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Der Gelegenheitsdieb Tiny Darling wird von seiner Frau Louise nach sieben Jahren Ehe vor die Tür gesetzt. Sie beginnt eine Affäre mit dem örtlichen Sheriff Dan Norman, einem einfachen Mann mit starken Prinzipien, dem die Machenschaften Darlings schon lange ein Dorn im Auge sind.
Doch nicht nur sein Job, auch die Beziehung mit der undurchschaubaren Louise rauben dem Gesetzeshüter den Schlaf. Als Louise schließlich eine Fehlgeburt erleidet und Tiny Darling Dans Wiederwahl mit seinen kriminellen Intrigen vereiteln will, muss der Sheriff endlich handeln - die Frage ist nur, wie ...
Tom Drury
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Produktbeschreibung
Der Gelegenheitsdieb Tiny Darling wird von seiner Frau Louise nach sieben Jahren Ehe vor die Tür gesetzt. Sie beginnt eine Affäre mit dem örtlichen Sheriff Dan Norman, einem einfachen Mann mit starken Prinzipien, dem die Machenschaften Darlings schon lange ein Dorn im Auge sind.

Doch nicht nur sein Job, auch die Beziehung mit der undurchschaubaren Louise rauben dem Gesetzeshüter den Schlaf. Als Louise schließlich eine Fehlgeburt erleidet und Tiny Darling Dans Wiederwahl mit seinen kriminellen Intrigen vereiteln will, muss der Sheriff endlich handeln - die Frage ist nur, wie ...

Tom Drury skizziert in »Das Ende des Vandalismus« ein liebevoll realistisches Bild der amerikanischen Provinz und schildert dabei amüsant und lakonisch die Absurditäten einer Dreiecksbeziehung zwischen Alltag, Leidenschaft und Verbrechen.

Autorenporträt
Tom Drury, geboren 1956 in Iowa, zählt zu den wichtigsten amerikanischen Schriftstellern seiner Generation. Seine Romane gelten als moderne Klassiker. Er veröffentlicht unter anderem im »New Yorker« und in »Harper's Magazine«. Drury lebt zur Zeit in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2010

Hier bremst man noch für Waschbären

Wer sich mit diesem Roman ins Nirgendwo von Grouse County, Iowa, begibt, kann die Anfänge eines Erzählers von Weltrang entdecken: Tom Drury ist ein Meister der Beschwörung des Gewöhnlichen.

Es beginnt mit der alljährlichen Blutspendeaktion im Geräteschuppen der Feuerwehr und endet einige Jahre später - wie viele genau, ist schwer zu sagen - mit einer Reifenpanne auf der Bundesstraße. Der Radwechsel dauert seine Zeit, doch wer ihn mit Ungeduld sieht, ist wohl kaum so weit gekommen, sondern hat sich von dieser Lektüre längst verabschiedet.

Eilige werden sich mit Tom Drurys eigenwilligem Roman "Das Ende des Vandalismus" schwer anfreunden, denn er fordert und befördert eine gänzlich eigene Zeitwahrnehmung, geprägt vom Alltagsrhythmus einer abgeschiedenen Provinz, der auch das Zeitempfinden des Lesers seltsam dehnt und bald von allem, was sonst als Taktgeber und Antrieb gilt, ablöst. Wer sich allerdings bereitfindet, diesem Entschleunigungsprozess zu folgen und sich den Sorgen, Freuden, Nöten und Hoffnungen des Kleinstadtlebens, das wir auf diese Weise kennenlernen, probehalber zu überlassen, wird darin mehr entdecken können als in vielen Großerzählungen. Vom Welterschütternden und Außerordentlichen zu berichten, von einstürzenden Türmen, Terror, Drogentrips und Sexexzessen, ist vergleichsweise ein Kinderspiel. Das ganz Gewöhnliche jedoch derart subtil zu schildern, dass noch ein Radwechsel mehr Zwischenmenschliches enthält als eine ausgewachsene Intrige, das gelingt nur selten. In dieser Kunst ist Tom Drury ein Meister.

