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Ein historischer Moment Zwölf Jahre war der Friedens-Nobelpreisträger Mohamed ElBaradei Chef der UNO-Atomwaffen-Kontrolleure. Es waren zwölf dramatische Jahre der internationalen Politik: vom 11. September über die Kriege im Irak und in Afghanistan bis hin zum heftig umstrittenen iranischen Atomprogramm. In seinem Buch spricht ElBaradei jetzt erstmals öffentlich über seine historische Rolle und seine persönlichen Erlebnisse in dieser Zeit. Er berichtet von Hinterzimmerverhandlungen mit Staatsführern und Chefunterhändlern, zieht kritisch Bilanz, lässt die Leser aber auch an seinen Erfolgen…mehr

Produktbeschreibung
Ein historischer Moment
Zwölf Jahre war der Friedens-Nobelpreisträger Mohamed ElBaradei Chef der UNO-Atomwaffen-Kontrolleure. Es waren zwölf dramatische
Jahre der internationalen Politik: vom 11. September über die Kriege im Irak und in Afghanistan bis hin zum heftig umstrittenen iranischen Atomprogramm. In seinem Buch spricht ElBaradei jetzt erstmals öffentlich über seine historische Rolle und seine persönlichen Erlebnisse in dieser Zeit. Er berichtet von Hinterzimmerverhandlungen mit Staatsführern und Chefunterhändlern, zieht kritisch Bilanz, lässt die Leser aber auch an seinen Erfolgen teilhaben. ElBaradeis Buch taucht die politische Weltbühne in ein neues Licht und macht Mut für den langen Weg zu einer atomwaffenfreien Welt.
Autorenporträt
Mohamed El Baradei, geb. 1942 in Kairo, war von 1997-2009 Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) mit Sitz in Wien. 2005 erhielt er in dieser Funktion den Friedensnobelpreis. Baradei promovierte in Rechtswissenschaften und ist seit 1964 Diplomat, anfänglich als Vertreter Ägyptens in New York und Genf sowie als persönlicher Mitarbeiter des ägyptischen Außenministers. Heute gilt er als gefährlichster Gegner des Präsidenten Husni Mubarak.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.04.2011

Der Bürokrat vom Nil –
zu Größerem berufen
Mohamed ElBaradei beschreibt seine schwierige Arbeit
bei der Internationalen Atomenergiebehörde
Als Mohamed ElBaradei im Februar 2010 nach mehr als 30 Jahren in der Ferne erstmals wieder nach Ägypten zurückkehrte, wurde er in der Ankunftshalle des Kairoer Flughafens von einer großen Menge erwartet, die ihn zu seinem Friedensnobelpreis beglückwünschte. Die Regierungszeitungen hatten in den Vortagen drohende Ankündigungen veröffentlicht: Wer kein Flugticket habe, dürfe den Flughafen nicht betreten, eine Demonstration sei nicht erlaubt, die Polizei werde jeden festnehmen, der sich dieser Anordnung widersetze. Doch das kümmerte die Demonstranten nicht. Sie kamen in Scharen und riefen ElBaradei dazu auf, bei den nächsten Wahlen gegen Präsident Hosni Mubarak anzutreten.
Das geschah nicht von ungefähr: Einige Monate zuvor, als ElBaradei noch in Wien war, kurz vor dem Ende seiner Zeit als Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), hatte er erklärt: Sofern das politische System Ägyptens entsprechend geändert werde, wolle er sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen. Es war das erste Mal, dass ein Mann von großer internationaler Reputation, der zudem von Mubarak mit Ägyptens höchster Ehrung, dem Nil-Orden, ausgezeichnet worden war, Präsident Mubarak herausforderte.
Die Regierung hat darauf ihr gemäß reagiert: Zunächst ignorierten die Regierungszeitungen ElBaradeis Erklärung, nur um ihn wenig später als politischen Anfänger zu brandmarken, der zu lange abwesend gewesen sei, um noch als echter Ägypter zu gelten.
Im Lauf der Zeit wurde die Kampagne schärfer: Man beschuldigte ElBaradei, während seiner Zeit bei der IAEO ein iranischer Spion gewesen zu sein; gleichzeitig habe er die Bush-Regierung bei der Invasion im Irak unterstützt; und außerdem sei er ein Heuchler, der über Israels großes Arsenal an Nuklearwaffen kein Wort verliere und sich dafür umso eifriger den angeblichen Aufrüstungsplänen muslimischer Länder widme. Kurz: ElBaradei wurde als die Marionette einer höchst unwahrscheinlichen politischen Allianz dargestellt.
In Wirklichkeit war er ein Gegner des Krieges gegen den Irak, dies auch dann, als seine Behörde unter Druck geriet, sie möge Beweise für Saddam Husseins Nuklearprogramm herbeischaffen. Im Hinblick auf Israel waren ihm die Hände gebunden, weil Israel den Nuklearwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Und was Iran angeht, so hatte er den Eindruck, der Irakkrieg habe seinen Eindruck auf Teheran nicht verfehlt: Iran sei zu Verhandlungen über sein Nuklearprogramm bereit, wenn die internationale Gemeinschaft dem Land in ökonomischen und politischen Fragen entgegenkomme.
