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Hermann Beil notierte in 13 aufregenden Jahren am Wiener Burgtheater alles: die großen Szenen vor und hinter dem Vorhang, scheinbar nebensächliche Begegnungen, Beobachtungen, Bemerkungen. Und immer wieder stehen die Dichter und die Darsteller, denen Beils schier unerschütterliche Zuneigung gilt, im Mittelpunkt. Seine ironisch-nachdenklichen Prosastücke und Dialogskizzen bestätigen: "Wenn Peymann wütete, lächelte Beil." Frankfurter Allgemeine Zeitung
Pressestimmen:
- Innenansichten der "grauglänzenden Eminenz der Theaterwelt." (FAZ)
- "103 Anekdoten voller Sentiment und Anmut." (vit,
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Produktbeschreibung
Hermann Beil notierte in 13 aufregenden Jahren am Wiener Burgtheater alles: die großen Szenen vor und hinter dem Vorhang, scheinbar nebensächliche Begegnungen, Beobachtungen, Bemerkungen. Und immer wieder stehen die Dichter und die Darsteller, denen Beils schier unerschütterliche Zuneigung gilt, im Mittelpunkt. Seine ironisch-nachdenklichen Prosastücke und Dialogskizzen bestätigen: "Wenn Peymann wütete, lächelte Beil." Frankfurter Allgemeine Zeitung

Pressestimmen:
- Innenansichten der "grauglänzenden Eminenz der Theaterwelt." (FAZ)
- "103 Anekdoten voller Sentiment und Anmut." (vit, Die Welt, 06.05.2000)
- "Hermann Beil hat jetzt ein Buch geschrieben, in dem er in einhundertachtzig klitzekleinen Kapiteln einhundertachtzig Mal groß lächelt. Beil, einer der gescheitesten, aber ungelehrsamsten Köpfe seiner Zunft, lässt in kurzen Notizen, Tagebucheinträgen, Anekdoten, Aphorismen und Emphasen dreizehn Jahre Burgtheater, dreizehn Jahre Peymann, dreizehn Jahre Wien vorüberziehen. Das sind naturgemäß dreizehn Jahre Wahnsinn. (...) Hermann Beils Witz ist von allerschärfster Zartheit, seine Wut (...) ist von lächelndster Bitterkeit." (Gerhard Stadelmaier, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2000)
Autorenporträt
Hermann Beil, geboren 1941 in Wien, Dramaturg, arbeitet seit 1965 am Theater: Frankfurt/Main, Basel, Stuttgart, Bochum, Wien. Von 1992 bis 1997 war er dramaturgischer Mitarbeiter der Salzburger Festspiele, seit 1999 künstlerischer Mitarbeiter am Berliner Ensemble, gelegentlich auch Regisseur und Rezitator. 1995 erhielt er gemeinsam mit Claus Peymann den "Theaterpreis Berlin" und den "Kritikerpreis" vom Verband der deutschen Kritiker. In Zusammenarbeit mit Jutta Ferbers, Claus Peymann und Rita Thiele erschien 1999 das Buch Weltkomödie Österreich. 13 Jahre Burgtheater im Zsolnay Verlag. 2000 ist das Buch Theaternarren leben länger im Zsolnay Verlag erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2000

Wem das Theater schlägt
Hermann Beil hängt sich an die große Narrenglocke

Manchmal, wenn es ganz schlimm gekommen ist im Burgtheater, habe ich mich auf meinem Kritikerplatz Nr. 6, Reihe sieben, Parkett, links, ein wenig nach hinten, halb rechts, umgedreht. Dort stand im Halbdunkel des rotgoldumplüschten Parterre-Portals (rechts) der Erste Dramaturg des Hauses. Und verschränkte die Arme über die Brust. Und lächelte wuschelköpfig und schubertfranzlbebrillt selig zur Bühne hinauf. Als sei ihm von dort herunter jetzt gerade eine wunderbare Glücksspeise gereicht worden. Oder als habe er einen Ton vernommen, den sonst niemand hörte.

Aber auch wenn es ganz wunderschön gekommen ist im Burgtheater und ich mich umdrehte, sah ich den Dramaturgen genauso lächeln. Es gibt nichts, worüber Hermann Beil im Burgtheater nicht gelächelt haben würde. Einmal, als er von einem wütenden Wiener "selbst ernannten Theaterpapst" im Foyer angefallen wurde, biss Beil nicht zurück, sondern entwaffnete ihn auf seine Weise: "Ich lächelte ihn aus."

Normalerweise schreiben Dramaturgen, wenn sie Bücher schreiben, noch gelehrtere Bücher, als es die Bücher sind, als die sie ihre Programmhefte tarnen, um zu beweisen, dass sie, die Dramaturgen, eigentlich dazu da wären, gelehrter zu sein als die Gelehrten, die sie für ihre Programmheftbücher zitieren, weswegen diese Programmheftbücher auch von niemandem außer den Dramaturgen gelesen werden, was dazu führt, dass sie beim nächsten Programmheftbuch aus dem vorigen das Allergelehrteste wiederum zitieren: das virus circulus doctus als Dramaturgenkrankheit. Abgesehen davon, dass Hermann Beils Programmheftbücher immer schon etwas anders als diejenigen aller anderen waren, hat er jetzt ein Buch geschrieben, in dem er in einhundertachtzig klitzekleinen Kapiteln einhundertachtzig Mal groß lächelt.

