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Der Stillstand in der islamischen Zivilisation, insbesondere in ihren arabischen Kernländern, zählt zu den explosivsten Problemen der Gegenwart. Der Historiker Dan Diner untersucht die ökonomischen, kulturellen und politischen Ursachen der Stagnation dieses einst blühenden Kulturraums. Sein Fazit: Die ausbleibende Säkularisierung und die Allgegenwart des Sakralen verhindern jene Entwicklung, die den Westen in die Moderne geführt hat.

Produktbeschreibung
Der Stillstand in der islamischen Zivilisation, insbesondere in ihren arabischen Kernländern, zählt zu den explosivsten Problemen der Gegenwart. Der Historiker Dan Diner untersucht die ökonomischen, kulturellen und politischen Ursachen der Stagnation dieses einst blühenden Kulturraums. Sein Fazit: Die ausbleibende Säkularisierung und die Allgegenwart des Sakralen verhindern jene Entwicklung, die den Westen in die Moderne geführt hat.

Autorenporträt
Diner, DanDan Diner, geboren 1946 in München. Professor für Neuere Geschichte an der Hebrew University, Jerusalem, und Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Er lebt in der Bundesrepublik und in Israel. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zur politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, zur Geschichte des Vorderen Orients und zur jüdischen Geschichte. Im Propyläen Verlag erschienen zuletzt Feindbild Amerika (2003) und Versiegelte Zeit (2006).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.10.2005

