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Die Geburtsstunde des Roten Kreuzes, der Beginn vom Niedergang der Habsburger, eindringlich und spannend erzählt.
Unterwegs an historischem Schauplatz: Die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859 endete mit einer Niederlage der Österreicher unter Kaiser Franz Joseph. Die französischen Truppen Napoleons III., Verbündeter des Königreiches Piemont-Sardinien, machten den Weg frei für die nationale Einigung Italiens. Joseph Roth setzte im "Radetzkymarsch" Solferino ein literarisches Denkmal und Henry Dunants Augenzeugenbericht von der grausamen Schlacht und dem Elend der Verwundeten führte zur…mehr

Produktbeschreibung
Die Geburtsstunde des Roten Kreuzes, der Beginn vom Niedergang der Habsburger, eindringlich und spannend erzählt.

Unterwegs an historischem Schauplatz: Die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859 endete mit einer Niederlage der Österreicher unter Kaiser Franz Joseph. Die französischen Truppen Napoleons III., Verbündeter des Königreiches Piemont-Sardinien, machten den Weg frei für die nationale Einigung Italiens. Joseph Roth setzte im "Radetzkymarsch" Solferino ein literarisches Denkmal und Henry Dunants Augenzeugenbericht von der grausamen Schlacht und dem Elend der Verwundeten führte zur Gründung des Internationalen Roten Kreuzes und zur Genfer Konvention.

Als er die Tagebuchaufzeichnungen seines Urgroßvaters findet, eines Südtiroler Schusters, den das Los in die Schlacht schickte, macht sich Ulrich Ladurner auf den Weg in eine unbekannte Vergangenheit. In seiner politisch-historischen Reisereportage führt er uns an den Schauplatz in der Lombardei, südlich des Gardasees. Aus seinen Beobachtungen vor Ort, aus Gesprächen und Recherchen rekonstruiert er die Geschichte, wie sie gewesen sein könnte. Eine persönliche Spurensuche zwischen gestern und heute.
Autorenporträt
Ulrich Ladurner, geb. 1962, arbeitet seit 1999 als Auslandsredakteur der ZEIT, in deren Auftrag er aus dem Irak und Iran, aus Afghanistan und Pakistan berichtet. 1994 erhielt er den Claus-Gatterer-Preis für eine ORF-Reportage.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.08.2009

