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"Ein vergleichsweise kleines Arschloch" - Eine bitterböse Gesellschaftssatire "Die große Verschwendung" ist der entschlossene Blick hinter die Kulissen eines Politskandals, der uns merkwürdig bekannt vorkommt! Und ein so komischer wie berührender Roman über heftig kriselnde Männlichkeit und die hinterhältigen Verheißungen eines zweiten Frühlings.
Dr. Georg Glabrecht ist fünfzig und schwermütig, seine Ehe liegt seit Jahren in Agonie. Als grüner Wirtschaftssenator ist er ein virtuos sarkastischer Machtpragmatiker, der seine Untergebenen nur mit Kürzeln anspricht. Im Zusammenhang mit einem
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Produktbeschreibung
"Ein vergleichsweise kleines Arschloch" - Eine bitterböse Gesellschaftssatire "Die große Verschwendung" ist der entschlossene Blick hinter die Kulissen eines Politskandals, der uns merkwürdig bekannt vorkommt! Und ein so komischer wie berührender Roman über heftig kriselnde Männlichkeit und die hinterhältigen Verheißungen eines zweiten Frühlings.
Dr. Georg Glabrecht ist fünfzig und schwermütig, seine Ehe liegt seit Jahren in Agonie. Als grüner Wirtschaftssenator ist er ein virtuos sarkastischer Machtpragmatiker, der seine Untergebenen nur mit Kürzeln anspricht. Im Zusammenhang mit einem größenwahnsinnigen eventkulturellen Renommierprojekt - der Maritimen Erlebniswelt mit der Maritimen Oper - verliebt Glabrecht sich in die junge Mitarbeiterin eines zwielichtigen Investors, mit dem er als Politiker paktieren muss.
Und auch privat spürt er mehr als deutlich die Verlockungen der internationalen Geldströme und der Angebote, die ihm von dort unterbreitet werden. Es ist also wohl nur eine Frage der Zeit, bis er gewaltig ins Straucheln gerät.
Autorenporträt
Schömel, Wolfgang
Wolfgang Schömel, geboren 1952 in Bad Kreuznach, studierte Literatur und Philosophie in Mainz und Bremen. Er veröffentlichte Arbeiten u. a. über den heroischen Pessimismus, über Nietzsche und Ingeborg Bachmann. Literarische Arbeiten im »Merkur«, in der »Krachkultur« und der Frankfurter Rundschau.

Schömel ist seit 1989 Hamburger Literaturreferent, seit 1992 Mitherausgeber des literarischen Jahrbuchs »Hamburger Ziegel«.

Für die Titelgeschichte von Die Reinheit des Augenblicks erhielt Schömel den Georg-K.-Glaser-Preis 2003.
2005 hat er den Preis »Buch des Jahres« erhalten, der vom Förderkreis deutscher Schriftsteller in Rheinland-Pfalz vergeben wird.
Außerdem wurde Wolfgang Schömel im November 2012 von seiner Heimatstadt Bad Kreuznach mit dem Städtischen Förderpreis für Literatur ausgezeichnet.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.03.2011