Kein Sein und keine Zeit
Dan Diner erörtert, warum der Islam keinen Fortschritt kennt
1990 hatte Reinhard Schulze unter den deutschen Islamwissenschaftlern eine heftige Kontroverse ausgelöst mit einem Aufsatz über „Das islamische 18. Jahrhundert“. In diesem „Versuch einer historiographischen Kritik“ behauptet Schulze, dass es auch im Islam im 18. Jahrhundert eine Art Aufklärung gegeben habe. Noch 1996 gab die Zeitschrift Die Welt des Islams eine Sondernummer über die Frage einer islamischen Aufklärung im 18. Jahrhundert heraus. In diesem Heft brachte Stefan Wild die Diskussion auf den Punkt: Im Islam gebe es zwei intellektuelle Strömungen, die eine thematisiere den Begriff „inhitat“, die Dekadenz also, die andere spreche von „nahda“, der Renaissance innerhalb der islamischen Welt; beides sind Bewegungen, die ein Vor oder Zurück thematisieren. Von einem Stillstand der Zeit war in diesen Diskussionen nie die Rede. Dan Diner scheint an diese Debatte anzuknüpfen und sie verschärfen zu wollen, indem er über den Stillstand in der islamischen Welt spricht, Renaissance und Dekadenz werden so überboten.
Diner erneuert in seinem Buch eine Frage, die der syrisch-libanesische Journalist Schakib Arslan schon 1930 gestellt hatte: „Warum sind die Muslime zurückgeblieben und warum kommen andere voran?“
Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet ein israelischer Jude und Professor eines deutschen Instituts für die Geschichte und Kultur der Juden ein Buch schreibt, das eines der wichtigsten Probleme in der islamisch-arabischen Welt behandelt. So etwas kann nur Dan Diner. Er geht von der These aus, dass man die islamischen Länder nur dann verstehen könne, wenn man „nicht gleich die Religion zurate zieht“. Diner nennt diesen Ansatz in seinem Vorwort „aufklärerisch“, sollte man dafür marxistisch sagen? Dieser Zugriff macht hellhörig. Wie kann man über die islamischen Länder schreiben, ohne den Islam zu berücksichtigen?
Diner macht nicht nur das, sondern legt noch eine weitere Voraussetzung zugrunde: Er untersucht nicht die Entwicklung in den islamischen Ländern, sondern er fragt umgekehrt „nach deren eigentümlichem Ausbleiben“ im Bereich von Kultur und Zivilisation des Islam. Beide zusammen, die areligiöse Perspektive und der Blick auf die Stagnation, versprechen eine interessante Lektüre.
Was ist die arabische Nation?
Das Buch beginnt mit einer Übersicht zur „Lage der arabischen Nation“. Hier ist die Rede von „der“ arabischen Nation. Gibt es eine solche im Singular? Wenn ja, kann es nur die Gemeinschaft derer sein, die Arabisch sprechen, nicht die Gemeinschaft aller gläubigen Muslime (umma). Hier schon macht sich eine Unschärfe bemerkbar: Der Titel des Buches verspricht eine Untersuchung über die islamische Welt mit der Versicherung, nicht gleich die Religion zurate zu ziehen. Doch genau das tut Diner, indem er, wenn er Araber meint, von Muslimen redet, Menschen also, die sich durch ihre Religion definieren, die „in Gott ergeben sind“. Dazu gehören allerdings auch die großen muslimischen Gemeinden, die nicht arabisch sprechen: Indonesien, der Iran, die Türkei und Pakistan. Gehören diese nicht zur arabischen Nation? Ist bei ihnen, trotz ihrer Atomprogramme, auch nur „Stillstand“ zu verbuchen?
Das Buch ist eingeteilt in sechs große Kapitel: Wissen und Entwicklung, Geopolitik und Glaubenswelt, Schrift und Sprache, Aufstieg und Niedergang, Herrschaft und Nutzen, Geschichte und Gesetz. Das letzte Kapitel ist eigentlich das wichtigste, laut Untertitel behandelt es die „Konversionen sakraler in profane Zeit“. Die Überlegungen darüber hätte man lieber am Anfang des Buches gesehen, das schließlich schon im Titel auf den Zeitbegriff verweist.
Die arabische Sprache zeichnet sich dadurch aus, dass sie „weder echte Hauptverben für Sein und Werden kennt, um den Fluss der Zeit zum Ausdruck zu bringen, noch die Zeitfolge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, wie Gerhard Böwering, der wohl beste Kenner der arabisch-islamischen Zeit-Theorien, jüngst festgestellt hat. Dan Diner vermeidet es indes, von diesen sprachphilologischen Überlegungen auszugehen. Sein Buch wird darum etwas vage, und der Leser muss meinen, der Autor verstehe unter Stillstand nicht Stillstand, sondern „kein Fortschritt“ in Kultur und Zivilisation, wie er in Zentraleuropa (nicht in Spanien) durch Renaissance, Reformation und die französische Revolution bewirkt worden ist. Diner spricht von „Entwicklungsblockade“. Auch wenn er sich heftig gegen dies Urteil wehren würde, scheint er unter „Stillstand“ das Ausbleiben dessen zu verstehen, was in Europa mit den Kernthesen der Aufklärung identifiziert werden kann. Ein wenig ist das Buch doch eurozentristisch – aber kann es anders sein, wenn man über dieses Thema handelt? Kann ein anderer als ein „europäischer“ Standpunkt gefunden werden zur Beantwortung von Diners Fragen?
