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Was müsste Luther heute sagen? ist eine sehr persönliche Annäherung an den Reformator durch den Jesuitenschüler und Katholiken Heiner Geißler. Könnte Martin Luther auch heute die Welt verändern? Was müsste er jetzt in den christlichen Kirchen reformieren? Geißler spannt einen Bogen zwischen Luther und Papst Franziskus. Und er zeigt, warum es zu einem Unglück für die ganze Menschheit werden muss, wenn die Einheit der Kirchen von den Verantwortlichen weiter verhindert wird.

Produktbeschreibung
Was müsste Luther heute sagen? ist eine sehr persönliche Annäherung an den Reformator durch den Jesuitenschüler und Katholiken Heiner Geißler. Könnte Martin Luther auch heute die Welt verändern? Was müsste er jetzt in den christlichen Kirchen reformieren? Geißler spannt einen Bogen zwischen Luther und Papst Franziskus. Und er zeigt, warum es zu einem Unglück für die ganze Menschheit werden muss, wenn die Einheit der Kirchen von den Verantwortlichen weiter verhindert wird.
Autorenporträt
Geißler, HeinerDr. Heiner Geissler studierte als Mitglied des Jesuitenordens vier Jahre Philosophie und anschließend Rechtswissenschaften. Er war 25 Jahre lang Mitglied des deutschen Bundestages, Landesminister in Rheinland Pfalz, Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit in Bonn und galt als einer der besten politischen Redner der Bundesrepublik. National und international engagierte er sich für die Wahrung der Menschenrechte und die Humanisierung des Globalisierungsprozesses. Er war Autor zahlreicher Bücher, u.a. der Bestseller Was würde Jesus heute sagen? und Sapere aude!.Heiner Geißler verstarb am 12. September 2017.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der evangelische Theologe Johann Hinrich Claussen sieht in Heiner Geißlers Luther-Buch die Marktgesetze erfüllt: Ein prominenter Autor schreibt über ein Thema, das durchs 500. Reformationsjubiläum 2017 an Medienaufmerksamkeit gewinnt. Inhaltlich gebe das Werk allerdings wenig her, so der Rezensent, "eilig angelesenes Instantwissen" verbinde sich hier mit "wohlvertrauter Meinungskundgabe". Die titelgebende Frage "Was müsste Luther heute sagen?" findet Claussen zwar bemerkenswert, allerdings seien die Antworten, die Geißler gibt, wenig überraschend. Vielmehr enthielten sie das, was der CDU-Politiker bereits immer schon predige, weshalb der Kritiker gar von einer "Masche" spricht. Claussen sieht letztlich das Jubiläum missbraucht, als "Vehikel zum Ego-Marketing", und fürchtet bis 2017 noch weitere, ähnliche Vereinnahmungsversuche der Reformation.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.10.2015

Eine ferne Stimme beginnt wieder zu sprechen
In einem frühen Vorlauf zum großen Luther-Jubiläum 2017 wird schon mal versucht, uns mit dem Denken
und Glauben des Reformators wieder vertraut zu machen. Auch Heiner Geißler ist von seiner Aktualität überzeugt
VON JOHANN HINRICH CLAUSSEN
Das Reformationsjubiläum in zwei Jahren wird nicht zuletzt auf dem Buchmarkt begangen werden. Wie sollte es bei einer Lese-Konfession wie dem Protestantismus auch anders sein. Noch bereiten die Verlage ihre Angebote im Stillen vor und überlegen, wann genau sie mit ihren Produkten herauskommen sollen, ob erst im Jubiläumsjahr oder lieber vorher, um in der Flut der Publikationen nicht unterzugehen. Doch in diesem Jahr sind schon zwei Bücher erschienen, die anzeigen, was für 2017 zu erwarten ist – im Guten wie im Schlechten.
  Die Geschichte der Reformation und ihrer Folgen ist vielen Zeitgenossen fremd. Aber sie ahnen, dass diese ferne Geschichte die heutige Kultur irgendwie noch mitprägt. Es gibt also Aufklärungsbedarf und eine marktrelevante Nachfrage nach kirchengeschichtlicher Volksbildung. Zudem verspricht das Großereignis „2017“ eine solche Medienaufmerksamkeit zu schaffen, dass Bücher zur Reformation – sonst nicht eben Kassenschlager – guten Absatz finden. Dazu müssen sie allerdings den Gesetzen des Eventmarketings gehorchen. Zu ihnen gehören die Fokussierung auf Martin Luther, also die Ausblendung der Vielfalt europäischer Reformationen, sowie der Versuch einer Aktualisierung seiner Botschaft, also das Überspringen des historischen Grabens, der die Gegenwart von ihm trennt. Und natürlich empfiehlt es sich, wenn ein prominenter Name auf dem Buchcover steht.