Vor knapp zwei Jahren erschien erstmals ein Roman von ihm auf Deutsch, "Traumjäger" aus dem Jahr 2000. Dabei ist dieser Autor, Jahrgang 1956, in der amerikanischen wie britischen Literatur schon seit geraumer Zeit ein großer Name mit beachtlichem Erfolg bei seiner Leserschaft wie auch in der Kritik. Jetzt liegt uns endlich sein Debütroman von 1994 vor. Darin lernen wir die Vorgeschichte jener Patchwork-Familie kennen, deren Aufbruchsphantasien und geheime Sehnsüchte das Zentrum von "Traumjäger" bilden. "Das Ende des Vandalismus" spielt acht Jahre zuvor und lässt dieselben Hauptfiguren auftreten, wenngleich in ganz anders ausgerichteter Perspektive. Vor allem aber spielt er am selben Schauplatz, im Flachland mittelamerikanischer Alltäglichkeit.

Grouse County liegt irgendwo in Iowa. Seine Ortschaften heißen Pinville, Wylie, Grafton oder Margo. Teerstraßen sind rar, die Verkehrswege meist Schotterpisten, selbst der Sheriff hat Probleme, immer zeitig am Ort des Geschehens - meistens Kneipenschlägereien, zuweilen auch ein Scheunenbrand oder Einbruchdiebstahl - einzutreffen. Hier bremst man noch, wenn Waschbären die Straße überqueren; hier beschäftigt sich der Stadtrat mit der kontroversen Frage, ob man neue Äxte für die Feuerwehr anschaffen kann, da die alten schon ganz morsche Schäfte haben; der Friseur am Ort beherrscht nur einen einzigen Haarschnitt, den er allen Kunden angedeihen lässt; dafür haben die lokalen Farmer, wie sich bei festlichen Gelegenheiten zeigt, alle einen ganzen Schrank voller Anzüge im Stil von Cary Grant zu Hause. Ohne Hang zur Verklärung oder zur Idylle, in nüchternem Ton und mit größter Selbstverständlichkeit zeichnet der Erzähler diese Welt. Das zutiefst Erstaunliche liegt darin, wie nachhaltig es ihm gelingt, uns für diesen abseitigen Mikrokosmos einzunehmen.

Dafür sorgen die Figuren, die sämtlich sehr prägnant und einleuchtend erscheinen, auch wenn ihr Auftritt noch so kurz ist. Das Personenregister nennt am Ende an die siebzig Namen, viele von ihnen sind kaum mehr als eine kurze Episode im Geschichtenreigen. Dennoch gewinnen sie Präsenz, kehren unvermittelt wieder, zeigen sich mit einem Mal von einer anderen Seite und stiften somit ein einnehmendes Geflecht aus Zusammentreffen, Zufällen und Zweierbeziehungen.

Die meisten Erzählstränge folgen der Geschichte eines Sheriffs namens Dan und seines Gegenspielers, eines Gelegenheitsdiebs und Kleinkriminellen namens Tiny - ebenjener Charles Darling, von dessen späterem Familienleben "Traumjäger" erzählt -, die beide um dieselbe Frau rivalisieren. Louise lässt sich von Tiny nach sechs Jahren Ehe scheiden, beginnt mit Dan eine Beziehung, heiratet ihn auch und erwartet ein Kind, erleidet aber eine Fehlgeburt und kann den Schmerz dieses Verlusts nur durch abermalige, wenn auch zeitweilige, Trennung überwinden. Louise wandelt im Schlaf, Dan leidet an Schlaflosigkeit: gemeinsam, doch getrennt, irren beide nachts durchs dunkle Haus, als ob sie so nach Auswegen suchten aus einer Zweisamkeit, in der sie sich verfangen haben. Doch selbst wenn dieses Schicksal so etwas wie das Sinnzentrum des Romans bilden mag, besteht er gleichwohl aus so vielen weiteren Erzähl- und Lebensfäden, dass Rand und Zentrum kaum mehr wesentlich und allenfalls vorübergehend unterscheidbar sind.

Vieles, was auf diese Weise angedeutet wird, bleibt offen und beschäftigt uns genau deshalb viel länger als die meisten packenden Geschichten. Im Englischen spricht man von einer falschen Fährte als "red herring", einem Handlungselement, das in die Irre führt, weil wir ihm vorschnell Bedeutung beimessen und dadurch von der eigentlichen Hauptsache abkommen. So verfährt dieser Roman durchweg - nur dass er eigentlich aus nichts anderem als solchen "red herrings" besteht und so eine ziemlich ungewöhnliche Erfahrung bietet. Wie vielen falschen Fährten nämlich muss man folgen, um allmählich zu begreifen, dass dabei das einzig Falsche die Erwartung ist, jede Handlung sei Bestandteil einer dramatischen Ereigniskette, die auf gewaltige Enthüllung zielt? Die wahre Hauptsache liegt vielleicht stets im Nebensächlichen und kann dort nur durch Hinwendung erkannt werden.

