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Die Autoren folgen den Spuren des größten noch lebenden NS-Kriegsverbrechers Alois Brunner. Als engster Mitarbeiter von Adolf Eichmann in der "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" schickte Brunner zwischen 1939 bis 1945 über 120.000 Menschen in den Tod. Nach dem Krieg gelingt es ihm unterzutauchen und sich nach Syrien abzusetzen. In Frankreich wird er zweimal in Abwesenheit zum Tode verurteilt, Mitte der achtziger Jahre wird er vor der UN-Vollversammlung angeklagt, aber ansonsten lebt Brunner unbehelligt. Ein brisantes Buch, das auf dem international vielbeachteten ARD-Dokumentarfilm "Die…mehr

Produktbeschreibung
Die Autoren folgen den Spuren des größten noch lebenden NS-Kriegsverbrechers Alois Brunner. Als engster Mitarbeiter von Adolf Eichmann in der "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" schickte Brunner zwischen 1939 bis 1945 über 120.000 Menschen in den Tod. Nach dem Krieg gelingt es ihm unterzutauchen und sich nach Syrien abzusetzen. In Frankreich wird er zweimal in Abwesenheit zum Tode verurteilt, Mitte der achtziger Jahre wird er vor der UN-Vollversammlung angeklagt, aber ansonsten lebt Brunner unbehelligt. Ein brisantes Buch, das auf dem international vielbeachteten ARD-Dokumentarfilm "Die Akte B. - Alois Brunner, die Geschichte eines Massenmörders" basiert. Die Nachforschungen der Autoren ergeben, dass es sich im Fall Brunner um den größten Skandal der Nachkriegszeit handelt, der zu der Frage führt: Wann wird die Bundesregierung endlich tätig?
Autorenporträt
Esther Schapira ist seit 1995 Redakteurin für Politik und Gesellschaft und Ressortleiterin der Abteilung Zeitgeschichte beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks.

Dr. Georg M. Hafner ist Abteilungsleiter der Redaktion Politik und Gesellschaft beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks und Kommentator bei den ARD-Tagesthemen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2000

Brunners Nebelwände
Spurensuche nach einem Hauptverantwortlichen für SS-Verbrechen

Georg M. Hafner, Esther Schapira: Die Akte Alois Brunner. Warum einer der größten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuß ist. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2000. 327 Seiten, Abbildungen, 39,80 Mark.

Alois Brunner ist in der einschlägigen Zeitgeschichtsschreibung kein Unbekannter: Der im Burgenland geborene SS-Mann wurde 1938 Stellvertreter Adolf Eichmanns, des damaligen Leiters der "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" in Wien. Als Verfolger und Spezialist für Deportationen machte er eine steile Karriere: Er war an der "Endlösung" in Thessaloniki beteiligt, leitete das französische Deportationslager Drancy. Zeitweilig sorgte er in Nizza für Deportationen und wirkte in der Slowakei an der Niederschlagung des Aufstands im Herbst 1944 mit. Anders als Eichmann legte Brunner folternd und mordend auch selbst Hand an. An zirka 120 000 Morden soll er aktiv beteiligt gewesen sein.

Was den "Fall Brunner" so spannend macht, ist sein "Weiterleben" nach dem Zweiten Weltkrieg. Hafner und Schapira setzen aus vielen Mosaiksteinen die erstaunliche Karriere Brunners nach 1945 zusammen, notgedrungen gestützt auf Indizien. Wie so viele andere auch, tauchte Brunner unter, lebte bis 1954 in Essen, reiste dann über Italien nach Syrien aus. Dort könnte der mittlerweile 88 Jahre alte Brunner mit hoher Wahrscheinlichkeit noch heute leben.

Brunner war im Waffengeschäft tätig. Staatsanwaltschaften ermittelten in Frankreich intensiv (dort wurde er 1954 in Abwesenheit zum Tode verurteilt) und in Deutschland nach Ansicht der Autoren eher lustlos und widerwillig.

Hafer und Schapira sehen Verbindungen zum BND (der dies aber vorsichtig dementiert). Brunner könnte mit oder ohne amerikanische Unterstützung gerade im hochsensiblen Nahen Osten, insbesondere in Syrien, beim Aufbau oder der Entwicklung von Geheimdiensten mit seinem Know-how aus den SS-Verfolgungspraktiken geholfen haben. So verlieren sich trotz aller Haftbefehle, hoher Belohnungen und bis in die offizielle Außenpolitik reichender Bemühungen die Spuren Brunners im Nebel.

Zum Schluß suggerieren die Autoren, Brunner würde vielleicht sogar seine letzten Lebensjahre wieder in Deutschland oder Österreich verbringen. Über ihn wurden immer wieder falsche Nachrichten und Todesmeldungen verbreitet. Bei zwei Bombenattentaten wurde er Anfang der sechziger Jahre nur verletzt. 1985 gab er einer Illustrierten ein offenherziges Interview, das keine intensiven Reaktionen von offizieller Seite nach sich zog.

Brunner war einer der Hauptverantwortlichen für SS-Verbrechen in vielen Staaten Europas. Warum er nie gefaßt wurde, bleibt rätselhaft. Warum seinen Spuren von den Verfolgungsbehörden in Österreich und Deutschland nicht intensiver nachgegangen wurde, bleibt auch nach Lektüre dieses Buches eine offene Frage.

JOST DÜLFFER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was den "Fall Brunner" so spannend mache, meint Jost Dülffer, sei Brunners "Weiterleben" nach dem 2. Weltkrieg. Und nur sehr vage ist seiner Buchbesprechung zu entnehmen, dass das Motiv der Autoren für dies Buch möglicherweise nicht das "Spannende" an dem Fall war, sondern der Skandal. Denn dieser Naziverbrecher wurde nie gefasst. Er lebt möglicherweise heute noch in Syrien. Der Rezensent klickt ein paar Themenbereiche des Buches an, Verbindungen Brunners zum späteren BND, seine Hilfe beim Aufbau von Geheimdiensten im Nahen Osten beispielsweise. Auch dass immer wieder falsche Todesmeldungen verbreitet wurden. Warum Brunner nie gefasst wurde und warum seinen Spuren von den Verfolgungsbehörden nicht intensiver nachgegangen wurde, bleibt für Dülffer auch "nach der Lektüre eine offene Frage".

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