Großen Wert legt Diner auf seine Überlegungen über die retardierenden Momenten der arabischen Hochsprache gegenüber den verschiedenen umgangssprachlichen Dialekten in der arabischen Welt, besonders dem Ägyptischen. Die Hochsprache, so argumentierte er jüngst in der Zeit und zuvor in einem Interview (siehe SZ vom 12. 9.), sei die sakrale Sprache des Koran, jene, in der Liturgie und Ritus formuliert werden. Damit diese Sprache ihre Sakralität bewahren kann, „muss sie grammatikalisch und syntaktisch den höchsten Erfordernissen der Sprachkunst entsprechen“, nur so könne diese Hochsprache eine die Wahrheit transportierende Sprache sein. Das ganze Leben des Islam werde eigentlich von dieser Sprache bestimmt.
Ohne spitzfindig auf Einzelheiten einzugehen muss allerdings jetzt gefragt werden, ob nicht auch das Hebräische der Bibel und das Aramäische des Talmuds bei den orthodoxen Juden auf der ganzen Welt eine sakrale Funktion haben, im Gegensatz zum Jiddischen als Umgangssprache, oder dem Ivrit in Israel. Man sollte auch nicht vergessen, dass nicht bloß das Arabische kein Wort für „Sein“ kennt: auch im Hebräischen fehlt es. Diner hält solche Gemeinsamkeiten aber nicht für bedeutsam angesichts der Tatsache, dass die Juden auf der ganzen Welt an verschiedenen Orten unter verschiedenen Herrschaften leben und darum keine Nation ausbilden konnten. Da die Muslime hingegen im „Haus des Islam“, also mehr oder weniger im Vorderen Orient, zusammen leben, bilde die Hochsprache auch das Element für ein gemeinsames Nationalgefühl, das eben, weil es in der Hochsprache ausgedrückt wird, wie diese selbst keinen Fortschritt kenne.
Diner spricht von einer Entwicklungsblockade, die durch die Hochsprache bewirkt werde, denn der gesellschaftliche Erfahrungsschatz der Dialekte könne nicht verschriftlicht werden und finde darum keinen angemessenen Platz im Sprachspeicher der Hochsprache. Zwei Lebenswelten stünden einander unverbindlich gegenüber.
Ob das alles so stimmt, hängt davon ab, ob Fortschritt allein durch eine Verschriftlichung der Umgangssprache erzeugt werden kann. Diese These ist allerdings sehr phantastisch. Abgesehen davon hat Muhammad, der Prophet, anders als Moses und Jesus nie ein Wunder vollbracht. Das einzige Wunder für die Muslime ist der Koran mit seiner schönen Sprache, die bis heute als unübersetzbar gilt, weswegen man im Vorderen Orient zweisprachige und interlineare Exemplare des Koran findet: die Hochsprache etwas größer und fetter geschrieben, darunter etwas kleiner eine Übersetzung zum Beispiel ins Persische oder in Urdu. Der Koran ist für alle Muslime das Wunder schlechthin. (Davon berichtet das soeben erschienene gelehrte und wunderschöne Buch „Der Koran, erschlossen und kommentiert von Adel Theodor Khoury“.)
Von den Muslimen zu erwarten, sie sollten sich eine andere Sprache als dieses schöne Arabisch zulegen, klingt utopisch. (Würde ein Rabbi einen Talmud in Jiddisch akzeptieren?) Diner argumentiert rational und vernünftig, doch er unterschätzt die Resistenz religiöser Phänomene gegenüber rationalen Argumenten. Haben religiöse Phänomene – wie die sakrale arabische Hochsprache – zudem noch ein ästhetisches Potential, sind sie meistens immun gegenüber jeder Kritik. Der vergebliche Kampf der europäischen Aufklärung gegen die Religionen war darum von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Dan Diner hat ein anregendes und intelligentes Buch geschrieben, es ist das Produkt von Nachdenken und klugen politischen Analysen. Das Buch ist auf Deutsch geschrieben, obwohl es eigentlich von „der arabischen Nation“ gelesen werden sollte, denn um diese geht es ja in dieser Studie. Sie ist jedem, der sich mit dem Vorderen Orient beschäftigt, trotz der hier vorgebrachten kritischen Anmerkungen, dringend empfohlen.
FRIEDRICH NIEWÖHNER
DAN DINER: Versiegelte Zeit. Über den Stillstand in der islamischen Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 287 S., 22 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2006