Rückblickend kann man sagen, dass ElBaradeis jahrelange Arbeit bei der IAEO ihn für die Diffamierungen, denen er in Ägypten ausgesetzt wurde, gut vorbereitet hatte: In „Wächter der Apokalypse“ erzählt er unaufgeregt und genau von den stürmischen Verhandlungen auf dem Feld der Nukleardiplomatie und von der kontroversen Rolle, die er bei den Debatten über den Irak, Iran, Libyen und Nordkoreas echte oder vermeintliche Bemühungen um die Atombombe innehatte.
Die Bush-Regierung manipulierte die Medien, sodass ElBaradei sich Vorwürfen ausgesetzt sah, er sympathisiere mit den Diktaturen im Irak und in Iran.
Ja, es gab sogar Versuche, ihn seines Postens bei der IAEO zu entheben. Wichtige Informationen wurden der Behörde regelmäßig vorenthalten. Manche Angehörige der Bush-Regierung hielten sich bei diesen Obstruktionsaktivitäten eher zurück: so etwa Außenminister Colin Powell und die Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, die 2005 das Außenministerium von Powell übernahm. Dafür traten Vizepräsident Dick Cheney und Staatssekretär John Bolton, der 2005 UN-Botschafter wurde, umso prominenter in Erscheinung.
Ein Ereignis war besonders denkwürdig: Kurz vor einem Treffen mit George W. Bush nahm Vizepräsident Cheney ElBaradei beiseite und erklärte ihm klipp und klar: Sofern er die amerikanische Haltung gegenüber dem Irak nicht unterstütze, werde die US-Regierung dafür sorgen, ihn bei den Medien in Misskredit zu bringen. Bush selbst hat ElBaradei als durchaus angenehmen Zeitgenossen kennengelernt – bei ihren Zusammenkünften unterhielten die beiden sich auch über Baseball. Trotzdem ist dieser der Meinung, dass der frühere Präsident und seine Regierung sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten sollten: wegen Kriegsverbrechen und der Manipulierung der Erkenntnisse über Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen, die als Kriegsgrund herhalten mussten.
Oftmals beschreibt ElBaradei die offiziellen Funktionäre und Nuklearwissenschaftler aus Ländern wie Irak, Libyen oder Iran mit Sympathie: Er hat bei vielen den Eindruck gewonnen, dass sie um die Zusammenarbeit mit der IAEO ehrlich bemüht gewesen seien. Von ihren westlichen Gegenspielern kann er das nicht immer sagen, deren Argumente ihm vielfach allzu sehr von ideologischen Überzeugungen informiert zu sein schienen.
Wer sich von diesem Buch auch eine Autobiographie erhoffte, wird enttäuscht. ElBaradei notiert Gedanken und Erinnerungen eines Diplomaten in nuklear-politischer Mission. Als langjähriger IAEO-Funktionär hat er viel Respekt für die Organisation und ihre Ziele: nukleare Abrüstung, die Beförderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie, die Kontrolle der Verbreitung von Atomwaffen. Gleichwohl gibt die Darstellung eines Insiders, der die Nukleardiplomatie zwei Jahrzehnte lang begleitet hat (nicht alles, was er schreibt, ist ganz neu), auch einen Einblick in seine Weltanschauung.
Der Jurist ElBaradei hegt eine stille Passion für Multilateralismus und die Anwendung internationaler Gesetze. Politische Hasardspiele sind ihm ein Gräuel, nur im geduldig verfolgten internationalen Dialog können Differenzen zwischen den Nationen beigelegt werden. Und wie seine Dankesrede anlässlich der Verleihung des Nobelpreises zeigte, glaubt er, dass Themen wie Abrüstung und Armut nur dann vernünftig angegangen werden können, wenn die Beteiligten sich zu grundsätzlichen Prinzipien bekennen. Dazu gehört die Achtung der je anderen Seite.
Der Begriff der „Würde“ ist ihm besonders wichtig: Nationale Würde und Nationalstolz betrachtet er als Schlüsselwörter im Umgang der internationalen Gemeinschaft (also: des Westens) mit Staaten wie Nordkorea oder Iran. Beide Seiten wollen ihr Gesicht wahren, auf beiden Seiten gibt es Falken und Tauben, psychische Eigenheiten und politische Zwänge. Dies im Sinn, hat ElBaradei auch die Vereinigten Staaten mehrfach davon zu überzeugen gesucht, nicht mit imperialer Arroganz zu agieren und auf Ultimaten zu verzichten. Selten hat man ihm zugehört.
