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Höchste Zeit für einen Tapetenwechsel! Auf der Flucht vor grauem Alltag und Familienpflichten schwingen sich die drei Freunde George, Harris und J. in den Sattel und radeln quer durch Deutschland. Ihr vergnügliches Abenteuer führt sie über Stock und Stein, mitten hinein ins kuriose Reich deutscher Eigenheiten.

Produktbeschreibung
Höchste Zeit für einen Tapetenwechsel! Auf der Flucht vor grauem Alltag und Familienpflichten schwingen sich die drei Freunde George, Harris und J. in den Sattel und radeln quer durch Deutschland. Ihr vergnügliches Abenteuer führt sie über Stock und Stein, mitten hinein ins kuriose Reich deutscher Eigenheiten.
Autorenporträt
Jerome Klapka Jerome (1859-1927), geb. in der mittelenglischen Grafschaft Staffordshire, arbeitete zunächst bei der Eisenbahn, dann als Reporter und Schauspieler. Er war Mitherausgeber des 'Idler' und verfasste populäre humoristische Erzählungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2005

Radeln im Gleichtakt
Cycloman: Jerome K. Jerome bummelt durchs Kaiserreich

Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde das Fahrrad zum Verkehrsmittel für die Mittelschicht. Das ging mit einigen Abenteuern von Knochenbrüchen bis zu Verfolgungsjagden vor sich, so daß mancher Autor in diesem etwas absurden Fahrzeug ein dankbares Objekt für Erzählungen und Reflexionen sah. Im Jahre 1900 führte dies schon zu einer ausgereiften Lehre vom Radfahren. So entwarf der Potsdamer Eduard Bertz eine "Philosophie des Fahrrads", in der er Nietzsche, Darwin und die Freiluftkultur zu einer beachtlichen Architektur verband. Deutscher konnte das Radeln nicht werden, so tiefsinnig und philosophisch, so ernst und sinnvoll kam es daher. Man kann sich Bertz als einen jener Deutschen vorstellen, die Jerome K. Jerome in seinem zur selben Zeit erschienenen Reisebuch "Drei Männer auf Bummelfahrt" auftreten läßt: etwas zuwenig Humor, etwas zuviel Ordnungsliebe.

Das Fahrrad und die Deutschen bilden die zwei roten Fäden dieses Buches, das er als Fortsetzung nach dem großen Erfolg von "Drei Mann in einem Boot" veröffentlichte. Kamen damals die Übergriffe aus den Objektwelten von Themse, Boot und Brücke, so können wir hier als Urquell aller tückischen Objekte das Rad und den Deutschen ausmachen. Es sind wieder die drei viktorianischen Herren George, Harris und das erzählende Ich unterwegs auf der Flucht vor Alltag, Routine und Frauen. Man beschließt eine Radtour durch Deutschland, insbesondere durch Sachsen und den Schwarzwald. Bis es dazu kommt, muß so manche Abschweifung des Erzählers herhalten, um die Seiten zu füllen. Manches ist recht witzig, manches etwas langatmig, aber Abschweifung ist nun mal Jeromes Prinzip. Vor allem will er keine nützlichen Informationen liefern, denn da hat er sich als Journalist bei einer Zeitschrift für nützliches Wissen schon mal die Finger verbrannt - Ärger mit Ballonfahrern, Leuten, die Katzenkrämpfe heilen wollen, und dergleichen. Also: keine Städtebeschreibungen, nichts Historisches, keine Architektur, keine Landschaftsschilderungen und schon gar keine moralischen Ansprüche.

Jeromes Bücher drehen sich oft um Dinge und deren Heimtücke: Konservendosen, Käse oder Fahrradsättel. Harris ist auf der Suche nach dem idealen Fahrradsattel und glaubt einfach zu sehr an Reklame. Man sollte nicht vergessen, daß das moderne Poster zu einem guten Teil aus der Reklame für Fahrräder hervorgegangen ist. Sie verspricht Paradiese, doch der Erzähler bleibt skeptisch: "Es mag ein Land geben, in dem Fahrradsättel aus Regenbogen gemacht und mit Wolken gepolstert sind; aber wir tun gut daran, uns mit harten Tatsachen abzufinden." Die Macht der Werbung stieg gerade am Himmel auf, und wie Homer Simpson fällt Harris auf ziemlich alles herein.

Jerome schrieb mit Vorliebe über die Welt der Angestellten, die aus der Enge der verschmutzten Städte herauskommen, da sie erstmals historisch dazu in der Lage sind. Er ist auch der Autor einer neuen Freizeitkultur, zu der eine Generation kommt, die als erste die allgemeine Schulpflicht erlebt hat und nach Lesestoff wie Unterhaltung drängt. Als Zeitschriftenherausgeber hatte Jerome einen besonders guten Einblick in diese Bedürfnisse gewonnen. Das Fahrrad gehörte zu den neuen Freizeitmedien, und wie H. G. Wells oder Mark Twain war Jerome von den Möglichkeiten und Absurditäten des Fahrzeugs beeindruckt.

