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Alexander Gansebohn ist mit Marie verheiratet, verliebt ist er jedoch in Dunja. Als er wieder einmal erst im Morgengrauen nach Hause kommt, stürzt sich Marie samt der Kinder aus dem Fenster. Doch auch Dunja will nichts mehr von ihm wissen. Er beginnt eine groteske Tour de force durch Wien, ehe er nach Jerusalem reist, um Terrorist zu werden. Doch nicht der Hass ereilt ihn dort, sondern die Liebe. Dieser Roman ist wie die sanftmütige Ballade einer Heavy-Metal-Band.

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Produktbeschreibung
Alexander Gansebohn ist mit Marie verheiratet, verliebt ist er jedoch in Dunja. Als er wieder einmal erst im Morgengrauen nach Hause kommt, stürzt sich Marie samt der Kinder aus dem Fenster. Doch auch Dunja will nichts mehr von ihm wissen. Er beginnt eine groteske Tour de force durch Wien, ehe er nach Jerusalem reist, um Terrorist zu werden. Doch nicht der Hass ereilt ihn dort, sondern die Liebe.
Dieser Roman ist wie die sanftmütige Ballade einer Heavy-Metal-Band.
Autorenporträt
Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, erhielt u. a. den Ingeborg-Bachmann-Preis (1995), den Arthur-Schnitzler-Preis (2002), den Nicolas-Born-Preis (2017) und den Bayerischer Buchpreis (2017). Bei Zsolnay erschienen zuletzt der Krimi Rechtswalzer (2019) sowie die in zahlreiche Sprachen übersetzten historischen Romane Das Floß der Medusa (2017), Die Eroberung Amerikas (2021) und Einsteins Hirn (2023).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2007

Der Terrorist zeigt den Mittelfinger
Der Splatterpoet Franzobel verhebt sich an der Liebe

Wollte man den Eindruck, der sich bei der Lektüre von Stefan Griebls "Liebesgeschichte" einstellt, auf einen Begriff bringen, so wäre es wohl dieser: Ernüchterung. Galt es bisher als unvermeidlich, dass jeder, der den Plot eines Franzobel - so Griebls Pseudonym - wiederzugeben versuchte, einem Volltrunkenen glich, der einen Witz vergeigt, so gelingt das diesmal einigermaßen kohärent: Es geht um einen vierunddreißigjährigen Mann (Alexander) und "seine heiligen drei Weiber". Untreu, wie er ist, wird Alexander brachial verlassen von seiner Frau (Marie), die sich - zumindest vorgeblich - mit den gemeinsamen Kindern aus dem Fenster stürzt: "das dümmste Ende überhaupt". Der Düpierte, "ruhig, fast zufrieden und nur über seine Hartherzigkeit erstaunt", flüchtet zur Geliebten (Dunja), "die Quitte mit dem Entenarsch", die sich jedoch schon zuvor von ihm getrennt hat, dann aber doch noch die Zeit für ein letztes "Ja. Gib's mir. Ja. Jawohl. O ja"-Schäferstündchen erübrigt: "Er war warmes Fleisch und männlich, das genügte."

Nach einem wirren Traum ("Ein Mensch mit entblößtem Hintern hing an der Decke, und zwar genau dort, wo ein gemalter Geier war, so dass es aussah, als ob der Kopf des Geiers im Arsch des gottgeweihten Mannes steckte") lässt sich der Held mit einer dritten Frau ein (Heidrun, genannt Slipeinlage), "die Met im Euter trug und begehrlich hinter jedem Bock herlief", bevor ihn - pling - eine Erleuchtung heimsucht: Wirklich lieben nämlich tat und tut er nur Marie, "das Schneewittchen", aber die hält er ja nun für hinüber. An der Einsamkeit verzweifelnd, steigt Alexander zunächst als Hochstapler in Bristol ab, feiert eine mühsam ausgedachte Sexorgie mit sechsunddreißig Teenagern und beschließt kurz vor Ende des Buchs, islamischer Selbstmordattentäter zu werden, landet aber eher zufällig im israelischen Gefängnis. Marie hält er auch noch für tot, als sie ihn schließlich anruft: "Sag, Marie, wie ist es dort, wo du jetzt bist?"

Während seiner siebentägigen Reise ans Ende der Vernunft erschießt Alexander noch Dunjas neuen Geliebten Doyle, "die affektiert zur Schau getragene Freude an sich selbst" (vor allem deshalb, weil sich Dunja mit dessen Hund vergnügt hat, der schließlich geschminkt und gekreuzigt auf einem Tisch endet), beobachtet vergnügt, wie ein deppertes Einbrecherpärchen seine Wohnung ausräumt - nicht wissend freilich, dass im Nebenraum die zurückgekehrte Marie liegt, gefesselt die "totale Hinrichtung, Beispiel und Sinnbild einer Schlachtung" erwartend, die auf Video aufgezeichnet werden soll - und entkommt in letzter Sekunde Heidruns messerschwingendem Ehemann, der diese zuvor abgemurkst hat ("wie ich sie so gegen die Wand geschlagen habe"), bevor dann noch Dunja im Wiener Prater vor Alexanders Augen von einer Bombe zerfetzt wird. Die Bombe stammte offenbar von einem Terroristen, wie "ein Blatt mit arabischen Schriftzeichen, ein Bekennerschreiben" deutlich macht, was Alexander, der plötzlich Arabisch versteht, überhaupt erst auf die nicht ganz originelle Terroristen-Idee bringt.

