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Scoglio Pomo heisst die kleine Felsinsel in der Adria, die unentdeckt geblieben wäre, ginge es hier mit rechten Dingen zu. So aber dient Scoglio Pomo einer Gesellschaft debiler Graf Bobbys und überfressener Damen als mondäner Kurort. Es geht bunt und prunkvoll zu in diesem Atlantis des liebenswert vertrottelten Österreichertums: Man pflegt seine Marotten und lebt seinen Spleen, man feiert Bälle auf Geisterschiffen, bis der Zauber endlich schwindet, dann liegt man im Wasser. Als die britische Flotte die Märcheninsel in Trümmer schießt - ein bedauerlicher Irrtum -und dem greisen Kaiser sein…mehr

Produktbeschreibung
Scoglio Pomo heisst die kleine Felsinsel in der Adria, die unentdeckt geblieben wäre, ginge es hier mit rechten Dingen zu. So aber dient Scoglio Pomo einer Gesellschaft debiler Graf Bobbys und überfressener Damen als mondäner Kurort. Es geht bunt und prunkvoll zu in diesem Atlantis des liebenswert vertrottelten Österreichertums: Man pflegt seine Marotten und lebt seinen Spleen, man feiert Bälle auf Geisterschiffen, bis der Zauber endlich schwindet, dann liegt man im Wasser. Als die britische Flotte die Märcheninsel in Trümmer schießt - ein bedauerlicher Irrtum -und dem greisen Kaiser sein Würstelfrühstück verdirbt, ist das Schicksal dieses Traumreichs endgültig besiegelt. Pomo ist eine Märcheninsel voll wunderlicher Geschichten, bevölkert von Sonderlingen von "eleganter Angetepschtheit". Hier gibt es wirklich nichts, was es nicht gibt!Fritz von Herzmanovsky-Orlando, das Genie der Groteske, ist längst ein Klassikaner der kakanischen Weltliteratur. "Scoglio Pomo", zu Lebzeiten des Autors unveröffentlicht geblieben, erscheint hier zum ersten Mal als Lesefassung in einer Einzelausgabe - ungekürzt, unverändert und in bibliophiler Ausstattung. Es bildet den Auftakt zu einer 4-bändigen Ausgabe seiner wichtigsten Werke.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2008

