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Der Bericht Benchmarking Deutschland beurteilt den Wirtschafts- und Sozialstandort Deutschland im internationalen Vergleich. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Politikbereiche, die im Wesentlichen auf die Beschäftigungsdynamik einwirken. Ziel dieses Berichts ist die Erkennung von Stärken und Schwächen und die Suche nach praktisch umsetzbaren Reformansätzen. Das Benchmarking Deutschland, das erste seiner Art, ist in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Benchmarking des Bündnisses für Arbeit entstanden. Es gründet sich auf einen umfassenden Bestand an…mehr

Produktbeschreibung
Der Bericht Benchmarking Deutschland beurteilt den Wirtschafts- und Sozialstandort Deutschland im internationalen Vergleich. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Politikbereiche, die im Wesentlichen auf die Beschäftigungsdynamik einwirken. Ziel dieses Berichts ist die Erkennung von Stärken und Schwächen und die Suche nach praktisch umsetzbaren Reformansätzen. Das Benchmarking Deutschland, das erste seiner Art, ist in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Benchmarking des Bündnisses für Arbeit entstanden. Es gründet sich auf einen umfassenden Bestand an international vergleichbaren Daten sowie die führende einschlägige Literatur und gibt in der kompakten und leicht zugänglichen Form eines Kompendiums die von den Akteuren gemeinsam anerkannten Datenlage wieder.
Autorenporträt
Dr. Rolf G. Heinze ist Professor für Wirtschaftssoziologie an der Ruhr-Universität Bochum und wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (InWIS).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.2002

Unerledigte Hausaufgaben der Beschäftigungspolitik
Schwachstelle Frauen, Ältere, Geringqualifizierte - Der Bericht der Benchmarking-Gruppe

Werner Eichhorst/Stefan Profit/Eric Thode: Benchmarking Deutschland. Arbeitsmarkt und Beschäftigung. Springer-Verlag, Berlin 2001, 440 Seiten, 44,95 Euro.

Eigentlich plädiert er für den Abbau von Überstunden. Doch nach Lektüre des - auch vier Monate nach ihrer offiziellen Vorlage unverändert bedenkenswerten - Berichts der Bertelsmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Benchmarking-Gruppe im Bündnis für Arbeit müssen Bundesarbeitsminister Walter Riester und seine Mitarbeiter aber wohl selbst einige Zusatzschichten einlegen. Zu lang ist die Liste der unerledigten Hausaufgaben, welche die unabhängige Professorengruppe dem Minister anklagend vorhält: ein zu niedriges Beschäftigungsniveau, eine schwache Dynamik im Dienstleistungsgewerbe, hohe und strukturell verfestigte Arbeitslosigkeit, ein großer Anteil Langzeitarbeitsloser und besondere Schwierigkeiten bei der Integration von Älteren, Geringqualifizierten und Frauen in das Erwerbsleben.

Zudem machen starre Arbeitsmarktregulierungen, die hohe Kostenbelastung des Faktors Arbeit und unzureichende Infrastrukturinvestitionen ein Nachsitzen unumgänglich. Nur mit Blick auf den Umgang mit qualifizierten und jüngeren Arbeitskräften wird Walter Riester ein "gut" ausgestellt. Insgesamt, so das Expertenurteil, ist die deutsche Arbeitsmarktbilanz im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Bitter für den Minister dürfte sein, daß die Benchmarking-Gruppe gerade dort Änderungsbedarf sieht, wo das Arbeitsministerium seine eigentlichen Stärken wähnt: bei Frauen, Älteren und Geringqualifizierten.

Aber nicht nur Walter Riester, auch Bundesfinanzminister Hans Eichel wird gerüffelt. So bemängeln die Forscher unter anderem die im internationalen Vergleich geringe deutsche Investitionsquote und stellen fest, daß trotz des offensichtlichen Nachholbedarfs der neuen Länder die öffentliche Infrastruktur vernachlässigt wird. Besonders kritisch an der staatlichen Investitionshaltung ist, daß private Unternehmen häufig erst dann Arbeitsplätze schaffen, wenn der Staat mit Infrastrukturprojekten die Grundlage gelegt hat. Deutschlands EU-Nachbarn haben diesen Zusammenhang offenbar bereits erkannt und entsprechend gehandelt. In den erfolgreichen EU-Ländern wurde der Staatskonsum gesenkt und wurden die Investitionen erhöht. Deutschland geht in die andere Richtung und ist EU-Schlußlicht im Wirtschaftswachstum. Auch in der Haushaltskonsolidierung weisen die Benchmarker darauf hin, daß Deutschland weit weniger konsequent die Zinslast oder das Finanzierungsdefizit bekämpft habe als seine europäischen Partner.

