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'Dem brillanten Stilisten Cunningham ist es gelungen, einen rundum überzeugenden, atmosphärisch extrem dichten Roman zu zaubern' -- WDR 5 / Bücher
'Ich fand's ganz toll. (...) Ich finde, es ist ein lesenswertes und sehr intensives Buch.' -- Amelie Fried / ZDF / "Die Vorleser"
'Ein sehr kluger, sehr schöner, sehr lesenwerter Roman.' -- Gertrud Lehnert / Deutschlandradio Kultur
Was bleibt in der Mitte des Lebens vom Leben übrig, wenn plötzlich alles Bisherige in Frage gestellt wird?
Was bleibt, wenn sich in der Mitte des Lebens plötzlich ganz neue Möglichkeiten auftun, die alles
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Produktbeschreibung
'Dem brillanten Stilisten Cunningham ist es gelungen, einen rundum überzeugenden, atmosphärisch extrem dichten Roman zu zaubern' -- WDR 5 / Bücher

'Ich fand's ganz toll. (...) Ich finde, es ist ein lesenswertes und sehr intensives Buch.' -- Amelie Fried / ZDF / "Die Vorleser"

'Ein sehr kluger, sehr schöner, sehr lesenwerter Roman.' -- Gertrud Lehnert / Deutschlandradio Kultur
Was bleibt in der Mitte des Lebens vom Leben übrig, wenn plötzlich alles Bisherige in Frage gestellt wird?

Was bleibt, wenn sich in der Mitte des Lebens plötzlich ganz neue Möglichkeiten auftun, die alles Bisherige in Frage stellen? In seinem neuen Roman begleitet Michael Cunningham ein verheiratetes Paar durch eine Zeit voller Verlockungen und Ängste. Und wie in seinem pulitzerpreisgekröntem Roman "Die Stunden" huldigt er dem Rätsel des Lebens, der Mannigfaltigkeit der Welt und der Kraft der Liebe.

Peter und Rebecca Harris, Mittvierziger aus Soho, Manhattan, haben beide Karriere in der Kunstwelt gemacht: er als Galerist, sie als Herausgeberin einer Kunstzeitschrift. Sie sind wohlhabend, ihre Tochter geht auf ein College in Boston, sie haben einen großen, interessanten Freundeskreis - ja, sie gehören zu den "happy few" und haben allen Grund, glücklich zu sein. Da kommt Rebeccas wesentlich jüngerer Bruder Ethan zu Besuch, der ihr verwirrend ähnlich sieht. Ethan wird allgemein nur Missy genannt, ein Kosewort für "das Missgeschick ", weil seine Geburt alles andere als geplant war. Missy ist ein sehr gutaussehender und kluger junger Mann, aber er weiß nicht, was er aus seinem Leben machen soll und möchte mit Hilfe von Peter einmal die Welt der Kunst kennenlernen. Doch Missys Gegenwart verunsichert Peter zusehends; er hinterfragt plötzlich die Bedeutung seiner Künstler, den Wert seiner Arbeit und Karriere, seine Ehe - seine ganze sorgfältig aufgebaute Welt. Erst als er durch ein Fegefeuer der Versuchungen und Sinnkrisen gegangen ist, erkennt er, wie viel ihm sein bisheriges Leben, sein bisheriges Glück wirklich bedeuten.

Autorenporträt
Michael Cunningham wurde 1952 in Cincinnati, Ohio, geboren und wuchs in Pasadena, Kalifornien, auf. Er lebt in New York City. Für 'Die Stunden' erhielt Michael Cunningham u.a. den PEN/Faulkner Award und den Pulitzerpreis, der Roman wurde bisher in elf Sprachen übersetzt.

Georg Schmidt, geb. 1952 in Oberfranken, ist Journalist und Lektor sowie der Übersetzer von u.a. James Lee Burke, James Crumley, James Ellroy, Richard Lourie, Paco Ignacio Taibo, Michael Cunningham und Andrew Vachss.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.2011

Geben wir jemals irgendwem das Geschenk, das er tatsächlich haben will?

Michael Cunningham lässt in seinem Roman "In die Nacht hinein" Gustav Aschenbach in New York auferstehen. Diese moderne Version vom "Tod in Venedig" ist voller Witz und Ironie.

