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Eine wenig glückliche Ehe, anonyme Anrufe eines gewissen Stroheim und eine permanente Rastlosigkeit - Barona Busch ist aus Deutschland in das Apartment ihrer New Yorker Freunde geflohen. Es ist Sommer, drückende Hitze in den Straßen. Hier soll sie die Katze Jane hüten. Und Material zusammenstellen über die berühmten Frauenhotels, die letzte Adresse der VIP's von einst. Doch in der Peacock Alley, dem abgelegenen Flur im Hotel Larrison, wo einige der alten Künstlerinnen und Journalistinnen wohnen, erfährt sie andere Geschichten, als sie erwartete. Auch ihre Recherchen in der Bibliothek führen…mehr

Produktbeschreibung
Eine wenig glückliche Ehe, anonyme Anrufe eines gewissen Stroheim und eine permanente Rastlosigkeit - Barona Busch ist aus Deutschland in das Apartment ihrer New Yorker Freunde geflohen.
Es ist Sommer, drückende Hitze in den Straßen. Hier soll sie die Katze Jane hüten. Und Material zusammenstellen über die berühmten Frauenhotels, die letzte Adresse der VIP's von einst.
Doch in der Peacock Alley, dem abgelegenen Flur im Hotel Larrison, wo einige der alten Künstlerinnen und Journalistinnen wohnen, erfährt sie andere Geschichten, als sie erwartete. Auch ihre Recherchen in der Bibliothek führen nicht weiter. Da erregt eine Bettlerin ihr Interesse, eine heruntergekommene Alte mit überlegenen Manieren. Barona, so stellt sich heraus, hat schon früher einmal die fast unglaubliche Geschichte dieser Frau gehört ...
In ihren schlaflosen Nächten, in ihren Streifzügen durch die Glut der Straßenschluchten geht sie den gestrandeten Lebensentwürfen nach, rätselt über einen Mann, der ihr nu n schon mehrmals begegnete, sehr schön und ein wenig androgyn. Bis ihre Jagd nach einer Lebensgeschichte sich beschleunigt durch die geplante Evakuierung des Larrison. Und fast droht auch sie unterzugehen in dem funkelnden, faszinierenden Moloch Manhattan, schockierend in seinem Elend und in seinem Reichtum.
Autorenporträt
Barbara Bongartz, 1957 in Köln geboren. Studium der Theater- und Filmwissenschaften, Kunstgeschichte und Philosophie in Paris, München, Köln. Lebt seit 1996 in Düsseldorf und New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2001

Trümmerbirne im Big Apple
Affinität zum Zitat: Barbara Bongartz streift durch Manhattan

New York, wir wissen es längst, kann im Sommer ein Brutofen sein. Aber auch die Leidenschaft, mit der europäische Kopfberufler die Hauptstadt der Neuen Welt als Mythos und Sehnsuchtsziel verklären, erreicht bisweilen extreme Temperaturen. Fällt beides zusammen, steigt der Halluzinationsfaktor, und es muß mitten in Manhattan mit literarischen Eingebungen von hohen Hitzegraden gerechnet werden: "Mir war ein wenig übel, und mein Blick verschwamm, eine Sinnestäuschung jener Art, die zustande kommt, wenn der eigene Blick von einer unstillbaren Erwartung nach Erlösung verblendet ist, die sich durch die Spiegelung der flirrend heißen Luft mit der Landschaft zu einer Vision verbindet, an deren Horizont ein bedrohliches Gewitter steht." Die Romanheldin, die nicht nur in der Mittagsglut der 72. Straße zu verschwommenen Sprachbildern neigt, schreibt Bücher, hört auf den aristokratischen Namen Barona Busch und hat mit ihrer Erfinderin Barbara Bongartz gewiß mehr gemeinsam als die Initialen.

Wohnt indes die reale Autorin Bongartz seit Jahren wenigstens zur Hälfte in New York, ist ihre fiktive Kollegin Busch auf Gelegenheitsbesuche angewiesen, um ihr chronisches Heimweh zu stillen. Zum Glück hat sie Freunde wie die männlichen Liebesleute George und Maxim, deren Apartment zwischen Columbus Avenue und Central Park West mitunter reisehalber verwaist ist. Dort darf Barona in einer besonders heißen Saison die Katze Jane hüten und, im Auftrag des Journalisten George, Material über die legendären "Women's Hotels" von Manhattan zusammenstellen, jene einst für alleinreisende höhere Töchter und vornehme Damen eingerichteten Stadtherbergen, die später zum Treffpunkt weiblicher Intellektuellen-Prominenz wurden und schließlich, in ihren Restbeständen, zum Zufluchtsort für vereinsamte Greisinnen mit buntscheckiger Biographie.

