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Ein flirrend kalter, strahlender Novembertag, hoch in den Bergen. Zum letzten Mal nimmt der alte Wilderer den steinigen Weg auf sich: Über dreihundert Tiere hat er im Lauf seines Lebens erlegt, lange schon lebt er als Eremit. Nur ein einziges fehlt ihm noch: der König der Gamsen, dieses starke, beinahe unbezwingbare Tier, dessen Mutter er einst ins Tal wuchtete ... Sprachgewaltig und poetisch erzählt Erri De Luca das Duell zwischen dem alten Jäger und dem stolzen "König der Gamsen", zwei willensstarken Einzelgängern.

Produktbeschreibung
Ein flirrend kalter, strahlender Novembertag, hoch in den Bergen. Zum letzten Mal nimmt der alte Wilderer den steinigen Weg auf sich: Über dreihundert Tiere hat er im Lauf seines Lebens erlegt, lange schon lebt er als Eremit. Nur ein einziges fehlt ihm noch: der König der Gamsen, dieses starke, beinahe unbezwingbare Tier, dessen Mutter er einst ins Tal wuchtete ... Sprachgewaltig und poetisch erzählt Erri De Luca das Duell zwischen dem alten Jäger und dem stolzen "König der Gamsen", zwei willensstarken Einzelgängern.

Autorenporträt
Erri De Luca, geboren 1950 in Neapel, zog mit 19 nach Rom und arbeitete dort als Maurer, LKW-Fahrer und Lagerarbeiter. Im Selbststudium brachte er sich mehrere Sprachen bei, darunter auch Althebräisch, um die Bibel übersetzen zu können. Erst mit 40 begann er zu schreiben und hat seither mehr als 30 Romane, Essays und Übersetzungen veröffentlicht und gehört zu den meistgelesenen, auflagenstärksten Autoren Italiens. Seine Bücher wurden in Italien, Frankreich und Israel zu Bestsellern, und sind außerdem in Ländern wie Spanien, Portugal, Holland, den USA, Brasilien, Polen und Litauen erschienen. Erri De Luca wurde 2010 mit dem Petrarca-Preis ausgezeichnet und 2013 mit dem Prix Européen de Littérature.
Rezensionen
"Erri De Luca ist der einzige wahre und bedeutende Schriftsteller, den Italien bis dato im 21. Jahrhundert hervorbrachte." Corriere della Sera 20100201

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2012

Einsilbige Bergwelt
Erri de Luca zeigt Menschen im Kampf mit der Natur

Ein kalter Novembertag in den Bergen. In einer Hütte erwacht ein Mann, mit schweren Beinen, neben ihm eine Waffe, geladen mit einer Elf-Gramm-Kugel. Mit einem Becher dampfenden Kaffees tritt er vor sein Haus. Man nennt ihn den König der Gämsen. Er selbst bezeichnet sich lieber als Wilddieb, der sich vom Tisch der Schöpfung nimmt, was er will. Über dreihundert Tiere hat er getötet, für die Speisekarte der Skiläufer und Wanderer oder für die Trophäe des wertvollen Rückenbarts. Nur der Rudelsführer, der eigentliche König, steht noch aus. Der Bock ist inzwischen selbst alt geworden. Er riecht das ranzige Gewehrfett. Menschengeruch.

So kurz diese Hochgebirgs-Geschichte ist, so langsam ist ihre Gangart. Hier, jenseits der Baumgrenze, wartet man, bis der Schnee geschmolzen ist, die Geiß wirft oder bis der Mann einen runden Laib Brot mit einem scharfkantigen Stein zerstückelt hat, um ihn in Brocken in die Milch zu tunken. Für die Prosa Erri de Lucas sollte man sich rüsten, vielleicht ein wenig Speck ansetzen für den Widerstreit zwischen Mensch und Tier, der hier freilich mit einigem Pathos geschildert wird. Pathos wiederum ist Sache der Natur, und überdies handelt dieser schmale, parabelhafte Text mit dem Titel "Das Gewicht des Schmetterlings" vom Sterben, vom Ende. "Eines Winters würde auch er vor Hunger und Kälte sterben, unfähig, sich noch ein Feuer zu machen. Für die Einsamen war es ein gutes Ende, wie eine Kerze zu verlöschen."