Promilleliteratur ist das immer noch, keine Frage, aber eben nicht mehr hochprozentig. Ausnüchternd schaut man nun aber genauer hin, was denn hier eigentlich serviert wird, und erschrickt darüber, dass die "Liebesgeschichte" nicht anders als trivial, kitschig und bemüht genannt werden kann, ein hingerülpster Groschenroman. Was jetzt einsetzt, ist schlimmste Katerstimmung. Schal wie Partyreste schmecken die immer noch kistenweise angelieferten Gags und überkandidelten Abgedrehtheiten wie jener Taschenkrebs, der sich vor der Rialtobrücke "in Alexanders Mitte festgezwickt" hatte. Nur manche, wenige Einfälle haben noch Charme: "Sehen Sie sich nur diese Schnellfressrestaurants an. Der Earl of Sandwich würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, wofür man ihn missbraucht."

Auf die Nerven fallen Einfallslosigkeiten zumal dann, wenn sie sich durch das gesamte Buch ziehen wie die Metapher eines hohlen Puppenkopfs. Dass Marie und eine "alte Schachtel" seitenlang als "Huhuu" machende Gespenster auftreten: Soll das lustig sein? Gar schockieren? Ist so auch die fleißige Konsultation des Wörterbuchs des Skatologen zu erklären? So könnte man schließlich die Mitteilung "Alexander zeigte den Fuck-Finger" als poetologische Metapher lesen, denn was sonst tut der Autor hier?

Da hilft es auch nichts, dass das Verkleckern von Körpersäften durch eine - freilich recht banale - Säftelehre überhöht wird. Die Großkapitel nämlich tragen die Überschriften "Cholerik", "Melancholie", "Sanguinik" und "Phlegma", und in der Tat richtet sich das Geschehen grob nach diesen Vorgaben, aber genau dieser isolierte Kunstgriff wirkt äußerst oberflächlich, unmotiviert und aufgesetzt: eine (Fuck-)Fingerübung aus einem "Creative Writing"-Kurs. Es bleibt die Frage, warum Franzobel, der auch anders kann - nicht ganz anders, aber doch weit intelligenter, wie das "Fest der Steine" (2005) bewies -, in diese Liebesgrube plumpste. Vielleicht ist er ein Jahrzehnt verspätet ins Ingeborg-Bachmann-Delirium gefallen. Vielleicht wurde er verlassen. Vielleicht hilft Urlaub. Vielleicht ballert Österreichs Fabulier-Stürmer auch schon den nächsten Pass wieder ins Tor. Dieser jedenfalls ging daneben.

Ein kursiv gesetztes, auf die idiotischste Weise in die Handlung eingewebtes Gedicht verdichtet schließlich Form und Inhalt der "Liebesgeschichte" noch einmal und gipfelt in die Verse: "Du hast mich umgebracht. Du blöde Sau, / du Egoistenschwein hast Schluss gemacht. / Ja. Du. Jetzt ist es aus. Aus und vorbei. Good bye." Darauf fünf Aspirin.

OLIVER JUNGEN

Franzobel: "Liebesgeschichte". Roman. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2007. 224 S., geb. 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Jungen dröhnt der Kopf. Nur gut, dass er die dem Helden aufgetragene "Reise ans Ende der Vernunft" nicht selber bewältigen muss. Ein Buch kann man ja weglegen. Und kann auf bessere Zeiten des Autors hoffen. Dass Franzobel nämlich anders kann, da ist Jungen sich sicher. Hier aber wird der Vorteil, einen Franzobel-Plot ausnahmsweise wiedergeben zu können, dadurch hinfällig, dass er dem Rezensenten einfach zu trivial erscheint, "kitschig und bemüht". Ein "hingerülpster Groschenroman", schimpft Jungen und empfindet das Buch scheinbar als persönliche Beleidigung: als "Fuck-Finger" des Autors sozusagen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein ausgelassener, wüster Höllenritt, in dem ein Liebeswahnsinniger eine Spur der Verwüstung hinterlässt." Julia Kospach, Österreich, 04.08.07

"Auch diesmal kracht und poltert es also wieder gehörig in Franzobels Roman und er zeigt sich einmal mehr als anarchischer Erzähler. Dass er das Genre der grotesken und makabren Inszenierungen souverän beherrscht, steht außer Zweifel." Maria Renhardt, Die Furche, 27.09.07

"Der Wiener Fabulierkünstler treibt hier mit unserem romantischen Love-Ding ein Dekonstruktionsspiel, das sich als Parabel ebenso wie als Tour de Farce lesen lässt." Michael Kohtes, Die Zeit Literatur, November 20017