Gewiss, dies alles schlingert oft entlang einer sehr feinen Grenze zum Banalen. Dass es Drury mit traumwandlerischer Sicherheit gelingt, sie nie zu überschreiten, liegt an der Lakonie seiner Erzählsprache, die alles Wesentliche dadurch sagt, dass sie es ausspart. Hier steht der Autor in der Tradition von Hemingway, verfügt zusätzlich aber - zum Glück! - über sehr skurrilen Witz und Sinn für abseitige Komik, was uns die Welt seiner Figuren sympathisch macht. Stets lässt er ihnen ihr Geheimnis und gestattet ihnen, sich durch Verhalten oder Gesten statt durch große Worte und tiefschürfende Dialoge darzustellen. Es darf daher als Glücksfall dieser deutschen Ausgabe gefeiert werden, dass mit Gerhard Falkner und Nora Matocza zwei Übersetzer wieder am Werk waren, die, geschult an der Ökonomie lyrischer Sprache, für die behutsame Erzählstimme wie für die schlichte Alltagssprache der Figuren genau die richtig kargen Worte gefunden haben. "Das Ende des Vandalismus" zeigt den Anfang eines großen zeitgenössischen Erzählers.

TOBIAS DÖRING

Tom Drury: "Das Ende des Vandalismus". Roman. Aus dem Amerikanischen von Gerhard Falkner und Nora Matocza. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2010. 400 S., geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2010