Die Natur spielt die geheime Hauptrolle. Und so mag man die gewagte Expressivität verzeihen. Erri de Luca schreibt hier mit dem Blick des Bergsteigers, der er unter anderem auch ist. Im vergangenen Jahr ausgezeichnet mit dem Petrarca-Preis, setzte sich der 1950 geborene Neapolitaner, wie man der dem Band beigegebenen Laudatio von Peter Kammerer entnehmen kann, stets für die Rechte der Schwächeren ein - bis zu dem Tag, da der Streik in der Autofirma, bei der er arbeitet, zusammenbrach. Aus dem Schweigen, dem Nicht-ändern-Können wächst seit 1989 ein Werk aus schmalen Texten, gebaut aus millimeterfeinen, sinnesstarken Sequenzen, manchmal von berührender Einfachheit, gehauen wie in Stein, bestimmt allein von Grundgesetzen des Wetters oder des Naturkreislaufs. Gut ist Erri de Luca, wenn er der Versuchung widersteht, starre Ansichten wie unumstößliche Säulen dazwischenzustellen; wenn er also ganz dem Zirkulieren seiner Bilder vertraut. Dann sprechen starke, originelle, irritierende, von Helmut Moysich sorgsam übertragene Bilder für sich, eine Wolke, die sich "grau und fransig um einen Berg zusammenballt", oder Schnee, der sich in sonnengeblendeten Augenlidern zu Glassplittern verwandelt.

Man betritt eine einsilbige Welt, in welcher der Mensch verführt ist, alles zu personalisieren und in Beziehung zu treten zum Schnee oder dem Adler. Eine empfindliche Welt ist es auch, leicht zu stören und von Hemingwayscher Tiefe - der Mensch im Kampf gegen die Natur. Alles strebt zu auf den letzten Gang des Mannes. Nachdem die Kugel den Bock getroffen hat, sieht er, dass alle Tiere kommen, um Abschied zu nehmen, was ihn plötzlich bewegt. Aus der Arbeit ist im Lauf der Jahre Bewunderung für die Gämsen und ihre Kletterkünste erwachsen. Er schultert den Bock und will ihn in einem Schneefeld begraben. Da setzt sich ein Schmetterling auf das Tier, der die Last zu schwer macht. Zusammengefroren findet man Mann und Tier nach dem Schneewinter erst im Frühjahr.

Erri de Luca nimmt Maß, um diese beiden Einzelgänger, Mensch wie Tier, in ihrem störrischen, stolzen, stummen Gehabe zu fassen. Er erzählt vom Töten vor dem Angesicht dessen, der Scham empfindet. Das ist ein starkes, fast biblisches Lebensbild, über das andere ganze Romane schreiben würden. Erri de Luca, auch das ist bemerkenswert, lernte Hebräisch, um selbst Teile der Bibel zu übersetzen. Da ist schon viel Energie spürbar, eine Abwehr gegen das nur Vermittelte, die Bürde eines selbst durchlebten, rein physischen Zugangs zur Welt, was der Autor einmal so ausgedrückt hat: "Ich bin Redakteur von Geschichten, die ich auf dem Feld der Lebenden ringsum aufgelesen habe; einer, der hinter den Schnittern hergeht und Ähren liest. Ich sammle Reste, mahle sie und mache daraus schmale Bücher, mit wenig Hefe, fast ungesäuert." Aus diesem Selbstverständnis erwächst eine ursprüngliche Prosa zwischen den Extrempolen des Lebens.

ANJA HIRSCH

Erri de Luca: "Das Gewicht des Schmetterlings". Roman.

Aus dem Italienischen und mit einem Nachwort von Helmut Moysich. Graf Verlag, München 2011. 128 S., geb., 14,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Fasziniert hat Rezensentin Anja Hirsch Erri de Lucas Roman "Das Gewicht der Schmetterlinge" gelesen, dem sie trotz seiner Kürze "Hemingway'sche Tiefe" attestiert. Parabelhaft erscheint ihr der Text, in dem Luca einmal mehr den Kampf des Menschen mit der Natur verhandelt. Ebenso sinnlich wie "berührend" einfach erzähle der italienische Autor die Geschichte eines alten Wilddiebes, dem nach dreihundert getöteten Tieren nur noch ein alter Bock in seiner Trophäensammlung fehlt. Zwar muss die Kritikerin über die ein oder andere allzu pathetische Stelle hinwegsehen, in Anbetracht der von Luca heraufbeschworenen herausragenden, bewegenden und fast "biblischen" Bilder tut sie das aber nur zu gerne.

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