Manche seiner Slapsticks könnten dem gleichzeitigen frühen Kino entstammen, so die Kamelle mit dem spritzenden Wasserschlauch bei Hannover. Schon hinterhältiger die Art und Weise, wie zwei Reisegefährten dem dritten eine Halluzination von Denkmälern in Prag erzeugen. Den größten Beitrag zum Humor leistet jedoch der zuverlässig humorlose Deutsche: der Polizist, der in Dresden penibel notiert, was alles aus dem Fenster flog, als der Erzähler vom Jaulen einer Katze gestört wurde; Vogelkästen, die ordentlich in Bäumen befestigt sind und zunächst für Briefkästen gehalten werden, oder Babies, die im Gleichschritt die Rasseln schwingen. Die Poesie der Verbotstafeln fasziniert Jerome ebenso wie das Singen von Vögeln zu festen Zeiten im Biergarten - mit Klavierbegleitung. Der deutsche Hundezüchter arbeitet an rätselhaften Projekten, vermutlich an der Züchtung eines Greifen, auch wenn dabei vorerst Mischungen aus Kabeljau und Pudel herauskommen. Der deutsche Student ist versoffen und zerfetzt sich am liebsten sein Gesicht bei einer Mensur, die schon Mark Twain Anlaß für Meditationen über die Barbarei gewesen war. Der englische Mark Twain, der Jerome gelegentlich zu sein scheint, gibt vor allem der deutschen Frau eine Zukunft. Deutsche Ordnung und Sauberkeit verströmen insgesamt Ambivalenz: Einerseits lösen sie Panik aus, andererseits ist Jerome fasziniert. War er nicht bekannt dafür, daß er mit einem angespitzten Stock spazierenzugehen pflegte, um herumliegenden Abfall aufzuspießen?

Er war oft und gern in Deutschland, lebte in Dresden, ging auf Wallfahrt nach Oberammergau und schrieb darüber weitere Nationalbeobachtungen. Die Deutschen waren ihm biertrinkende Engel, aber ihre Obrigkeitsliebe fand er verstörend und damit zusammen die Tatsache, daß Deutsche keine Verantwortung übernehmen wollen. Im Ersten Weltkrieg machte ihm diese Polarität erst recht zu schaffen. Daß die Deutschen ein gutes, liebenswertes Volk seien, wie er im "Bummel" noch schreibt, war nicht mehr zu halten.

Jerome K. Jerome: "Drei Männer auf einer Bummelfahrt". Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Guttmann. Mit einem Nachwort von Felicitas von Lovenberg. Manesse Verlag, Zürich 2005. 382 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2005