Verfugung und Verschwörung
Sakralität als Grund für die Selbstblockade der islamischen Kultur

Der Titel ist sehr poetisch, doch das Buch selbst behandelt sehr konkrete, handfeste, ja - wenn man an den Terrorismus und den Irak-Krieg denkt - brutale Ereignisse. Es versucht eine neuerliche Antwort auf die Frage zu geben, die Bernard Lewis, der Nestor der amerikanischen Orientwissenschaft, in seinem Essayband "What went wrong in the Muslim world?" bereits vor geraumer Zeit behandelt hatte. Dan Diner nimmt sich in seinem Buch "Versiegelte Zeit" die Dimension des Sakralen vor. Der Untertitel "Über den Stillstand in der islamischen Welt" führt ein wenig in die Irre, denn in den muslimischen Ländern Südostasiens oder in der Türkei herrscht keineswegs Stillstand; dort entwickeln sich die Volkswirtschaften rasch, und gesellschaftliche Veränderungen sind durchaus zu beobachten.

So meint das Buch denn auch mehr den Kernraum des "Dar al Islam", jene von etwa 200 Millionen Arabern bewohnten Regionen Nordafrikas und Vorderasiens, in denen der Islam vor knapp eineinhalb Jahrtausenden entstand und von wo aus er sich ausbreitete. Arabische Autoren wie Rifaa al-Tahtawi oder Schakib Arslan befaßten sich schon im 19. Jahrhundert mit dem Gegensatz zwischen einer rasch voranschreitenden europäischen Welt und dem hinter ihr offenkundig zurückgebliebenen Islam. Sie warben für die Übernahme der modernen Errungenschaften des Westens, um den Islam ebenso stark zu machen.

Rein äußerlich ist das wohl gelungen, wenn man sich das Erscheinungsbild etwa der arabischen Städte ansieht (insbesondere am erdölreichen Golf). Doch der zivilisatorische, politische und intellektuelle Rückstand ist im wesentlichen geblieben oder hat sich, wegen des Erstarkens fundamentalistischer Bewegungen, sogar noch vergrößert. Dies registrieren nicht westliche Neokolonialisten, sondern die arabischen Autoren des "Arab Human Development Report" der Vereinten Nationen im Jahre 2004, wenn sie ihren Ländern schwere Defizite auf fast allen Gebieten wirtschaftlicher und kultureller Aktivität bescheinigen. In einem Land wie Ägypten mit siebzig Millionen Einwohnern werden jährlich knapp vierhundert ausländische Bücher übersetzt, in dem kleinen Israel hingegen etwa zehnmal so viele. Der Anteil der gedruckten Bücher in der gesamten arabischen Welt macht 0,8 Prozent der Weltproduktion aus. Spricht daraus Angst vor fremden Ideen, vor Ideen überhaupt?

Diner setzt nicht bei Imperialismus- und Kolonialismustheorien oder beim Ökonomismus an (jedenfalls nicht primär), sondern sieht in der - weitgehend unveränderten - Verfugung des Sakralen mit der Politik und der Gesellschaft das Haupthindernis für die Aufhebung einer "Entwicklungsblockade", die die arabisch-islamische Welt seit dem Ausgang des Mittelalters zum Stagnieren gebracht habe. Der durch einen nicht kritisch befragten Koran und eine ebenso unkritisch weitergetragene Tradition geprägte sakrale Charakter aller öffentlichen wie privaten Lebensbereiche kontrastiere in seiner offenkundigen Schwäche auf das schärfste mit dem Selbstbild einer "allseitigen Überlegenheit", das die Muslime von sich hätten und das ihr Selbstbewußtsein konstituiere. Das Resultat sind Verschwörungstheorien.

