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Mit seinem Buch Der Brand hat der Berliner Historiker Jörg Friedrich einen sensationellen Erfolg erzielt und weltweit Beachtung gefunden. Erstmals wurde der Bombenkrieg der Briten und Amerikaner gegen Deutschlands Städte aus der Sicht der Betroffenen, der dem Bombardement ausgesetzten Zivilbevölkerung geschildert. Von der Kritik besonders hervorgehoben wurde Friedrichs erzählerische Leistung, mit der er das traumatische Geschehen in eine eigene, dichte Sprache gekleidet und damit in unser Gedächtnis zurückgerufen hat.
Nun legt Friedrich einen großen Bildband zum Bombenkrieg vor, der
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Produktbeschreibung
Mit seinem Buch Der Brand hat der Berliner Historiker Jörg Friedrich einen sensationellen Erfolg erzielt und weltweit Beachtung gefunden. Erstmals wurde der Bombenkrieg der Briten und Amerikaner gegen Deutschlands Städte aus der Sicht der Betroffenen, der dem Bombardement ausgesetzten Zivilbevölkerung geschildert.
Von der Kritik besonders hervorgehoben wurde Friedrichs erzählerische Leistung, mit der er das traumatische Geschehen in eine eigene, dichte Sprache gekleidet und damit in unser Gedächtnis zurückgerufen hat.

Nun legt Friedrich einen großen Bildband zum Bombenkrieg vor, der bewegendes, weitgehend unveröffentlichtes Fotomaterial aus den Archiven deutscher Städte dem Vergessen entreisst. Gezeigt werden die gespenstische Ruinenlandschaft, die Zuflucht der Bevölkerung in Kellern und Bunkern, die Bergung der Opfer, der Alltag in den Trümmerwüsten und die infame Regie der NSDAP, die den Entronnenen Butterbrote, den Toten Staatsbegräbnisse und den Kapitulanten das Schafott bereitete.
Eröffnet wird die Bilderfolge mit dem Gang durch eine Traumlandschaft: die historisch gewachsenen, zumeist mittelalterlichen Städte in der Stunde vor ihrer Zerstörung. Als Kontrast schließt der Band mit verstörenden Bildern des Wiederaufbaus, der zumeist ohne Rücksicht auf überkommene Strukturen und städtische Wurzeln erfolgt ist.
Erläuternde Texte von Jörg Friedrich begleiten die Bilderzählung von den "Brandstätten", die den Bombenkrieg, diese große Katastrophe unserer Zeitgeschichte, in die deutsche Wirklichkeit zurückholt.

Autorenporträt
Jörg Friedrich, geboren 1944, erzielte mit seinem Buch über den Bombenkrieg gegen Deutschlands Städte einen Welterfolg: Der Brand liegt in zwölf Sprachen vor. Auch der Folgeband Brandstätten wurde zum Bestseller. Friedrichs umfangreiches Werk enthält Standardtitel zur NS-Zeit, die ihm internationale Auszeichnungen eintrugen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Joachim Güntner zeichnet in seiner Kritik des Buches über den Bombenkrieg die Debatte nach, die dieser Band und Jörg Friedrichs vorhergehendes Buch "Der Brand" ausgelöst haben. Der Rezensent findet, dass dieses Werk mit seinen neben den Fotos der Bombenopfer und den zerstörten Städten recht kurzen Texten als selbstständige Publikation nicht "bestehen" kann. An den Abbildungen entzündete sich auch die Kritik an dem Buches, und Friedrich wurde wegen der Fotos von durch das Bombardement bis zur Unkenntlichkeit verkohlter Leichen und zerstörter Gebäude sowohl Revisionismus als auch die Verletzung der Menschenwürde vorgeworfen, informiert der Rezensent. Güntner schließt sich diesen Vorwürfen nicht ohne weiteres an. Er findet, dass der Autor "schwer zu fassen" ist. Friedrich wolle die vollständige Zerstörung durch die Bilder erfahrbar machen und damit den "totalen Krieg" kritisieren, gesteht der Rezensent dem Autor zu. Trotzdem empfindet auch er die Abbildung der Opfer als grenzwertig und die am Ende des Buches abgedruckte Erklärung des Verlags, in der dieser sich von den Abbildungen distanziert, bezeichnet der Rezensent als "peinlich", zeigt er doch, dass der Verlag keine Verantwortung zu übernehmen wagt, aber dennoch von den Illustrationen zu profitieren gedenkt. Mit dem Sprachstil des Autors schließlich kann sich Güntner auch nicht recht anfreunden, er ist ihm mitunter zu "explizit", dann wieder zu "verfremdend-geschraubt".

© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2003

Vom Bombenhammer erschlagen
Der Feuersturm als Bildersturm: Jörg Friedrichs verstörende Galerie des Luftkriegs und seiner Opfer
Wenn einem Autor gelungen ist, was man einen Bucherfolg nennt, dann erwarten sein Verlag, seine Anlageberater und vielleicht sogar seine Leser, dass er in Kürze „nachlegt”. Allerdings muss sich seine Fähigkeit zum Zweitschlag nicht im selben Genre beweisen: Der erfolgreiche Autor einer Autobiographie muss nicht sein Leben um neue, ungeheure Stationen verlängern, der Historiker nicht weiter an den Rockschößen des Weltgeistes durch die Geschichte hetzen. Man kann auch fortsetzen, ohne eine Fortsetzung zu schreiben – etwa indem man einen Bildband zum selben, erfolgreich traktierten Thema vorlegt. So hat es Marcel Reich-Ranicki gehalten, so tut es jetzt Jörg Friedrich.
Seinem vor einem Jahr veröffentlichten Werk über den Luftkrieg gegen die deutschen Städte im Zweiten Weltkrieg („Der Brand”, Propyläen Verlag) hat der Autor jetzt im selben Verlag einen Bildband hinterher geschickt („Brandstätten. Der Anblick des Bombenkriegs”, 240 Seiten, 25 Euro). Was Friedrichs Ansichten angeht, bringt der Band nichts Neues. Neu sind die Fotos, von denen viele noch nie zuvor veröffentlich wurden. Neu ist in gewisser Weise auch die Präsentation samt den erläuternden und begleitenden Texte. Darüber ist zu reden, über ihren Ton und über den Stil dieses jüngsten Bandes, mit dem Jörg Friedrich sich auf ein schwieriges Terrain begeben hat: die ästhetische Darstellung des historisch Grauenhaften.
Wie schwierig und wie heikel dies Gelände ist, zeigt sich in einer gewundenen, von Autor und Verlag gemeinsam unterzeichneten Schlussnote, in der beide Seiten sich ihrer gegenseitigen Hochschätzung versichern, zugleich aber feststellen, dass zwischen ihnen sachlicher Dissens besteht. Er betrifft den entscheidenden Punkt: „Über die Grenzen der Darstellbarkeit von Körperzerstörung konnten sich Verlag und Autor nicht einigen.” Der Verlag, so ist zu hören, hätte gern die Grenzen des Takts und der Rücksichtnahme auf die Würde der Opfer und die Gefühle heutiger Betrachtern enger gezogen, der Autor optierte für ein höheres Maß an Drastik und Schonungslosigkeit in der Wiedergabe der Kriegsgräuel. So kam es zu jener Note von etwas pilatushaftem Gestus, die mit den Worten schließt: „Verlag und Autor haben dazu unterschiedliche Auffassungen, übergeben jedoch den Band der Öffentlichkeit im gegenseitigen Respekt vor der Haltung des anderen; der Leser möge sich sein eigenes Urteil bilden.”
Man mag dies Weisheit nennen oder Feigheit, es bleibt ein erstaunliches und in der literarischen Geschichte der Paratexte singuläres Dokument – vergleichbar den Banderolen, die neuerdings auch deutsche Zigarettenpackungen zieren: Das Blättern in diesem Band könnte Magenkrämpfe verursachen.
