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Diese Geschichten verändern den Blick auf die Welt
Über acht Jahre hat Robin Black an dieser Sammlung von gerade einmal zehn Erzählungen geschrieben; zehn Geschichten, die von einer seltenen literarischen Reife und psychologischen Tiefe sind und die den Blick des Lesers auf die Welt, auf die Menschen und das Leben für immer verändern. Robin Blacks Erzählungen mögen an Lorrie Moore oder Alice Munro erinnern und haben doch einen ganz eigenen Ton. Denn diese Geschichten, die sich allesamt lesen wie kleine Romane, sind erfüllt von einer zutiefst berührenden menschlichen Wärme und emotionalen…mehr

Produktbeschreibung
Diese Geschichten verändern den Blick auf die Welt

Über acht Jahre hat Robin Black an dieser Sammlung von gerade einmal zehn Erzählungen geschrieben; zehn Geschichten, die von einer seltenen literarischen Reife und psychologischen Tiefe sind und die den Blick des Lesers auf die Welt, auf die Menschen und das Leben für immer verändern. Robin Blacks Erzählungen mögen an Lorrie Moore oder Alice Munro erinnern und haben doch einen ganz eigenen Ton. Denn diese Geschichten, die sich allesamt lesen wie kleine Romane, sind erfüllt von einer zutiefst berührenden menschlichen Wärme und emotionalen Weisheit.

Robin Blacks Geschichten sind Erzählungen über die Liebe - und über das Fehlen oder den Verlust von Liebe, und wie unser Leben davon bestimmt und verändert wird. Da ist eine schwerkranke ältere Frau, die an der lieblosen Gedankenlosigkeit ihres Nachbarn zu zerbrechen droht. Da ist der Vater eines blinden Mädchens, den die abgöttische Liebe zu seiner Tochter selbst blind sein lässt für das elementare Verlangen der Tochter, einmal auszubrechen aus ihrem ständig behüteten Leben und zeigen zu können, wie selbständig sie eigentlich längst schon ist. Oder da ist die Frau, die damit leben lernen muss, dass der Mann, den sie liebt, bald sterben wird.

In diesen zehn ungemein dichten Geschichten fängt Robin Black nicht weniger ein als die Essenz des Lebens. Sie erzählt von Schicksalsschlägen und davon, wie sie oft noch jahrelang das Leben eines Menschen prägen und bestimmen. Sie erzählt von der Liebe und wie sie sich im Lauf der Zeit verändert. Und sie erzählt davon, wie wenig wir oft von den Menschen, die uns am nächsten sind, ja, wie wenig wir oft von uns selbst verstehen. Sie schreibt über Krankheit, Verlust und Trauer, aber auch über die Kraft zum Neubeginn. Mit einem Wort: In ihrem ganz eigenen unsentimentalen und lakonischen Ton erzählt sie, wie schwierig und wie schön zugleich es sein kann, zu leben.
Autorenporträt
Robin Black lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Philadelphia. Ihre Erzählungen und Essays sind in zahlreichen Zeitschriften veröffentlicht worden, und sie hat Stipendien der Leeway Foundation und der MacDowell Colony erhalten. Heute lehrt sie am Brooklyn College. Mit ihrem Roman "Porträt einer Ehe" kam sie auf die Longlist des Flaherty-Dunnan First Novel Prize.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2012