Kakaniens greller Untergang
Das wüste „Scoglio Pomo” von Fritz von Herzmanovsky-Orlando
Wo die legendäre Insel Scoglio Pomo liegt? Irgendwo im wilden Sprachmeer Fritz von Hermanovsky-Orlandos. Der rabiateste Sprachwitzler, den die österreichische Literatur hervorgebracht hat, ein anarchistischer Zwangscharakter, der sich nach strenger politischer Ordnung und dem permanenten künstlerischen Ausnahmezustand sehnte, hat sie in einem Roman ersonnen und auch gleich wieder vernichtet. Von 1921 bis kurz vor seinem Tod, über dreißig Jahre lang, hat er immer wieder an diesem Inselroman gearbeitet und ihn doch nie zu einer verbindlichen Textgestalt gebracht. Friedrich Torberg, der jüdische Emigrant, der den Genius des von antisemitischem Dünkel keineswegs freien Sammlers, Sprachkünstlers, Zeichners, Mythomanen, Immobilien-Millionärs und Obskurantisten erkannte, hat ihn nach dessen Tod im Nachlass entdeckt; und dem stilistischen Irrwitz, der mäandernden Phantasie des Werkes seine bearbeitende Sorgfalt angedeihen lassen, bis von dem Manuskript nur mehr die Hälfte übrig war.
Im Rahmen der „historisch-kritischen Ausgabe” erschien der Roman ein Vierteljahrhundert später unter dem Titel „Rout am Fliegenden Holländer”. Und jetzt unter dem Titel „Scoglio Pomo” neuerlich, nachdem wieder ein Vierteljahrhundert später in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek eine neue Abschrift aufgetaucht ist. Mit konkurrierenden Ausgaben von Herzmanovsky-Orlandos Werken, die auf die Nachwelt als weit verstreutes Zettelwerk überkommen sind, könnte sich die Germanistik unberufen noch ein paar Generationen beschäftigen; allein, der philologische Streit, wie er in Nachworten geführt wird, mag das Publikum nicht recht überzeugen, dem drei, vier handliche Bände des ungebärdigen Universalisten und engstirnigen Phantasten genügen würden.
Demente Aristokraten
„Scoglio Pomo” ist das Mittelstück der „Österreichischen Trilogie”, deren Flügel „Der Gaulschreck im Rosennetz”, dieser nächtliche Spaziergang durch die Abgründe des Wiener Biedermeier, und „Das Maskenspiel der Genien”, eine kuriose Utopie auf das Jahr 1966, bilden. Die Handlung ist so verstiegen wie unbedeutend. Eine aus sämtlichen Provinzen des k. u. k. Reiches zusammengekommene Schar von dementen Aristokraten, neureichen Parvenus, geilen Böcken, hübschen Mädchen, verstiegenen Gelehrten findet sich auf einer unbekannten dalmatinischen Insel namens Scoglio Pomo ein. Wiewohl das Eiland seit antiken Zeiten von keinem Menschen mehr betreten wurde, verfügt es – für Herzmanovsky-Orlando eine Petitesse an Widerspruch – über ein nobles Strandbad und ein Kurhotel, als dessen Direktor der Baron Michelangelo Zois mit unüberbietbarer Grandezza seines Amtes waltet.
Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Träger eines auch nicht unoriginellen Namens, hat sich zeitlebens den Spaß gemacht, seinen literarischen Figuren absonderliche Namen und Titel zu geben; das Absonderlichste daran war freilich, dass die grellsten Erfindungen Leihgaben der Realität waren, und Michelangelo Freiherr Zois von Edelstein hieß tatsächlich einer seiner besten Freunde aus gemeinsamen Schultagen. Der Michelangelo Zois des Romans hat es unter anderem mit Gästen wie dem Herrn Dodola zu tun, seines Zeichens „Präsident des Antiautomobilklubs Owacht”, und dem greisen Professor Giekhase, der seine wissenschaftliche Lebensaufgabe darin sieht, die Ilias und die Odyssee „in eine von ihm konstruierte Sprache zu übertragen”, die nur er selber versteht und die er selber „täglich sieben bis acht Stunden lernen muss, damit er nicht aus der Übung kommt”. Man ahnt, warum die Wiener Avantgardisten der fünfziger Jahre in dem kakanischen Kauz mit seinen anfänglich monarchistischen und später nordisch-esoterischen Neigungen ihren Ahnherren sahen.
„Wagner ghört eingsperrt”
Der groteske Gesellschaftstanz auf Scoglio Pomo endet in der Apokalypse, die Insel wird von der britischen Kriegsflotte bombardiert – „die unglückliche Frau von Horny zerbarst zu einem traurigen Gewirr von schwarzseidenen Mantillefetzen und bläulichen Eingeweiden”. Als Vorbote des Unheils war ein paar Tage zuvor ein Gespensterschiff an der Küste aufgetaucht, der Fliegende Holländer; als man Kaiser Franz Joseph im Epilog davon berichtet, weiß er um die wahren Gründe der Tragödie: „Ich hab immer gsagt, der Richard Wagner ghört eingsperrt . . . na ja, da ham wir’s wieder.”
Was man von dem bizarren Prosastück halten soll? Man braucht es vielleicht nicht so verstiegen ernst nehmen wie Herzmanovsky-Orlando selbst, der im Alter vermeinte, ein Pionier der „Mutationsforschung” zu sein, und dem Phantasmagorien wie der Fliegende Holländer reale Erscheinungen waren, die die „allerrezenteste Physik” beweisen könne. Aber zu den gemütvollen Kakaniern, den Verklärern der habsburgischen Welt von gestern wird man ihn auch nicht rechnen dürfen, dafür ist zu viel Anarchie und Bosheit in seinen Bildern des Untergangs.KARL-MARKUS GAUSS
FRITZ VON HERZMANOVSKY: Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer. Roman. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Klaralinda Ma-Kirchner. Residenz-Verlag, St.Pölten-Salzburg, 347 S., 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bilder des Untergangs, schon. Und wie. Verklärung jedoch kann Karl-Markus Gauß in diesem wunderlichen, das Mittelstück der "Österreichischen Trilogie" bildenden Roman nicht entdecken. In seinen Augen tobt sich hier ein sprachwitziger, anarchistischer Mythomane ordentlich aus. Das ist mal grotesk, mal boshaft, wie Gauß erklärt, der sich allerdings ganz gut unterhalten hat auf der von Fritz von Herzmanovsky als kakanische Utopie ersonnenen Insel voll mit dementen Blaublütigen, neureichen Parvenüs, geilen Böcken und hübschen Mädchen. Wenn ihm die Handlung auch unbedeutend erscheint, so stellt das Buch stilistisch und die "mäandernde Fantasie" des Autors betreffend offenbar eine schöne Herausforderung dar, mit der sich schon die Wiener Avantgarde gerne beschäftigt hat. Allzu ernst möchte Gauß das Ganze allerdings auch nicht nehmen. Philologen, die sich mit konkurrierenden Herzmanovsky-Ausgaben bekriegen, sind für den Rezensenten eine eher verdrießliche Vorstellung.

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