Was zeigt der Bildband „Brandstätten”, und wie ist er aufgebaut? Friedrich beginnt mit dem Bild der noch unzerstörten deutschen Städte, er endet mit Aufnahmen derselben Orte nach dem Inferno des Bombenkrieges und dem ästhetischen Desaster des Wiederaufbaus. Dazwischen entfaltet sich das ganze Spektrum des Krieges in seinen militärischen, technischen, sozialen und existenziellen Aspekten. Man verfolgt die Vorbereitung der englischen Bomberflotten, folgt ihrem Anflug auf das Reich, sieht die fallenden Bomben und die brennenden Städte, die verzweifelten Versuche der militärischen Abwehr und des zivilen Schutzes. Die Enge der Bunker, die Hast der Flüchtenden mit Kisten, Koffern, Kinderwagen. Dann kommt das düsterste Kapitel des Bandes. Unter der Überschrift „Bergung” zeigt Friedrich Bilder der Opfer und der verzweifelten Retter, die sich häufig genug damit begnügen müssen, verkohlte Körperteile einzusammeln oder Reste so genannter „Aschleichen”, von denen nichts geblieben ist als Knochenreste und ein wenig Staub.
Bergung und Versorgung
Von den insgesamt 68 Bildern dieses Kapitels sind etliche kaum anders als unerträglich zu bezeichnen. Sie zeigen aufgedunsene Leichen, erstickte, versengte, verkohlte und im Todeskampf verzerrte Menschen. So ist der Krieg, mag man sagen. Und dass man Ähnliches schon anderswo gesehen hat, in anderen Dokumentationen, von Bergen-Belsen über Hiroshima bis Vietnam; einiges erinnert auch an Bilder aus Pompeji. Ganz am Ende des Kapitels aber zeigt Friedrich zwei Fotos, auf denen jeweils zwei Mädchen zu sehen sind. Auf dem ersten beweint ein Mädchen in Warschau nach einem deutschen Luftangriff im September 1939 ihre tote Schwester; auf dem anderen sind zwei sehr lebendige Schwestern in Paderborn beim Blumengießen zu sehen; „Liselotte (r.)”, sagt die Legende, „starb sechzehnjährig im Luftangriff vom 27.3.1945”.
Auch das mag man als Geschmackssache hingehen lassen. Für seine schonungslose visuelle Preisgabe der Opfer hat Friedrich sich ohnehin den besten derzeit erhältlichen Kredit geben lassen: von Susan Sontag. Zu Beginn des Kapitels „Bergung” zitiert er aus ihrem jüngsten Buch („Das Leiden anderer betrachten”) – einem der törichtesten Bücher der letzten Jahre, was seine moralischen Wirkung angeht: Wer immer künftig die namenlosen Grausamkeiten des Krieges im Bild zeigen will, kann sich auf die Autorität der Friedenspreisträgerin berufen. Wer immer die obszöne Schaulust am toten und verstümmelten Menschen befriedigt, er weiß die Truppen der Moral hinter sich.
Ist Jörg Friedrich mit diesem Band also auf dem Weg, der Gunther von Hagens des Bombenkriegs zu werden? Nach den „Körperwelten” jetzt die „Brandstätten”? Wenn dem so wäre, läge es weniger an den Bildern der Opfer, so grausig sie sein mögen, als vielmehr an den Fotos des darauffolgenden Kapitels. Es trägt den lakonischen Titel „Versorgung”. Zu Recht notiert Friedrich, dass die Partei den Verlust an Glaubwürdigkeit, den der zunehmend ungünstige Verlauf des Krieges mit sich brachte, durch die Anerkennung ihrer logistischen, sozialen und medizinischen Leistungen wettmachte. Kaum waren die Bomber verschwunden, waren Suppenküchen zur Stelle, um die Hungernden zu verpflegen, und Entschädigungsämter, die den Obdachlosen den „Bombenpass” ausstellten.
Aber die Wirklichkeit des Kriegsalltags und die Ästhetik eines Bildbandes sechzig Jahre danach sind zwei verschiedene Dinge. Die Aufeinanderfolge der Fotos von grauenvoll zugerichteten menschlichen Überresten hier und fröhlichen Helfern in Jungvolk- und SA-Uniformen fünf Seiten weiter ist dazu angetan, einem den Atem zu nehmen: Das Blättern in diesem Band kann Magenkrämpfe verursachen.
Wieder kann man sagen: So war der Krieg. Oder: So war der Krieg in Nazideutschland. Man könnte auch sagen: Wer diese Bilder gesehen hat, erst die Schrecken des Bombenkrieges und dann, unmittelbar danach, die fürsorgliche Zuwendung der Partei, der versteht vielleicht besser, wieso dieses Volk das alles ausgehalten und seinem Regime die Treue gehalten hat bis zum bitteren Ende, bis in die letzten Tage. Dann wäre Jörg Friedrich also doch der Aufklärer, als der er sich sieht, einer der mit harten Tatsachen und bitteren Bildern unser historisches Verständnis vertieft?
