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Klug, nachdenklich, ernsthaft, lustig, verträumt, eigensinnig, ehrgeizig und talentiert waren sie damals schon: Nora Bossong, Marion Brasch, Jan Peter Bremer, Michael Ebmeyer, Franzobel, Lucy Fricke, Ulf Geyersbach, Olga Grjasnowa, Annett Gröschner, Alexander Gumz, Helene Hegemann, Gerhard Henschel, Thomas Klupp, Svenja Leiber, Mariana Leky, Ulla Lenze, Annette Pehnt, Christoph Peters, Thomas Pletzinger, Tilman Rammstedt, Annika Reich, Monika Rinck, Verena Roßbacher, Kathrin Röggla, Gregor Sander, Jochen Schmidt, Clemens J. Setz, Brittani Sonnenberg, Peter Stamm, Sasa Stanisic, Antje Rávic…mehr

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Produktbeschreibung
Klug, nachdenklich, ernsthaft, lustig, verträumt, eigensinnig, ehrgeizig und talentiert waren sie damals schon: Nora Bossong, Marion Brasch, Jan Peter Bremer, Michael Ebmeyer, Franzobel, Lucy Fricke, Ulf Geyersbach, Olga Grjasnowa, Annett Gröschner, Alexander Gumz, Helene Hegemann, Gerhard Henschel, Thomas Klupp, Svenja Leiber, Mariana Leky, Ulla Lenze, Annette Pehnt, Christoph Peters, Thomas Pletzinger, Tilman Rammstedt, Annika Reich, Monika Rinck, Verena Roßbacher, Kathrin Röggla, Gregor Sander, Jochen Schmidt, Clemens J. Setz, Brittani Sonnenberg, Peter Stamm, Sasa Stanisic, Antje Rávic Strubel, David Wagner, Benedict Wells - und Florian Werner, denn der Herausgeber darf natürlich nicht kneifen.
Autorenporträt
Olga Grjasnowa wurde 1984 in Baku, Aserbeidschan geboren und wuchs im Kaukasus auf. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland und Israel. Absolventin des Deutschen Literaturinstituts Leipzig. 2010 bekam sie den Dramatikerpreis der Wiener Wortstätten für ihr Debütstück "Das bisschen Palästina". 2011 erhielt sie das Grenzgänger Stipendium der Robert Bosch Stiftung, 2012 wurde sie mit dem Klaus-Michael-Kühne-Preis des Harbour Front Literaturfestivals ausgezeichnet.

Florian Werner, 1971 in Berlin geboren, studierte Anglistik, Amerikanistik und Germanistik. Er promovierte mit einer Arbeit über HipHop und Apokalypse. Florian Werner ist Texter und Musiker in der Gruppe Fön und arbeitet journalistisch, etwa für den WDR.

Sasa Stanisic wurde 1978 in Visegrad in Bosnien-Herzegowina geboren und kam als Vierzehnjähriger nach Heidelberg. Seit 2004 studiert er am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Stanisic hat mehrere Stipendien und Preise erhalten, u.a. den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb sowie 2008 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2013 wurde ihm der Alfred-Döblin-Preis verliehen.

Peter Stamm, geboren 1963, studierte nach einer kaufmännischen Lehre einige Semester Anglistik, Psychologie, Psychopathologie und Wirtschaftsinformatik. Längere Aufenthalte in Paris, New York und Skandinavien. Er lebt mit seiner Familie in Winterthur. Peter Stamm arbeitete in verschiedenen Berufen, unter anderem in Paris und New York, seit 1990 als freier Autor und Journalist. Er schrieb mehr als ein Dutzend Hörspiele. 2012 wurde Peter Stamm mit dem Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen ausgezeichnet, 2013 wurde er Mainzer Stadtschreiber und 2014 wurde ihm der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2015

Ich glaub, mich tritt ein Pferd

Berufswunsch Dichter? Hier winkt Aufklärung aus erster Hand: Eine Anthologie beleuchtet literarische Anfänge.

Die Frage, ab wann sich aus Lust Talent und aus Talent Genie ablesen lässt, kann im Zeitalter der grassierenden Hochbegabung abendfüllend sein. Dem einen gilt das fidele Blockflöten des Vierjährigen bereits als Ausweis höherer Musikalität, während man das leidenschaftliche Ballkicken der Siebenjährigen nicht unbedingt gleich mit einer möglichen Karriere im Frauenfußball in Verbindung gebracht sehen möchte. Doch anders als die weithin vernehmbaren oder anderweitig darstellenden Künste keimen schriftstellerische Talente eher im Verborgenen. Ein stimmungsvoller Schulaufsatz zum Thema "Meine Sommerferien" markiert noch keinen Proust, und Französischlehrerinnen, die ihren Verse schmiedenden Schüler beim Oberpfälzer Poetry Club rundheraus fragen, warum er solche "Gülle" produziere, und ihm Salingers "Fänger im Roggen" in die Hand drücken, gibt es wohl nur im Buch.

Ab wann also mag sich die Handschrift des künftigen Schriftstellers zeigen? Souffliert die Formulierung "Ein Mann im weißen Anzug, Sonnenbrille und dichten Augenbrauen" dem geübten Leser bereits: Könnte später mal den Bachmann-Preis gewinnen? Oder verrät ein handschriftlich festgehaltenes Rezept für Gemüsesuppe mit Anweisungen wie "Mann nimmt die Gemüsebrühe und lässt sie köchelnn" bereits die gewiefte spätere Samplerin?