Mit der Gummiaxt
Robin Black erzählt formvollendet von Katastrophen
Robin Black kann alles: Junge und Alte, Männer und Frauen, in der ersten und in der dritten Person erzählen. Sie kann sozial Unterprivilegierten ebenso eine Stimme geben wie Angehörigen akademischer Kreise; sie kann Künstler und Hausfrauen, Gesunde und Kranke, Kluge und Naive. Sie kann die Wahrnehmungsperspektiven einengen und verbreitern, ganz nach Notwendigkeit und Belieben; sie verknüpft unterschiedliche erzählerische Ebenen sinnvoll und logisch miteinander. Sie erzählt psychologisch komplex und technisch nahezu perfekt. Acht Jahre lang, so schreibt die Autorin in ihrem Nachwort, habe sie an den zehn Erzählungen des Bandes gearbeitet, und Sorgfalt und Genauigkeit ist jeder einzelnen von ihnen deutlich anzumerken.
Im Großen und Ganzen ist es der gehobene Mittelstand, der sich in Robin Blacks Erzählungen gegen alle Anfechtungen von außen und innen seiner selbst versichern will. Das Unglück ist in diese Existenzen entweder nach und nach hineingesickert (zumeist dann, wenn es sich um Beziehungen handelt) oder buchstäblich mit einem plötzlichen Knall eingetreten. Die Auftakterzählung liest sich geradezu programmatisch: Ein Vater, Jack, fährt mit Lila, seiner siebzehnjährigen Tochter, aufs Land, um dort bei einer Züchterin einen Blindenhund auszusuchen. Lila war nicht immer blind, sondern hat ihr Sehvermögen im Alter von sechs Jahren durch die Schuld eines Nachbarjungen verloren, der eine Spraydose vor ihrem Gesicht explodieren ließ.
Nun, da Lila aufs College gehen will, benötigt sie den Hund. Die Ironie der Geschichte ist die, dass Jack und seine Frau sich trennen werden, sobald Lila aus dem Haus ist, weil ihre Ehe schon seit Jahren zerrüttet ist; sie haben durchgehalten, sich ausgehalten; dem blinden, vermeintlich hilflosen Kind zuliebe. Der doppelte Boden öffnet sich in jenem Augenblick, in dem Jack erfährt, dass Lila davon die ganze Zeit wusste; dass er und seine Frau nicht das Kind geschützt, sondern sich selbst über Jahre hinweg im Zustand des Selbstbetruges eingependelt haben: „Im Zuhause eines blinden Kindes kann sich eine Ehe offensichtlich problemlos in eine Pantomime ohne Zeugen auflösen. Ann und er könnten einander bei jeder Mahlzeit den Finger zeigen, ohne dass Lila es mitbekäme. Und manchmal sind sie kurz davor gewesen.“
Auch in der Titelerzählung sind es drei Schicksalsebenen, die Robin Black miteinander verknüpft: Da ist die Ich-Erzählerin, die unheilbar an Krebs erkrankt ist. Da ist der schwer hirngeschädigte, gewalttätige Sohn, den das Paar in einer Anstalt untergebracht hat. Und da sind die neuen Nachbarn, die um ihr Grundstück herum einen ein Meter achtzig hohen Zaun errichtet und damit auch dem Dasein der Erzählerin selbst noch engere Grenzen gesetzt haben. Man trifft die Figuren an „Dreh- und Angelpunkten“ des Lebens, wie es einmal heißt; in Augenblicken, in denen „die schicksalhafte Trennungslinie zwischen Vorher und Nachher“ überschritten wird: „Du bist jung, du machst deinen Schulabschluss, du verliebst dich, du heiratest, du wirst schwanger. Und dann macht die Straße plötzlich eine Kurve.“ Das ist das Dilemma, das ist die einfache Wahrheit, mit der Robin Black es sich nicht einfach macht.
Die Substanz der Erzählungen steckt nicht primär in den Worten, sondern in den Gesten, im Blick, in der Perspektive. Deren Aufbau und Verschiebung ist in jeder einzelnen Erzählung geschickt inszeniert und sorgfältig durchdacht. Das ist anzuerkennen, ganz unbedingt. Und dann schlägt man nach mehr als 300 Seiten Lektüre, nach einer Reihe von Kranken und Toten, tragischen Schicksalen, Ehekrisen und Alltagskatastrophen, diesen Erzählungsband zu, hat sich nicht einen Moment gelangweilt und schon gar nicht geärgert – und weiß dennoch nicht so recht, was man von alldem nun zu halten hat. Tut nicht weh, macht aber auch nicht froh. Doch woran liegt das?
Es ist wohlfeil, das Argument des Creative-Writing-Strebertums gegen eine Sammlung derart makelloser literarischer Texte ins Feld zu führen, die sich in die Tradition der klassischen amerikanischen Short Stories einreihen. Und doch leiden Robin Blacks Texte an einem Widerspruch: Sie handeln von Erschütterungen, existenziellen Lebenswendungen und vor allem immer wieder Verlusten, bleiben aber in deren Darstellung formal geradezu panisch geordnet, gezügelt, domestiziert. Wenn mal eine Axt ins Spiel kommt, ist sie aus Gummi; nicht einmal ein Huhn verliert seinen Kopf.
Von einem Strickmuster in der Machart zu sprechen, wäre ungerecht; auffällig ist allerdings, dass Robin Black häufig einen szenischen, kalkuliert verwirrenden Einstieg wählt, um in den darauf folgenden Passagen alles aufzuklären, indem sie die harten Fakten (wer, wo, was, wie alt) nachliefert. Das ist ein bewährter Reportagekniff. Wenn die Unklarheiten beseitigt sind, weiß man wieder, wo man ist. Von dort aus kann es dann weitergehen. Hin und wieder würde aber ein wenig Unklarheit, ein Rest von Unaufgelöstem gar nicht schaden.
CHRISTOPH SCHRÖDER
ROBIN BLACK: Wenn ich Sie liebte, würde ich Ihnen die Wahrheit sagen. Erzählungen. Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich. Luchterhand Literaturverlag, München 2012. 320 Seiten, 19,99 Euro.
Die Schickssalsschläge,
um die es geht, werden allzu
schmerzlos literarisiert
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thorsten Gräbe ist geteilter Meinung über das Erzähldebüt der amerikanischen Autorin Robin Black. Der Band enthält laut Gräbe sowohl starke Stücke, die Zweifel anmelden an der Erzählbarkeit unserer Daseinsgeschichten, aber auch nah am Sozialkitsch angesiedelte Texte. Die meisten von Blacks Figuren müssen mit Verlusten umzugehen lernen, schreibt Gräbe. Am besten gefallen haben ihm diejenigen Geschichten im Band, die von Trauer, Schmerz, Scheitern handeln und davon, wie sich darüber sprechen lässt - oder eben nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2013

