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Produktbeschreibung
Drei Menschen verstrickt in ein Verwirrspiel um Liebe und Tod
Autorenporträt
Helmut Eisendle, geboren 1939 in Graz, gestorben 2003 in Wien. Studium der Psychologie, Philosophie und Biologie, seit 1972 freier Schriftsteller.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2004

Jenseits der Worte
Helmut Eisendles letzter Roman „Ein Stück des blauen Himmels”
Der österreichische Schriftsteller Helmut Eisendle ist im September 2003 verstorben, nur wenige Tage nachdem sein Roman „Ein Stück des blauen Himmels” erschien, in dem er seine Figuren um Tod und Selbstmord kreisen lässt. Man sollte sich jedoch davor hüten, den Roman als ein Vermächtnis des Schriftstellers zu lesen. Denn der Begriff Vermächtnis impliziert ein abschließendes Wort, eine endgültige Aussage. Eisendle aber hat sein breites Werk, das etwa vierzig Bücher umfasst, mit „Ein Stück des blauen Himmels” nicht abgeschlossen, sondern ein weiteres Mal für den Dialog geöffnet. Bereits sein literarisches Debüt von 1972, „Walder oder die stilisierte Entwicklung einer Neurose”, enthielt sarkastische Überlegungen zur Suicidologie. In seinem letzten Roman nun spricht er vom Nachteil, geboren worden zu sein, und der Freitod von Schubert lässt seinen Freund Estes noch Jahrzehnte nach der Tat ratlos und fragend zurück.
Die Wahl der Figuren ist ebenfalls ein Verweis auf Früheres, sie entstammen dem 1976 erschienenen Roman „Jenseits der Vernunft”. Schon damals ließ er Schubert und Estes vor allem reden, endlose philosophisch grundierte Gespräche über das Alles und das Nichts, in einem manchmal stilisiert, manchmal bemüht wirkenden Gesprächston. Nun hat sich Schubert das Leben genommen, und Estes rekapituliert ein ums andere Mal seine Freundschaft zu ihm, hin und her gerissen zwischen der obsessiven Vorstellung, er hätte den Selbstmord verhindern können, und einer dunklen Faszination für die Tat. Wieder findet das alles vorzugsweise in Gesprächen statt, diesmal mit dem Philosophen Wittmann, der stets versucht, Estes’ zum Teil heftige Kapriolen schlagende Gedankengänge an ein rationales Fundament zu binden.
So wenig aber wie als Schlusswort sollte man Eisendles Text als Roman lesen. Die Figuren werden an keiner Stelle plastisch, sie bleiben Etiketten für die Bündelung von Aussagen und Fragen, die sich selbst wiederum nicht zu wirklichen Gesprächen entwickeln. Das Romanszenario ist nur das Programm, in das Eisendle seine Weltprobleme einfüttert, um sie in immer neuen Variationen darzustellen. Dabei kommen neben schönen Gedanken auch fürchterliche Binsenweisheiten heraus und nicht selten folgen vollkommen disparate Überlegungen so unvermittelt aufeinander, dass ihnen jeder Sinn abhanden kommt.
Als Leseerlebnis ist Eisendles Melange aus philosophischem Diskurs und banalem Kaffeehausgeplauder im Angesicht des Todes eine Frustration oder gar ein Ärgernis. Als Konsequenz seiner schriftstellerischen Arbeit betreibt der Autor die Selbstfeier der radikalen Verweigerung von Eindeutigkeit. Man bekommt nichts in diesem Roman zu greifen, da hier ein Roman nur noch simuliert wird.
SEBASTIAN DOMSCH
HELMUT EISENDLE: Ein Stück des blauen Himmels. Roman. Residenz Verlag, Salzburg 2003. 116 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Günther Stocker hätte diesem Roman, dessen österreichischer Autor Helmut Eisendle kurz vor dem Erscheinen des Buche gestorben ist, gern einen anderen Titel gegeben. Er findet, dass zu dieser Geschichte der Titel "Eine seltsam traurige Geschichte" besser passt. Der Protagonist Estes blickt in Dialogen zurück auf ein gescheitertes Leben, eine gescheiterte Ehe und den Selbstmord seines Freundes, an dem er sich schuldig fühlt, fasst Stocker zusammen. Diese langen Gespräche werden lediglich von kurzen Erzählpassagen, die sich allerdings eher wie "Regieanweisungen" lesen, unterbrochen, bemerkt der Rezensent und er findet, dass die etwas "gekünstelt" wirkenden Dialoge, die zumeist aufs "Grundsätzliche" zielen, dabei nicht selten in den Bereich des "Banalen" geraten. Trotzdem sei deutlich zu spüren, dass hinter all der Gesprächigkeit der Figuren eine "große Melancholie" liegt, so Stocker versöhnlich, wenn auch nicht gänzlich von diesem Roman überzeugt.

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