Was haben der amerikanische Schriftsteller Michael Cunningham und der soeben nach Amerika entschwundene Karl Theodor zu Guttenberg gemeinsam? Beide haben viel gelesen und manches abgeschrieben. Während in der Wissenschaft allerdings alles Abgeschriebene tunlichst als Entlehnung gekennzeichnet sein sollte, gehört es für einen Schriftsteller von gewissem Rang - und den kann man Cunningham kaum absprechen - zum guten Ton, sich bei illustren literarischen Vorbildern großzügig zu bedienen. Intertextualität heißt das Zauberwort, auch wenn diese per se noch kein Qualitätsmerkmal darstellt. Während Cunninghams Roman "Die Stunden" (1998), eine Hommage an Virginia Woolfs Leben, Sterben und Werk zu Recht mit dem Pulitzerpreis geehrt wurde und in der Verfilmung mit Nicole Kidman, Meryl Streep und Julianne Moore (2002) mehrere Oscars einheimste, sollte man über "Helle Tage" (2005), ein von Whitman-Zitaten durchwirktes Konglomerat aus viktorianischem Industrieroman und Post-09/11-Science fiction, besser schweigen.

Cunninghams aktueller Roman nennt sich "In die Nacht hinein", und auch hier muss man nicht lange im Dunkeln tappen, bis man auf die ersten literarischen Fährten stößt, als da wären Henry James, F. Scott Fitzgerald, James Joyce, Gustave Flaubert und vor allem Thomas Mann mit "Der Tod in Venedig". Wo so viel abgeschrieben, oder sagen wir, verarbeitet wird, mag manch einer die mangelnde Originalität des Schriftstellers beklagen - tatsächlich aber schreibt Cunningham bei "In die Nacht hinein" vor allem von sich selbst ab, kehrt er hier doch zur Thematik seiner allerersten Romane zurück: Dreiecksgeschichten, allerdings nicht die eines Mannes zwischen zwei Frauen oder einer Frau zwischen zwei Männern, sondern die eines Mannes zwischen einer Frau und einem Mann.

Peter Harris ist (fast) vierundvierzig Jahre alt. Es geht ihm gut: Als Inhaber einer New Yorker Galerie hat er, trotz des allmählichen Abflauens der Preisinflation auf dem Kunstmarkt, ein passables Auskommen und verkehrt mit angesagten Künstlern und glamourösen Kunstliebhabern. Seit zwanzig Jahren ist er mit seiner nach wie vor attraktiven Frau Rebecca verheiratet, sie haben eine erwachsene Tochter, Bea, die leider weder so schön noch so berühmt wie Dantes Beatrice ist. An dieser Ausgangsposition wird sich den ganzen Roman über kaum etwas ändern. Peter steckt in einer Midlife-Crisis und stellt sich weitschweifige Fragen zum Verhältnis von Kunst und menschlichem Dasein, und er tut das derart ausgiebig, dass man sich manchmal fragt, ob seine Figur für die Weite und Breite dieser Exkurse nicht etwas zu klein und durchschnittlich geraten ist. Allerdings: ist es durchschnittlich, wenn man sich schwertut, sein Kind zu lieben, weil es das Leben, das man ihm wünscht, nicht annehmen möchte? Sicherlich kommen solche Gefühle häufig vor, aber das macht sie kaum weniger quälend.

Rebeccas sehr viel jüngerer Bruder Ethan kommt für ein paar Tage zu Besuch. Alle nennen ihm Missy, das Missgeschick, gezeugt, als sich seine Mutter schon längst nicht mehr für fruchtbar hielt. Schockiert stellt Peter fest, dass er sich von Missy ästhetisch und sexuell hingezogen fühlt - doch Peter ist nicht Gustav Aschenbach, Missy ist nicht Tadzio. Missy ist von klassischer Schönheit, sexuell befreit und durch nichts gebunden - er verkörpert alles, was Peters langweiliger Tochter Bea abgeht, deren Existenz übrigens auch nicht elterlicher Planung entsprach. Missy ist Rebecca, zwanzig Jahre jünger. Missy ist Peters an Aids verstorbener und verklärter Bruder Matthew. Missy ist Peter, in einem anderen Leben. Missy ist die unerhörte Freudsche Wiederkehr im Leben des Durchschnitsmannes Peter Harris.

