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Guttenbergs Trickkiste
Wie weit liegt er zurück, der letzte Doktortitelskandal? Ein Tag? Eine Woche? Ein Monat? Bernd Kramer liefert eine Kulturgeschichte des Doktortitelschwindels und zeigt, wie erschreckend leicht der Betrug realisiert werden kann. Er geht der Frage auf den Grund, woher unsere Gier nach dem Doktortitel stammt, ob er sich tatsächlich lohnt und was für ein Status er sonst noch verspricht.
Gut recherchiert, mit Fakten untermauert und mit viel Ironie und Witz schildert Bernd Kramer zu welchen abstrusen Ausmaßen die Dünnbrettdoktorenwürde geführt hat.

Produktbeschreibung
Guttenbergs Trickkiste

Wie weit liegt er zurück, der letzte Doktortitelskandal? Ein Tag? Eine Woche? Ein Monat? Bernd Kramer liefert eine Kulturgeschichte des Doktortitelschwindels und zeigt, wie erschreckend leicht der Betrug realisiert werden kann. Er geht der Frage auf den Grund, woher unsere Gier nach dem Doktortitel stammt, ob er sich tatsächlich lohnt und was für ein Status er sonst noch verspricht.

Gut recherchiert, mit Fakten untermauert und mit viel Ironie und Witz schildert Bernd Kramer zu welchen abstrusen Ausmaßen die Dünnbrettdoktorenwürde geführt hat.
Autorenporträt
Bernd Kramer, Jahrgang 1984, studierte Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Politik an der Universität Köln und war Absolvent der Kölner Journalistenschule. Er schreibt als Journalist unter anderem für die taz, Spiegel online, Süddeutsche Zeitung, Neon und die ZEIT und arbeitete undercover bei einer Astro-Hotline und auf Esoterik-Messen.
Rezensionen
"Eine Pflichtlektüre für Geltungssüchtige und verzweifelte Promovenden." Kurier am Sonntag

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.2015

Kein Titel soll uns voneinander trennen!
Elitär, unnütz und zum Plagiat verführend obendrein: Bernd Kramer findet am Doktortitel gar nichts Gutes

Der Autor hat ein Problem. Mit Professoren, mit Führungspositionen - und vor allem: mit dem Doktortitel. Der Doktortitel erzeugt für Bernd Kramer Ungleichheit, er sei "undemokratisch" und verschaffe denen, die ihn tragen, Privilegien, und zwar nicht nur dort, wo der Titel herkommt, also in der Universität, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft. Anlass genug, sich mit dem Phänomen des "Titelkults", das der junge Journalist in unserer Gesellschaft vorzufinden glaubt, zu beschäftigen.

Dafür paraphrasiert Kramer zunächst einmal Erkenntnisse der sehr überschaubaren Sekundärliteratur, die sich mit der Geschichte des Promotionswesens befasst. Ausführlich kommt er dabei auf den Titelhandel, auf "Schmalspurpromotionen", die sogenannte Absenzpromotion und die generellen Strukturen an den deutschen Universitäten des neunzehnten Jahrhunderts zu sprechen, innerhalb deren die selbständige Anfertigung einer Doktorarbeit zunächst weder vorgesehen noch überhaupt eine Voraussetzung dafür war, den Titel zu erlangen.

Man könne nicht behaupten, stellt Kramer klar, "dass die Promotion früher noch etwas galt und erst in jüngster Zeit qualitativ den Bach heruntergeht". Erst mit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts habe sich langsam ein Prozess der Verwissenschaftlichung und Standardisierung durchgesetzt, der die inhaltliche Qualität der Promotionen absichern sollte. Von der tatsächlichen Einhaltung dieser Zielvorgaben ist Kramer jedoch nicht überzeugt.

Schon im Studium werde man überdies in "unserer titel- und zertifikatsfixierten Gesellschaft" in einer Lernsituation der Angst zum "Bluff" erzogen, um "das überlegene Getue, das elitär-wissende Gehabe, die Aura der Unangreifbarkeit", die den universitären Betrieb kennzeichneten, nachahmen zu können. Der Doktortitel ist für Kramer die Ausgeburt dieses elitären Übels. Mit ihm verbinde sich die Vorstellung, dass jemandem "ohne Rücksicht auf jeden Kontext" in allen Bereichen des Lebens "die maximale Ehrerbietung zustünde". Kramer sieht darin auch die Ursache für das Anfertigen von Plagiaten und den Titelhandel im Ausland. Die Aussicht, mit dem Doktortitel gesellschaftlich bessergestellt zu werden, verführe zum Betrug.

