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Meinhard Miegel, einer der profiliertesten Sozialforscher Deutschlands, stellt unsere Gesellschaft auf den Prüfstand - das Gemeinwesen, die Wirtschaft, die Sozialsysteme. Sein Fazit: Von einer zukunftsorientierten Leistungsgesellschaft sind die Deutschen weit entfernt. Sie verdrängen ihre Wirklichkeit und wiegen sich in Wohlstandsillusionen. Dabei fordert der dramatische Wandel der Grundlagen unserer Gesellschaft ein rasches Umsteuern auf allen Ebenen.

Produktbeschreibung
Meinhard Miegel, einer der profiliertesten Sozialforscher Deutschlands, stellt unsere Gesellschaft auf den Prüfstand - das Gemeinwesen, die Wirtschaft, die Sozialsysteme. Sein Fazit: Von einer zukunftsorientierten Leistungsgesellschaft sind die Deutschen weit entfernt. Sie verdrängen ihre Wirklichkeit und wiegen sich in Wohlstandsillusionen. Dabei fordert der dramatische Wandel der Grundlagen unserer Gesellschaft ein rasches Umsteuern auf allen Ebenen.

Autorenporträt
Meinhard Miegel, geboren 1939 in Wien, unter Kurt Biedenkopf Leiter der Hauptabteilung Politik, Information und Dokumentation der Bundesgeschäftsstelle der CDU. Seit 1977 Leiter des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn. Beiratsmitglied verschiedener wissenschaftlicher Einrichtungen, die sich mit gesellschaftspolitischen Zukunftsfragen befassen. Ständiger Berater von Politik und Wirtschaft.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Benedikt Koehler fühlt sich durch die polemischen, mitunter auch provokativen Thesen des Buches zum Widerspruch herausgefordert. Er teilt nicht den "Pessimismus" des Wirtschaftswissenschaftlers und Rentenfachmanns Meinhard Miegel und argumentiert, nicht die Bevölkerungszahlen allein hätten Auswirkungen auf die Wirtschaft wie der Autor glauben mache, sondern die "Steigerung der Produktivität" sei maßgeblich für ein Wachstum der Ökonomie. Auch die Behauptung Miegels, Deutschland schaffe den "Sprung in die multikulturelle Gesellschaft" nicht, kritisiert der Rezensent als "kleinmütig" und unwahrscheinlich. Dann aber überschüttet er das Buch überraschend mit Lob und hebt seine gute Lesbarkeit und seine anschaulichen Beispiele, die das Verständnis erleichtern, hervor. Schließlich wünscht er der Studie noch eine breite Leserschaft vor den nächsten Wahlen, und dem Leser seiner Kritik bleibt nur Verwunderung darüber, warum er dem Autor in einer Tour widerspricht, das Buch dann aber so warm weiterempfiehlt.

© Perlentaucher Medien GmbH
Viele Illusionen, wenig Leistung
Die Deutschen geben sich noch immer Wohlstandsillusionen hin und sind von einer auf die Zukunft gerichteten Leistungsgesellschaft weit entfernt. Der renommierte Sozialforscher Meinhard Miegel liest dem Volk, vor allem aber seinen Politikern, die Leviten und fordert ein rasches Umsteuern auf allen Gebieten, um auf verändertem außenpolitischem, innenpolitischem und vor allem wirtschaftlichem Niveau ein neues gesellschaftliches Gleichgewicht zu schaffen.
Der verklärte Blick zurück
Den Ernst der Lage haben viele schon erkannt, ihre Stimmen will aber keiner hören. Die derzeitige Diskussion um die Arbeitsmarktpolitik ist ein Indiz dafür, dass sich die Grundlagen unserer Gesellschaft dramatisch gewandelt haben. Es werden zu wenig Kinder geboren, die Bevölkerung wird immer älter, eine Dauerbeschäftigung für alle wird es nie wieder geben, das soziale Netz wird immer dünner, weil es einfach nicht mehr zu bezahlen ist. Miegels Beobachtung ist völlig richtig: Unbeirrt gelten den Westdeutschen die Erfahrungen der Aufbaujahre, den Ostdeutschen diejenigen der Planwirtschaft als Maßstab. Dieser verklärte Blick zurück erschwert die Sicht auf die dramatische Gegenwart und besonders auf die Notwendigkeit, eine Leistungsgesellschaft im Sinne des Wortes zu gestalten. Und Politik, so Miegel, habe die Aufgabe, dies deutlich zu benennen, Wahljahr hin oder her. (Roland Große Holtforth, literaturtest.de)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2002