Ein spannendes Thema, aber noch nicht spektakulär genug für Barbara Bongartz, die ihr erzählendes Ich wohl nur einer Lady mit besonderer Note anvertrauen wollte. Das Geheimnis einer "ungeklärten Herkunft" umwittert die hochnervöse, freudlos verehelichte Rheinländerin, "ein bizarrer Familienroman, in dem ich die Schlammprinzessin machte". Mit diesen deutsch-amerikanischen Verwicklungen hat auch der mysteriöse Herr Stroheim etwas zu tun, der Frau Busch vor ihrer Abreise am Telefon belästigt hat und ihr nun bis nach New York gefolgt ist. Die Kopplung exzessiver Rätselhaftigkeit an den Namen Stroheim begegnete uns vor gar nicht langer Zeit in Marcus Brauns nebelhaftem Opus "Nadiana", aber vermutlich verdankt sich die Dublette bloß der starken Affinität zum Kino, die Barbara Bongartz mit vielen lebenden Schriftstellern teilt. Es wimmelt in ihrem Roman denn auch von Filmreminiszenzen und von Dialogen, die an nachlässig synchronisierte B-Movies erinnern, und man fragt sich des öfteren, ob es nicht klüger gewesen wäre, der Story gleich die flüchtige Form einer Leinwand-Caprice zu verpassen, statt sie ins Korsett einer absturzgefährdeten Prosa zu zwingen.

Die Heldin transpiriert und recherchiert, besichtigt Frauenhotels, füttert die Katze und steht in schlaflosen Nächten am Fenster zum Hof, um ein Liebespaar in der gegenüberliegenden Wohnung zu beobachten. Tagsüber, bei ihren Streifzügen durch die Straßenschluchten Manhattans, läßt sie sich abwechselnd von einem auffallend eleganten Hermaphroditen unbestimmbaren Alters und einer verwahrlosten Bettlerin mit selbstsicherem Auftreten irritieren. Das verborgene Band zwischen den beiden ist der rote Faden, an dem sich Barona Buschs familiäre und schriftstellerische Identitätssuche entlanghangelt. Der Leser folgt ihr ohne rechte Begeisterung, weil sie gar so aufdringlich mit dem kokettiert, was ihr Agent, auch er übrigens mißbilligend, einen "ornamentalen Intellekt" nennt. Andererseits, zugegeben, kann dieses schnörkelbildende Organ durchaus für Kurzweil sorgen, wenn es solche Sätze hervorbringt: "Ihr Kostüm war von jenem schwer erträglichen Ultramarin, das ein Kleid zur Trümmerbirne eines jeden Körpers macht."

Es war Friedrich Nietzsche, der darauf hinwies, daß "ein vorzügliches Zitat" zur Trümmerbirne ganzer Seiten, ja ganzer Bücher werden kann, wenn es den Abstand zwischen der geistigen Kragenweite seines Urhebers und derjenigen des Buchautors allzu peinlich fühlbar werden läßt. Barbara Bongartz, die ihrem Roman das Nietzsche-Diktum als Motto voranstellt, darf sich nun rühmen, dessen Gültigkeit in der Umkehrung bewiesen zu haben. Ihr Text ist durchwebt von anonymen Zitaten belletristischer und essayistischer Provenienz, die sie gewissenhaft durch Kursivschrift kenntlich gemacht hat. Das beigefügte Quellenverzeichnis reicht von Alfred Andersch bis Edith Wharton, von Johann Wolfgang von Goethe bis Joachim Sartorius, von Griebens Reiseführer bis William Shakespeare, von Michel Foucault bis zum Volksmund. Und siehe da: Ein jeglicher "Edelstein", um abermals mit Nietzsche zu reden, wird von der Nachbarschaft Bongartzscher Denk-Ornamentik derart eingetrübt und verdunkelt, daß seine noble Herkunft nicht mehr zu erkennen ist.

Als Erklärung für dieses staunenswerte Phänomen bietet sich ein Aperçu der Erzählerin an: "Ornamente, Verbrämungen, Wucherungen sind Zeichen der Existenz von Verhältnissen, die selbst nicht sichtbar sind." Genau. Wir aber müssen beschämt bekennen, daß wir beim heiteren Zitateraten an der Frage gescheitert sind, wer wann und wo die Worte "Was weiter?" sprach.

KRISTINA MAIDT-ZINKE

Barbara Bongartz: "Die amerikanische Katze". Roman. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2001. 249 S., geb., 39,50 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Bruno Steiger findet Gefallen an Barbara Bongartz' Roman, allerdings brauchte er "eine über die ersten hundert Buchseiten hinausführende Geduld", um sich in den Roman hineinzufinden. Bongartz erzählt die Geschichte ihrer Protagonistin Barona Busch, die vorübergehend in New York ist und dort über Hotels für alleinstehende Frauen recherchiert. Dazu zitiert die Autorin eine Menge aus anderen literarischen Quellen, mit denen "die Skyline von Manhattan zur Chiffre einer ebenso scham- wie geheimnislosen Arabeske" wird und die sie ausfürlich belegt. Steiger merkt dazu etwas süffisant an, dass ausgerechnet Maurice Blanchot, von dessen konzeptueller Vorgabe sich die Autorin wohl inspiriert fühlte, in den Quellenangaben nicht vorkommt. Trotzdem, er bezeichnet den Roman als "reich" und "komplex" und besonders interessant wird das Buch nach Steigers Ansicht an den Stellen, "wo die Faszination der Autorin für all die obdachlosen Frauen der Riesenstadt sich unmittelbar in der Prosa niederschlägt".

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