Beil, einer der gescheitesten, aber ungelehrsamsten Köpfe seiner Zunft, lässt in kurzen Notizen, Tagebucheinträgen, Anekdoten, Aphorismen und Emphasen dreizehn Jahre Burgtheater, dreizehn Jahre Peymann, dreizehn Jahre Wien vorüberziehen. Das sind naturgemäß dreizehn Jahre Wahnsinn (1986 bis 1999). Und mitten drin der wahnsinnig lächelnde Beil. Wo alle anderen, eventuell inklusive Peymann, das Haus am Ring nur für ihre Auftritte benutzen oder für ihre Eitelkeiten missbrauchen, steht Beil da, mit verschränkten Armen, leuchtenden Augen, segnendem Blick, klopfendem Herzen und beichtet: ein Gezeichneter, ein Geschlagener, ein Infizierter, lebenslänglich in Theaternarrenhaft. Nicht der erste Kritiker seines Hauses, wie es seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit als Dramaturg wäre, sondern der erste Liebhaber, der erste Verliebte seines Hauses, wie es seine verrückte Lust und Schuldlosigkeit ist.

Schauspieler, Politiker, Skandale, Szenen, Regisseure, Dramatiker, Bühnenbildner, alle drückt sie der Dramaturg, der sich als Theaternarr an die große Glocke hängt, an sein Hirn und Herz, in welch letzterem auch nicht der leiseste Pulsschlag einer Wiener Mördergrube, nein, in dem das Rauschen und Singen einer Wiener Liebeslaube (manchmal auch Gartenlaube) zu vernehmen ist. Er drückt alle so unterschiedslos an sein bebendes Laubenherz, Gewalttäter und Folterknechte wie Schleef und Neuenfels ebenso wie rustikale Zauberer und zarte Geisterdamen à la Hugo Lindinger und Paula Wessely, bekommt vor Giorgio Strehlers unendlicher Probenarbeit genauso feuchte Hände wie bei George Taboris endlichen Witzen, dass man sich fragt: Wo steht der Mann eigentlich? Der Mann steht nicht, er fällt unaufhörlich: in Theaterliebe.

Und selbst Peymann, dem Beil seit Jahren selbstlos dort als Kopf dient, wo Peymann nur seinen Bauch investiert, selbst Peymann, der grobe Klotz, unter dem Beil, der feine Span, hie und da gelitten haben muss wie ein Riesenschoßhund, selbst Peymann bekommt von Beil sein Glücksfett weg. So trieft Beils Büchlein auch immer ein wenig: vor Güte.

"Ich rühm' so gern", war Hugo von Hofmannsthals geheimes Lebens- und Schreibmotto. Hermann Beil, Edler vom Burgring, rühmt auch noch da laut, wo er leise tadelt. Sein Witz ist von allerschärfster Zartheit, seine Wut über korrupte Politiker und ermordete Roma, über die Sumpfflecken der Republik, über Präsidenten und Parteivorsitzende ist von lächelndster Bitterkeit. Und über dem Theaterhimmel liegt im Burgtheater immer noch der Lusterboden, wo bis zu dessen Schließung Lesungen stattgefunden haben müssen, die für Beil das höchste Theaterglück ausgemacht haben. "Theaternarren leben länger" ist kein Theaterbuch, auch kein Erzählbuch. Es ist das nur unter Rührungsschauern, allerdings ganz leicht und glänzend-obenhin zu lesende Liebesbrevier, das Protokoll aus dem Arbeitsund Mitarbeiterbegegnungsleben eines allerglücklichsten Dramaturgen. (Man wäre jetzt schon versucht, einen eigenen Zoo für dieses einzige, liebenswürdige Exemplar zu schaffen: Beil unter Artenschutz!)

Immer aber, wenn es am allerschlimmsten kam im Burgtheater, wenn ein Kritiker sich gar nicht mehr umzudrehen wagte, wenn alles zusammenzustürzen drohte, dann ging Hermann Beil in die Kantine, lächelte - und buk eine Torte, die er immer fünf bis zehn Minuten abkühlen ließ, bevor er "die Springform öffnete". (Man denke: Andere Dramaturgen springen in irgendeine Form hinein, Beil dagegen öffnet eine Springform!) So buk Beil entweder eine süße Torta di cioccolato für die Sauren, eine Vitamin-A-Karottentorte für die Blinden oder eine steife Tabori-Torte für die Schlaffen (Rezepte auf den Seiten 178 bis 180). Nachdem er aber gebacken hatte, tat das Burgtheater das, was nicht schlecht für es war: Es fraß dem Beil aus der Hand.

GERHARD STADELMAIER.

Hermann Beil: "Theaternarren leben länger. Hundert und drei Geschichten aus dem Burgtheater". Paul Zsolnay Verlag, Wien 2000. 184 S., geb., 34,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Sehr unterhaltsam findet der Rezensent mit dem Kürzel "tlm" die Anekdoten, die der Wiener Dramaturg Hermann Beil aus seiner Zeit am Wiener Burgtheater zu berichten hat. 103 "kurze, meist prägnante und amüsante" Geschichten, chronologisch angeordnet, aus den Jahren 1986 bis 1999, erzähle der Weggefährte Claus Peymanns "völlig uneitel" und vermittele damit Einblicke in die Welt des Theaters und in den Schaffensbereich eines Dramaturgen. Beil bietet sowohl Reflexionen über die gesellschaftliche Aufgabe von Theater als auch Anekdoten über einige Künstler, z.B. wie George Tabori und Gert Voss, erklärt der Rezensent.

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