Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 10,50 €
  • Broschiertes Buch

Der Band fasst die Beiträge zu einem Symposion zusammen, das die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) zu Ehren ihres ehemaligen Rektors Hans N. Weiler veranstaltet hat. Behandelt werden die zentralen Fragen einer möglichen Reform der Universitäten, wie sie zur Zeit die Diskussion bestimmen.

Produktbeschreibung
Der Band fasst die Beiträge zu einem Symposion zusammen, das die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) zu Ehren ihres ehemaligen Rektors Hans N. Weiler veranstaltet hat. Behandelt werden die zentralen Fragen einer möglichen Reform der Universitäten, wie sie zur Zeit die Diskussion bestimmen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2001

Autonomie für Akademia
Ein Ruf nach Augenmaß bei der Steigerung der Effizienz

Jan C. Joerden/Anna Schwarz/Hans-Jürgen Wagener (Herausgeber): Universitäten im 21. Jahrhundert. Springer-Verlag, Berlin 2000, 229 Seiten, 149 DM.

Die deutschen Universitäten ringen um ihren Ruf. Offen für alle sollen die Hochschulen sein - doch erlaubt das noch eine echte Elitenförderung? Was ist wichtiger, Chancengleichheit oder das Schritthalten im globalen Forschungswettbewerb? Ist an Massenuniversitäten noch vernünftiges Lernen möglich? Wäre eine Auswahl der Studenten durch die Universitäten nicht sinnvoller als die derzeitige Studienplatz-Rationierung durch Numerus clausus und ZVS? Auch wenn Forscher Muße brauchen - darf man nicht trotzdem Effizienzansprüche stellen und dies in Stellenbefristung oder Besoldung ausdrücken? Viele dieser Fragen werden in den Beiträgen und Diskussionen berührt, die im lesenswerten Tagungsband der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) dokumentiert sind.

Man mag allerdings bezweifeln, ob viele Leser die Mühsal auf sich nehmen, die Diskussionen auf Dutzenden von Seiten nachzuvollziehen. Hier findet sich bestätigt, daß der Meinungsaustausch auf Tagungen - so sinnvoll er auch ist - für eine Dokumentation zu unstrukturiert daherkommt. Entschädigt wird der Leser durch die dazwischen eingestreuten, knappen Vorträge, vor allem gleich am Anfang durch die abgewogene und dennoch pointierte, teils provokante Bilanz der "unerledigten Probleme der Universität auf dem Weg ins 21. Jahrhundert" von Jürgen Mittelstraß (Konstanz).

Für die Reformhektik im Hochschulwesen findet Mittelstraß spöttische Worte. Es sei Reisezeit: "Allerorten regen sich Rektorate, Wissenschaftsorganisationen und Ministerien und ziehen Reform- und Evaluierungskommissionen durch die Lande." Die Lage werde unterdessen immer undurchsichtiger. Vieles bleibe im Rhetorischen stecken. Der ganze Streit um die Zukunft des deutschen Universitätssystems schwanke zwischen Rhetorik und organisatorischen Details, die "das universitäre Glück bringen sollen, zum Beispiel Studiengebühren, Bachelor und Master, Internationalisierung von Studiengängen". In der Lehre laufe eine Nivellierungswelle über das Land.

Inmitten dieses Chaos richtet Mittelstraß den Blick darauf, was das wahre Wesen der Universitäten ausmacht. "Universität definiert sich über Forschung, forschungsnahe Lehre und forschungsintensive Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Forschung ist damit der eigentliche Inbegriff der Universität, nicht Lehre." Nach dem Humboldtschen Ideal stehe die Lehre auch nicht neben der Forschung, sondern ergebe sich aus ihr: "Löst sich das Lehren und Lernen vom Forschungsprozeß, verliert die Universität als Ausbildungsort ihren Sinn."

Dringlich sei eine Reform in der Weise, "daß auf Professorenseite die Verantwortung für die Qualität von Forschung, Lehre und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses einklagbar wird (zum Beispiel mit den Mitteln der Kündbarkeit auch von Professorenverträgen)". Solange die Regel "einmal Professor, immer Professor" gelte und ein "auf Höchstleistung justiertes Ethos des Hochschullehrers" zur privaten Disposition stehe, seien die Universitäten von Mittelmäßigkeit bedroht.

Mittelstraß setzt sich für innere Autonomie der Hochschulen ein, etwa durch die Einführung eines professionellen Managements. Zu dessen Aufgaben gehöre eine gezielte Schwerpunkt- und Profilbildung, die an die Stelle des Ideals einer "vollständigen" Universität zu treten habe, in der alle Fächer und Disziplinen vertreten seien. Bei der Steigerung der Effizienz sei aber Augenmaß gefragt: Die Universitäten wären "schlecht beraten, und um Wissenschaft und Forschung wäre es schlecht bestellt, wenn sie allein wirtschaftlichen Gesichtspunkten folgten". Dann käme womöglich die Grundlagenforschung unter die Räder.

Damit das deutsche Hochschulwesen sowohl dem Studentenandrang als auch dem eigentlichen Anspruch der Universitäten gerecht werden kann, ist nach Mittelstraß ein Ausbau des Fachhochschulsystems vorrangig: "Der Ruf nach Praxis- und Berufsnähe der Hochschulausbildung wird in den Fachhochschulen weitaus besser bedient." Diese sollten daher auch zu Regelhochschulen erhoben werden.

KAREN HORN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach Karen Horn handelt es sich hier um einen durchaus "lesenswerten" Band, auch wenn sie einräumt, dass Dokumentationsbände zu Tagungen - wie dieser einer ist - auf Grund mangelnder Struktur dem Leser häufig etwas Mühe bereiten. Doch insgesamt sieht sie die wesentlichen Probleme heutiger Universitäten, von Elitenförderung bis Studentenauswahl, angesprochen. Horn konzentriert sich in ihrer Rezension vor allem auf den Beitrag von Jürgen Mittelstraß, den sie für besonders lesenswert hält. Mittelstraß beschäftigt sich nach Horn vor allem mit versandeten Reformen, die im "Rhetorischen" bzw. Organisatorischen stecken bleiben und der Frage, was die eigentliche Aufgabe einer Universität ist. Die sieht der Autor, so Horn, vor allem in der Forschung, die die Lehre bedinge. Darüber hinaus plädiere er für kündbare Professorenverträge, einen Ausbau des Fachhochschulwesens und höhere Effizienz der Universitäten, ohne jedoch die Grundlagenforschung zu vernachlässigen - Forderungen, denen sich die Rezensentin offenbar ohne weiteres anschließen kann.

© Perlentaucher Medien GmbH