Neben so viel Kritikwürdigem finden die Verfasser aber auch Positives, vor allem im Sozialwesen: So zählt Deutschland zu den reichsten Ländern der Erde, sind nach Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nur 8 Prozent aller Deutschen arm, gilt das duale Bildungssystem nach wie vor international als Vorbild. Sogar in der Arbeitsmarktpolitik gibt es Lichtblicke: So ist die tarifliche Wochenarbeitszeit zwar offiziell sehr kurz. Vergleicht man aber die tatsächlich geleisteten Wochenarbeitsstunden (durchschnittlich 41), stellt man fest, daß nur in Großbritannien wöchentlich mehr gearbeitet wird als im Land der Dichter und Denker. Auch die Verbreitung von flexiblen Arbeitszeitmodellen mit Arbeitszeitkonten lokalisieren die Experten auf der deutschen Habenseite.

Neben Lob und Tadel gibt es aber auch handfeste Hinweise, wie die Arbeitsmarktmisere angepackt werden kann. So stellen die Forscher fest, daß die finanzielle Belastung von Haushalten mit Kindern zwar vergleichsweise gering ist. Gleichzeitig fehle es aber an Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen, die der Erwerbstätigkeit von Frauen im Wege stehen.

Mit Blick auf die Frage, wie die Möglichkeiten für Geringqualifizierte verbessert werden können, weisen die Forscher auf ihr Gutachten von 1999 hin. Bereits damals hatten sie gefordert, die Angebotsbedingungen insbesondere für personennahe Dienstleistungen zu verbessern, die Kosten dieser Dienstleistungen zu reduzieren und die Sozialabgaben auf einfache Arbeit insgesamt abzubauen. Hier sind die Erfahrungen aus Belgien und den Niederlanden mit der Differenzierung der Sozialabgaben oder aus Frankreich mit ihrer Beschäftigungsprämie hilfreich. Auch im Kampf gegen Arbeitslosigkeit im Alter können die EU-Nachbarn als Vorbild dienen. Während in Deutschland bloß über einen "Paradigmenwechsel" nachgedacht wird, schaffen andere Staaten Fakten und nehmen Vorruhestandprogramme zurück.

Ein Klassiker unter den Reformforderungen ist der Hinweis auf die beschäftigungshemmende Wirkung ausgeprägter Kündigungsschutzbestimmungen. Der Schutz des Arbeitsplatzes verschafft zwar Insidern eine gewisse Sicherheit und kann damit Investitionen in Humankapital fördern. Gleichzeitig aber versperren die Schutzregeln den Problemgruppen des Arbeitsmarktes wie Frauen, Älteren und Geringqualifizierten den Zugang zu Lohn und Brot und wirken damit kontraproduktiv.

Nur in einem Punkt dürften die Forderungen der Forschergruppe dem Arbeitsminister kaum Kopfzerbrechen bereiten: mit Blick auf Beratung und Vermittlung von Arbeitslosen. Hier liegt der Schwerpunkt des "Job-Aqtiv-Gesetzes", das der Bundestag beschlossen hat. Dennoch: die Zeit drängt. Nur knapp acht Monate bleiben der Bundesregierung, um ihre beschäftigungspolitischen Hausaufgaben zu erledigen.

ANDREAS GEHLHAAR

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Bundesregierung muss nachsitzen, meint Andreas Gehlhaar nach der Lektüre des Berichts der Benchmarking-Gruppe, den die Autoren in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung für das Bündnis für Arbeit erstellt und vor vier Monaten vorgestellt haben. Diesen Bericht findet der Rezensent "unverändert bedenkenswert", enthalte er doch eine ganze Reihe von Hausaufgaben, die Walter Riester und Hans Eichel dringend erledigen sollten. Die führt der Rezensent nachfolgend auf. Lediglich für junge und qualifizierte Arbeitnehmer gebe es das Qualitätsurteil "gut", ansonsten stünden, referiert Gehlhaar und stimmt dem uneingeschränkt zu, eine ganze Reihe von Reformen auf dem Programm. Dazu gehörten die Änderung des Kündigungsschutzes, die Reduzierung der Sozialabgaben und die Betreuungseinrichtungen für Kinder. Für die Bundesregierung, ist der Rezensent überzeugt, wird angesichts der langen Liste von Beanstandungen die Zeit für deutliche Reformen auf dem Arbeitsmarkt knapp.

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