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Der Fall der drei toten, lachenden Ausländer ist rätselhaft. Rafael Corrales von der Guardia Civil macht die Quallen an der Costa Brava dafür verantwortlich. Doch Inspektor Sakamura, der verehrungswürdige japanische Zenmeister von Interpol, hat einen Verdacht - und er hat offensichtlich recht. Sonst wäre ja auch nicht zu verstehen, warum der Präsident der autonomen Regionalregierung Kataloniens trotz seiner heftigen Blähungen alles unternimmt, um die Ermittlungen des wahnwitzigen Pärchens Sakamura und Corrales zu behindern. Sogar die Dienste der unerhört teuren und mit allen wirkungsvollen…mehr

Produktbeschreibung
Der Fall der drei toten, lachenden Ausländer ist rätselhaft. Rafael Corrales von der Guardia Civil macht die Quallen an der Costa Brava dafür verantwortlich. Doch Inspektor Sakamura, der verehrungswürdige japanische Zenmeister von Interpol, hat einen Verdacht - und er hat offensichtlich recht. Sonst wäre ja auch nicht zu verstehen, warum der Präsident der autonomen Regionalregierung Kataloniens trotz seiner heftigen Blähungen alles unternimmt, um die Ermittlungen des wahnwitzigen Pärchens Sakamura und Corrales zu behindern. Sogar die Dienste der unerhört teuren und mit allen wirkungsvollen erotischen Waffen gesegneten Agentin 69 nimmt er in Anspruch. Währenddessen hat Paquito, der Präsident Spaniens, den Verdacht, dass »da was faul ist in Katalonien«. Der dickbäuchige baskische Landesführer Satrústegui dagegen stellt sich dumm, obwohl er weiß, was passiert. Bis die haarsträubende Aktion eines Kommandos der baskisch-nationalistischen »Unaussprechlichen« den nationalen Ausnahmezustand auslöst, der sogar die galoppierende wirtschaftliche Krise, unter der das Land zu leiden hat, kurzfristig in den Hintergrund drängt.
Autorenporträt
Pablo Tusset, geboren 1965 in Barcelona, arbeitete seit seinem dreizehnten Lebensjahr als Maurergehilfe, Möbelpacker, Straßenverkäufer, Nachtwächter, Graphiker, Tankwart, Blumenverkäufer und Programmierer. Als Schriftsteller schreibt er unter Pseudonym. Durch sein Bestsellerdebüt »Das Beste, was einem Croissant passieren kann« (FVA 2003) wurde er mit einem Schlag berühmt. Seit dem Erscheinen seines zweiten Romans »Im Namen des Schweins« (FVA 2008), der in Spanien wochenlang die Nummer eins auf den Bestsellerlisten war, hat sich der Autor selbst wie in Luft aufgelöst. Nach »Sakamura, Corrales und die lachenden Leichen« (FVA 2010), legte er 2013 den Roman »Oxford 7« in der FVA vor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2010

Nonsens mit Olivenöl
Da lachen ja die Toten: Pablo Tusset legt nach

Ein dickbehäbiger, schnurrbärtiger Polizist der Guardia Civil, dem das Hemd etwas aus der Hose gerutscht ist; ein schmächtiger, weißhaariger Japaner mit hoher Stirn, der so konzentriert aussieht, als ob er mit Stäbchen Fliegen fangen könnte - die Cartoonfiguren auf dem Buchumschlag spiegeln die überzeichneten Charaktere in Pablo Tussets Kriminalsatire "Sakamura, Corrales und die lachenden Leichen" angemessen wider.

Wenn der japanische Interpol-Inspektor den Tag sehr früh mit Kampfsportübungen auf dem Balkon beginnt, zieht er sogleich den Zorn der spanischen Nachbarschaft auf sich; angesichts feinster Cholesterinspeisen aus dem Olivenöl-Paradies bleibt er im Gegensatz zu seinem Partner Corrales vehement asketisch. Dieser ist zunächst auch sehr verwundert darüber, dass Sakamura sich bei Zeugenvernehmungen mehr für das Feng Shui in deren Wohnungen zu interessieren scheint als für die Sache, dabei aber dennoch zum Erfolg gelangt. Was es mit den besagten Leichen dreier Touristen auf sich hat, die mit einem merkwürdigen Grinsen im Gesicht an der Costa Brava aufgetaucht sind, muss das ungleiche Ermittlerduo auf einigen Umwegen herausfinden. Die hat der Autor dieser Nonsens-Geschichte so angelegt, dass Katalonien mit Umgebung insbesondere kulinarisch erschlossen wird.

Die höchsten Gesellschaftskreise Spaniens werden dabei ziemlich erniedrigend dargestellt; bei der Schilderung von Körperfunktionen zu komischen Zwecken kann das Werk es spielend mit einem Louis-de-Funès-Film aufnehmen. Ob er auch kriminelle baskische Separatistengruppen für satirefähig hält, bleibt dem individuellen Leser überlassen - wenn sie sich in Wirklichkeit so dümmlich und harmlos verhielten wie in der Fiktion, hätte Spanien gewiss mehr zu lachen. Ernst nimmt Tusset dagegen die Sprache der Minderheiten auf der Iberischen Halbinsel, die er ausgiebig zitiert und die auch eine wichtige Rolle bei der Aufklärung des Falles spielt.