Fratzen, Frauen und eitle Idioten
Wolfgang Schömel verrührt kulturpolitische Skandalgeschichten und Altherrenphantasien zu einem Kolportageroman
Was muss dieser Mann an seinem Arbeitsplatz leiden. Wolfgang Schömel arbeitet in der Hamburger Kulturbehörde als Referent für Literatur, und zwar seit 1989. In dieser Zeit muss Schömel ein geradezu hasserfülltes Verhältnis zur Politik entwickelt haben, denn sonst schreibt ein Angestellter, der um seinen Arbeitsplatz besorgt ist, nicht solch einen Kolportage-Roman. In „Die große Verschwendung“ gibt es keinen einzigen sympathischen Politiker, keine Entscheidung, die nicht von tiefstem Zynismus durchdrungen ist, kein Gewissen, nur Kalkül.
Völlig unverblümt vermischt Schömel einige kulturpolitische Skandalgeschichten der letzten Jahre aus Hamburg und Bremen (seinem Zweitwohnsitz) zu einem schrillen Abgesang auf die Politiker-Kaste: die peinlichen Possen der BILD-Journalistin Dana Horáková, die zwischen 2002 und 2004 Schömels Vorgesetzte als Kultursenatorin war, den Bremer Skandal um das absurde Space-Center, das – mit staatlichen Millionenbeträgen realisiert – und, kaum eröffnet, schon wieder geschlossen werden musste, und natürlich die groteske Entwicklung von Deutschlands berühmtester Problembaustelle, der Elbphilharmonie.
Um diese Verfehlungen wirklich süffisant ausmalen zu können, hat sich Schömel eine Figur geschaffen, die alle Vorurteile über die Arroganz der Macht in sich vereint. Dr. Georg Glabrecht, grüner Wirtschaftssenator in einem fiktiven Bremen, ist ein Mann ohne jede Überzeugung, der aus reinem Opportunismus und in vollem Bewusstsein über die Konsequenzen das Großprojekt „Maritime Oper“ ins Debakel führt. Sein Selbstbewusstsein gewinnt dieser langweilige Egoist allein aus der Häme und Herablassung, mit der er seinen eigenen Betrieb in inneren Monologen abqualifiziert.
Höhnisch analysiert er alle Hohlformeln und Prestige-Projekte des modernen Stadtmarketings als dämlich und absurd, begleitet mit Sarkasmus, wie der Investor die Stadt über den Tisch zieht, und macht sich einen Spaß daraus, die Lügen der Politik sprachlich noch zu verschlechtern. Alles Deppen, außer Glabrecht. So stellt sich die selbstgefällige Welt dieser vermutlich satirisch gemeinten Figur dar.
Doch weil diese Hassgestalt ständig nur die Schemen reproduziert, die sich einfältige Menschen von den Machenschaften der Politik machen, ist Schömels Porträt eines Provinzsenators nicht komisch, sondern stumpf. Die ständige Simplifizierung komplexer Vorgänge zum Zwecke der Politikerschelte, mit der Schömel seine Demokratie der eitlen Idioten erschafft, ist letztlich Denunziation, nicht Literatur. Und der Gestus des Insiders, der hier vermeintliche Interna aus dem Behördenalltag hinter den schweigenden Mauern der Presseabteilungen hervorzieht, macht dieses Auskotzen eines Fachbereichsleiters eher degoutant.
Vermutet man persönlichen Frust als Ursache dieses fratzenhaften Porträts (und die Hamburger Kulturbehörde steht tatsächlich nicht in dem Ruf, übermäßig motivierende Arbeitsverhältnisse zu haben), dann lässt sich Schömels langatmiger Wutausbruch noch irgendwie als falsch verstandenes Beißbrett entschuldigen. Wirklich unappetitlich wird „Die große Verschwendung“ aber in den zwei Dritteln, die sich mit dem Privatmenschen Georg Glabrecht beschäftigen. Denn dort zeichnet ihn Schömel als notgeilen alten Sexisten, für den die Welt eine Fleischschau ist. Und diese Konstruktion nimmt der Literaturprofi zur Plattform, um darauf in ordinärstem Ton Altherrenphantasien zu verbreiten.
Frauen werden nur nach „Titten“ und „Ärschen“, ob ihr Fleisch noch fest oder schon schlaff ist, taxiert. Seitenlang werden die nächtlichen Sitzungen des Herrn Senators vor seinem Privat-PC bis ins flüssigste Detail beschrieben. Und natürlich verliebt sich dieser Vollblut-Chauvinist mit seinem Dauerständer in eine junge Frau, die ihn zu zügellosem Sex mit zahlreichen extravaganten Zutaten verführt. Anders als bei Michel Houellebecq, den sich Schlömel als Vorbild genommen haben mag, sind diese peinlichen Beschreibungen eines pornofizierten Bewusstseins aber nicht als Aspekt einer retardierten Gesellschaft präzise eingesetzt, sondern wirken einfach wie platte Wunschvorstellungen gepaart mit Lebensekel. Die Lektüre dieser Erlebnisse ist so peinigend wie die Tagebuchaufzeichnungen eines Zwangsonanisten.
Dass auch diese Passagen den Anspruch auf Satire erheben mögen, zerfällt als Rechtfertigung spätestens mit dem Schluss. Denn da führt Schlömel seinen Protagonisten in den Trennungsschmerz von Amt und Geliebter. Das junge Ding schnappt sich lieber den Investor als Mann, seine Regierung wird abgewählt, Glabrecht erleidet einen Herzkasper, und Schömels Ton wird so mitfühlend, als hätte er bis dahin nicht über 200 Seiten die Inquisition des Gewissens durch die Eigensucht beschrieben. Da kommt dann plötzlich der Verdacht auf, der Autor habe die ganze Zeit Sympathien mit seinem Helden gehabt. Aber das möchte man sich nach alldem wirklich als letztes nicht auch noch vorstellen müssen. TILL BRIEGLEB
WOLFGANG SCHÖMEL: Die große Verschwendung. Roman. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2011. 240 Seiten, 19,95 Euro.
Dr. Georg Glabrecht, fiktiver
grüner Wirtschaftssenator, ist die
Arroganz der Macht in Person
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.2011