Mit Missy wird es messy, doch das gilt nicht für Cunninghams Stil. Seine Prosa glänzt vor Ironie, wenn er das berühmte Museum of Modern Art preist für "seine elefantenartige Gelassenheit, die Fähigkeit, die Moleküle seiner eigenen Luft mit einem Gefühl der Ehrfurcht, königlichem Glanz und dem jahrhundertelangen Plündern von fünf Kontinenten zu stimulieren". Auch die existentielle Traurigkeit, die in der rhetorischen Frage "Geben wir jemals irgendwem das Geschenk, das er tatsächlich haben will?" mitschwingt, geht in Georg Schmidts hervorragender Übersetzung nicht verloren, da Schmidt die Nuancen zwischen dem, was bloß durchschnittlich ist, und dem, was allgemeine Gültigkeit besitzt, erfolgreich ins Deutsche hinüberrettet.

Obwohl Cunningham seine Bücher meist seinem langjährigen Partner widmet, handelt sein Werk keineswegs von gleichgeschlechtlicher Liebe im üblichen Sinne. Die Strukturen menschlichen Begehrens, so wird Cunningham nicht müde zu betonen, sind unsäglich kompliziert. An die Stelle eines fröhlichen "Lieber-Bi-als-nie" tritt die Frage nach der Sozialisation sexuellen Verlangens: durch die eigenen Eltern und Geschwister, den Partner, die angeheiratete Familie und die eigenen Kinder. Und so ist es nur konsequent, wenn sich ein Autor ebenfalls bewusst auf diejenigen Prägungen beruft, die für sein literarisches Begehren und Bestreben entscheidend waren oder sind. Was in der Wissenschaft zu Recht als Plagiat geahndet wird, gilt in der Literatur als künstlerische Freiheit.

Die Kunst der Gegenwart lebt vom Ausstellen des Gewöhnlichen: Peter Harris zum Beispiel hat eine Künstlerin unter Vertrag - sie trägt den chinesischen Allerweltsnamen Wang -, die willkürlich Passanten auf der Straße filmt, um dann nach deren Modell verschiedene Merchandising-Artikel wie Lunchboxes, Spielzeugfiguren oder gar ein Halloween-Kostüm für Kinder herzustellen. Cunningham macht den Mittvierziger Peter Harris zum Gustav Aschenbach New Yorks - nur ist Peter noch etwas durchschnittlicher als Aschenbach, was dem Roman zu einem ungewöhnlichen, eben weil alltäglichem Ende verhilft. "In die Nacht hinein" braucht sich seiner Zitate nicht zu schämen und hat weder Illusion noch Drama nötig - wozu es, will man, ob nun in Literatur, Politik oder Wissenschaft, zu hoch hinaus, leicht kommen kann.

MARGRET FETZER

Michael Cunningham: "In die Nacht hinein".

Roman.

Aus dem Englischen von Georg Schmidt. Luchterhand Literaturverlag, München 2010. 315 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Es lebe die künstlerische Freiheit, ruft Margret Fetzer nach Lektüre des neuen Romans von Michael Cunningham. Der Autor bedient sich fröhlich bei Henry James, Fitzgerald, Joyce, Thomas Mann und bei sich selbst? Kein Problem, findet Fetzer. Solange der Autor seine Dreiecksgeschichte (m-w-m) derart geschickt mit Problemen Freud'scher Wiederkehr bei Durchschnittsmännern, mit ungewollten Kindern und mit allerhand Nuancen zwischen dem Durchschnitt und der allgemeinen Gültigkeit bestückt, ist die Rezensentin zufrieden. Umso mehr, als das Ganze glücklich ins Deutsche hinübergerettet wurde von Georg Schmidt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.12.2010

