldo Keel. Manesse Verlag, München 2009. 251 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2009

Der Jäger mit dem Tierblick

Als die Fiktion vom Charakter Abschied nahm: Aus Anlass des hundertfünfzigsten Geburtstags erscheinen Knut Hamsuns Romane "Hunger" und "Pan" in neuer Übersetzung.

Von Wolfgang Schneider

Mal nennt er sich Andreas Tangen, mal Wedel-Jarlsberg. Den wirklichen Namen des jungen Selbstquälers erfahren wir nicht. Woher er kommt, auch nicht. Nur so viel: In Kristiania (der alte Name für Oslo) sucht er unter schweren Entbehrungen Anerkennung als Journalist und Schriftsteller. Er schreibt an einer Abhandlung über die "Verbrechen der Zukunft". Kein Zweifel, wir haben es mit einem norwegischen Raskolnikow zu tun - schon sein Zimmerchen, ein "klammer, unheimlicher Sarg", verweist literarisch nach Petersburg.

Ein Verbrecher aus Mutwillen ist Hamsuns Held allerdings nicht. Mehr noch als der Hunger peinigt ihn die Scham. Und nichts findet er verächtlicher als die Gier, die seinen eigenen Zustand spiegelt. Der Anblick einer Frau, die von den Auslagen einer Metzgerei allzu beeindruckt ist, widert ihn an: Der eine verbliebene Zahn in ihrem Mund "sah aus wie ein kleiner Finger, der aus dem Kiefer ragte, und ihr Blick war voll Wurst". Bah!

Hamsuns "Hunger", ein Pionierwerk der literarischen Moderne und noch heute eine grandiose Leseerfahrung, ist eine schwarze Komödie der Scham. Vielfältig sind die Strategien, mit denen der Hungernde sein Elend vor der Mitwelt kaschiert. Wenn er besorgt gefragt wird, wie es ihm gehe, antwortet er mit Verve: "Doch, über Erwarten!" Der Stolz des Gedemütigten nimmt aberwitzige Züge an. Als ein Krüppel ihn um eine milde Gabe bittet, erträgt er es nicht, nichts zu geben. Rasch bringt er seine Weste zum "Onkel" (so nennt er den Pfandleiher) und drückt dem Krüppel das Geld in die Hand - um ihn sich "vom Hals zu schaffen". Großspurig fügt er hinzu: "Es freut mich, dass Sie sich zuerst an mich gewandt haben."

Ist das nun eine gute Tat oder ihr Gegenteil? Auf jeden Fall handelt es sich um Hamsuns Kunst der Ambivalenz. Statt mit einem geradlinigen Motiv bekommen wir es mit einem Kreuzfeuer widerstreitender Antriebe zu tun. Hier ist das "Ich" offensichtlich nicht mehr Herr im eigenen Haus. Viele Autoren haben um 1900 mehr oder weniger schulmäßig eine Psychologie des Unbewussten zu inszenieren versucht. Keiner hat das "Ich" so souverän entmachtet wie Hamsun.

"Hunger" zeigt ein neues Interesse an psychischen Grenzzuständen, die hier schon in einer Art Bewusstseinsstrom protokolliert werden. Tiefste Mutlosigkeit und Verzweiflung wechseln mit Attacken wilder Hoffnung. Sogar im Obdachlosenasyl, wo der junge Mann eine Nacht verbringt, schwingt er sich jäh zu wahnhafter Selbstherrlichkeit auf: "Ich bildete mir ein, ein neues Wort erfunden zu haben . . . Das gibt es in der Sprache bisher nicht . . . Kuboaa. Es hat Buchstaben wie ein Wort, beim lieblichsten Gott, Mann, du hast ein Wort erfunden . . . Kuboaa . . . von großer grammatikalischer Bedeutung."

