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Ach, diese katholischen Laien! Sie möchten Armen und Kranken helfen, aber auch die Schulen kontrollieren. Sie streiten mit Protestanten, Sozialisten, Freimaurern, Reichskanzlern und ihren eigenen Bischöfen. Sie verfechten ihre ganz eigenen Vorstellungen vonFamilienwerten und Kunst. Und sie sprechen auf ihren Treffen, den Katholikentagen, buchstäblich über Gott und die Welt: das Herz Jesu, den Untergang der Titanic, Pistolenduelle und die Mission in Deutsch-Südwestafrika.Vom 25. bis 29. Mai 2016 findet in Leipzig der 100. Deutsche Katholikentag statt. Holger Arning und Hubert Wolf nehmen das…mehr

Produktbeschreibung
Ach, diese katholischen Laien! Sie möchten Armen und Kranken helfen, aber auch die Schulen kontrollieren. Sie streiten mit Protestanten, Sozialisten, Freimaurern, Reichskanzlern und ihren eigenen Bischöfen. Sie verfechten ihre ganz eigenen Vorstellungen vonFamilienwerten und Kunst. Und sie sprechen auf ihren Treffen, den Katholikentagen, buchstäblich über Gott und die Welt: das Herz Jesu, den Untergang der Titanic, Pistolenduelle und die Mission in Deutsch-Südwestafrika.Vom 25. bis 29. Mai 2016 findet in Leipzig der 100. Deutsche Katholikentag statt. Holger Arning und Hubert Wolf nehmen das zum Anlass, um in diesem aufwendig bebilderten Band hundert spannende, unterhaltsame und informative Geschichten über den Katholizismus zu erzählen.Deutlich wird: Der Einfluss der deutschen Katholiken wird oft unterschätzt. Sie haben das heutige Deutschland ebenso mitgeprägt wie die Weltkirche. Wer die Macht des politischen und sozialen Katholizismus kennenlernen möchte, kommt an diesem Buch nicht vorbei.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.05.2016

Das uneheliche
Kind der Kirche
Holger Arning und Hubert Wolf
über die Katholikentage seit 1848
Die Katholiken befinden sich in der Defensive. Beim 99. Deutschen Katholikentag im Mai 2014 mussten sie sich schon dafür rechtfertigen, dass ihre Veranstaltung rund drei Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln erhält. Religionskritiker demonstrierten auf dem Regensburger Domplatz. Wenige Monate später sammelten Leipziger Unterschriften, auf dass ihre Kommune den nächsten Katholikentag nicht bezuschusse. Und in Münster, wo der Katholikentag 2018 stattfinden wird, beschließt der Stadtrat, kein Geld dafür auszugeben. So weit ist es also schon gekommen. „Die Katholiken sind in der Defensive“ – ein kleiner, wie nebensächlich wirkender Satz auf Seite 235 beschreibt den Kern des ganzen Buches: Die Kirche verteidigt sich gegen die Zeit und den Fortschritt. Sie verliert an Boden.
  An diesem Mittwoch beginnt in Leipzig der hundertste Deutsche Katholikentag. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf und sein Schüler Holger Arning erzählen aus diesem Anlass im Blick auf die vergangenen 99 Katholikentage die Geschichte des Katholizismus in Deutschland. Das Buchprojekt selbst wurde finanziell wiederum vom Leipziger Katholikentag gefördert, dem die Stadt trotz der vielen Gegner noch einmal unter die Arme griff.
  Arning und Wolf, der sich mit seinen penibel recherchierten und pointiert geschilderten Beobachtungen zur Kirchengeschichte einen Namen gemacht hat, bezeichnen die erste Generalversammlung katholischer Laien im Revolutionsjahr 1848 in Mainz als „das uneheliche Kind der Kirche“. Zu dieser Zeit verdammt Rom alle Freiheitsrechte. Es gilt das Wort des Papstes Gregor XVI. aus dem Jahr 1832: Gewissensfreiheit sei „pesthafter Irrtum“. Obwohl dieser Pontifex in der Meinungsfreiheit eine Gefahr für das Seelenheil sieht, wagen die Initiatoren freie Rede und freie Presse für sich zu beanspruchen.
  Im langen Abnutzungskampf gegen die Freiheiten des Individuums verlor die Kirche schon im 19. Jahrhundert manches Gefecht. Aus ihren Reihen scheren Theologen wie der Freiburger Domkapitular Johann Baptist Hirscher aus. Er wünscht sich Vereine „aus Gläubigen, Zweiflern, Ungläubigen und Irregeleiteten“ – eine revolutionäre Forderung, wofür Rom seine Schriften auf den Index der verbotenen Bücher setzt. Von außen werden die Katholiken als intransigenter Haufen betrachtet: „Die Gesamtheit der katholischen Vereine“, schreibt der protestantische Volkskundler Wilhelm Heinrich Riehl 1851, „sieht aus wie eine große Volkskammer – in welcher der Widerspruch geschäftsordnungsmäßig verboten ist.“
  Die Autoren widmen jeder Generalversammlung, wie die Katholikentage bis weit ins 20. Jahrhundert hießen, eine bebilderte Doppelseite. Mit diesen Kapiteln werfen sie Schlaglichter aufs jeweilige Zeitgeschehen und die katholische Reaktion darauf: Im Jahr 1886 zum Beispiel trifft man bei der Lektüre den bayerischen König Ludwig II. an. Dessen Paranoia wird zum Thema, weil sich die Katholiken nun fragen, wie mit psychisch Kranken umzugehen sei. Im Jahr 1893 rückt das Judentum in den Fokus. Wolf und Arning machen einen „religiös argumentierenden Antisemitismus“ in der Kirche aus, der in den Juden die Anstifter und Profiteure des Kulturkampfes sehen wollte.
  Die Fundamentalisten unter den Priestern fordern im Jahr 1911 von den Gläubigen als Opfer: „Die Gefangennahme seines Verstandes unter den Gehorsam Christi und seiner Kirche.“ Die katholischen Laien sind dennoch immer selbstbewusster geworden, die Bischöfe kommen kaum noch hinterher. Der Klerus ist in der Defensive geblieben.
RUDOLF NEUMAIER
Die Paranoia des bayerischen
Königs Ludwig II. wird
zum Thema der Katholiken
      