Tadzio
in New York
Michael Cunningham misst sich
an Thomas Mann – und verliert
Stehen zwei Menschen vor dem gigantischen, mit Formaldehydlösung gefüllten Stahltank, in dem Damien Hirst seinen Tigerhai eingelegt hat. Beide sind vom Fach, Betreiber von angesehenen und lukrativen Kunstgalerien in New York. „Es hat schon etwas, ihn hier zu sehen“, sagt sie. „Es hat etwas“, sagt er. Mehr fällt ihnen nicht ein. Ist das die Unfähigkeit zum Ausdruck oder eine geradezu bösartige Ironie, mit der ein Autor seine im Netz des Kulturbetriebs zappelnden Figuren zur Schau stellt? Zugunsten Michael Cunninghams sollte Letzteres angenommen werden.
Peter Harris heißt der Mann, der vor der Installation im Metropolitan Museum of Art steht. Eine jener Figuren, denen sich die angloamerikanische Literatur der vergangenen Jahre oft, vielleicht zu oft gewidmet hat: Mitte vierzig, mehr oder weniger erfolgreich und auf den ersten Blick glücklich verheiratet. Rebecca, Peters Frau, ist Herausgeberin eines Kunstmagazins. Ein Vorzeigepaar mit den üblichen Schrammen. Der Sex lässt nach, und zum Schlafen braucht Peter regelmäßig eine Tablette und ein großes Glas Wodka. Ein Mann in einem sorgsam gefügten Leben, durch dessen Schnittstellen das sickert, was gemeinhin Midlife Crisis genannt wird, wenn auch in diesem Fall eine Krise der ungewöhnlichen Art.
„In die Nacht hinein“ ist auf zwei Themenstränge hin angelegt. Der eine, der amüsantere von beiden, gehört dem modernen Kunstbetrieb und dessen zunehmend absurden Ausformungen. Getrieben von der Angst, an Bedeutsamkeit zu verlieren, hat Peter sich die pervertierte Logik des Händlers angeeignet, der Künstler nicht nach ästhetischen Maßstäben, sondern nur auf ihre Taxierbarkeit im Markt hin betrachtet. Aus diesem Stoff hätte eine Satire werden können, doch Cunningham will viel mehr und viel zu viel. Denn Peter ist, wie es einmal heißt, einer, der im Grunde immer nur der Schönheit verfällt. Die bricht eines Tages in seine Welt ein in Gestalt von Ethan, dem weitaus jüngeren Bruder Rebeccas; ein ätherischer Jüngling mit Drogenvergangenheit und verkorkstem Lebenslauf. Ethan, genannt Missy (weil schon seine Zeugung ein Missgeschick war), quartiert sich bei Peter und Rebecca ein, und innerhalb weniger Tage hat Peter sich weniger in ihn als in das Gesamtkonzept einer so schönen wie beschädigten Existenz verliebt.
Michael Cunningham war schon immer ein Autor, den das Spiel mit der Intertextualität gereizt hat. Das Problem in seinem neuen Buch sind nicht die literarischen Referenzen; das Problem ist, dass jede einzelne davon ausgesprochen werden muss und damit die Latte so hoch liegt, dass es kaum einen Autor gibt, der sie nicht reißen würde. Die Spuren des Deutschen, des Dräuenden, des Morbiden werden von Beginn an und nicht immer ungeschickt durch den Roman gelegt, bis sich Peter schließlich (in der Zwischenzeit hatte Missy schon mehrfach Thomas Mann-Ausgaben in den Händen) auch noch vorsprechen muss: „Denk an Aschenbach mit Rouge und gefärbten Haaren, tot in einem Strandkorb, während Tadzio im seichten Wasser watet. Nein. Das ist mein Leben, nicht Der Tod im gottverdammten Venedig.“ Nun hat es wirklich jeder verstanden.
Das Frappierende an Cunninghams noch dazu ungelenk übersetzten Roman ist sein innerer Widerspruch. „In die Nacht hinein“ ist ein verschwätztes Buch, dessen eigentlicher Kern, die dämonisch-unschuldige Anziehungskraft, die unerklärliche Betörung, sich im Grunde aus dem Unaussprechlichen speist. Geschwiegen wird hier jedoch über kaum etwas, nicht über den Zusammenhang von Schwulsein und genetischem Material, nicht über die Beschaffenheit eines englischen Gartens und bedauerlicherweise auch nicht über Peters Erwartung an die Kunst: „Diesen Herzschmerz, dieses Sich-selbst-Spüren in der Gegenwart von etwas Hinreißendem und Vergänglichem, etwas (jemand), das durch die Hinfälligkeit des Fleisches scheint, ja, wie Manets Hurengöttin, eine Schönheit ohne Sentimentalität.“ So verwundert es nicht, dass es ausgerechnet an einem Strand zum Kuss zwischen Peter und Missy kommt, beide mit hochgekrempelten Hosenbeinen im Meer watend. Um im Bild zu bleiben: Wer sich so weit nach draußen wagt wie Michael Cunningham, sollte ein absolut sicherer Schwimmer sein. CHRISTOPH SCHRÖDER
MICHAEL CUNNINGHAM: In die Nacht hinein. Roman. Aus dem Englischen von Georg Schmidt. Luchterhand Verlag, München 2010. 318 Seiten, 19,99 Euro.
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