Der interessanteste Teil dieser Essays - freilich auch der strittigste - sind Diners Ausführungen über die Sakralität der Sprache, des Arabischen, die mit ihrem Charakter als exklusive Sprache der koranischen Offenbarung gegeben sei. Natürlich ist das zunächst einmal so. Die Sakralität der Offenbarungssprache, in der alle theologischen und weltlichen Belange qua Religionsgesetz geregelt scheinen, macht sie unantastbar für eine Öffnung zum Zeitlichen. Das Sakrale versiegelt sie quasi und verhindert eine Profanierung der Zeit über die Säkularisierung der Sprache, wie sie in der westlichen Moderne stattfand, in der Zeitlosigkeit des Sakralen. Es trifft auch zu, daß der Gegensatz zwischen dieser als unantastbar empfundenen sakralen Hochsprache und den arabischen Dialekten groß ist und vielleicht immer größer wird. Freilich hat sich unter den Gebildeten längst auch so etwas herausgebildet wie eine Koine, die zwischen den Dialekten und dem sakralen Koranarabisch vermittelt, wie umgekehrt Autoren wie Taufiq al Hakim oder Nagib Mahfuz auch dialektale Elemente literaturfähig gemacht haben. Daß die islamische Kultur wegen der Sakralität des Arabischen von einer generellen Aversion gegen Bücher bestimmt gewesen sei, wie der Autor behauptet, kann angesichts der berühmten Bibliotheken von Córdoba, Bagdad oder Buchara, um nur diese Beispiele zu nennen, nicht bestätigt werden. Daß der Buchdruck im Osmanischen Reich (der erste Versuch unter dem Renegaten Ibrahim Müteferrika scheiterte im 18. Jahrhundert) recht spät Einzug hielt, hat die Muslime hingegen ohne Zweifel zeitlich zurückgeworfen. Die Schriftgelehrten hüteten zu der Zeit, da die Dekadenz längst im Gange war, eifersüchtig ihr Lese- und Deutungsmonopol nach der Methode des "taqlid", der theologischen "Nachahmung" der Altvorderen, gegen Versuche der Neuinterpretation und Reform, die allzuleicht in den Ruch der Ketzerei (bid' a) gelangten.

Behutsam und ohne Schärfe plädiert Diner dafür, die islamische Zivilisation müsse sich zu einer Selbstreflexion durchringen, um die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen zu überwinden, das heißt den Gegensatz zwischen den Erfordernissen der im Flusse befindlichen modernen Zeit und dem Essentialismus der sakralen Zeit. Durch weltliche Reformen, wie etwa 1924 unter Atatürk oder im Reformjudentum, hin zu einer zeitgebundenen Souveränität der Menschen in der Demokratie und der ewigen Souveränität Gottes werde der Islam keineswegs zerstört. Das Buch gehört dank einer Fülle von Gedanken und intellektuellen Querverbindungen mit zum Anregendsten, was in den vergangenen Jahren zu dem schwierigen Thema Islam und Islamismus publiziert worden ist.

WOLFGANG GÜNTER LERCH

Dan Diner: Versiegelte Zeit. Über den Stillstand in der islamischen Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 287 Seiten, 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Überzeugend findet Rezensent Wolfgang Günter Lerch Dan Diners Buch über die Ursachen des wirtschaftlichen und kulturellen Rückstands der islamischen Welt. Dabei setzte Diner nicht primär bei Imperialismus- und Kolonialismustheorien oder ökonomischen Erklärungen an. Im Zentrum des Buchs sieht Lerch vielmehr die "Verfugung des Sakralen mit der Politik und der Gesellschaft", für Diner das Haupthindernis für die Aufhebung einer "Entwicklungsblockade" in der arabisch-islamische Welt. Für den "interessantesten" und zugleich "strittigsten" Teil dieser Essays hält Lerch hierbei die Ausführungen über die Sakralität der Sprache, des Arabischen, die mit ihrem Charakter als exklusive Sprache der koranischen Offenbarung gegeben sei. Er lobt Diners Plädoyer für Selbstreflexion der islamische Zivilisation als "behutsam und ohne Schärfe". Insgesamt bescheinigt er dem Buch eine "Fülle von Gedanken und intellektuellen Querverbindungen". Daher gehört es für Lerch auch mit zum Anregendsten, "was in den vergangenen Jahren zu dem schwierigen Thema Islam und Islamismus publiziert worden ist."

© Perlentaucher Medien GmbH
"Dan Diner hat ein anregendes und intelligentes Buch geschrieben, es ist das Produkt von Nachdenken und klugen politischen Analysen ... Es ist jedem, der sich mit dem Vorderen Orient beschäftigt, trotz der hier vorgebrachten kritischen Anmerkungen, dringend empfohlen." (Süddeutsche Zeitung)