Holger Arning, Hubert Wolf: Hundert Katholikentage. Von Mainz 1848 bis Leipzig 2016. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016. 255 Seiten, 24,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2016

Als Adenauer dem Kardinal widersprach
Wie sich in den 99 Katholikentagen seit 1848 die deutsche Geschichte spiegelt

Der Aufkleber auf der Schutzfolie verheißt nichts Gutes: "Das offizielle Buch zum 100. Deutschen Katholikentag". Das klingt nach Weihrauch statt Schwefel vor dem Jubiläumskatholikentag, der an diesem Mittwoch in Leipzig eröffnet wird. Überdies haben wieder einmal Kirchengeschichtler Kirchengeschichte geschrieben, was ebenfalls nicht für die nötige Distanz zum Gegenstand spricht. Doch der Münsteraner Leibniz-Preisträger Hubert Wolf und sein Mitarbeiter Holger Arning haben die ihnen zugedachte Aufgabe souverän gelöst.

Indem sie 99 Katholikentage, zwei Ökumenische Kirchentage und die eine oder andere regionale Veranstaltung wie das DDR-Katholikentreffen 1987 in Dresden Revue passieren lassen, zeichnen sie ein ungemein facettenreiches Bild einer im steten Wandel begriffenen Kirche. Doch dieser Wandel ist nicht allein das Ergebnis innerer Entwicklungen. Der von außen oft als eigensinnig bis antirömisch wahrgenommene Katholizismus in Deutschland war und ist stets auch das Ergebnis der Wechselwirkungen zwischen den politischen, sozialen und kulturellen Verhältnissen - auf die wiederum die Katholiken ihrerseits mehr Einfluss genommen haben, als oft angenommen wird.

Als Ganzes geschrieben ist diese Geschichte noch nicht. Zu viele Facetten des religiösen Lebens der Katholiken schlummern noch immer im Schatten der bis weit in das 20. Jahrhundert hinein protestantisch und national eingefärbten Historiographie. Allein daher ist der mit vielen anschaulichen Details gesäumte Gang durch die Geschichte der Katholikentage seit der ersten "Generalversammlung des katholischen Vereins Deutschlands" im Jahr 1848 eine Entdeckungsreise sondergleichen.

Zu den bekanntesten Erzählungen zählt die von den Laien, die sich während der Grundsteinlegung des Kölner Doms am 15. August 1848 ein Herz fassten und - von der irischen Catholic Association inspiriert - sich für die Freiheit der Kirche vom Staat einsetzen wollten. Die Bischöfe um Erlaubnis zu fragen kam ihnen genauso wenig in den Sinn wie Zweifel an ihrem Tun ob der Gegnerschaft (und späteren Verurteilung) von Papst Pius IX. gegenüber den Vorstellungen der französischen Revolutionen und des Vormärz von Menschen- und bürgerlichen Freiheitsrechten.