Siegfried Weibels Neuübersetzung, ergänzt um ein luzide begeistertes Nachwort von Daniel Kehlmann, ist makellos. Sie beweist viel Sinn für die "erschreckende Lustigkeit", die Thomas Mann an Hamsun rühmte. Sie macht sich etwa geltend, wenn der Hungernde von seiner Wirtin rausgeschmissen wird: "Bei reiflicher Überlegung kam mir Frau Gundersens Kündigung einigermaßen gelegen. Dies war eigentlich kein Zimmer für mich. Hier waren ziemlich ordinäre grüne Vorhänge vor den Fenstern. Der armselige Schaukelstuhl dort in der Ecke war strenggenommen nur der Witz von einem Schaukelstuhl, über den man sich leicht kranklachen konnte." Solche Ironie, die sich nicht gegen die Außenwelt richtet, sondern die eigene Misere preist, kehrte zwei Jahrzehnte später wieder in Robert Walsers Diener-Roman "Jakob von Gunten".

Allerdings sind die Symptome des Hungers, die mit klinischer Genauigkeit geschildert werden, alles andere als spaßig. Wegen Schwindelgefühlen bleibt der junge Mann ganze Tage im Bett, solange er noch eines hat. Die Haare fallen ihm in Büscheln aus, die Sinne versagen, der Bauchschmerz ist unerträglich, die Eingeweide rebellieren, und er muss sich "mal hier, mal da" auf der Straße erbrechen, wenn er endlich etwas zu sich nimmt. Er kaut auf Holzspänen herum und nuckelt an Steinen. Eine schauerliche Szene des beginnenden Auto-Kannibalismus schildert, wie der Hungernde im Dämmerzustand an seinen Fingern knabbert, bis Blut kommt. Kurz: Hunger ist hier keine Metapher.

Eher griechische Zustände herrschen dagegen bei Leutnant Glahn. Pan ist hier der Schirmherr - der bocksfüßige Gott der Hirten und Jäger, dem gewaltige Lüsternheit zugeschrieben wird. Der dreißigjährige Leutnant ist etwas zivilisationsmüde, er versucht sich als Waldgänger und verbringt den Sommer 1855 in einer Hütte hoch oben im norwegischen Norden. Das Vorleben dieses Aussteigers wird in "Pan" mit keinem Satz thematisiert. Stattdessen liest man stimmungsvolle Beschreibungen, die Glahns schwärmerisches Naturerleben im Land der Mitternachtssonne vergegenwärtigen. Wir begleiten den schießfreudigen Jäger auf seinen Streifzügen in der Herrgottsfrühe. Das romantische "Zurück zur Natur" hat allerdings Grenzen: Eigentlich ist Glahn ja bereits ein moderner Tourist. In der nahen Handelsstation, wo abends gefeiert wird, trifft er immer wieder Edvarda, die sechzehnjährige Tochter des schwerreichen Kaufmanns Mack.

Denn "Pan" ist naturgemäß auch die große Geschichte einer Sommerliebe, einer beidseitig sehr kapriziösen Leidenschaft. Edvarda und Glahn können nicht zueinander finden. Auf jede seiner Annäherungen und Liebesbeteuerungen folgt ihr Zurückweichen, auf jedes Zurückweichen die neue Lockung. Edvarda wartet zwar auf den Mann ihres Lebens. Der soll nach der Vorstellung des Vaters aber kein hergelaufener Leutnant oder Naturbursche sein, sondern ein standesgemäßer Herr. Als sich tatsächlich ein naturwissenschaftlernder Baron einstellt, gerät Glahn völlig außer sich. Schwere Eifersucht verstärkt seine Neigung zu wirren, selbstschädigenden Handlungen. Bei einer Bootsfahrt wirft er Edvardas Schuh ins Wasser, bei anderer Gelegenheit schießt er sich selbst in den Fuß, um so pittoresk humpeln zu können wie einer seiner Nebenbuhler.

All das, was zur Innenausstattung des sensiblen Menschen im Fin de Siècle gehört, die zerrütteten Nerven, die "Neurasthenie", findet sich in Hamsuns erotisch aufgeladenen Wäldern. Glahn pirscht mit dem "Tierblick", der ihm mehrfach von den Damen attestiert wird, zwischen den Bäumen umher, immer ist ein herumirrendes Mädchen in der Nähe. Dann gibt es noch die Frau eines Schmieds, mit der Glahn sich sexuell entschädigt für alle Kompliziertheiten Edvardas. Bis er diese Eva (sie heißt wirklich so) aus Versehen umbringt - eigentlich wollte er ja nur den "Baron" mit einem kunstvoll vom Berg gesprengten Steinschlag erledigen. Bösartige Anwandlungen sind diesem liebeskranken Waldgänger keineswegs fremd. Edvarda bittet ihn zum Abschied um seinen geliebten Hund Äsop; er erschießt das Tier und lässt ihr den Kadaver überbringen.