Aus all dem kann man ableiten, wie ElBaradei sich als Ägyptens erster demokratisch gewählter Präsident verhalten würde: Er würde den internationalen Ausgleich auf multilateraler Ebene suchen. Sein besonderes Augenmerk gälte der regionalen Diplomatie, die Beziehungen zwischen Ägypten und Iran würde er wieder auf einen normalen Stand bringen. An Ägyptens übergroßer Nähe zu den USA würde er nicht festhalten. Er würde die USA um etwas mehr Zurückhaltung ersuchen, und er wäre strikter im Umgang mit Israel. Anders als einige seiner Konkurrenten ist er kein Populist und kein Radikaler. Er baut auf internationale Institutionen und deren Beamte.
Das ist nicht besonders aufregend, und in der Tat ist Mohamed ElBaradei selbst nicht gerade ein Charismatiker. Nach der Propaganda, die gegen ihn eingesetzt wurde, ist es derzeit zwar unwahrscheinlich, dass er Präsident Ägyptens werden kann. Aber für ein Land, das sich nach mehr Demokratie und Stabilität sehnt, könnte er genau der Richtige sein. ISSANDR EL AMRANI
MOHAMED ELBARADEI: Wächter der Apokalypse. Im Kampf für eine Welt ohne Atomwaffen. Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Campus Verlag, Frankfurt a.M. 2011. 220 S., 24,90 Euro.
Der Journalist Issandr El Amrani ediert die Website www.arabist.net. Er lebt in Kairo. (Übersetzung: Franziska Augstein .)
Mohamed ElBaradei wurde
verteufelt: Er sei ein Handlanger
der USA, Israels und Irans.
Cheney drohte: ElBaradei
müsse den Krieg gegen
den Irak unterstützen, sonst...
Der Jurist würde Ägypten gern
regieren. Derzeit könnte er der
Richtige für das Amt sein.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Renate Wiggershaus haben die Erinnerungen von Mohamed El Baradei an seine zwölf Jahre als Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) von 1997 bis 2009 sehr gefesselt. Darin kann man noch mal nachlesen, wie 2003 Amerika und Großbritannien den Irak angriffen, weil ihm unterstellt wurde, dass er Massenvernichtungswaffen herstelle und sein Atomwaffenprogramm wieder aufgenommen habe, obwohl die IAEO dafür keine Beweise finden konnte. Weiter beschäftigt sich der Autor ausgiebig mit dem Iran und Nordkorea und insbesondere hier wird in den Augen der Rezensentin sehr deutlich, dass nur mit "Dialog und Diplomatie" Schritte in Richtung einer atomwaffenfreien Welt zu machen sind. Sympathisch war Wiggershaus offenbar, mit wie viel "Witz und Ironie" der Autor an die Höhen und Tiefen seiner Amtszeit zurückdenkt, die ihm neben dem Friedensnobelpreis auch viele Anfeindungen und Enttäuschungen eingetragen haben, wie er sich erinnert.

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Wächter der Apokalypse "ElBaradeis erzählt unaufgeregt und genau von den stürmischen Verhandlungen auf dem Feld der Nukleardiplomatie und von der kontroversen Rolle, die er bei den Debatten über den Irak, Iran, Libyen und Nordkoreas echte oder vermeintliche Bemühungen um die Atombombe innehatte." (Süddeutsche Zeitung, 26.04.2011) Arbeiten gegen die Apokalypse "Was an dem Buch in diesem Frühjahr 2011 besonders aufrüttelt, ist die Erkenntnis, dass die Risiken der militärisch genutzten Atomkraft dem Schock von Fukushima zum Trotz ungleich größer und sehr viel schwerer zu beherrschen sind als ihre rein industrielle Nutzung. Baradeis Buch mahnt, diese Risiken nicht zu übersehen und ihrer Minderung mindestens so viel Kraft zu widmen wie dem Ausstieg aus der Atomenergie." Micha Brumlik (taz.de, 30.04.2011) Anwalt des nuklearen Friedens "Die Lektüre lohnt sich, wenn man einen Eindruck davon erhalten möchte, was ein solches Mandat an der Schnittstelle von Technologie und Politik im Konkreten bedeutet." (Neue Zürcher Zeitung, 26.05.2011) Für eine Welt ohne Atomwaffen "ElBaradeis 'Kampf für eine Welt ohne Atomwaffen' ist so lehrreich wie spannend ... Gleichzeitig ist dieses Buch eine beeindruckende Warnung, über den Gefahren der sogenannten friedlichen Nutzung der Kernenergie nicht die ihrer militärischen bzw. terroristischen Nutzung zu vernachlässigen." (Frankfurter Rundschau, 07.06.2011) Zwischen allen Stühlen "Ein guter chronologischer und technischer Überblick über die einzelnen Fälle, mit denen die IAEO in den vergangenen Jahren zu Gange war. Besonders die iranische Heiß-kalt-Story wird detailliert nacherzählt." (Der Standard, 18.06.2011) Der Nuklear-Poker "Die Studie von Mohamed El Baradei, der von 1997 bis 2009 die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) leitete, belegt eindrucksvoll die ... Arbeit der Behörde in der Auseinandersetzung mit den militärischen Gefahren durch Kernwaffen an den prominenten Beispielen Irak, Iran und Nordkorea." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2011)…mehr