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Was wäre, wenn Mozarts Begabung nur ganz durchschnittlich gewesen wäre? Die Frühwerke des Wunderkindes in Wahrheit vom Vater verfasst? Der Ich-Erzähler begibt sich auf des Meisters Spuren, nach und nach immer besessener davon, das Genie zu Fall zu bringen. Eine Serie von Artikeln soll das Geheimnis lüften. Während Mozart kräftig gerupft wird, bläht sich das Ich seines Verfolgers zunehmend zu Übergröße auf. Doch führt die geheimnisvolle Spur wirklich zu neuen Erkenntnissen? Oder geradewegs in ein Spiegelkabinett, in dem wir immer nur uns selbst wiederfinden?

Produktbeschreibung
Was wäre, wenn Mozarts Begabung nur ganz durchschnittlich gewesen wäre? Die Frühwerke des Wunderkindes in Wahrheit vom Vater verfasst? Der Ich-Erzähler begibt sich auf des Meisters Spuren, nach und nach immer besessener davon, das Genie zu Fall zu bringen. Eine Serie von Artikeln soll das Geheimnis lüften.
Während Mozart kräftig gerupft wird, bläht sich das Ich seines Verfolgers zunehmend zu Übergröße auf.
Doch führt die geheimnisvolle Spur wirklich zu neuen Erkenntnissen? Oder geradewegs in ein Spiegelkabinett, in dem wir immer nur uns selbst wiederfinden?
Autorenporträt
Michael Köhlmeier, in Hard am Bodensee geboren, lebt in Hohenems/Vorarlberg und Wien. Bei Hanser erschienen die Romane "Abendland" (2007), "Madalyn" (2010), "Die Abenteuer des Joel Spazierer" (2013), "Spielplatz der Helden" (2014, Erstausgabe 1988), "Zwei Herren am Strand" (2014), "Das Mädchen mit dem Fingerhut" (2016), "Bruder und Schwester Lenobel" (2018), "Matou" (2021), "Frankie" (2023) und zuletzt "Das Philosophenschiff" (2024), außerdem die Gedichtbände "Der Liebhaber bald nach dem Frühstück" (Edition Lyrik Kabinett, 2012) und "Ein Vorbild für die Tiere" (Gedichte, 2017) sowie die Novelle "Der Mann, der Verlorenes wiederfindet" (2017), "Die Märchen" (mit Bildern von Nikolaus Heidelbach, 2019) und "Das Schöne" (59 Begeisterungen, 2023). Michael Köhlmeier wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk und 2019 mit dem Ferdinand-Berger-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.04.2007

Throngewackel
Michael Köhlmeiers Novelle „Der Spielverderber Mozarts”
Wer das Genie entzaubert, den doppelten Boden, der die Magie stützt, entblößt, der vermag für einen Moment spüren, wie es sich anfühlt, etwas über die eigene Zeit hinaus zu schaffen. Doch der Kater der Nicht-Genialen auf den kurzen Rausch der Berühmtheit liegt in der Anstrengung, der Tüftelarbeit, die sie in die Entdeckung investierten. Das erfährt auch der Spielverderber Mozarts aus Michael Köhlmeiers gleichnamiger Novelle. Eigentlich war es als Provokation gemeint, dass der Ich-Erzähler auf einem Wiener Kongress behauptet, Mozart, das seien höchstens zehn Prozent Talent plus neunzig Prozent „bürgerlicher Schwarmgeist”, der sich „seinen” Mozart nachträglich erhört hat. Doch der Erzähler findet seinen Adepten und sicher gibt es nach dem überreichen Mozart-Jahr 2006 noch ein paar mehr, die bereit sind einzufallen: Das Genie Mozart ist purer Humbug, reine Illusion.
Und Illusion ist auch Michael Köhlmeiers Novelle, ein vielversprechender Irrgarten aus Ahnungen und Möglichkeiten, die sich nahezu sämtlich als Holzwege erweisen. Aber leider: Der schmale Band will zu viel auf einmal, ein bisschen Mystizismus, ein wenig Großstadtblässe vielleicht, dazu die obligatorische Wiener Neurose und hybrides Throngewackel. „Ich will ihnen etwas zeigen”, pflegen die immer etwas tumben Helfer in Kriminalromanen die Spürnasen auf die Fährte zu setzen. Bei Köhlmeier ist es Dr. Löschenkohl, der dem Ich-Erzähler neben seiner Entdeckung, dass Mozart weder Mozart noch genial war, gleich auch noch den Körper seiner Frau und die Couch dazu, preisgibt. Doch die akribisch gesammelten Beweise für die Mittelmäßigkeit des Salzburger Wolferls führen nirgendwo hin, nicht den Protagonisten, nicht den Leser.
Ein zweites, sehr mediokres Ich
Der österreichische Erzähler hat seiner spielerischen Idee vom Heldensturz nicht die schlechteste Form beiseite gestellt: die streng-schlanke Novelle. Doch vermag Köhlmeier zwar das neue, das überraschende Moment zu bieten, allein er verstolpert sich in redseligen Beschreibungen und Verästelungen. Hier will einer eigentlich fabulieren, vermuten, sich kunstvoll verrennen. Doch da er nur 47 Seiten Zeit hat, liebt, isst und betrügt er sich und andere in einer schwerfälligen Hatz, an der vor allem die Sprache leidet. Nur selten tragen sich Köhlmeiers Bilder allein und das nicht, weil er es nicht besser könnte, sondern weil der Erzähler erst die Zügel anzieht, um sie dann schießen zu lassen.
Dass sich der Held immer mehr zu einer Person entwickelt, die er selbst „zum Kotzen” findet, erfährt der Leser nicht allein aus dem Geschehen selbst, nein, er begleitet den Erzähler auch noch bei der so unoriginellen wie erwartbaren Selbstanalyse. „Auf einmal sah ich neben mir noch ein zweites Ich, mein eigentliches, mediokres Ich überschneidend und verschattend, ein noch unvertrautes, rätselhaftes, abweisendes, sogar mich selbst abweisendes Ich” beginnt der Erzähler seine ausschweifende Selbstbeschau. Gefühle werden gnadenlos auserzählt und erklärt und am Ende hat der Leser das Gefühl, so recht genarrt worden zu sein, weil viel erzählt und nichts gesagt erscheint. Und das liegt am Misstrauen, das Köhlmeier der Güte seiner eigenen Geschichte, seiner eigenen Sprache entgegenzubringen scheint. Wer den Bonvivant Mozart necken will, darf nicht verbissen sein. BRITTA VOSS
MICHAEL KÖHLMEIER: Der Spielverderber Mozarts. Novelle. Deuticke Verlag, Wien 2006. 48 Seiten, 9,70 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nach dem prallen Mozartjahr kommt diese "spielerische Idee vom Heldensturz" der Rezensentin eigentlich ganz recht. Leider muss Britta Voss mit ansehen, wie sich Michael Köhlmeier zwischen Mystizismus, Wiener Neurose und "hybridem Throngewackel" tüchtig verstolpert. Was als "vielversprechender Irrgarten aus Ahnungen" beginnt, endet schließlich im Nirgendwo, weil der Autor "eigentlich fabulieren" will, aber nur eine Novelle lang Zeit hat. Was passiert? Vor lauter Hatz wird "viel erzählt" und "nichts gesagt". Voss findets bannig schade.

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