Wer immer Friedrich nach seinem Buch über den Bombenkrieg Geschichtsrevisionismus unterstellt hat, er hat sich geirrt. Sein großer Gesang von den Opfern ist nicht mehr das alte Lied von den deutschen Leiden, die sich gegen die jüdischen oder die russischen Leiden aufrechnen lassen. Vor fünfzehn Jahren, zu Zeiten des Historikerstreits, war das sicherlich noch anders; mag sein, dass sich damals nach Nolteschen Rezepten eine Revisionismussuppe kochen ließ. Aber diese Küche ist schon lange kalt. Friedrich beschreibt und zeigt nicht mehr die Opfer, um sie am Ende mit denen anderer Leidensvölker zu vergleichen und so die deutschen Verbrechen zu relativieren. Friedrich vergleicht in einem fort. Bevor er von sagen wir: 5000 deutschen Bombenopfern schreibt, erwähnt er die 50 000 polnischen Bombenopfer da und da. Bevor er todgeweihte deutsche Mädchen zeigt, bringt er ein Bild von leidenden Mädchen in Polen. Ein Revisionist, der dazugelernt hat? Nein, sondern ein Historiker, den das Tabu Vergleich nicht mehr interessiert. Friedrich schürft jenseits der alten claims von rechten Revisionisten und linken Culpabilisten. Friedrich ist ein Emotionalist – und dem entspricht sein Stil.
Kunstmarmor und Kitsch
In der Besprechung seines Bombenkriegsbuches vor einem Jahr hat Hans-Ulrich Wehler in dieser Zeitung (am 14. Dezember 2002) Friedrichs „manchmal bedenkenlose Neigung zur Emotionalisierung” kritisiert, die ihn von einem „mongolischen Vernichtungsorkan” und einer „unerklärlichen Vernichtungstrunkenheit” sprechen und das Vokabular des Holocaust auf die Wirkungen des Bombenkrieges übertragen ließ. Martin Walser wiederum hat sich für das „Eposhafte” von Friedrichs Buch begeistert und die „Erzählkompetenz” eines Autors gelobt, der „ganz zu Hause” sei „in diesem geschlossenen Kosmos Bombenkrieg”.
Von Kritik und Lob angestachelt, hat sich Friedrich diesmal noch tiefer dem düster-trunkenen Hermetismus seiner Kriegsprosa hingegeben. Es scheint, als habe er versucht, die Leidensszenerie der Fotos mimetisch getreu zu Wort kommen zu lassen und gleichzeitig der zynischen Wirklichkeit des Krieges sprachlich nah zu bleiben. Es scheint, als habe er eine Sprache finden oder herbeizwingen wollen, die kalt ist wie der Stahlmantel der Bombe und gleichzeitig schmerzempfindlich wie der Körper im Feuersturm. Das Resultat sind forcierte, in extremer Weise manirierte Texte, schwankend zwischen klassizistischem Kunstmarmor und banalem Kitsch. Wie heißt es beispielsweise im Vorspann zu „Bergung”: „Die Achse besteht noch des Kampfes Mann gegen Mann. Der Bombenhammer, der vom Himmel niedersaust, sucht kein Gegenüber, sondern traktiert ein Gefilde . . . Die Welt wird zertrümmert, die Trümmer verschütten oder erschlagen. Druckwellen sprengen innere Organe, Heißluft versengt die Lungen, Sauerstoffschwund nimmt die Luft. Stadt und Bewohner verbinden sich in ein und derselben Schrotthalde.”
Der selige Adorno hätte von Friedrichs Texten gesagt, in der falschen Sprache des Autors gebe sich seine falsche Moral zu erkennen. Und dann den ganzen Band als Bombenhammer in den Papierkorb geschmissen.
ULRICH RAULFF
„Nürnberg, August 1943, Identifikation”
Fotos und Legenden (3): Aus d. bespr. Band / Propyläen Verlag
„Letzter Sauerstoff. Hamburg, Juli 1943” (li.), „SA beliefert Bombengeschädigte” (re.)
Propyläen Verlag
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