Zustände wie im alten Rom
Die Lügen des deutschen Sozialstaats werden endgültig entlarvt
MEINHARD MIEGEL: Die deformierte Gesellschaft. Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen, Propyläen-Verlag, Berlin 2002. 303 Seiten, 22 Euro.
Achtung: Sprengstoff!! Wer dieses Buch vor der Wahl 2002 schon gelesen haben sollte, geriet in Gefahr, von spontaner Urnen-Unlust befallen zu werden – also besser erst jetzt, hinterher, zu Gemüte führen. Nichtwähler gibt es ohnehin schon genügend. Andererseits ist dies eines der wichtigsten und besten Bücher der Saison, mit zeitgenössischen und historischen Fakten, mit Statistiken und Schlussfolgerungen geradezu gespickt.
Andererseits vielleicht ist seine Lektüre ja eine Lehre für die Wahl in vier Jahren? Parteien sind bekanntlich vor allem Hüter der Interessen der Sozialstaatsprofiteure, deren Daseinsberechtigung auf der Unselbstständigkeit der Wahlbürger fußt: seien es die Gewerkschaften oder die ärztlichen Standesorganisationen, seien es die Betonfraktionen in den Rentenversicherungs- , Arbeitslosenversicherungs- oder sonstigen Bewahranstalten des althergebrachten Sozialstaats. Der hat „in die Hirne vieler Menschen den aberwitzigen Gedanken gepflanzt, die Verteilung von Gütern und Diensten sei gleichbedeutend mit ihrer Schaffung”, schreibt Meinhard Miegel fast höhnisch. Die Quittung für diese „tragische Folge von hundert Jahren sozialstaatlicher Indoktrination” liegt heute, im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, bleischwer auf dem Tisch. Man hätte das alles natürlich sehr viel früher wissen können, aber keiner wollte es wissen.
Rufer in der Wüste
Meinhard Miegel war Anfang der Siebzigerjahre unter dem seinerzeitigen CDU-Generalsekretär Kurt Biedenkopf in der Bundesgeschäftsstelle der Partei Leiter der Hauptabteilung Politik, Information und Dokumentation. Seit 1977 betätigt sich der heutige Leiter des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft als einsamer Rufer in der Wüste bundesrepublikanischer Selbstverantwortungslosigkeit. Keiner hat so sehr wie er unermüdlich und lange den Finger in die Wunden eines todgeweihten Systems gelegt, das sich inzwischen alles andere als gerecht erweist. Dieses System mit seinen bizarren und längst nicht mehr nachvollziehbaren Umverteilungsmechanismen degradiert seine angeblich mündigen Bürger paternalistisch zu „lallenden Kindern” und schlägt ihnen die Instrumente der Selbstverantwortung für ihr Dasein besorgt aus der Hand. Von dieser Entmündigung lebt der Moloch der sozialen Umverteilungsmaschine, genährt durch die staatlich verordnete Leerformel „Solidarität”.
Seit 20 Jahren wird Miegel nicht müde, auf den dramatischen Wandel jener Grundlagen hinzuweisen, auf denen die bundesdeutsche Nachkriegsgesellschaft einst ihren Wohlstand aufbaute: die ständig abnehmende Geburtenrate einerseits und die rapide Überalterung dieser schrumpfenden Bevölkerung andererseits. „Die demographische Zeitbombe” steht denn auch am Beginn der insgesamt 90 Kapitel, in denen Miegel seine tour d’horizon durch die Welt der deutschen Lebenslügen unternimmt.
In dieser Welt haben sich sowohl die Westdeutschen mit ihrer Rückwärtsfixierung auf die goldenen Überflussjahre als auch die Ostdeutschen mit ihrer tief verwurzelten Planwirtschaftsgläubigkeit kuschelig eingerichtet. Eine der ersten Lebenslügen formulierte der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer bereits 1957 bei der Einführung der Rentenreform: „Kinder kriegen die Leute immer.” Irrtum. Denn Kinder bekommen sie nicht erst weitaus seltener seit der Erfindung der Pille, sondern schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts: Schon damals fiel die Geburtenrate innerhalb einer Generation von deutlich mehr als vier auf zwei Kinder. Das in Deutschland ohnehin eher heikle Thema „Bevölkerungsentwicklung” greift Miegel so sachkundig und unpathetisch auf, dass nun wirklich niemand auf die Idee käme, ihm völkisches Gedankengut zu unterstellen.
Schrumpfende und alternde Bevölkerungen macht Miegel als „Ausdruck des Wesenskerns” nicht nur der deutschen, sondern aller individualistischen Wohlstandsgesellschaften aus. Aber nirgendwo verschließen die Menschen so fest die Augen vor den Folgen wie hier zu Lande. Mehr Kindergartenplätze, höheres Kindergeld, ein Einwanderungsgesetz – das alles entlarvt Miegel als Tropfen auf den heißen Stein; Tropfen, die an der grundlegenden Entwicklung nichts Nennenswertes ändern. Der Generationenvertrag ist aufgekündigt, die Zahl der Nachwachsenden reicht längst nicht mehr zur Erhaltung des Bevölkerungsbestandes aus, die Schultern der kommenden Generation werden schmaler sein als die der jetzigen, und schon deswegen lassen sich die Lasten der Staatsschulden von heute nicht mehr nebst Zins und Zinseszins in die Zukunft verschieben.
Die Wurzel des Übels, dass die Deutschen ihre Wirklichkeit so nachhaltig verdrängen, hat Miegel ebenfalls ausgegraben: „Der Sozialstaat gerade deutscher Prägung wurzelt in vordemokratischen Zeiten und hat die Entwicklung einer Bürgergesellschaft lange behindert.” Nicht zuletzt deswegen sind die Tugenden der Selbstverantwortung und Risikobereitschaft in Deutschland Fremd-, wenn nicht gar Schimpfworte.
Keine Alternative in Sicht? Aber ja doch. In einem Interview sagte Miegel kürzlich: „Deutschland wäre nicht das erste Land, das sich auflöst. Ähnliches ereignete sich bereits im antiken Griechenland und im antiken Rom.” Auch damals bekamen immer mehr Menschen weniger Kinder.
DAGMAR
DECKSTEIN
Die Alterspyramide steht Kopf, dem Schein zum Trotz.
Foto: dpa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2002