Die liebenswerten Deutschen
Jerome K. Jeromes Roman „Drei Männer auf Bummelfahrt”
Jerome K. Jerome war ein fleißiger Autor. Er schrieb Kritiken, Essays, Theaterstücke und reiste durch Europa, um zahlreiche Vorträge zu halten. Kurz bevor er 1927 starb, brachte er noch eine Autobiografie mit dem lakonisch-gewichtigen Titel „My Life and Times” heraus. In Erinnerung geblieben ist aber nur eines seiner frühen Werke. In „Drei Mann in einem Boot, vom Hunde ganz zu schweigen” unternehmen die Freunde George, Harris und J. eine Fahrt auf der Themse. Sie kämpfen mit Schwänen und dem Teekessel, erfreuen sich am Landleben und fliehen vor dem strömenden Regen am Ende wieder zurück in die schützenden Arme der Zivilisation. An den Erfolg dieses 1889 erschienenen Romans, der mit seiner Mischung von teilweise slapstickhaftem Humor und lyrisch gefärbter Naturschwärmerei weltweit die Leser begeisterte, versuchte Jerome elf Jahre später mit „Drei Männer auf Bummelfahrt” anzuknüpfen: Hier wagt sich das bewährte Trio auf eine Fahrradtour durch das wilhelminische Deutschland.
Schon vor Antritt der Reise hält J., der erneut als Ich-Erzähler auftritt, es für nötig, eine Warnung zu verkünden. „Dieses Buch”, erklärt er, „enthält keinerlei nützliche Informationen.” Und in der Tat: Die Städte und Landschaften, die von den Gentlemen durchquert werden, spielen kaum eine Rolle. Hannover, Berlin und Dresden, Prag und Karlsbad, Stuttgart und Karlsruhe, der Schwarzwald und die Vogesen, schließlich Bonn - für sie sind jeweils nur einige Zeilen übrig. Dennoch ist J.s Aussage pure Ironie. Ihm und seinen Gefährten geht es zwar nicht um deutsche Sehenswürdigkeiten, sehr wohl aber um die Deutschen und ihre Kultur. Sie bilden die größte Attraktion der Reise und geben immer wieder Anlass zu karikaturistischen Schilderungen. Vor allem die innige Verbindung von Natur- und Ordnungsliebe verblüfft J. aufs höchste. Der Anblick rücksichtslos begradigter, vor kurzem noch wildromantischer Bäche und der Kult um sorgfältig gepflegte Rasenflächen, die nie betreten werden dürfen, führen ihn zu der Erkenntnis: „Der Deutsche liebt Landschaften, aber nur so, wie die Lady sich den edlen Wilden wünscht, nämlich angezogener.”
Tief in der Tinte
Von den Burschenschaften und der blutigen Tradition der Mensur abgesehen, bleibt J.s Deutschland-Kritik aber stets ohne Schärfe, ist vielmehr heiter-wohlwollend. Am Schluss des Buches findet sich sogar eine regelrechte Eloge: „Die deutsche Nation ist noch jung, und dass sie zur Reife gelangt, ist wichtig für uns alle. Die Deutschen sind ein gutes Volk, ein liebenswertes Volk, das dazu beitragen sollte, eine bessere Welt zu schaffen.” Zu dem kosmopolitischen Patriotismus, den J. pflegt, passt auch die gehörige Selbstironie, mit der er sich und seine Landsleute betrachtet. So empfiehlt er gerade wegen der zahlreichen Möglichkeiten, dort mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, Deutschland als ein ideales Reiseziel: „Der normale Brite vergnügt sich am liebsten mit Verbotenem; was nicht verboten ist, betrachtet er nicht als Vergnügen; das Erlaubte empfindet er als unbefriedigend. Seine Vorstellung von Glückseligkeit ist es, tief in der Tinte zu sitzen. In dieser Hinsicht bietet ihm England kaum Chancen; wenn er in die Bredouille kommen will, muss er sich schon tüchtig anstrengen.”
Bevor J. kontinentalen Boden betritt, vergeht über ein Drittel des Buches. Die humoristische Erforschung des deutschen Wesens ist das wichtigste Thema; dennoch lässt der Ich-Erzähler jedem sonstigen Einfall ungehemmt die Zügel schießen. Im vierten Kapitel etwa unternehmen die Freunde vor ihrer Abfahrt noch eine kleine Tour in London, die für sich schon eine mutwillige Abschweifung darstellt: Indem er die gedrechselten Phrasen eines englischen Sprachführers verwendet, versucht George vergeblich, noch einige Reiseutensilien zu kaufen. Das völlig sinnfreie Unternehmen nähme nur wenige Seiten in Anspruch, wären ihm nicht diverse Plaudereien vorgeschaltet; hauptsächlich geht es um den frühmorgendlichen Lärm, den Kinder gerne verursachen, und um die täglichen Probleme von J.s Onkel Podger, pünktlich den Zug zur Arbeit zu erreichen. Entsprechend finden sich in anderen Kapiteln kritische Überlegungen zum trügerischen Charme von Fahrradreklamen sowie zahlreiche mit „neulich”, „vor einigen Jahren” und „ich kannte mal” eingeleitete Anekdoten aus J.s reichem Erfahrungsschatz.
Gerade in dieser völligen Verweigerung von Systematik liegt der Reiz von „Drei Männer auf Bummelfahrt”: Die Exkurse führen ein Eigenleben; sie sind eher Zweck als Mittel. Zielstrebig ist der Ich-Erzähler nur in seiner Ziellosigkeit. Und weil J. so graziös vom Hölzchen aufs Stöckchen zu kommen vermag, sieht man seinem Autor auch gerne nach, dass er sich vor allem selbst imitiert. Dass sowohl die Grundidee der Reise als auch das erzählerische Verfahren sich schon in „Drei Männer in einem Boot” finden, tut dem Vergnügen an der Lektüre keinen Abbruch. Dieses amüsante kleine Sequel, dem außerhalb Englands keine Resonanz beschieden war, lässt sich genießen wie eine heiße Tasse Tee nach einem Winterspaziergang.
CHRISTOPH HAAS
JEROME K. JEROME: Drei Männer auf Bummelfahrt. Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Guttmann. Nachwort von Felicitas von Lovenberg. Manesse Verlag, Zürich 2005. 384 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Rezensent Elmar Schenkel mochte dieses Buch wohl besonders wegen seines zwischen Schrulligkeit, Exzentrik und Ambivalenz schwankenden Deutschland-Bildes. Als rote Fäden beschreibt er das Fahrrad und die Deutschen. Die Handlung schildere drei viktorianische Herren, die auf der Flucht vor dem Alltag eine Fahrradtour durch Deutschland machen. Zwar muss der Rezensent, bis es zu dieser Radtour kommt, so manche Abschweifung des Erzählers ertragen, wovon er, wie er zu Protokoll gibt, nicht alles so witzig fand, wie es der Autor wohl gemeint hat. Als die drei ihre Reise dann angetreten haben, kommt es Schenkel zufolge dann aber verstärkt zu Slapstickszenen, die aus dem frühen Kino stammen könnten. Den größten Beitrag zum Humor des Buches leistet dabei aus Rezensentensicht der "zuverlässig humorlose Deutsche".

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