Irgendwo in Iowa
Mais & Bohnen & Rock’n’Roll: Der Debütroman des meisterhaften amerikanischen Erzählers Tom Drury endlich auf Deutsch
Auf einer der vorderen Seiten des Buches findet sich eine handgezeichnete Karte. Sie zeigt eine Handvoll Provinznester, miteinander verbunden durch gestrichelte und durchgezogene Linien, je nachdem, ob es sich um eine geteerte Straße handelt oder um eine Schotterpiste. Denn solche Unterschiede spielen hier im Grouse County eine entscheidende Rolle, auf dem platten Land im Mittleren Westen, wo es im Winter so bitter kalt wird, dass die Farmer schützende Heuballen rings um die Fundamente ihrer Häuser legen. Zentrum der Gegend ist Grafton – ein Frisiersalon, zwei Kneipen. „Halten Sie doch mal an und sehen Sie sich um”, steht auf dem Ortsschild des 321-Seelen Kaffs irgendwo in Iowa.
Der Schriftsteller Tom Drury, der 1956 selbst in Iowa geboren wurde, hat sich hier sehr gründlich umgesehen und den ebenso plumpen wie liebenswerten Landeiern tief in die Seele geblickt. Herausgekommen ist dabei sein vor sechzehn Jahren erschienener Debütroman „Das Ende des Vandalismus”, der nun endlich auf Deutsch vorliegt, in einer vorzüglichen Übersetzung von Gerhard Falkner und Nora Matocza. Drurys Erstling ist ein Heimatroman der Entschleunigung, eine Hommage an die Provinz, deren meisterhafte Beschwörung den Autor als einen der großen Erzähler der amerikanischen Gegenwart ausweist.
Der Landkarte des fiktiven Grouse County auf der ersten Seite korrespondiert ein langes Personenregister auf der letzten, das an die russischen Romane des 19. Jahrhunderts mit ihren verschlungenen Genealogien gemahnt. Denn in einer Gegend, die so dünn besiedelt ist, dass selbst die Suche nach den landwirtschaftlichen Maschinen, die seit einiger Zeit auf rätselhafte Weise verschwinden, der nach der Stecknadel im Heuhaufen gleicht, kommt es auf jeden Einzelnen an. Drury blickt mit dem Vergrößerungsglas auf seine Figuren, und bringt ihren Mikrokosmos als theatrum mundi auf die Bühne. Es ist eine Welt zwischen freiwilliger Feuerwehr und methodistischem Bibelkreis, in der alle denselben Haarschnitt haben, weil der örtliche Friseur nur einen einzigen beherrscht, und in der man der taiwanesischen Austauschschülerin, die besser Englisch spricht als ihre amerikanischen Gasteltern, zum Abschied ein T-Shirt schenkt, auf dem steht: „Mais & Bohnen & Rock’n’Roll”. Im Grouse County halten sich Gerüchte sehr lang oder kommen regelmäßig wieder „wie winterharte Pflanzen”, und es gehört „zu den unbeachteten Selbstverständlichkeiten des Mittleren Westens, dass der alte Farmer, der in einem Billigladen unter den T-Shirts mit Brusttaschen herumwühlt, zu Hause auf dem Dachboden vielleicht einen ganzen Schrank voller Anzüge im Stile Cary Grants besitzt.” Man sei hier sehr liberal, sagt der Pastor: „Wir nehmen in jeder Hinsicht eine Haltung des Laissez-faire ein” und legt im nächsten Augenblick mit seiner Flinte auf eine Taube an. Und wenn das Kabelfernsehen ausfällt, erwartet manche Hausfrau ihren Mann daheim mit dessen Gewehr im Anschlag.
Nachbarschaftshilfe, Bürgersinn und Gemeindearbeit werden ganz groß geschrieben. Den „Witwensitz” im Stadtrat hat zur Zeit Mary inne, die sich hauptsächlich für den Umgang mit Hunden im öffentlichen Raum engagiert. Der Antrag der Feuerwehr auf neue Äxte ist jedoch gerade abgeschmettert worden. Enttäuscht ziehen die Männer mit ihren schartigen Äxten ab und sehen aus, als würden sie „draußen auf der Stelle etwas zerhacken”. Ständig gibt es gemeinnützige Veranstaltungen wie eine Blutspendeaktion für die Eskimos, die sich mit tiefgefrorenem Lachs vergiftet haben. Oder einen Tanzabend in der Turnhalle rund um eine Installation der Betriebswirtschaftsklasse, bestehend aus Gegenständen, die häufig dem Vandalismus zum Opfer fallen wie Lattenzäune, Fensterscheiben und Baulampen. Die Band, die aufspielt, heißt Brian Davis und der Schlackenhaufen.
Als der Bezirkssheriff Dan Norman ein Neugeborenes in einem Einkaufswagen auf dem Parkplatz des Supermarktes findet, kann er sich der Farmerfrauen nicht mehr erwehren, die Berge von Babynahrung und Windeln, Strampelanzüge („den hat schon unser Ted getragen”), Lernspielzeug und Steppdecken für den kleinen Quinn auf der Wache vorbeibringen. „Helen Plum kam sogar mit einem Auflauf Rindfleisch mit Makkaroni in einer Kasserolle daher”, denn sie „reagierte auf fast jede Art von aufregender Neuigkeit mit einem Auflauf, und in Fairbault in Minnesota war sie einmal mit einer Pfanne Bratkartoffeln mit Schinken am Ort des Geschehens erschienen, als ein Zwölftonner ausbrannte.”
Das eigene Leben stellt man sich in Grafton und Umgebung mit einem Soundtrack von John Cougar Mellencamp vor; im Übrigen hat man alle Zeit der Welt. Das gilt auch für den Sheriff, über den es heißt, „ein großer Teil seines Sheriffberufs, so wie er ihn auffasste, bestand in Abwarten”. Keine Spur kann so heiß sein, dass er nicht auf dem Weg zum Tatort für einen Waschbären bremste, und dort angekommen, ist immer die Zeit, erst mal ausführlich die verwandtschaftlichen Verhältnisse aller Beteiligten zu klären.
