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Ein Ingenieur in der Unterwelt: von Sturmmöwen, Kläranlagen, Kondomen und finnischen Männern kurz vor dem Nervenzusammenbuch
Jaako ist Ingenieur in Helsinki und kann sich glücklich schätzen, nach langer Arbeitslosigkeit einen befristeten Job gefunden zu haben - und zwar bei der städtischen Kläranlage. Das ist wichtiger denn je, denn seine Ehe steht auf der Kippe. Er ist nun dafür zuständig, dass die Helsinkier Scheiße reibungslos die unterirdischen Rüttelsiebe passiert. Doch je mehr er sich engagiert in seinem Job und je mehr Zeit er unter der Erde verbringt, desto verrückter kommt ihm die…mehr

Produktbeschreibung
Ein Ingenieur in der Unterwelt: von Sturmmöwen, Kläranlagen, Kondomen und finnischen Männern kurz vor dem Nervenzusammenbuch

Jaako ist Ingenieur in Helsinki und kann sich glücklich schätzen, nach langer Arbeitslosigkeit einen befristeten Job gefunden zu haben - und zwar bei der städtischen Kläranlage. Das ist wichtiger denn je, denn seine Ehe steht auf der Kippe. Er ist nun dafür zuständig, dass die Helsinkier Scheiße reibungslos die unterirdischen Rüttelsiebe passiert. Doch je mehr er sich engagiert in seinem Job und je mehr Zeit er unter der Erde verbringt, desto verrückter kommt ihm die moderne Welt mit ihren privaten und wirtschaftlichen Auswüchsen vor. Hat man ihn etwa absichtlich in die Kanalisation der Stadt verbannt?

Autorenporträt
Hannu Raittila, geb. 1956, gilt als einer der interessantesten und wichtigsten Autoren Finnlands. Man kennt ihn als Verfasser von Kolumnen, Hörspielen, Drehbüchern, Erzählungen und mehreren Romanen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.01.2010

Ein Frachter voller Plots
Hannu Raittila wäscht Finnlands Schmutzwäsche

Um ein Ding der Unmöglichkeit zu beschreiben oder zumindest eine unwahrscheinliche Kombination verschiedener Qualitäten wird gern das Sprachbild der "eierlegenden Wollmilchsau" bemüht. Die Literaturwissenschaft nennt so etwas "Hybridroman". Ein solcher Roman zeichnet sich durch erzählerische Vielstimmigkeit, wechselnde Perspektiven und häufig auch durch die komplizierte Verschachtelung von Zeit- und Fiktionsebenen aus. Wie der Begriff "Vielstimmigkeit" bereits nahelegt, weisen derartige Werke auch eine enge Verwandtschaft mit dem Hörspiel auf - und ein solches steht auch im Mittelpunkt des zweiten Romans des finnischen Autors Hannu Raittila.

Dieses Hörspiel trägt den Titel "Der Untergang der Pamisos" und ist eine Art Wirtschaftskrimi aus der Zeit kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Nur sehr langsam entspinnt sich zwischen den Erzählstimmen der Radiojournalistin Laura, ihres technischen Mitarbeiters Pena und des Polizisten Pajala die Geschichte vom sonderbaren Schicksal eines Schiffes und seiner Besatzung. Die drei versuchen im Jahre 2004 anhand von Tonbändern einen alten, aber nicht verjährten Fall wieder aufzurollen: Der Frachter Pamisos lag im Herbst 1991 zwei Monate auf dem offenen Meer bei Helsinki vor Anker, an Bord eine unbezahlte Besatzung aus Finnen und Filipinos, mehrere Container voller Gammelfleisch und eine Schafherde.

Die Gründe der vorherigen Odyssee des Schiffs, die Machenschaften seiner wechselnden Besitzer sowie sein schließlicher Verbleib sollen mit Hilfe der Tonbänder geklärt werden. Derjenige, der sie damals aufgenommen, also die Beteiligten interviewt hat und schließlich unter ungeklärten Umständen ertrank, war der Ehemann der Journalistin Laura - diese wird so durch die Rekonstruktion des Falles auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und einer unverarbeiteten Trauer konfrontiert.

Erst nach fast dreihundert Seiten erfährt der Leser, dass all das nur die Erfindung eines erkrankten Erzählgeists ist, der sich dem Leser von nun an in Tagebuchform mitteilt. Laura entpuppt sich als Alter Ego einer Frau namens Lena, der vermeintlich Ertrunkene lebt und arbeitet in einer Kläranlage, die als Metapher für den Verarbeitungsprozess des Fiktionengewirrs herhalten soll. Raittila will viel, vielleicht zu viel zugleich mit dieser Konstruktion erreichen: Sie soll das Prisma einer Gesellschaft in der Wirtschaftskrise liefern, was teilweise überzeugend gelingt. Sie will Liebesgeschichte und Geschlechterkampfdokument sein - mit der Figur der unbeirrbaren Laura hat sie dafür ein starkes Argument. Sie bietet stellenweise gute, manchmal jedoch etwas deplazierte humoristische Einlagen. Für Magnetbandgeräte und Richtmikrofone muss sich nicht jeder interessieren, für den Inhalt finnischer Kläranlagen auch nicht unbedingt. Der Sog eines Kriminalromans entsteht in manchen Kapiteln, dann wieder stockt das Klärungssystem, weil der Autor einmal zu oft an der Metafiktionsschraube dreht.

Schlimmer aber ist, dass auf der Metaebene die persönlichen Besonderheiten Lenas mit medizinischem Fachvokabular entlarvt werden sollen: Solcher Geheimnisverrat, der die Dinge auf den Begriff bringt, steht guter Literatur nicht zu, sie sollte vielmehr darauf vertrauen, sie mit den ihr eigenen, eben poetischen Mitteln beschreiben zu können. Eine restlose Klärung vermag nur den Kriminalisten zu beglücken. Hier muss sich der Hybridroman entscheiden, was er will.

JAN WIELE.

Hannu Raittila: "Die Klärung". Roman. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Luchterhand Literaturverlag, München 2009. 392 S., br., 10,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht uneingeschränkt glücklich ist Rezensent Jan Wiele mit Hannu Raittilas Roman "Die Klärung". In Teilen hat ihn das Buch durchaus gefallen: immer wieder findet er den Roman spannend und humorvoll. Sein Kritikpunkt betrifft indes die überladene Konstruktion des Werks, in dem sich ein Wirtschaftskrimi erst nach 300 Seiten als Erfindung eines Tagebuchschreibers, der in einer Kläranlage arbeitet herausstellt: hier trägt Raittila in seinen Augen zu dick auf, dreht "einmal zu oft an der Metafiktionsschraube". Zudem kritisiert Wiele, dass der Autor auf der Meta-Ebene die Besonderheiten einer der Protagonistinnen mit medizinischem Fachvokabular entlarvt: "Solcher Geheimnisverrat, der die Dinge auf den Begriff bringt, steht guter Literatur nicht zu", resümiert der Rezensent, "sie sollte vielmehr darauf vertrauen, sie mit den ihr eigenen, eben poetischen Mitteln beschreiben zu können."

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