Wanderer, kommst du nach Solferino ...
Der Kriegsreporter Ulrich Ladurner wandelt auf den Spuren seines Urgroßvaters über das Schlachtfeld
Nur durch Zufall war der reisende Kaufmann aus Genf in die gleich unterhalb des Gardasees gelegene Kampfzone geraten. Was Henry Dunant am Abend des 24. Juni 1859 und in den Tagen danach in Solferino und Umgebung sah, war ihm „ein europäisches Unglück”. Zutiefst erschüttert von dem Gemetzel, das sich die Heere Österreich-Ungarns und der Bündnispartner Frankreich und Sardinien-Piemont dort lieferten, legte er von dem grauenhaften Geschehen Zeugnis ab: „Es gibt keinen Pardon. Es ist ein allgemeines Schlachten, ein Kampf wilder, wütender, blutdürstiger Tiere ... Gehirn spritzt aus den zerplatzenden Köpfen, Glieder werden gebrochen und zermalmt. Körper werden zu formlosen Massen. Die Erde wird buchstäblich mit Blut getränkt. Und die Ebene ist übersät mit unkenntlichen Resten von Menschen.”
Das war keine Übertreibung, wie in dieser Gegend auch die Bauern wissen, die bei ihren Feldarbeiten zuweilen auch heute noch menschliche Gerippe zutage befördern. Auch besitzt die Nachwelt, obgleich es ihr an Schlachten und Schlachtbeschreibungen gewiss nicht mangelt, nur wenige Dokumente von solcher Eindringlichkeit wie das drei Jahre nach dem blutigen Geschehen unter dem bescheidenen Titel „Eine Erinnerung an Solferino” im Selbstverlag erschienene Büchlein des Schweizer Philanthropen.
Diese Schrift, die es auch heute noch verdiente, gelesen zu werden, ist unter ihrer eigenen Wirkungsgeschichte fast unkenntlich geworden: Sie legte den Grundstein zur Genfer Konvention, die die Kriegsführung an Minimalregeln der Menschlichkeit zu binden suchte; und es war die Gründungsschrift des als „Hilfsgesellschaft” zur Versorgung von Verwundeten im Jahr 1863 ins Leben gerufenen Roten Kreuzes. Das Los der Verwundeten war in Solferino nämlich grausamer noch als das Schicksal der Gefallenen: Auf einer Länge von zwanzig Kilometern waren die feindlichen Heere völlig unerwartet aufeinander gestoßen: Rund dreihunderttausend Soldaten, von ihren langen Märschen unter glühender Hitze entkräftet, aufgrund fehlender Nahrungsmittel und mangelnden Trinkwassers völlig ausgezehrt, lieferten sich seit dem Morgengrauen erbarmungslose Kämpfe. Nahezu 50 000 Soldaten ließen dabei ihr Leben, und eine fast gleich große Zahl von Schwerverletzten starb infolge unzureichender oder unterbliebener medizinischer Versorgung in den Tagen und Wochen danach, oftmals unter entsetzlichen Qualen. Dass die Bevölkerung der umliegenden Dörfer und Städte ohne Ansehen der Nation beherzt dort half, wo sie nur helfen konnte, ließ den Gedanken an eine neutrale Hilfsorganisation aufkommen.
Ehre, Helden, Tod
Im Jahr der 150. Wiederkehr dieser Schlacht, die für Italien den Weg zur Eigenstaatlichkeit ebnete – das unterlegene Österreich-Ungarn musste die Lombardei an die Piemontesen abtreten –, erinnert der in Südtirol beheimatete Journalist und Autor Ulrich Ladurner an Solferino. Dem schmalen Buch, glänzend geschrieben und spannend zu lesen, möchte man ebenso viele Leser wünschen wie den Aufzeichnungen des Bürgers Dunant. Sein Inhalt, ein nachdenklicher, beinahe meditativer und dabei sehr anschaulicher Text, passt so recht zu keiner Gattung und auch in keine marktgängige Schublade. Und wenn Ladurner selbst ihn im Vorwort am ehesten noch als eine „historische Reisereportage” kategorisieren will, so scheint er für seine sensible Weise des Beobachtens und Berichtens bei weitem mehr Distanz zu reklamieren, als er gegenüber dem Ort des historischen Geschehens tatsächlich aufzubieten vermag. Denn entstanden ist ein sehr persönliches Buch, bei weitem mehr Essay als Bericht, gewiss auch mehr Montaigne als Hemingway.
Der Auslandsredakteur der Zeit, der sonst aus einschlägigen Krisengebieten und von den Kriegsschauplätzen der Gegenwart berichtet – vom Balkan, aus Iran und Irak, aus Afghanistan und Pakistan –, verweigert sich dem bluttrunkenen nationalen Mythos: „So viel Ehre, so viele Helden, so viel Tod. Es ist unerträglich”, notiert Ladurner seinen Überdruss am organisierten und gefeierten Massensterben beim Betreten des makabren Ossariums von Solferino, einer geweihten Knochenkapelle, in der die Schädel Tausender gefallener Soldaten von den Wänden starren. Er schreitet die Orte, die Straßen und Wege ab, an denen sich die Schicksale der Menschen kreuzen, beleuchtet die Schauplätze des Leidens und des Sterbens und bringt sie zum Sprechen. Und die Sprache, die er dafür gefunden hat, ist von derselben Sanftheit wie seine Gedanken. Beiden wohnt eine bestechende Schönheit inne, wenn angesichts des Schreckens von Schönheit zu sprechen man sich nicht scheute.
Es ist allerdings kein wirklich fremdes Terrain, das dieser melancholische Kriegsreporter auf Heimaturlaub in Solferino abschreitet: Sein Wegbegleiter, sein Cicerone ist das Tagebuch des eigenen Urgroßvaters, der als einfacher Soldat auf der habsburgischen Seite in Solferino kämpfte. Dieses Tagebuch wurde in Ladurners Familie von Generation zu Generation weitergereicht und dem Autor von seinem Vater kurz vor dessen Tod überreicht, mit den Worten: „Damit du weißt, woher du kommst.” Also gibt es kein Entkommen aus dem nicht enden wollenden 19. Jahrhundert. Aber verglichen mit Dunants Schilderungen aus Solferino sind die Aufzeichnungen des 25-jährigen Schusters Peter Ladurner, dem der Italienfeldzug zunächst so etwas wie die weinselige Kavaliersreise des kleinen Mannes bot, eher einsilbig, hölzern und verstockt: Sicher nicht ohne „Grausen” und auch nicht ohne Mitgefühl für die Opfer – aber es gibt kein langes Verweilen der Eindrücke, auch nicht im Geiste, wenn es für die Überlebenden „Abmarsch!” heißt und „Weiterziehen!”: „Da haben wir den letzten Schuss gemacht, dann verlassen wir traurig diese Gegend ...”
Blutige Unschuld
Bleibt doch noch ein leises Unbehagen an diesem stillen und liebenswerten Buch, dessen Problematik tatsächlich in seiner unaufdringlichen Schönheit und in seinem Überschuss an Einfühlung liegt: Auch ohne zu wissen, was in den Köpfen seiner Akteure vor sich ging, phantasiert der Autor sich in sie hinein und kommt als scheinbar allwissender Erzähler da wieder heraus, der vorgestellten Materie, den historischen Figuren und Schauplätzen derart verhaftet, dass er das Gemetzel von Solferino, das auch nichts anderes als eine Schlächterei war, als ein geregeltes und auch in puncto Grausamkeiten noch gewisse Grenzen beachtendes „Handwerk” romantisiert. Die „blutige Unschuld”, die er den auch heute wieder in allen Weltregionen aktiven Metzgergesellen andichtet, möchten wir – nach Kenntnis der Augenzeugenberichte – aber weder ihm noch jenen abnehmen. VOLKER BREIDECKER
ULRICH LADURNER: Solferino. Kleine Geschichte eines großen Schauplatzes. Residenz Verlag, St. Pölten und Salzburg 2009. 140 Seiten, 17,90 Euro.
Henri Dunant hilft einem Verwundeten, Solferino, Juni 1859. Abb.: AISA
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Julia Kospach schätzt dieses Buch über die Schlacht von Solferino 1859 von Ulrich Ladurner. Sie sieht darin ein "sehr persönliches" Buch, das sich als "historische Reisereportage" versteht. Wie sie berichtet, begibt sich der Autor, Auslandsredakteur der "Zeit", auf die Spuren seines Urgroßvaters, eines Schusters, der als einfacher Soldat an der blutigen Schlacht teilgenommen und darüber Tagebuch geführt hat. Das Ganze ist in ihren Augen "solide recherchiert", ohne dass es dem Autor darum geht, das "Historisch-Faktische erschöpfend" erfassen zu wollen. Kosbach hebt den familiären Bezug des Buchs hervor. Immer wieder zitiere Ladurner aus dem Tagebuch seines Urgroßvaters, das aus Sicht eines Soldaten berichtet, "der wider alle Wahrscheinlichkeit das große Schlachten überlebte".

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