Ein selektives Gedächtnis
Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen - Meinhard Miegel klagt an

Meinhard Miegel: Die deformierte Gesellschaft. Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen. Propyläen-Verlag, Berlin 2002, 300 Seiten, 22 Euro.

Der pointierte, geradezu polemische Titel gibt den Tonfall des Buches vor. Der Bonner Wirtschaftswissenschaftler und Rentenfachmann Meinhard Miegel schreibt nicht wie einer, der vom Katheder herab doziert, sondern wie jemand, der in einer Gesprächsrunde mit seinen Thesen eine Diskussion anregen will, nötigenfalls durch Provokation. Die Beschreibung staatlicher Sozialleistungen beispielsweise liest sich bei Miegel so: "Die Herrschenden nehmen und geben den Beherrschten." Denn was der Sozialstaat einem einzelnen Bürger zukommen läßt, hat er vorher einem anderen abgenommen. Das Gewand staatlicher Fürsorge verkleidet gutgemeinte Bevormundung.

Die Perspektiven der Sozialpolitik schildert Miegel aus dem Blickwinkel der Demographie. Rückläufige Geburtenraten und schrumpfende Bevölkerung reduzieren auf Dauer das Wirtschaftswachstum des Landes. So trocknet allmählich die Basis für Steuereinkünfte aus, die man für die Dotierung von Rentenkassen braucht. Infolgedessen werden die Berufstätigen eines Tages beim Eintritt ins Pensionsalter leere Rentenkassen vorfinden.