Tröstlicher Selbstbetrug
Verlustvariationen: Robin Blacks Erzählungen

Nach einem Leben in drittrangigen Kleinstädten wollte Cliff Kurek "irgendwo sterben, wo es schön ist". Deshalb sind er und seine fünfzehn Jahre jüngere Frau Jean aufs Land gezogen, in ein Cottage im westlichen Massachusetts. Doch während Cliffs Welt kleiner wird und ihn mit achtzig Jahren bloß noch die Einrichtungsshows im Fernsehen interessieren, wachsen Jeans Beete jedes Jahr etwas weiter, "als wäre das Haus wie ein Kieselstein geworfen worden und bildete statt Ringen im Wasser diese langen, geschwungenen Beete ringsherum".

Dass Jeans linker Arm seit ihrem Schlaganfall gelähmt ist, bemerkt der alte Mann nicht mehr. Den Schlaganfall hatte sie ihm und den Kindern ohnehin verschwiegen und ihren Krankenhausaufenthalt einer schweren Bronchitis zugeschrieben. Als die Tochter überraschend ihren Besuch ankündigt, knüpft Jean einen Schal umständlich mit der guten Hand zur Schlinge, hängt den lahmen Arm hinein und lügt von einer Verstauchung. Die Tochter, Brooke, hat Mann und Kinder daheim gelassen, kocht aber einmal ein üppiges Abendessen für die Eltern und einen Gast, der wohl ihr Liebhaber ist.

Über dreißig Seiten der Erzählung "Tableau vivant" verwebt die amerikanische Autorin Robin Black die Tage von Brookes Besuch und die Jahre der vom Alter gezeichneten Ehe der Eltern. Dann durchmisst Black auf vier Seiten rasch die nächsten Monate. Cliff stirbt, "ruhig, ohne Vorwarnung, außer der Anzahl der Tage, die er gelebt hatte". Über den Gast von damals erfährt Jean von Brooke nur, dass die beiden keinen Kontakt mehr haben. Jenes Abendessen mit all seinem Unbehagen allerdings wird für die Tochter, und bald mehr und mehr auch für die Mutter, zu einem immer wieder abgerufenen, immer milder ausgemalten Erinnerungsbild.

"Tableau vivant" zählt zu den stärksten der zehn Erzählungen in Blacks Debütband "Wenn ich Sie liebte, würde ich Ihnen die Wahrheit sagen". Wie der tröstliche Selbstbetrug von Mutter und Tochter die Frage aufwirft, was das Vergehen der Zeit mit den Erinnerungen macht, so erkundet Black auf gelungene Weise auch andere Zweifel an der Erzählbarkeit unserer Lebensgeschichten. Die fahrige Ich-Erzählerin in "Erdung" sucht Zusammenhänge zwischen Schicksals- und Stromschlägen, um vom Selbstmord ihres wahnsinnigen Vaters und vom elektrisch aufgeladenen Badewasser ihrer Tochter reden zu können.

Unglücklich wirkt dagegen der Ansatz der erzählerischen Verunsicherung in der Geschichte "Wenn ich Sie liebte", die als besorgter Brief an einen Nachbarn formuliert ist. Der Nachbar hat die Grundstücke neu vermessen lassen, darf nun mehr Land beanspruchen und lässt einen Zaun errichten, der die Auffahrt der Briefautorin unbenutzbar macht. Sie schreibt, dass sie Krebs haben, ihr Sohn behindert sei und ihr Mann seine Arbeit verlieren könnte. Der moralische, an mögliches Leid geknüpfte Appell lässt sich als Sozialkitsch lesen oder als konservative Karikatur darauf; eine überzeugende Erzählung ergibt das jedoch nicht.

Blacks Figuren erfahren oder befürchten Verluste. Ein Vater begleitet seine siebzehnjährige Tochter zum ersten Kurs mit ihrem neuen Blindenhund und denkt nicht gern daran, dass sie bald daheim ausziehen wird, um zu studieren. Eine Mutter muss sich der Erinnerung an ihren jung gestorbenen Bruder stellen, als ein Freund ihres Sohns bei einem Unfall ums Leben kommt. Die besten Geschichten handeln auf bewegende Weise davon, wie wir über Trauer, Schmerz und Scheitern sprechen - und wann bloß Schweigen bleibt.

THORSTEN GRÄBE

Robin Black: "Wenn ich Sie liebte, würde ich Ihnen die Wahrheit sagen". Erzählungen.

Aus dem Amerikanischen von Brigitte Heinrich. Luchterhand Literaturverlag, München 2012. 320 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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