  Geradezu vorbildlich erfüllt das Lutherbuch von Heiner Geißler diese Marktgesetze. Inhaltlich gibt es wenig her. Es wirkt wie ein zum Buch geronnener Talkshow-Monolog: eilig angelesenes Instantwissen vermischt mit wohlvertrauter Meinungskundgabe. Bemerkenswert ist lediglich der Titel. Vor zehn Jahren hatte Geißler ein Buch mit dem Titel „Was würde Jesus heute sagen?“ veröffentlicht. Was beim Stifter des Christentums noch ein vorsichtiges „würde“ war, ist beim Reformator ein befehlsartiges „müsste“ geworden: „Was müsste Luther heute sagen?“ Geißler verkündet es, ohne jedoch für Überraschung zu sorgen. Luther müsste heute nur sagen, was Geißler immer schon sagt: Die Kirchen müssen reformiert und vereinigt werden, der Glaube sollte leichter sein und Christen sollten gegen den Kapitalismus Widerstand leisten. Diese Masche dürfte einige Nachahmer finden: das Reformationsjubiläum als Vehikel zum Ego-Marketing. So steht Geißlers Buch stellvertretend für all die marktgerechten Vereinnahmungsversuche der Reformation, die bis 2017 noch zu befürchten sind.
  Es wäre schon viel gewonnen, wenn man einsehen würde, dass Luther heute gar nichts mehr sagen müsste. Er ist ja seit fast einem halben Jahrtausend tot und hat zu Lebzeiten mehr als genug von sich gegeben. Es genügte, wenn man wüsste, wie das, was er damals gesagt und geschrieben hat, zu deuten wäre. Hierfür haben zwei neuere Bücher wichtige Hinweise gegeben. In seiner „Geschichte der Reformation“ (2009) hat der Göttinger Kirchengeschichtler Thomas Kaufmann gezeigt, wie eng Luthers Theologie mit den sozialen und politischen Umbrüchen seiner Zeit verwoben war. Zur Reformation konnte sie erst werden, als sie in diese Konfliktfelder eintrat und zur öffentlichen Macht wurde. Damit hatte Kaufmann das unter Theologen verbreitete Missverständnis fortgeräumt, man könne Luther und seine Folgen aus der Binnenlogik der christlichen Lehre begreifen.
  Einem anderen Missverständnis hatte der Berliner Historiker Heinz Schilling mit seiner Luther-Biographie (2012) widersprochen. Er porträtierte Luther als „Zeugen einer Welt, die nicht mehr die unsere ist“, als einen „Fremden und ganz anderen“. Damit hatte er der im kirchlichen Protestantismus tief verwurzelten Neigung zum Heldengedenken und dem frommen Glauben, Luther ließe sich immer noch bruchlos als Lehrmeister eines heutigen Christentums anrufen, den Boden entzogen. So haben Kaufmann und Schilling das Niveau markiert, auf dem heute über die Reformation geschrieben werden sollte. Es ist gut, dass der Verlag C. H. Beck ihre Bücher 2017 aktualisiert neu herausbringen wird.
  Doch auch wenn man mit Kaufmann und Schilling Luthers Reformation als fernes Ereignis versteht, dessen religiöse Impulse auf das engste mit den politischen Kämpfen des 16. Jahrhunderts verwoben waren, bleibt die Frage bestehen, was Luther denn nun geglaubt und wie er seinen Glauben gedeutet hat. Nun ist ein Buch erschienen, das sich dieser Aufgabe auf eine bewunderungswürdige Weise widmet. Geschrieben hat es der 86 Jahre alte Reinhard Schwarz, der viele Jahre in München Kirchengeschichte gelehrt hat. Es ist ein Meisterwerk theologischer Geistesgeschichte, für das allein sich die bisherige Jubiläumsbetriebsamkeit schon gelohnt hätte.
  Luthers Theologie ist schwer zu greifen. Er selbst hat sie nie in einem System entfaltet. Die meisten seiner Veröffentlichungen waren Gelegenheitsschriften. Wer Luthers Theologie darstellen will, muss also sein immenses Gesamtwerk überblicken – eine wahrhaft herkulische Aufgabe –, um dann – was noch schwieriger ist – die wesentlichen Aspekte herauszufiltern und in einem plausiblen Gedankengang einzuordnen, ohne ihnen dabei jedoch ihre Lebendigkeit zu rauben. Daran sind viele Lutheraner gescheitert. Die Epigonen im 17. Jahrhundert haben Luthers Theologie in das starre Schema der orthodoxen Dogmatik gepresst, viele spätere Luther-Forscher sind ihnen darin gefolgt. Schwarz geht glücklicherweise einen anderen Weg. Er versucht, Luthers Gedankenmotive in ihrer inneren Kohärenz darzustellen, ohne sie jedoch „in Ordnung bringen“ zu wollen. Vielmehr zeigt er, wie Luther in einer überaus intensiven Bibellektüre zu neuen, höchst spannungsgeladenen Einsichten gelangt. Es geht dem Reformator nicht um ewige und objektive Wahrheiten, sondern darum, seinen subjektiven Erfahrungen auf den letzten Grund zu gehen.