Hier, wo viel gegessen und wenig geredet wird, drücken sich die Menschen vorzugsweise in dunklen Naturgleichnissen aus oder sprechen mit ihren Hunden über das Fernsehprogramm vom Vorabend. So macht es Louise Darling, die im Fotoladen arbeitet und für die der abendliche Alkohol „ein bisschen wie eine Bummelzugfahrt in einer schönen hügeligen Landschaft war.” Doch auch sie beweist sich als echte Nachfahrin von Pionieren: Als Dan das erste Date mit ihr platzen lässt, weil er zu einem Einsatz muss, legt er ihr zwar einen Zettel hin, sie solle in seinem Wohnwagen auf ihn warten, vergisst jedoch, den Schlüssel da zu lassen. Mit einem Stein schmeißt Louise die Scheibe ein und stiehlt sich so in das Leben unseres gutmütigen und sehr bedächtigen Sheriffs, der sich wie ein Hirtenhund um seine Schäfchen kümmert. Louise und Dan werden ein Paar, doch als ihr erstes Kind tot auf die Welt kommt, trennen sie sich für eine Weile. Ganz allein muss Dan seine Wiederwahl schaffen. Sein republikanischer Gegenspieler fährt eine plump-gerissene Diffamierungskampagne, unterstützt von Louises Ex-Mann Tiny, der herumfährt und all die Wahlplakate zerstört, auf denen Dan mit so treuherzigen Sätzen wie „Dan Norman ist in Ordnung” oder „Entscheiden Sie sich für Erfahrung – Entscheiden Sie sich für Dan” um Stimmen kämpft.
Wie nebenbei handelt „Das Ende des Vandalismus”, dieses scheinbar so arglose Sittenbild der Provinz, die Tom Drury mit milder Ironie und großer Zartheit schildert, von den großen Themen: Liebe und Tod und auch von der Politik. Dabei verzichtet Drury in ganz altmodischer Manier auf jede Form von Reflexion und Innerlichkeit. Hier gilt der Satz: „Action is character”. Ein wahrer Held hat kein Innenleben, man erkennt ihn an dem, was er tut. Wie Louise, von der man allein dadurch erfährt, was sie für Dan empfindet, dass sie sich gewaltsam Zutritt zu seinem Reich verschafft, spricht auch Dan nicht über seine Gefühle. Stattdessen baut er ein neues Bett, „eine gute, solide Plattform, um darauf zu raufen und auf die Sehnsüchte des anderen einzugehen.” Denn unser tapsiger, menschenfreundlicher Sheriff ist zum Glück ein begnadeter Liebhaber.
Drurys Lob des Landlebens treibt keine falsche Idyllisierung, im Gegenteil. Die Gegend, in der bereits als gescheiterte Existenz gilt, wer wie Louise nur zur Miete wohnt, ist von der Landflucht gebeutelt. Die Immobilienkrise wirft ihren Schatten voraus, denn die Zeit der landwirtschaftlichen Familienbetriebe ist vorbei, „und es gab keine zündende Idee für etwas Neues”. Als drei Jungen das Wort „Armageddon” auf den Wasserturm von Pinville pinseln, ist das nicht nur ein Schülerstreich, sondern zugleich ein Menetekel. Die Orte, die einmal Vorposten waren, verwandeln sich in Geisterstädte. Und die Farmer werden wieder das, was sie schon am Anfang der Eroberung des Kontinents gewesen sind: eine Schicksalgemeinschaft. Vor diesem Hintergrund wirken sie dann gar nicht mehr so belächelnswert, die schlichten Hinterwälder, denen Tom Drury mit seinem großartigen Roman ein ebenso plastisches wie höchst amüsantes Denkmal setzt. CHRISTOPHER SCHMIDT
TOM DRURY: Das Ende des Vandalismus. Roman. Aus dem Englischen von Gerhard Falkner und Nora Matocza. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2010. 400 Seiten, 21, 90 Euro.
Ein Theatrum mundi zwischen freiwilliger Feuerwehr und methodistischem Bibelkreis
Die ehemaligen Vorposten der Landnahme verkommen zu Geisterstädten der Krise
„Viel Vieh kam um, zum Teil wegen der Kälte, zum Teil, weil man nicht zu ihm durchkam.” Vieh-Auktion in Des Moines, Iowa. Foto: Joseph Sohm/Corbis
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tobias Döring zeigt sich hellauf begeistert von Tom Drurys neuem, sich ihm als Vorgeschichte des Romans "Traumjäger" präsentierenden Buch aus den Untiefen der amerikanischen Provinz. So eigenwillig in Tempo und Fokus der Roman dem Rezensenten erscheint, so ungewöhnlich ist die Erfahrung, die Döring macht, als er sich auf die vom Autor geforderte Entschleunigung und Neufokussierung des Blicks auf das Nebensächliche einlässt. Für Döring liegt's an Drurys skurrilem Witz, an der Subtilität und Lakonie der Schilderungen, dass der Text ihn unbeschadet mitnimmt zu Radwechseln, Scheunenbränden und schlaflosen Sheriffs. Derart eindringlich erzählt Drury, dass Döring noch die unbedeutendste Figur des umfangreichen Personenregisters im Gedächtnis bleibt. Und wenn der Autor seine vielen Lebens- und Erzählfäden oft ins Nichts laufen lässt, kann Döring damit leben. Gelegenheit, die eigene Erwartungshaltung zu überprüfen, findet er.

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