Greise Kaffeefürsten, Parteigroupies und Günter Grass

Wolfgang Schömels Roman "Die große Verschwendung" ist politische Satire. Vor allem aber erzählt er vom Drama eines Mannes, der von romantischer Selbstverschwendung träumt - einsam und aufrichtig.

Ein Literaturförderer muss kein guter Schriftsteller sein, und wer über "Nietzsches heroischen Pessimismus" promoviert hat, muss nicht als aggressiver Kulturkritiker daherkommen. Wolfgang Schömel, seit mehr als zwanzig Jahren Literaturreferent im Hamburger Kulturamt, ist beides. Er kann erbarmungslos präzise beobachten, souverän und kühl bis erzählen; das und ein gewisser Selbsthass haben ihm eine - vorsichtig ausgedrückt - kritische Distanz zu seinem Geschäft bewahrt. Kulturpolitik ist für Schömel offenbar eine widerliche Veranstaltung, ein Schlachtfeld für eitle Tröpfe, schamlose Opportunisten, Quotenfrauen und Dummschwätzer.

Dr. Georg Glabrecht, grüner Wirtschaftssenator im Bremer Senat, bewegt sich wie ein Fisch in diesen trüben Gewässern und gehört doch nicht ganz dazu. Der ganze Betrieb geht ihm auf den Geist. Glabrecht hat für Vorgesetzte wie Untergebene nur Hohn und Häme übrig, und auch wenn der passionierte Selbstbeobachter sich morgens mit seinem "Rasierblick" im Spiegel betrachtet, empfindet er nur Ekel: schlaff das Fleisch, erschlafft der einst so stolze Geist. Dr. Glabrecht ist ein "vergleichsweise kleines Arschloch", aber seine rasiermesserscharfe Intelligenz, sein brutalstmöglicher Zynismus, sein unappetitlicher Sexismus und selbst seine sentimentalen Anwandlungen in der Natur machen ihn nicht eben zum Sympathieträger.

Wenn er "graubärtige Sesselfurzer" und "mimetische Arschkriecher" zum "innerlichen Radikalabschuss" freigibt, fühlt er (und offenbar auch sein Autor) sich wie Nietzsches Übermensch, heroisch einsam und gnadenlos aufrichtig. Glabrecht durchschaut die Regeln des Spiels und exekutiert sie mit gelangweilter Arroganz. Als Mann von Geschmack und feinem Sprachgefühl leidet er fast körperlich unter der Powerpoint-Prosa seiner Referatsleiter. Aber wenn sie mal wieder einen "Leuchtturm in der Wüste", ein nachhaltig arbeitendes Kompetenzzentrum oder ein innovativ vernetztes "Kreativ-Cluster" ausbrüten, geht er nicht mit der Peitsche dazwischen, sondern setzt noch einen Quantensprung oder ein Jahrhundertprojekt drauf.

Schömel weiß, wovon er spricht. Er kennt die Aktenvermerke der Behördensprache und die Vorgangsmappen der neudeutschen Eventkultur. Er hat in seinen Roman nicht nur O-Töne und Peinlichkeiten von realexistierenden Politikern eingebaut, sondern auch einen pfeifenschmauchenden Günter Grass beim Sponsorentreffen mit greisen Kaffeefürsten und Parteigroupies. Die "Maritime Oper", Glabrechts jüngstes Leuchtturmprojekt, erinnert an das 1994 in den Wesersand gesetzte Space Center; die Hamburger Elbphilharmonie ziert sogar das Cover.