Dass das Buch mehr sein will als ein gewöhnlicher Krimi, zeigt sich somit stellenweise, wenngleich die explizite Bezeichnung als Roman hinter einem derart genrespezifischen Titel recht gewagt wirkt. Mit seinen zwei vorausgehenden Werken hat Pablo Tusset in Spanien Bestsellerstatus erlangt und wurde auch hierzulande besonders für das letzte, "Im Namen des Schweins", gerühmt, das als epische Allegorie auf ein berühmtes Gemälde von Hieronymus Bosch angelegt ist. Etwas unter dem Niveau dieses Vorgängers bietet Tusset hier gehobene Unterhaltungsliteratur, die also mehr delektiert als nützt, wenngleich man immerhin einiges über die Regionen und Ethnien Spaniens lernt.

Die Lektüre lohnt sich allerdings schon für einen einzigen Satz des Buches, der die blühende Phantasie des Autors auf das schönste hervorkehrt. Entfaltet wird darin ein architektonischer Traum, den der Präsident der Region Aragonien beim Essen dem spanischen Ministerpräsidenten unterbreitet: "Der Plan bestand darin, zwischen Bujaraloz und Fraga einen schiffbaren Fluss anzulegen und sich von Santiago Calatrava die organisch-futuristischen Brücken dazu bauen zu lassen, Rafael Moneo sollte in schlichten, klaren Formen einen einzigartigen Themenpark zu den verschiedenen Epochen Goyas (vor und nach seiner Taubheit) konzipieren, Frank O. Gehry mehrere dekonstruktivistische Indoor-Pétanque-Felder entwerfen und Norman Forster einen internationalen Flughafen bauen, der die Anreise aus Asien und den Vereinigten Staaten für die Touristen deutlich erleichtern würde." Wer bei dieser sich ins Groteske steigernden Humorkaskade nicht vor Lachen sein Eis verschluckt, dem ist nicht mehr zu helfen.

JAN WIELE

Pablo Tusset: "Sakamura, Corrales und die lachenden Leichen". Roman. Aus dem Spanischen von Ralph Amann. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2010. 300 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.09.2010

