Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 3,50 €
  • Gebundenes Buch

Erstaunliche Dinge ereignen sich an diesem einen Tag, zumindest aus der Sicht von Mr. Phillips, der ansonsten ein eintöniges Leben als Buchhalter führt. Er trifft einen berufsmäßigen Pornographen, wird Zeuge eines Banküberfalls und stirbt beinahe den Heldentod. Auf dem Weg durch das Dickicht von London errechnet Mr. Phillips, den Sex fast genauso beschäftigt wie sein Beruf, dass pro Jahr 17 000 nackte Frauen in englischen Magazinen zu sehen sind, und stellt sich die Frage, ob für den Eintritt ins Pornokino auch Mehrwertsteuer bezahlt werden muss. Abends, als er schließlich in seinen Vorort…mehr

Produktbeschreibung
Erstaunliche Dinge ereignen sich an diesem einen Tag, zumindest aus der Sicht von Mr. Phillips, der ansonsten ein eintöniges Leben als Buchhalter führt. Er trifft einen berufsmäßigen Pornographen, wird Zeuge eines Banküberfalls und stirbt beinahe den Heldentod. Auf dem Weg durch das Dickicht von London errechnet Mr. Phillips, den Sex fast genauso beschäftigt wie sein Beruf, dass pro Jahr 17 000 nackte Frauen in englischen Magazinen zu sehen sind, und stellt sich die Frage, ob für den Eintritt ins Pornokino auch Mehrwertsteuer bezahlt werden muss. Abends, als er schließlich in seinen Vorort zurückkehrt, hat er noch immer keine Ahnung, wie er Mrs. Phillips beibringen soll, dass er seine Arbeit verloren hat. Das Porträt eines ganz gewöhnlichen Mannes und seiner Stadt - ein gefundenes literarisches Fressen für Zyniker und Moralisten gleichermaßen.
Autorenporträt
William Horwood John Lanchester, geboren 1962 in Hamburg, wuchs im Fernen Osten auf und arbeitete in England als Lektor beim Verlag Penguin Books, ehe er Redakteur der "London Review of Books" wurde. Daneben war er für Zeitungen und Zeitschriften wie "Granta" und "The New Yorker" tätig sowie als Restaurantkritiker für "The Observer" und Kolumnist für "The Daily Telegraph". Er gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern und führenden Intellektuellen Englands.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2002

Nummernrevue
Angestrengt: John Lanchester fährt einen Tag lang Autobus

Im öffentlichen Nahverkehr kommt man sich oft näher, als einem lieb ist. Wer tägliches Gedränge in Bus und Bahn ertragen muß, ist daher so trainiert, die erzwungene körperliche Nähe von Mitreisenden durch starren Blick, intensive Zeitungslektüre, flachen Atem und unbeteiligte Miene zu ignorieren. Oder jedenfalls so zu tun. Denn tatsächlich kann man kein Wort lesen, muß ständig einen anderen neutralen Punkt fürs Auge suchen und verliert, je länger die Fahrt dauert, zunehmend die Gesichtskontrolle.

Da kann man natürlich auch gleich schamlos hinschauen, was um einen herum geschieht, denn es gibt durchaus etwas zu sehen: "Der Obdachlose und das Mädchen sind inzwischen zu handfestem Knutschen übergegangen. Eine Hand liegt auf ihrem Nacken, die andere, unsichtbar, befindet sich an irgendeiner anderen Stelle ihres Körpers. Sie hat die Augen geschlossen und den Arm um ihn gelegt. Zum Glück ist der Bus viel zu laut, als daß irgendwelche Seufzer oder Stöhner zu hören wären. Mr. Phillips weiß nicht recht, was er tun soll. Er starrt unverwandt nach vorn, an den beiden vorbei, aber am Rand seines Gesichtsfelds sind sie deutlich zu sehen."