Florian Werner hat mit "Wenn ich groß bin, werd ich Dichter" ein Buch herausgegeben, das auf diese und ähnlich brennende Fragen Antworten nicht nur von Tilman Rammstedt und Helene Hegemann gibt. Dreiunddreißig deutschsprachige Autoren haben sich von Werner dazu überreden lassen, einen Text aus ihrer Frühphase hervorzuholen, der im Buch dokumentiert wird und dessen Entstehung sie kurz kommentieren. Der Zusatz "bekannt" ließe sich dabei vielleicht mit "Vorlass noch nicht in Marbach" gleichsetzen, denn es handelt sich durchweg um junge Schriftsteller - Marion Brasch, Jahrgang 1961, und Peter Stamm, geboren 1963, sind die Veteranen des Projekts.

Vielleicht liegt die Zurückhaltung der Hochdekorierten aber auch daran, dass nicht jeder bereitwillig die Erfahrungshüllen fallen lassen wollte. "Strippen ist ein Dreck dagegen", habe eine Autorin seine Idee kommentiert, berichtet Werner im Vorwort, und tatsächlich erlauben manche der eingereichten Texte fast intime Einblicke in jene prägende Lebensphase zwischen sechs und achtzehn Jahren, in der sich bei den meisten Autoren der Drang zu schreiben erstmals äußert. Dabei sind es weniger die als Faksimiles dokumentierten Frühwerke, die Rückschlüsse auf die Autorenpersönlichkeiten erlauben, als vielmehr die späteren Einschätzungen zum früheren Ich.

Immer wieder geht es um die Kindheit als Ursprung und Inspiration. So erzählt Jan Peter Bremer mit charakteristischer Mischung aus Selbstironie und Ernsthaftigkeit von seiner Jugend im Künstlerdorf Gümse: Das besondere Fachwissen, das er sich so erworben habe, "gepaart mit einer gewissen Einsamkeit beziehungsweise einem Übermaß an Zeit", habe ihn früh zum Schreiben geführt. Der Schweizer Peter Stamm, der offenbar schon als tagebuchschreibender Knabe die Kunst der Verknappung in Schönschrift beherrschte ("12. Juli: Es war nichts besonderes. Später ein Gewither"), bekennt: "Ich habe nie viel über meine Kindheit geschrieben, aber sie ist in allen meinen Werken präsent als verlorenes Paradies."

Auch Rückschläge, Unordnung und anderes frühes Leid werden als Antriebsquellen kenntlich. Annika Reich etwa hatte mit fünfzehn bereits eine ganze Schublade voller Romananfänge: "Irgendwann fragte mich meine Mutter, ob ich nicht mal eine Geschichte zu Ende schreiben wolle; und sie fragte es mit einem Unterton, der mir suggerierte, dass es im Rahmen des Denkbaren war, an meinem literarischen Durchhaltevermögen zu zweifeln." Vier Jahre später war der erste Roman fertig. Obschon nie erschienen, wurde er für die Autorin, die ihn selbstbewusst an Hanser und Suhrkamp schickte, zum Eintritt in die literarische Welt.

In fast allen Fällen sind die Jugendfotos und die Erinnerungen an Umstände und Entwicklungen interessanter als die Frühwerke selbst - nicht nur, weil einige in derart kleiner Schrift abgebildet sind, dass es zum komfortablen Lesen fast einer Lupe bedarf. Dabei fällt auf, dass der Großteil der Jungambitionierten die Texte bereits auf der Schreibmaschine tippte; die handschriftlichen Versuche sind eindeutig in der Unterzahl, bestechen aber durch charakterstarke Schriftbilder.

Die Texte selbst reichen von "niedlich und unverfänglich" - wobei auffällt, dass vor allem Schriftstellerinnen, darunter Helene Hegemann, Annette Pehnt und Verena Roßbacher, diese harmlose Gattung ausmachen - über "ambitionierter, als ich zugeben möchte" (eine eher männliche Kategorie, siehe Franzobel, Ulf Geyersbach, Clemens J. Setz) bis zu "noch unerkannt, aber bereits genial". Jan Peter Bremer, dessen Geschichte "Die Jagd" später zur Keimzelle des Romans "Der Fürst spricht" wurde, gehört hier zu den überzeugendsten Vertretern, aber auch Thomas Pletzingers fünfseitige Exposition zu einem verlorengegangenen Roman zeugt von der Ernsthaftigkeit, mit der bereits der Vierzehnjährige zu Werke ging.

Viele, eigentlich alle Autoren haben mit der kurzen Form begonnen - das gilt für den verbreiteten Hang zum Jugendgedicht (Gregor Sander etwa soll ein wahrer "Geburtstagsgedichtschreiber" gewesen sein) und für zahllose abgebrochene Tagebuchversuche (dramatischster Moment: wie ein St.-Martins-Pferd dem kleinen David Wagner auf den Zeh tritt) ebenso wie für die Romane, die über einen ersten Absatz oder eine Seite nicht herauskamen. Schriftsteller werden, so scheint es nach dieser Lektüre, ist nicht schwer; Schriftsteller bleiben - das schon eher.

FELICITAS VON LOVENBERG

Florian Werner (Hg.): "Wenn ich groß bin, werd ich Dichter". Frühe Texte bekannter Autoren.

Arche Literaturverlag, Hamburg 2015. 255 S., Abb., geb., 16,99 [Euro].

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