Wenige Wochen nach dem ersten Katholikentag in Mainz kamen die Bischöfe in Würzburg zu ihrem ersten Treffen zusammen. Die Bischofskonferenz war die erste und für Jahrzehnte die letzte. Die Laien begründeten eine mittlerweile 148 Jahre währende Tradition, die nur während des Kulturkampfs und der Nazi-Herrschaft unterbrochen wurde.

Nur waren auch die Katholiken keine Revolutionäre, sondern lange Zeit eine mit Argwohn betrachtete Minderheit. Mal standen sie quer zum Zeitgeist, mal gegen ihn, manchmal marschierten sie vorneweg. Bis 1866 waren sie großdeutsch, im Kaiserreich standen die "ultramontanen" Katholiken zunächst auf einer Stufe mit "vaterlandslosen Gesellen", später kamen auf ihren Versammlungen bewusst Polen und Franzosen zu Wort. Von Ludwig Windthorst bis zu Prälat Ludwig Kaas waren Katholikentage Inspiration und Bühne für das "Zentrum", in den fünfziger Jahren waren sie glühende Europäer, ausgangs des 20. Jahrhunderts verband sich mit dem Projekt eines Ökumenischen Kirchentags die (unerfüllte) Hoffnung auf das gemeinsame Abendmahl von Katholiken und Protestanten.

Freilich wussten die Katholiken stets nicht nur, wofür sie waren, sondern auch wogegen. Sozialismus, Liberalismus, Nationalismus waren die Reizworte des 19. Jahrhunderts; die päpstliche Idee der "Katholischen Aktion" am Gängelband der Bischöfe kam nie gut an in dem Land, in dem die Zahl der Vereine und Verbände in die Tausenden geht. Hundert Jahre später ist man nicht mehr gegen das Duell oder gegen die Mischehe, aber noch immer gegen Abtreibung, aber auch gegen eine versteinerte päpstliche Sexualmoral und immer wieder gegen bischöfliche Allzuständigkeitsansprüche in politischen und gesellschaftlichen Fragen.

Auch das ist alles andere als ein neues Phänomen. Bis heute geradezu legendär ist das Aufeinandertreffen des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer mit Kardinal Michael Faulhaber während der Abschlusskundgebung des Münchner Katholikentags 1922. "Wenn Sie als Vertreter der deutschen Katholiken hier so reden, dann bedauere ich die deutschen Katholiken", so der Kardinal, der (wie später Hitler) die Weimarer Republik für auf "Lüge, Verrat und Meineid" gegründet hält. Adenauer, der für die Zusammenarbeit des Zentrums mit SPD und für ein Zugehen auf die Protestanten steht, entgegnet dem Kardinal kühl: "Wenn diese Ihre Leute die deutschen Katholiken sind, dann bedauere ich den Heiligen Vater."

Die Evangelischen Kirchentage sind ein Produkt der jungen Bundesrepublik. Die Katholikentage aber nicht nur ein Spiegel der Kirche, sondern vor allem der deutschen Geschichte seit 1848. Ein Blick hinein lohnt sich.

DANIEL DECKERS

Holger Arning/Hubert Wolf: Hundert Katholikentage. Von Mainz 1848 bis Leipzig 2016. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016, 256 S., 24,95 [Euro].

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»der mit vielen anschaulichen Details gesäumte Gang durch die Geschichte der Katholikentage [ist] eine Entdeckungsreise sondergleichen. ... Ein Blick hinein lohnt sich.« Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Kurze Texte, starke Bilder.« MDR Figaro

»Es ist ein informatives Sachbuch und zudem ein attraktives Lesebuch, das mit seiner Ausstattung nicht zuletzt das Auge erfreut.« Paulinus

»Hundert Katholikentage - in phantasievoll geschilderten Episoden bildet der Band die Lebendigkeit der katholischen Laienbewegung ab: im Wandel, im Widerstreit und im Werben um Akzeptanz innerhalb der Kurie und in der säkularen Welt. Fachkundig geben die beiden Autoren der Chronik einen griffigen Überblick und analysieren zugleich markante Details dieser Facette katholischen Lebens zwischen Frömmigkeit und Skepsis, Aufbruch und Dogma - eine Dokumentation, wie Laien in der katholischen Kirche Geschichte machen.« Bundestagspräsident Professor Dr. Norbert Lammert

»Das Buch besticht durch seine klare Gliederung und Lesbarkeit.« Kantonales Pfarreiblatt Luzern

»Eine hochinteressante Sicht auf die deutsche Geschichte« Kompass

»Ein lesenswertes Buch - offen, kritisch, aufschlussreich.« Publik-Forum