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Norddeutschland 1948: In einem Lazarett der britischen Truppen lernt Inga, eine junge Deutsche, Alec Hayden kennen einen Offizier, der zerbrechlich wirkt, aber eine geheimnisvolle Aura besitzt. Inga, von dem unnahbaren Mann mit dem fahlen Gesicht merkwürdig angezogen, begreift rasch, dass Hayden nur eine Leidenschaft kennt: Er ist ein Spieler, besessen von den Karten. Doch diese Entdeckung schreckt sie keineswegs ab. Denn in der Tristesse der Nachkriegszeit träumt die lebenshungrige Inga von Abwechslung, Abenteuer und dem großen Glück. Was wäre, stellt sie sich vor, wenn sie selbst einmal das…mehr

Produktbeschreibung
Norddeutschland 1948: In einem Lazarett der britischen Truppen lernt Inga, eine junge Deutsche, Alec Hayden kennen einen Offizier, der zerbrechlich wirkt, aber eine geheimnisvolle Aura besitzt. Inga, von dem unnahbaren Mann mit dem fahlen Gesicht merkwürdig angezogen, begreift rasch, dass Hayden nur eine Leidenschaft kennt: Er ist ein Spieler, besessen von den Karten. Doch diese Entdeckung schreckt sie keineswegs ab. Denn in der Tristesse der Nachkriegszeit träumt die lebenshungrige Inga von Abwechslung, Abenteuer und dem großen Glück. Was wäre, stellt sie sich vor, wenn sie selbst einmal das richtige Blatt in Händen halten und den großen Coup landen würde? Ohne lange nachzudenken, setzt Inga alles auf eine Karte und droht alles zu verspielen: das wenige, was ihre Eltern noch besitzen, ebenso wie ihre Ehre und ihr Glück. Und in diesem Moment erkennt Hayden, dass Inga ihm mehr bedeutet, als er sich eingestehen wollte. Und dass es für ihn im Leben noch Wichtigeres gibt als das Spiel ...
Autorenporträt
Michael Wallner, geboren 1958 in Graz, war Schauspieler am Wiener Burgtheater und am Schillertheater in Berlin. Arbeit als Opern und Schauspielregisseur, u. a. in Hamburg, Wien, Bern und Düsseldorf. Romanveröffentlichungen. Auszeichnung mit dem Literaturpreis der Stadt Wetzlar. Der Autor lebt als freier Schriftsteller in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2007

In den Untiefen der Spielsucht
Durchkomponiert: Der neue Roman von Michael Wallner

Gäbe es eine Erfolgsformel für Literatur, hätte Michael Wallner in seinem neuen Roman "Zwischen den Gezeiten" gewiss alles richtig gemacht. Er kombiniert zahlreiche Elemente, die die Verkaufszahlen befördern könnten: eine durch und durch rührende, liebenswert naive Heldin, eine große Liebe, Laster und Geheimnisse, Verbrechen, einen Todesfall und dazu das Kolorit der Nachkriegszeit mit Lebensmittelmarken, Schwarzmarkthandel und flackernden Petroleumlampen.

Diese Ingredienzien lassen das Buch leicht als ambitioniertes Produkt von allzu glatter Professionalität erscheinen. Die vorsichtig-tastende Annäherung an die Hauptfigur, die achtzehn Jahre alte Inga, weckt dennoch ein gewisses Interesse. Im Norddeutschland der Nachkriegszeit sucht Wallners Heldin nach ihrem Glück und gerät dabei in nicht kalkulierbare Abenteuer. Sie arbeitet als zivile Angestellte in einem britischen Militärlazarett und verliebt sich in den unnahbaren schottischen Offizier Alec Hayden, der besessen ist vom Kartenspiel. Inga, unschuldig und voller versponnener Ideen, gerät in eine Pokerrunde und verirrt sich ins Milieu der Spieler, Schieber und Spekulanten. Sie verliert ihre Ersparnisse und versetzt auch die wertvolle, spätmittelalterliche Madonna ihrer Eltern. Außerdem befreit sie aus Versehen einen geschmuggelten Nerz, stiehlt Geld, um Alecs Schulden zu begleichen, und wird schließlich ins Gefängnis geworfen. Die Welt ist groß, zu groß, als dass diese kleine Heldin etwas ausrichten könnte. Sie hat keine Chance, die Fäden in die Hand zu nehmen.