Die mutmaßlichen Auswirkungen der Demographie auf die Ökonomie propagierte schon vor rund zwei Jahrhunderten der Engländer Thomas Malthus. Dieser kam zu dem Schluß, da Englands Bevölkerung schneller wachse als die Wirtschaft, seien Hungersnöte unausweichlich. Nun ist zwar alles ganz anders gekommen - aber was bei Demographen überlebt, ist der Pessimismus. Damals befürchtete man zu viele Menschen, heutzutage sollen es zu wenige sein. Thomas Malthus wie Meinhard Miegel machen ihre Rechnung freilich ohne den Wirt: Die Kraft einer Volkswirtschaft bemißt sich nicht danach, wie viele Menschen zu ihr beitragen, sondern danach, was sie hervorbringen. Die Herausforderung einer Volkswirtschaft besteht in der Steigerung der Produktivität.

Daher ist es mit Miegels Forderung, der Staat solle an seinen Ausgaben sparen, noch nicht getan. Ebenso wichtig sind Verbesserungen der Einnahmen. Wo sie herkommen können, zeigt das Beispiel der Vereinigten Staaten. Das amerikanische Bruttosozialprodukt hat sich in den vergangenen fünfzig Jahren kaum erhöht - jedenfalls nicht nach Tonnage gerechnet. Die Zuwächse der amerikanischen Wertschöpfung liegen im Dienstleistungsgewerbe. Für den kalifornischen Arbeitsmarkt ist die Rüstungsindustrie längst nicht so wichtig wie Silicon Valley und Hollywood. Diese Jobmaschinen indes entstanden ganz ohne staatliche Zuschüsse. Nicht der Staat schafft eine dynamische Wirtschaft, sondern der Unternehmer.

Die Deutschen, tadelt Miegel, neigten im übrigen dazu, ihre Vergangenheit zu verklären. Dieses Gedächtnis sei allerdings ausgesprochen selektiv. Eine Arbeitnehmerfamilie mit vier Mitgliedern verfügte vor fünfzig Jahren nach Miegel über dieselbe Kaufkraft wie heutzutage ein alleinstehender Sozialhilfeempfänger. Die Deutschen wollten nicht wahrhaben, wie gut es ihnen geht, fühlten sich fremd angesichts der Veränderungen im eigenen Land, empfänden ohnehin weder Freude noch Neugier beim Ausblick auf die Zukunft. Deswegen würde es auch wenig nützen, wenn Deutschland seine Grenzen öffnete, um Einwanderer hereinzulassen.

Diese Skepsis, Deutsche würden den Sprung in eine multikulturelle Gesellschaft nicht schaffen, scheint kleinmütig. Wer in Deutschland auch nur einen Blick auf die Angebote von Reisebüros, die Speisekarten von Restaurants und sogar auf die Aufstellung von Fußballmannschaften wirft, erkennt mühelos, wie sehr der Multikulturalismus in Deutschland bereits Fuß gefaßt hat. Das Selbstverständnis der Deutschen - und dies kommt bei Miegels Analyse von Langzeittrends zu kurz - ist von jeher wandlungsfähig gewesen.

Gerade Zuwanderer gaben wichtige Impulse. Man muß nicht nur an den Alten Fritz und seine Hugenotten denken. Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit verdankt man nicht nur Ludwig Erhard und dem Marshallplan; ein entscheidender Produktivitätsschub ging auch von den entwurzelten Deutschen aus, die damals im Westen von neuem anfingen. Man vergißt zu leicht, daß die Bundesrepublik Konrad Adenauers rund 8 Millionen Zuwanderer assimilierte - und zwar mit Erfolg.

Meinhard Miegel begnügt sich nicht mit Information und Aufklärung, er heischt Zustimmung oder Widerspruch. Sein Buch ist kompakt und gut lesbar, und der Autor kommt seinem Leser entgegen, indem er an vielen Stellen seine Argumentation nicht mit Literaturhinweisen, sondern mit Beispielen belegt. Die Verwendung von Statistiken ist sparsam und prägnant. Der Leser dankt es, indem er schneller und leichter der Gedankenführung folgt. Deutschland leistet sich nach Miegels Erkenntnis ein luxuriöses Staatsschiff, das an der Rentenfinanzierung zerschellen wird. Der Autor will das Ruder herumreißen. Diesem Buch wünscht man möglichst viele Leser, bevor sie sich im Herbst auf den Weg in die Wahlkabine machen.

BENEDIKT KOEHLER

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