  Und diese Erfahrungen sind von großen inneren Spannungen bestimmt. Luther erlebt und denkt Gott in Beziehungen, die gegensätzlicher und darum dynamischer kaum sein könnten. Gott richtet den Menschen in seinem Gesetz, und er erlöst ihn durch sein Evangelium. In diesem doppelten Gottesbild findet der existenzielle Widerspruch des Menschen seinen Grund und sein Ziel. Aus ihm entwickelt sich eine außerordentlich bewegliche Theologie, die Schwarz mit feinem Pinsel und ruhiger Hand nachzeichnet. Dabei löst er die öden Formeln auf, in denen der deutsche Lutherismus die reformatorische Theologie versteinert hat. Wer sich auf die sehr differenzierten, grundgelehrten Ausführungen von Schwarz einlässt, bekommt einen Eindruck davon, was für ein subtiler und zugleich vitaler Lehrer der christlichen Religion Luther gewesen ist.
  Dabei verschweigt Schwarz die abgründigen Seiten des Reformators nicht, aber er macht sie nicht zum alleinigen Gegenstand der Betrachtung, wie es heute fast schon Mode ist. Luther war eben nicht nur der konfliktfreudige Aufrührer, der schreckliche Wüterich, sondern auch ein religiöser Mensch, der seinen Glauben gefunden hatte und ihn auch ohne polemische Antithese zu formulieren wusste: still und konzentriert, sensibel und tiefsinnig.
  Schwarz begibt sich tief in Luthers Glaubensdenken hinein. Aber natürlich ist ihm bewusst, wie garstig der Graben ist, den die Aufklärung zwischen das 16. und das 21. Jahrhundert gelegt hat. Bibelkritik und Metaphysikkritik machen es unmöglich, direkt an Luther anzuknüpfen. Deshalb versagt sich Schwarz jeden Versuch, Luthers Theologie zu aktualisieren.
  Er unterlässt es dankenswerterweise aber auch, angestrengt zu betonen, dass man dieses oder jenes heute so nicht mehr sagen könne. Ihm ist beides bewusst: der Reichtum dieser Theologie und ihre historische Entfernung. Dadurch gelingt es ihm, falsche Entgegensetzungen aufzuheben. Er kann zeigen, dass Luthers Bibelfrömmigkeit historisch zwar unkritisch war, aber alles andere als fundamentalistisch, nämlich emanzipativ gewirkt hat. Oder er macht darauf aufmerksam, dass Luther zwar wie selbstverständlich von der Existenz Gottes ausgegangen ist, sein Bild von Gott jedoch höchst komplex und paradox war. So stiftet Schwarz den Leser, der sich staunend in diese ferne Gedankenwelt versenkt, an, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
  Dem Leser bietet sich eine anspruchsvolle Lektüre. Ihm hilft die klare und elastische Prosa von Schwarz. Von besonderem Reiz sind die vielen, gut ausgewählten Zitate. Schwarz bietet sehr viel Originalton Luther – die lateinischen Zitate in Übersetzung, die altdeutschen aber unverändert. Manchen Leser mag dies befremden. Doch für sie hat Schwarz einen nützlichen Rat parat: „Die Texte in Luthers Deutsch können selbst Ungeübte leichter lesen, als der erste Eindruck vermuten lässt. Die Schwierigkeit verschwindet, sobald man die Texte halblaut liest und dabei den Reiz dieser Sprache entdeckt.“ Dies ist nicht bloß ein pädagogischer Hinweis, sondern ein Fingerzeig auf den Grundzug von Luthers Denken, Glauben und Sprechen: Es geht alles um das lebendige Wort. Wer das Buch von Schwarz liest, kann selbst erfahren, wie eine ferne, längst verstummte Stimme wieder zu sprechen beginnt.
Heiner Geißler: Was müsste Luther heute sagen? Ullstein, Berlin 2015. 288 Seiten, 20 Euro. E-Book 18,99 Euro.
Reinhard Schwarz: Martin Luther – Lehrer der christlichen Religion. Mohr Siebeck, Tübingen 2015. 544 Seiten, 39 Euro.
Heiner Geißlers Werk wirkt
wie ein zum Buch geronnener
Talkshow-Monolog
Ein Versuch, Luthers Gedanken
kohärent darzustellen, ohne sie
„in Ordnung bringen“ zu wollen
Halblaut muss man Luthers
Texte lesen, um den Reiz
dieser Sprache zu entdecken
Luther heute: Frank Winkels spielt ihn in einem Pop-Oratorium, das mit mehr als 3000 Sängern am Reformationstag in Dortmund Premiere hat (links, mit einer Luther-Figur des Künstlers Ottmar Hoerl). Was Luther heute sagen müsste, erklärt uns Heiner Geißler (rechts).
Foto: Friedrich Stark/imago/epd und Alex Domanski/Reuters
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