Am Tiefpunkt ihrer Laufbahn aber mündet der Erzählfluss in die heile Welt des Entwicklungsromans. Nach und nach erkennt Inga die Grenzlinie zwischen Wunsch und Realität. Die Ahnung um die Komplexität der Zusammenhänge sickert langsam in ihr Bewusstsein ein. Am Ende weiß sie, wo sie hingehört - das übermütige Mädchen, das nie "einen Blick nach hinten" warf, dieses Muster juvenilen Lebenshungers, wappnet sich mit der abgeklärten Seelenhärte Erwachsener. Auch die Nebenfiguren folgen bewährten Mustern. Alec Hayden, ein Spieler und Süchtiger, erhebt sich am Ende in einem Akt des Altruismus moralisch über die eigenen Schwächen - man hat es schon vorausgeahnt. Ebenso berechenbar wirkt Ingas psychisch angegriffener Vater, der im Dritten Reich Bahnhofsvorsteher war und die dunklen Flecken in seiner Vergangenheit zu übertünchen bemüht ist.

An Wallners Buch gibt es handwerklich nichts auszusetzen. Der Plot ist schlüssig, geschickt wird ein Spannungsbogen aufgebaut, und nie wird einer Figur allzu früh ihr Geheimnis entrissen. Die Diktion ist klar und präzise. Wallner verfügt über die sprachlichen Mittel des literarischen Virtuosen, der technisch versiert zu erzählen weiß.

Es gibt jedoch eine Langeweile, die aus der Gekonntheit resultiert: Wallners Roman ist so routiniert geschrieben, dass er nicht zu ergreifen vermag. Die Moral am Ende ist unmissverständlich, Deutungsarbeit wird dem Leser nicht zugemutet. Die Möglichkeiten der Literatur, zu verwirren oder zu betören, das Verborgene, das Zweideutige und schwer Fassbare sichtbar zu machen, kann und möchte dieses Buch nicht erproben. Womöglich wollte der 1958 in Graz geborene Autor an den Erfolg seines letzten Romans "April in Paris" (2006) anknüpfen, einer Geschichte um einen jungen deutschen Wehrmachtssoldaten, der sich in eine Résistance-Kämpferin verliebt. "Zwischen den Gezeiten" bietet solide, mit ein bisschen Tiefsinn aufgehübschte Unterhaltung, erzählt von Leichtsinn und Gefahr, Läuterung und Reifung - nichts Neues, aber gefällig. Auch wenn die junge Heldin den Leser für sich einzunehmen vermag, bleibt dieses Buch nicht lange in Erinnerung. Es vereint Nutzen und Nachteil einer Konserve: Weder enttäuscht noch überrascht es.

ANDREA NEUHAUS

Michael Wallner: "Zwischen den Gezeiten". Roman. Luchterhand Literaturverlag, München 2007.

256 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Andrea Neuhaus fällt das Buch in die Kategorie Konservenliteratur: Weder enttäuschend noch überraschend. Dass ein Roman auch zu gekonnt sein kann, dafür ist ihr Michael Wallners Text ein Beweis. Ein unterhaltsamer, schlüssiger Plot aus "Liebe, Laster und Geheimnissen", eine "klare" Diktion, handwerklich ist alles da, meint Neuhaus. Und doch fehlt der Rezensentin etwas Entscheidendes: Verwirrung und Zweideutigkeit und eine Schlussmoral, die vielleicht nicht ganz so eindeutig daherkommt. Schließlich, scheint Neuhaus zu denken, will der Leser doch nicht nur lesen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Er versteht sein Geschäft: Michael Wallner hat ein Gespür für Figuren, Stimmungen und heikle Themen." Westdeutsche Allgemeine Zeitung