Beobachtungen dieser Art sind es, unfreiwillige und zugleich lustvolle Zufallsbegegnungen am Rande, zu denen der Titelheld von John Lanchesters neuem Roman einige Gelegenheit bekommt. Einen ganzen Sommertag lang fährt und flaniert er durch die Straßen Londons und hat dabei reichlich Muße, über Zungenküsse, Nacktmodelle, Sexstellungen, Pornofilme und was im Leben sonst noch interessieren könnte, nachzudenken. Daß ihm die Anschauung zu diesen Themen zumeist fehlt, ist überhaupt kein Hindernis, denn Mr. Phillips kommt aus den südlichen Suburbs, ist reifer Familienvater und erfahrener Finanzbuchhalter und verfügt daher über eine so ausgeprägte Phantasie, daß er die tägliche Wahrscheinlichkeit von Sex ebenso zuverlässig ermitteln kann wie die Wahrscheinlichkeit, vor der Ziehung der Lottozahlen zu sterben. Außerdem ist Mr. Phillips seit drei Tagen arbeitslos - doch bevor er seiner Familie und Nachbarschaft dies bekennt, simuliert er lieber den Büroalltag und verbringt die Arbeitszeit mit Fahrten durch die Stadt.

Der Brite John Lanchester, Jahrgang 1962, ist ein weltläufiger, geschmackvoller, vielseitiger und erfolgreicher Autor. Sein erster Roman, "Die Lust und ihr Preis", ein charmanter Monolog eines zwielichtigen Erzählers, der durch seine kulinarischen Interessen sehr für sich einzunehmen wußte, wurde vor sechs Jahren mit Lob und Preisen überschüttet. Auch "Mr. Phillips" ist von bedeutenden Rezensionsorganen wie dem "London Review of Books" oder dem "Guardian" gefeiert worden (und dabei muß die Tatsache, daß der Autor lange Jahre in prominenter Stellung bei beiden Organen tätig war, nun wirklich keine Rolle gespielt haben). Joyce und Sterne, Leopold Bloom und Tristram Shandy - kein Vergleich schien zu groß und kein Vorbild zu gewaltig, um Lanchesters durchschnittlichen Nichtstuer samt seinem ziellosen Umherschweifen zu charakterisieren.

Aber wer es wagt, den starren Blick zu lösen und einfach hinzuschauen, bekommt ganz anderes zu sehen: eine eher formelhafte als gefällige Sprache; ein Drang zur Lustigkeit, der darin gipfelt, daß der Protagonist bei jeder Erwähnung als "Mr. Phillips" bezeichnet werden muß; Figuren, die einer Vorabendserie entsprungen sein könnten; und eine Szenenfolge im Stil einer Nummernrevue. Damit soll keineswegs gesagt sein, daß die Lektüre nicht auch ganz vergnüglich ist. Im öffentlichen Nahverkehr beispielsweise kann man diesen Roman prima lesen.

TOBIAS DÖRING

John Lanchester: "Mr. Phillips von 6 bis 7". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Matthias Fienbork. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2002. 240 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tobias Döring war amüsiert aber nicht wirklich angetan vom Roman des 1962 geborenen Engländers. Dessen Protagonist Mr. Phillips fährt und flaniert nach seinem Resümee einen ganzen Sommertag lang durch die Straßen Londons und macht dabei allerlei "unfreiwillige und zugleich lustvolle Beobachtungen". Das Buch sei beim Erscheinen seiner Originalausgabe vor sechs Jahren von bedeutenden britischen "Rezensionsorganen" überschwänglich gefeiert worden. Der hiesige Rezensent fühlt sich aber statt an Leopold Bloom und Tristram Shandy eher an Figuren erinnert, die einer Vorabendserie entsprungen zu sein scheinen. Die Szenefolge erschien ihm wie in einer Nummernrevue, die Sprache gelegentlich "eher formelhaft als gefällig".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ich wünschte, ich hätte dieses Buch selbst geschrieben."
Zadie Smith
"Ein unterhaltsames und irgendwie optimistisches Buch mit vielen geistreichen Beobachtungen, voller Menschlichkeit und Charme."
The Sunday Times
"Dabei ist dem Autor das Kunststück gelungen, auf gerade mal 240 Seiten ein ganzes Leben aufzublättern, das in seiner (Un-)Gewöhnlichkeit nachhaltig beeindruckt."
Karl Schönholtz, Hersfelder Zeitung, 1.6.02
"... hervorragend geschrieben, perfekt strukturiert und spannend. (...) Lanchester zeichnet sich durch virtuose Leichtigkeit aus."
Renate Dubach, Berner Zeitung, 18.04.2002
"Der Brite John Lanchester (...) ist ein weltläufiger, geschmackvoller, vielseitiger und erfolgreicher Autor."
Tobias Döring, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2002