Was also folgt daraus? "Der Titel muss weg", fordert Kramer. Für das Verfassen von Dissertationen zeigt er denn auch wenig Verständnis: "So viel Zeit in ein Werk mit begrenzter Resonanz zu investieren ist auch deswegen so sinnlos, weil Anstrengungen dieser Art heute kaum für eine Karriere verlangt werden."

Eine solche Position übersieht die Haltung, die unter Doktoranden und im Mittelbau der Universität durchaus verbreitet ist: die der intrinsischen, an den Sachen orientierten Motivation. Angesichts der prekären Anstellungsverhältnisse an den deutschen Universitäten ist sogar davon auszugehen, dass dies der ausschlaggebende Grund dafür ist, warum nicht längst eine Kündigungswelle im Mittelbau eingesetzt hat. Rein rationale, ökonomische und "vernünftige" Gründe, nach Abschluss des Studiums an der Universität zu bleiben, gibt es eigentlich nicht. Sinnlos ist die Anfertigung einer Dissertation deshalb aber noch lange nicht.

Das, was Kramer beschreibt - Eitelkeiten, Statusgier, Geltungsdrang -, gibt es, im akademischen Betrieb wie in jedem anderen Betrieb. Und das genaue Gegenteil auch. 1968 ist nicht folgenlos geblieben - zum Glück! Wer heute mit dem Doktortitel protzt, macht sich lächerlich; es mangelt an einem Forum, in dem der von Kramer diagnostizierte "Titelwahn" ausbrechen könnte - und das ist gut so, denn es zeigt, wie tief verankert die demokratischen Strukturen in unserer Gesellschaft sind.

Kramers These, dass der Doktortitel undemokratisch sei, ist auch insofern falsch, als doch jeder promovieren kann, wenn er die dafür erforderlichen Leistungen vorweist. Seine Feststellung, dass "die Elite" sich reproduziert und auf diese Weise soziale Ungleichheit verfestigt, hat nach wie vor in bestimmten Kontexten Gültigkeit. Das ist allerdings keine neue Entdeckung, sondern spätestens seit den Studien von Pierre Bourdieu breit erforscht.

Die Universitäten haben heute mit ganz anderen Problemen als dem Promotionswesen zu kämpfen: Systemakkreditierungswahnsinn, wachsende Studentenzahlen, Bologna-Reform und ihre Folgen, systematische Unterfinanzierung, Quantität statt Qualität, Projektanträge als Selbstzweck, prekäre Beschäftigungsbedingungen des Mittelbaus, die jede Gewerkschaft aufschreien lassen müssten - die Liste der zu bewältigenden Herausforderungen ist lang.

Dass es auch innerhalb des Promotionswesens Aspekte gibt, die reformbedürftig sind, soll nicht in Frage gestellt werden. Doch entgegen der Annahme Kramers sind die unterschiedlichen Promotionsordnungen der Universitäten gar nicht das Problem, wenn es um die Frage mangelnder Vergleichbarkeit und Objektivität geht. Es spricht stattdessen sehr viel dafür, die Betreuung und Begutachtung von Dissertationen nicht länger in einer Person zu vereinen, und es wäre - allein schon aufgrund des fortgeschrittenen Alters der meisten Doktoranden - mehr als angebracht, die Benotung von Doktorarbeiten endlich abzuschaffen. Für die Abschaffung des Doktortitels aber gibt es in der Demokratie des einundzwanzigsten Jahrhunderts keinen plausiblen Grund.

HANNAH BETHKE.

Bernd Kramer: "Der schnellste Weg zum Doktortitel". Warum selbst schreiben, wenn's auch anders geht? Riemann Verlag, München 2014. 286 S., br., 16,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hannah Bethke kann keinen Grund erkennen, die Promotion und den Doktortitel abzuschaffen, wie es Bernd Kramer in seinem Buch fordert. Den vom Autor kritisierten Titelkult subsummiert Bethke unter den allgemeinen Geltungsdrang, wie es ihn in jedem Berufszweig gibt, wie sie findet. Außerdem gibt sie zu bedenken, dass schließlich jeder promovieren kann, der Titel also nicht undemokratisch ist, wie der Autor behauptet. Die Geschichte des Promotionswesens auf das Elitäre zu reduzieren, scheint der Rezensentin nicht richtig. Die Probleme der Unis sieht sie woanders.

© Perlentaucher Medien GmbH