Don Dosenbefruchter und der Rüschelbrunzer
Sehr derb und maßlos dämlich: Pablo Tusset hat eine herrenwitzige Satire über die spanischen Minderheiten geschrieben
Nicht weniger als drei Leichen hat es bislang an der Costa Brava gegeben, die dieselbe Merkwürdigkeit verbindet (und ein vierter Toter kommt alsbald dazu): Sie haben ein Lächeln im Gesicht, das aussieht, als wären sie in einem Zustand höchster Glückseligkeit gestorben – und in der Tat weisen alle einen außergewöhnlich hohen Endorphin-Spiegel im Körper auf. Dazu sind sie allesamt Ausländer, die sich gerade viel Mühe gaben, die katalanische Sprache zu erlernen, als der Tod sie ereilte.
Ein klarer Fall für Corrales und Sakamura! Corrales ist Beamter der Guardia Civil, des letzten Stückchens zentralstaatlicher Hoheit, das die spanische Regierung im autonomen und bockigen Katalanien noch unterhält, und Inspektor Sakamura wurde von Interpol entsandt. Beide Figuren, wie auch der Großteil des riesigen sonstigen Personals, sind bis ins Comic-hafte überzeichnet (ein Comic-Porträt dieses Paars schmückt denn auch den Schutzumschlag). Während Sakamura fernöstliche Weisheiten mit karikaturistischem Schlitzaugen-Akzent von sich gibt und Kampfkünste beherrscht wie Bruce Lee, glänzt sein mediterraner Gegenpart eher durch Charme bei den Frauen, oder was er dafür hält.
Es treten ferner auf: der Regionalpräsident von Katalanien, der von habitueller Flatulenz geplagt wird, der spanische Ministerpräsident, der ständig lustvoll in der Nase bohrt, und der Regionalpräsident des Baskenlandes, der gerade mit Mühe seine Zehennägel schneidet, als er dem Leser entgegentritt, denn er langt kaum mehr über seinen Bauch bis zu den Füßen hinab. Als Katalysator agiert die Agentin 69 (der Name sagt viel über den Humor des Buches), die als Geheimwaffe im weißen Porsche die männliche Aufmerksamkeit von gewissen Dingen ablenken soll, während wiederum die Emanzipationsministerin darüber nachgrübelt, ob die Wollmützen der Lappinnen am Polarkreis (welches Problem läge Spanien näher?) nicht auch eine verkappte Art von Burka und damit entschieden zu bekämpfen seien.
Das ist alles recht lustig, aber es trägt mit seinem herrenwitzhaften Slapstick nicht über die dreihundert Seiten von „Sakamura“, dem neuen Roman des Katalanen David Homedes Cameo, der unter dem Pseudonym Pablo Tusset veröffentlicht. Am unterhaltsamsten sind noch die baskischen Spaß-Guerilleros mit dem schönen Akronym IKEA, gerade weil sie so bierernst (und öfters tölpelhaft) vorgehen. Sie entführen, getarnt als Extremradsportler mit Sonnenbrillen, den Ministerpräsidenten, indem sie über seinen Wagen und die Fahrzeuge seiner Leibwächter jählings riesige Autoplanen werfen und diese verschnüren; die Überwältigten halten still wie Kanarienvögel, wenn man zur Nacht ein Tuch über ihren Käfig breitet.
Die Basken nämlich sind im Bilde über den Neuro-Konfigurator, den die katalanische Regionalregierung auf dem Schwarzmarkt von irgendwelchen islamischen Fundamentalisten gekauft hat und der bewirkt, dass der Behandelte sich im Nu nicht nur eine neue Sprache, sondern auch die zugehörige Mentalität zu eigen macht. Die vier glückseligen Toten waren an dem Glück gestorben, plötzlich katalanisch denken und fühlen zu dürfen! Diese Auflösung des verworrenen Plots darf deswegen ungescheut verraten werden, weil sie über jedes vertretbare Maß hinaus dämlich ist.
Die Basken also rekonfigurieren auf solche Weise den Ministerpräsidenten, und allmählich beschleicht den deutschen Leser das beklemmende Gefühl, auf ein fremdes Familienfest geraten zu sein. Hier gibt es binnenspanische Scherze ohne Ende. Der umgepolte Ministerpräsident beherrscht, zum Entsetzen seiner braven Gattin, bloß noch Baskisch, das ellenlang zitiert wird, zum Beispiel „Zer dio ergel horrek?“ (Was labert dern für Scheiß?), wahrscheinlich ein echter Schenkelklopfer auf der iberischen Halbinsel. Die Basken können die Katalanen nicht leiden, die Katalanen nicht die Aragonier, und während die Bewohner der Region Valencia es sich auf Entschiedenste verbitten, mit den Katalanen in einen Topf geworfen zu werden, hat der Regionalpräsident von Asturien bei der Krisensitzung eine lebende Seespinne dabei, die im falschesten Augenblick anfängt, Unfug zu treiben („Da seht ihr mal, wie frisch sie ist!“). Die Kanarischen Inseln wiederum beantragen wütend eine Förderung für ihren geplanten Hochgeschwindigkeits-Zug. Alles sehr plastisch und derb und für den deutschen Leser nur ungefähr so weit zu entschlüsseln, wie es wohl umgekehrt einem Spanier gelänge, wenn ein Ostfriese einen Oberpfälzer anulkt.
Einer wahrlich undankbaren Aufgabe hat sich der deutsche Übersetzer Ralph Amann mit großer Geschmeidigkeit unterzogen. Er ersinnt deutsche Äquivalente für unerträglich provinziellen Dialekt und die überaus einfallsreiche Kunst der Beschimpfung im europäischen Südwesten: „Sie, Don Dosenbefruchter, es dürfte keinem ehrbaren Spanier entgangen sein, was für ein Rüschelbrunzer Sie sind!“ So kriegt auch der Nicht-Iberer, der sonst einfach draußen bliebe, wenigstens etwas mit von dem, was sich in einem Land begibt, wo die alten Ehefrauen immer noch mit der Bratpfanne in der Hand hinter der Tür auf ihre aushäusigen Gatten lauern, während zugleich die jungen Machos für ihre Geliebten tantrische Kurse in Ejakulationsverzögerung belegen.
Zu guter Letzt einigt man sich darauf, über alle Partei-und Regionalgrenzen hinweg, die geschäftsschädigenden nordeuropäischen Leichen mit ihren erstarrten lächelnden Gesichtern auf das Konto einer eingeschleppten Quallenspezies und deren Gift zu buchen. Hier spätestens wird die Erzählung allegorisch. Sollte nach Griechenland demnächst auch Spanien zahlungsunfähig werden, wird es dort unter allen Umständen einen Konsens geben, der das tödliche Produkt des heimischen Konfigurators auf eine fremde Qualle schiebt. BURKHARD MÜLLER
PABLO TUSSET: Sakamura, Corrales und die lachenden Leichen. Aus dem Spanischen von Ralf Amann. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2010. 299 Seiten, 19,90 Euro.
Pablo Tusset auf einem Porträtgemälde. Foto: Frankfurter Verlagsanstalt
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Auch wenn Jan Wiele erkennen muss, dass Pablo Tusset mit diesem Krimi, in dem ein japanischer, dem Feng Shui zugetaner Interpol-Inspektor und eine paar weitere schön überzeichnete Gestalten in Katalonien auf Mördersuche gehen, hinter seinen früheren Arbeiten zurückbleibt, fühlt er sich mit diesem Buch gut unterhalten. Neben Humorkaskaden bietet der Autor dem Rezensenten sogar Informatives über Spaniens Regionen und Ethnien, schau an. Ob baskische Separatisten satiregeeignet sind, möchte Wiele lieber nicht entscheiden, ob der Band die Bezeichnung Roman verdient, dagegen schon: Eher nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH