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Ein kluges, ein provokantes Buch über den weiblichen Körper - seine Anatomie, sein Empfinden, seine Evolution und seine Lust - und über das Frausein heute, großartig recherchiert, frech und undogmatisch geschrieben, selbstbewusst, sinnlich und grenzenlos. Die Pulitzer-Preisträgerin Natalie Angier stellt eine schier unerschöpfliche Palette an Erkenntnissen zusammen und verwirft dabei reihenweise die festgefahrenen Vorstellungen über das, was frau ist oder sein sollte. Neben seiner Wissenfülle besticht dieses Buch vor allem durch die brilliante Eloquenz und den feinsinnigen Humor der Autorin.…mehr

Produktbeschreibung
Ein kluges, ein provokantes Buch über den weiblichen Körper - seine Anatomie, sein Empfinden, seine Evolution und seine Lust - und über das Frausein heute, großartig recherchiert, frech und undogmatisch geschrieben, selbstbewusst, sinnlich und grenzenlos. Die Pulitzer-Preisträgerin Natalie Angier stellt eine schier unerschöpfliche Palette an Erkenntnissen zusammen und verwirft dabei reihenweise die festgefahrenen Vorstellungen über das, was frau ist oder sein sollte. Neben seiner Wissenfülle besticht dieses Buch vor allem durch die brilliante Eloquenz und den feinsinnigen Humor der Autorin. Selten wird Wissen so spannend und unterhaltsam vermittelt wie hier.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Frau Großmutter führt uns ins Paradies der guten Seele
Was wir sind, sind wir nur durch Unverträgliches: Zwei Bücher über die Schwierigkeiten der Evolution / Von Diemut Klärner

Die Renovierungsarbeiten finden allmonatlich statt und kommen mitunter ziemlich ungelegen. Wenn die Gebärmutter keinen Nachwuchs beherbergt, wird ihre Inneneinrichtung regelmäßig erneuert. Wozu diese aufwendigen Umbaumaßnahmen gut sein sollen, dürfte sich schon so manche Frau gefragt haben. Die Fachleute zeigten allerdings wenig Interesse. Kein Wunder, meint die Wissenschaftsjournalistin Natalie Angier, sind die Wissenschaftler, die sich mit der Evolution des Menschengeschlechts befassen, doch in der Mehrzahl Männer. Und Männer menstruieren nun einmal nicht.

So waren es denn Frauen, die vor einigen Jahren begannen, sich dieses Themas anzunehmen. Zunächst präsentierte Margie Profet von der University of Washington die Hypothese, daß die Monatsblutungen der inneren Hygiene dienen. Mit dem Sperma des Partners, so überlegte sie, gelangen oft unliebsame Bakterien und Viren in den Körper der Frau. Vielleicht lassen sich diese Eindringlinge wieder loswerden, wenn sich die Schleimhaut von Zeit zu Zeit auflöst und mit dem Menstruationsblut aus der Gebärmutter herausgespült wird. Dagegen spricht allerdings zum einen, daß schwangere und stillende Frauen auf diesen Infektionsschutz verzichten müßten. Zum anderen ist Blut kein schlechter Nährboden für hungrige Bakterien. Gewöhnlich bildet eine intakte Schleimhaut eine wirksamere Barriere gegen zudringliche Krankheitserreger als eine klaffende Wunde.

Eine ganz andere Erklärung für die monatlichen Blutungen bietet Beverly Strassmann von der University of Michigan: Voll entwickelt, ist die Gebärmutterschleimhaut ein sehr produktives Gewebe mit einem entsprechend hohen Energieumsatz. Schließlich gilt es, den jungen Embryo optimal zu versorgen. Das für ihn bestimmte Quartier wird jedoch überflüssig, wenn die angepeilte Schwangerschaft ausbleibt. Es umgehend ab- und erst bei Bedarf wieder aufzubauen ist ökonomischer, als die gesamte Infrastruktur ununterbrochen betriebsbereit zu halten. Daß sich die Gebärmutterschleimhaut des Menschen nicht unauffälliger demontieren läßt, liegt wohl an ihrer luxuriösen Ausstattung.

Müssen Frauen also bluten, um ihren Sprößlingen ein besonders gedeihliches Ambiente bieten zu können? So einleuchtend diese Interpretation auch sein mag, Nathalie Angier kann sich nicht so recht damit anfreunden. Sie zieht es vor - zumindest als Nebeneffekt -, doch noch ein blutiges Großreinemachen ins Spiel zu bringen: "Dies ist eine egozentrische, aktive und erotische Erklärung der Menstruation, die Anerkennung der Tatsache, daß wir fleischliche Wesen sind, deren sexuelle Aktivität jegliches Maß bloßer reproduktiver Notwendigkeit übersteigt. Durch unser defensives Bluten helfen wir nicht unseren Nachkommen oder unseren Begattungspartnern oder der ganzen gottverdammten Spezies - wir helfen uns selbst."

Als streitbare Feministin macht Natalie Angier keinen Hehl daraus, für welche Seite sie Partei ergreift. Während sie lustvoll die Topographie des weiblichen Körpers erkundet, kämpft sie leidenschaftlich und doch mit großer Sachkenntnis gegen frauenfeindliche Klischees, insbesondere solche, die in wissenschaftlichem Gewand daherkommen. Ob sie höchst anschaulich die Prozedur einer Ei-Spende schildert, die Eigenarten des X-Chromosoms erläutert oder in den raffinierten Details hormoneller Ausstattung schwelgt, stets kann sie auf einschlägiges Fachwissen zurückgreifen. Nur in Randgebieten stößt man auf Unstimmigkeiten.

So ist die Milch einer See-Elefantenkuh sicher sehr nahrhaft, mit einem Fettgehalt von maximal fünfzig Prozent aber nicht "fetthaltiger als Butter". Die gehaltvollste Säuglingsnahrung produzieren übrigens nicht die See-Elefanten, sondern ihre kleineren Verwandten, die Klappmützen. Da diese Robben ihren Nachwuchs auf einer Eisscholle zur Welt bringen, haben sie es anschließend sehr eilig. Sie säugen ihr Junges nur vier Tage lang mit einer Milch, die zu etwa sechzig Prozent aus Fett besteht. Dank der üppigen Verpflegung kann die kleine Klappmütze in dieser Zeit ihr Gewicht verdoppeln und sich mit einer angemessenen Speckschicht für ein Leben im eiskalten Nordatlantik wappnen.

Solche Kleinigkeiten können das Lesevergnügen freilich nicht schmälern. Munter plaudernd, spannt die Autorin einen weiten Bogen von der Eizelle bis zu Menarche und Menopause. Die Wonnen des weiblichen Orgasmus dürfen dabei ebensowenig fehlen wie Lust und Frust der Mutterschaft. Freimütig läßt Natalie Angier auch persönliche Erfahrungen einfließen und geizt nicht mit guten Ratschlägen. So ermuntert sie ihre Geschlechtsgenossinnen, ruhig ein paar Hanteln zu stemmen: "Wir brauchen Muskeln aus praktischen Gründen, und wir brauchen sie für unser Selbstbewußtsein, für unser potentiell wackeliges Ego, und in beiderlei Hinsicht haben wir sie heute nötiger denn je."

Mit dem weiblichen Teil der Menschheit beschäftigt sich auch die Anthropologin Sarah Blaffer Hrdy. Wer sich schon einmal gefragt hat, warum Babys so herzig sind und Mütter manchmal Rabenmütter, findet in dieser ebenso lehrreichen wie spannenden Lektüre die Antwort. Um die weibliche Seite der Evolution auszuloten, vertieft sich die Autorin auch in das aufregende Liebesleben von Feigenwespen und Glühwürmchen. Vor allem aber gilt ihr Interesse dem Menschen und seinen haarigen Verwandten, den Affen und Menschenaffen. Eines, so zeigt sich, haben sämtliche Primaten gemeinsam. Ob graziles Seidenäffchen oder massiger Gorilla, die Mütter müssen stets eine "Doppelbelastung" meistern. Zum einen müssen sie ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten, zum anderen fordern die lieben Kleinen pausenlos fürsorgliche Zuwendung.

Um beides unter einen Hut zu bringen, haben verschiedenartige Mütter recht unterschiedliche Strategien entwickelt. Bei den zierlichen Springaffen etwa, die durch die Regenwälder Südamerikas turnen, überläßt das Weibchen einen Großteil der Kinderbetreuung dem Partner. Da das Paar in trauter Zweisamkeit lebt, kann der Sprößling bequem von einem Elternteil zum anderen wechseln. Bei den meisten Primaten ist es dagegen nicht üblich, daß sich die Väter sonderlich engagieren. Auch Bonobos und Schimpansen, die uns von allen Menschenaffen genetisch am ähnlichsten sind, müssen sich ohne männlichen Beistand helfen. Um als alleinerziehende Mütter zurechtzukommen, bringen sie nur alle fünf bis sechs Jahre Nachwuchs zur Welt. Da jedes einzelne Junge viel Zeit und Energie beansprucht, können sie sich keine größere Kinderschar leisten.

Menschenkinder sind sicher nicht pflegeleichter als junge Schimpansen. Dennoch versorgen Frauen oft zwei oder drei Kleinkinder gleichzeitig. Dabei brauchen sie allerdings tatkräftige Unterstützung. Waren sie deshalb seit Urzeiten auf einen Partner angewiesen, der ihnen half, die hungrigen Mäuler zu stopfen? Mit diesem Mythos einer naturgegebenen Rollenverteilung zwischen häuslicher Frau und männlichem Ernährer räumt die Autorin gründlich auf. Zwar gelingt es den Männern mitunter, sich alle wichtigen Ressourcen zu sichern und ihre Partnerinnen in völliger Abhängigkeit zu halten. Doch wenn Frauen nicht derart gehandicapt werden, leisten sie oft den größeren Beitrag zum Familienunterhalt.

Zweifellos können Männer zuverlässige Partner und hingebungsvolle Väter sein. Oft aber sind es aber weibliche Familienmitglieder, die als vertrauenswürdige Babysitter einspringen und jungen Müttern auch anderweitig unter die Arme greifen - ein Hoch auf die rüstigen Großmütter. Daß sie von jeher segensreich wirken, lassen Beobachtungen an Völkern vermuten, die wie die Hadza im Norden von Tansania noch heute als Jäger und Sammler umherziehen. Solche Kulturen sind beliebte Studienobjekte, weil sie erahnen lassen, wie Menschen in prähistorischen Zeiten gelebt haben könnten. Bei den Hadza zum Beispiel graben ältere Frauen eifrig nach eßbaren Knollen, pflücken Beeren und schleppen auch andere Leckerbissen heim.

Nach der Menopause kann sich eine Frau oft noch viele Jahre nützlich machen. Während Gorillas und Schimpansen schon mit fünfzig völlig am Ende sind, haben Menschen in diesem Alter noch eine beachtliche Lebenserwartung - auch ohne die Errungenschaften der modernen Medizin. Um die Überlebenschancen im Kindesalter mag es oft schlecht bestellt sein. Doch wer die ersten Jahrzehnte heil übersteht, hat meist gute Aussichten, noch einige draufzusatteln. Womöglich verdanken wir diese Lebensjahre unseren weiblichen Urahnen. Weil sie nach Kräften mithalfen, ihre Enkel durchzufüttern, war Langlebigkeit ein Selektionsvorteil für das Menschengeschlecht. Der Fleiß der Großmütter und Tanten könnte entscheidend dazu beigetragen haben, daß wir uns eine zunehmend längere Kindheit und ein größeres Gehirn leisten konnten.

Mit fachkundiger Hand zeichnet Sarah Blaffer Hrdy ein facettenreiches Bild weiblicher Lebens- und Überlebensstrategien. Die dunklen Seiten bleiben nicht ausgespart. So wurde zwar bei Freilandstudien niemals beobachtet, daß eine Affenmutter ihren Jungen etwas zuleide tut. Doch Menschenkinder können sich offenbar nicht immer auf solche Affenliebe verlassen. Menschen agieren vorausschauender und flexibler als andere Primaten, manchmal offenbar auch auf Kosten ihrer Sprößlinge. Daß unerwünschte Babys mitunter von der eigenen Mutter vernachlässigt oder sogar getötet werden, läßt sich nicht leugnen. Das mag uns entsetzlich erscheinen. Nach Einschätzung der Autorin liegt es aber in der Natur des Menschen, unter Umständen derart unmenschlich zu handeln. Schließlich standen wohl nicht selten die Existenz der Mutter und das Wohlergehen der Geschwister auf dem Spiel. Auch die Gattung Homo, gibt die Anthropologin zu bedenken, war stets den Gesetzen der Evolution unterworfen. Und da zählte nicht das einzelne Baby, sondern die Gesamtzahl der überlebenden Kinder und Enkel.

Ist bedingungslose Mutterliebe also nur ein frommer Wunsch? Vielleicht ist sie tatsächlich nicht allzu fest in unseren Genen verankert. Doch wie auch immer die Evolution uns geprägt haben mag: Daß wir keineswegs Sklaven unseres biologischen Erbes sind, betont auch Sarah Blaffer Hrdy: "Im Gegensatz zu anderen Tieren sind Menschen in der Lage, bewußt Entscheidungen zu treffen, die ihrem Eigeninteresse zuwiderlaufen. Vieles von dem, was wir als ,ethisches Verhalten' ansehen, fällt in diese Kategorie."

Natalie Angier: "Frau". Eine intime Geographie des weiblichen Körpers. Aus dem Amerikanischen von Ditte und Giovanni Bandini. C. Bertelsmann Verlag, München 2000. 542 S., geb., 48,- DM.

Sarah Blaffer Hrdy: "Mutter Natur". Die weibliche Seite der Evolution. Aus dem Amerikanischen von Andreas Paul, Ellen Voigt, Karin Hasselblatt, Matthias Reiss und Monika Schmalz. Berlin Verlag, Berlin 2000. 773 S., Abb., geb., 68,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In einer Doppelzezension beschäftigt sich Diemut Klärner mit den folgenden zwei Neuerscheinungen zur weiblichen Seite der Biologie:
1) Natalie Angier: `Frau`. Eine intime Geographie des weiblichen Körpers (Bertelsmann)
Mit einigen Thesen anderer amerikanischer Kolleginnen zur evolutionären Bedeutung der Menstruation beginnt Diemut Klärner die Besprechung und setzt dagegen die Auffassung der Autorin. Angier zu Folge ist die Menstruation weniger für die Gattung als für die einzelne Frau selbst von Bedeutung, nämlich als `Anerkennung der Tatsache, dass wir fleischliche Wesen sind, deren sexuelle Aktivität jegliches Maß bloßer reproduktiver Notwendigkeit übersteigt`. Was sie mit dieser Erklärung einleitet ist laut Klärner vor allem eine gründliche Zurückweisung `frauenfeindlicher Klischees`, zumal solcher, die gern `in wissenschaftlichem Gewand daherkommen`. Ihre `streitbare` und `lustvolle` Beschreibung des weiblichen Körpers und seiner Funktionen `von der Eizelle bis zur Menarche und Menopause` ist trotz einiger `Unstimmigkeiten` vergnüglich zu lesen, befindet Diemut Klärner.
2) Sarah Blaffer Hrdy: `Mutter Natur` (Berlin Verlag)
Die Anthropologin beschäftigt sich mit der auch bei Seidenäffchen und Gorillas auftretenden `Doppelbelastung` der Mütter und ihrer evolutionären Überlebensstrategien. Vom Mythos der `naturgegebenen Rollenverteilung` hält sie nichts, schreibt Klärner, und stellt dagegen vielmehr die meist `alleinerziehenden Mütter`, die bei Nahrungsbeschaffung und Kinderaufzucht in der Regel Hilfe durch weibliche Verwandte erhalten. Fazit der Autorin: die Langlebigkeit der Frauen, die als Großmütter für die Betreuung der Kinder und Zuarbeit für die Mütter eben auch jenseits der Menopause noch `nützlich` sind, ist evolutionär bedeutend. Damit wären es also die älteren Frauen gewesen, meint Klärner, die der Gattung einen `Selektionsvorteil` verschafften und `entscheidend` beigetragen haben zur Möglichkeit der Entwicklung eines größeren Gehirns. `Fachkundig und facettenreich` hat die Autorin ihre Aufgabe gemeistert, urteilt der Rezensent, und ist gewissermaßen erleichtert, dass auch die dunklen Seiten der Mütterlichkeit nicht fehlen, beispielsweise die evolutionär durchaus sinnvolle Tötung eines Kindes durch die Mutter. Tröstlich ist dann allerdings für Klärner auch wieder, dass die Autorin den Menschen nicht als Sklaven seines `biologischen Erbes` betrachtet und die Möglichkeit `ethischen Verhaltens` als Korrektiv hervorhebt.

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