Aufregend ist Hamsuns Menschendarstellung. Es war das Ideal des realistischen Romans, die Figuren psychologisch durchsichtig zu machen. Ihre Motive durften nicht im Dunklen bleiben. In der Moderne wurden die literarischen Charaktere komplizierter, und die Erzähler mussten immer weiter ausholen, bis hin zu den analytischen Exzessen Prousts. Hamsun schlug einen anderen Weg ein. Nichts verachtete er mehr als die herkömmliche Seelenkunde, die für alles gute Gründe zu nennen weiß. Im Inneren seiner Figuren glüht kein psychologisches Lämpchen. "Ich träume von einer Literatur, bei deren Menschen die Inkonsequenz buchstäblich ein Grundzug ist", hat er einmal gesagt. "Ich werde meinen Helden lachen lassen, wenn rationale Menschen meinen, er müsste weinen."

"Pan" und "Hunger" setzen diese Devise um. Sie war für den Autor übrigens mehr als eine literarische Strategie. Als er nach 1945 wegen seiner Kollaboration mit den Nazis zur Rechenschaft gezogen wurde, sollte Hamsun dem Gerichtspsychiater seinen eigenen Charakter beschreiben. Er antworte, dass er Hunderte von Figuren geschaffen habe, die alle keinen "Charakter" hätten. Die seien mal so und mal so, unberechenbar. Und so sei er selbst auch. Hamsuns Werke verabschieden die Fiktion vom Charakter.

Der Reiz seiner Prosa besteht darin, dass sie nicht viel erklärt und immer ganz gegenwärtig ist, voller Stimmung und Poesie, voller Launen und humoristischer Bizarrerien. Da sind besondere Anforderungen an die Übersetzung gestellt. Ingeborg und Aldo Keel haben sie in ihrer Neuübersetzung anlässlich des hundertfünfzigsten Geburtstags in vielen Feinheiten und Details verbessert und präzisiert. Da hieß es zum Beispiel in der alten Fassung: "Es war ein Zug in der Luft, der Wind stand auf der Hütte, und ich konnte deutlich das Rascheln des Spielhahns hören, weit hinten auf den Höhen." Der Leser stolpert. Stehender Wind? Spielhahn? Hier nun sind die Irritationen beseitigt: "Ein schwaches Zittern lag in der Luft, der Wind wehte zur Hütte hinab, und ich konnte den Schrei des Auerhahns von weit oben deutlich hören." Wir danken dem Erfinder des Wortes "Kuboaa" fürs Lesevergnügen.

Knut Hamsun: "Hunger". Roman. Aus dem Norwegischen von Siegfried Weibel. Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann. Claassen Verlag, Berlin 2009. 236 S., geb., 19,95 [Euro].

Knut Hamsun: "Pan". Roman. Aus dem Norwegischen übersetzt von Ingeborg und Aldo Keel. Mit einem Nachwort von Aldo Keel. Manesse Verlag, München 2009. 251 S., geb., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Leutnant Glahn, über dessen Vorleben man gar nichts erfährt, zieht sich zurück auf eine Hütte in den norwegischen Bergen. Dort lernt er - zwischen schwärmerischen Landschaftsbeschreibungen - Edvarda kennen und lieben, nur liebt sie ihn, auch weil der Vater sich einen ganz anderen als Mann seiner Tochter vorstellt, nicht zurück. Darüber wird Glahn, der zwischendurch mit einer anderen schläft, diese dann aus Versehen jedoch tötet, zum exemplarischen "Neurastheniker" seiner Epoche. Großartig findet es der Rezensent Wolfgang Schneider, dass im Innern der Hamsunschen Figuren "kein psychologisches Lämpchen glüht". Als deutliche Verbesserung wird die Neuübersetzung des Buchs durch Ingeborg und Aldo Keel gelobt.

© Perlentaucher Medien GmbH