Aber eigentlich interessiert sich Dr. Glabrecht nur für ein Jahrhundertprojekt: die Rekonstruktion seines Ego, das sich in der irrealen Parallelwelt von Mediendemokratie und Marketing-Neusprech physisch und psychisch aufzulösen droht. Der Leuchtturm seiner Männlichkeit hat Erektionsprobleme: Glabrecht, der Mann von fünfzig Jahren, steckt in der Midlife-Krise. Seine Frau, Kulturredakteurin in einem Frauenmagazin, kann ihn weder mit ihrem welken Körper noch mit ihren postfeministischen Koketterien reizen und verschwindet irgendwann in Richtung Worpswede; sein verständnisvoller Männerfreund Madlé (den wir bereits aus Schömels Roman "Ohne Maria" als schwermütigen Weltweisen kennen) wohnt weit weg. Für die Büro- und Parteiarbeit hat der Senator keinen Nerv mehr, und um seine Gesundheit ist es auch nicht gut bestellt. Glabrecht hat keine Ideale, keine Freunde, keine Zukunft, kein Gewissen, nur Tinnitus, Herz-, Schlaf- und Potenzprobleme, die er mit Sarkasmus, Tabletten und teurem Rotwein, Proust-Lektüre und dem Manufactum-Katalog bekämpft.

In dieser trostlosen Welt trifft ihn Adriana wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die junge Frau erscheint ihm wie ein unverdientes Geschenk des Himmels; tatsächlich ist sie aber eine Abgesandte der Hölle: Assistentin und Geliebte des Investors, mit dem die Maritime Oper steht und fällt. Die Sache scheint damit klar: Das Luder legt den alternden Erotomanen im Auftrag ihres Chefs aufs Kreuz. Aber so einfach macht es sich Schömel nicht. Glabrecht mag ein korrupter Bock sein, der gutdotierte Beraterverträge aus Liechtenstein nicht verschmäht; aber er ist auch nur ein Mensch: wie ein Schuljunge verliebt, eifersüchtig, ängstlich und sehnsüchtig auf Erlösung hoffend. Adriana ist härter als er, aber nicht das Flittchen, das über Leichen geht. Natürlich findet sie Geld und Macht sexy, und, ja, sie bricht ihm das Herz. Aber es war keine kaltblütige Intrige, sondern ein Liebesunfall, ein tragisches Missverständnis.

"Die große Verschwendung" ist auch eine politische Satire, wütend, selbstgerecht, manchmal auf ärgerliche Weise obszön. Aber zuerst und vor allem ist Schömels Roman das Drama eines Mannes, der von einer letzten romantischen Selbstverschwendung träumt, der Amour fou, die alles Geschwafel und alle Schattenbilder von Politik und Medien, Internetpornographie und Eventkultur über den Haufen wirft. Emotional ausgedorrt und intellektuell ausgekühlt von seinem Welt- und Selbstekel, will Glabrecht noch einmal Feuer fangen und Wärme abgreifen und verbrennt sich dabei vollends. Der letzte Strohhalm war kein Leuchtturm in der Wüste, nur die Fata Morgana eines verzweifelten Zynikers.

MARTIN HALTER

Wolfgang Schömel: "Die große Verschwendung". Roman.

Verlag Klett-Cotta. Stuttgart 2011. 240 S., geb., 19,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Einen tiefen Einblick in die äußerst peinliche Kulturpolitik der beiden hanseatischen Stadtstaaten hat Rezensent Jürgen Verdofsky dank Wolfgang Schömels "Die große Verschwendung" erhalten - auch wenn er ihn nicht als Schlüsselroman einordnen will.  Für den Rezensenten gerät das aber nicht zum Nachteil des Romans, denn so erfährt er nicht nur einiges über die zynisch-pragmatischen Machenschaften des Wirtschaftssenators der Bremer Grünen, der sein Projekt, die "Maritime Oper", dank "kreativem Wahrheitsmanagement" und dem "mimetischen Arschkriechen" meinungsloser Karrieristen durchsetzen kann, sondern amüsiert sich auch über die Frauengeschichten des von "Priapismus" getriebenen 50-Jährigen, der verzweifelt dem Alter zu entfliehen versucht. Verdofsky findet nicht nur Schömels Entlarvung der auf Marketing angelegten Sprache der Politik "brillant", er zeigt sich auch von dem "subtil" erzählten Prozess einer schleichenden "Ich-Auflösung" begeistert.

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